Die Welt blieb stehen, wie von einer wundersamen Macht angehalten. Eine innere Gewissheit schien sich zu erheben und Stella wachsam zu halten. Seine Worte waren eine hoffnungsvollen Beschwörung gleich und trafen durch das feurige Eis ihres Panzers. Jede Mauer, die Stella erbaut hatte, um sich von der Welt zu trenne, damit diese sie nicht mehr verletzte, wurde von Claudius mühelos überwunden. Er wollte nicht hören, dass ihr Vater tot war. Doch er war es! Er musste es sein, denn nur so war ihr Leid erklärbar. Ihr Vater hätte es niemals zugelassen. Tiberius Verus musste tot sein, denn diese unmögliche Schonungslosigkeit hatte ihr in den verzweifelten Stunden, allein mit Pluto, Sicherheit gegeben. Claudius wollte es nicht hören. Vielleicht wollte sie es selbst nicht mehr hören? Eine kleine Hoffnung flammte auf. Etwas erblühte in Stella, dass sie längst verloren geglaubt hatte. Wollte es dieser Claudius nicht sehen und nicht wissen? Er strickte eine für Stella unverständliche Logik. "Seine Getreuen haben für uns gesorgt. Er hatte viele Menschen, die ihm einen Gefallen geschuldet haben," erklärte sie und versuchte damit der Logik zu folgen und etwas preiszugeben, warum sie bis jetzt überlebt hatte. "Ich glaube, bei allem, was er Schlechtes getan hat, hat er auch vielen Menschen geholfen," dachte sie laut nach. Sie wollte die ganze Geschichte berichten aber dafür war jetzt keine Zeit mehr, denn Claudius hatte bereits Pläne für den Abend geäußert. "Mein Vater schätzte dich sehr und das Vertrauen in dich war so groß, dass er uns ...," sie brach ab, als ihr bewusst wurde, dass sie auch für ihren Bruder sprach, der schmerzlich nicht hier war. "... mich zu dir schickte, wenn ich in Gefahr wäre." Stella atmete schwer aus, während sie eine Sekunde lang nervös auf ihre Unterlippe biss, um sich zu vergewissern, dass dieser Moment echt war. Zu oft waren Träume in Albträume verschwommen; und diese Albträume in Realität.
Baden. Einkleiden. Essen. Das klang gut. Fast so, als ob ihr Vater vom Dienst nach Hause kam, und sich eine schnelle Familienzusammenkunft gewünscht hatte. Ja, fast, wirkte der Claudius, wie ihr Vater. Möglicherweise wünschte sich das Stella auch nur. "Gerne," sagte sie sehr leise als Antwort für den Claudius, während sich stille Sterne aus ihren Augen lösten und über ihre Wange hinabfielen. Die Hoffnung lebte wieder. Stella lächelte tragisch. Er wiegte sein Haupt. Stella beobachtete ihn genau mit ihren eisklugen Augen. "Das ist mehr als ich jemals erwartet habe," schmetterte sie fast und streckte ihre Arme aus, um Claudius Menecrates spontan aus Dankbarkeit zu umarmen. Alle weiteren Pläne waren erstmal dahin. Jene Pläne mit denen sie hierher gekommen war und die sie sich klug überlegt hatte. Ja, das alles war ab jetzt bedeutungslos, da sie einfach nur einen Ort gesucht hatte, wo sie einmal ohne Angst schlafen konnte. Claudius Menecrates strahlte diese geheime Wärme aus, die ihr jene Hoffnung gab, dass dies ein echter Ort der Zuflucht war. "Danke!"