• Viele Tage waren ins Land gegangen und ich war durch viele Länder gegangen, teils in Gesellschaft doch viel allein. Dunkle Nächte umfingen mich und meine Gedanken. In Roma hatte ich die familia - wieder einmal - zurückgelassen diesmal aber nicht auf der Flucht sondern in der Suche nach Sühne und Vergebung, nach Weisheit und Erleuchtung. Ich erreichte die Provinz Achaia und irgendwann - ich hatte schon fast nicht mehr daran geglaubt - kam ich erschöpft und abgerissen am Ziel meiner Reise an: Delphi!


    Meine Pilgerfahrt vom einem zum anderen Nabel der Welt, von der urbs aeterna zum Tempel des Apollon hier in Delphi war beendet. Ich suchte den Tempel und in seiner Umgebung fragte ich nach einem Priester, der sich nioht nur die Zeremonien sondern auch auf die Weisheit versteht. Da schickte man mich zu einem Mann namens Plutarchos. Ich trug ihm meine Anliegen vor: meine Bitte um Sühne, meine Bitte um ein Opfer für P. Aelius Hadrianus, meine Fragen, alles was ich auf dem Herzen hatte, besonders aber meine Bitte um Weisheit.


    Da leuchteten die Augen des Plutarchs auf und er begann zu erzählen: von den Großen der Geschichte, vom Guten Leben und von der Seele der Welt von den Emanationes und führte mich ein.


    So sprachen wir Tag um Tag, Woche um Woche. Ich vergaß nicht, warum ich eigentlich hierher gekommen war. Die Zeit dafür würde noch kommen, jetzt war es wichtiger zuzuhören, zu fragen, zu grübeln. Und ich begann mich zu fragen, in was ich hier reingeführt würde, eine Philosophie, ein Mysterienkult, eine Religion? Auf jeden Fall eine Art und Weise die Welt zu sehen, wie sie mir vorher fremd war.


    So begann ich die Welt und auch mich selbst und mein Leben mit anderen Augen zu sehen...

  • "Du willst doch zum Orakel! Geh am siebten des nächsten Monats, denn die Zeit wird günstig sein. Vielleicht ist für Dich ja ein Kairos.", sagte an einem Tag mein Lehrer Plutarchos.
    "Doch erwarte Dir nicht zuviel. Das göttliche Pneuma zieht sich aus der Welt zurück. Die Sprüche der Orakel sind nicht mehr so erleuchtet wie in den Tagen der Väter. Es ist aber noch der Funken des Pneuma da, den man hier in Delphi spüren kann - wie auch bei Eurer Römischen Sibylle.


    Bei der Wahrsagung handelt es sich nämlich um einen himmlischen Hauch, um ein Überströmen der Gottheit, sowohl wenn man über die Luft direkt mit ihr in Verbindung tritt als auch über das feuchte Element. Wenn der Hauch den Körper trifft, bewirkt er in der Seele eine außergewöhnliche Empfänglichkeit, deren Wesen nur schwer zu beschreiben ist."


    Gut, Meister, das will ich tun. Doch vorher muss ich noch einige wertvolle Opfergaben aus Roma kommen lassen, damit Apoll mir wohl gesonnen ist.


    Darauf antwortete er mir, indem er sprach:
    "Du bist bescheiden nach Delphi gekommen, also opfere auch bescheiden. Außerdem könntest Du aus Roma Nachrichten bekommen, die Dich sofort abreisen lassen möchten ohne zu vollenden was Du begonnen hast.


    Hmm, wenn Ihr meint. So setzen wir einfach unsere Gespräche fort, wenn Ihr Zeit habt und am siebten des kommenden Monats will ich früh zum Tempel gehen, mich reinigen und das Orakel zu befragen versuchen. Bis dahin erzählt mir doch, was die Seele betrifft, wie sie beschaffen sei, ob sie vergänglich ist oder ob sie unsterblich ist.


    Gut. Das will ich tun. Doch nicht mehr heute.


    So verließ ich meinen Lehrer für diesen Tag und bewegte alle seine Worte in meinem Verstand und in meinem Herzen.

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