Die Männer fingen an zu tuscheln, einige nickten sich auffordernd und grazil lächelnd zu und der Flavier fühlte nun zum ersten Mal, dass er doch zu lange fernab Roms weilte.
Natürlich hatte er sich über die Geschehnisse informiert und mit den enger befreundeten Fratres korrespondiert - und doch, Vieraugengespräche waren das Fundament einer jeden politischen Bewegung. Und das traf auch auf die Arvales Fratres zu.
Plötzlich erhob sich sein langjähriger Freund, Manius Fabius Cerco, welcher in der gleichen Legislaturperiode wie er zum Praetor berufen worden war. Man begegnete sich in den Gängen des Gerichtsgebäudes täglich und nach dessen Contio auch oft im gegenseitigen Domus, um zu plaudern, zu speisen und auch ab und an in den Thermen zum Ringkampf. Dies lag jedoch Jahre zurück, denn beide waren etwas gebrächlich geworden.
"Fratres! Ich bin sitze schon lange in dieser Societas, um zu erkennen, dass in einer unbeständigen Zeit der Wirren und Irren Roms eine Zeit der Beständigkeit kommen muss. Beständigkeit nach welcher sich jeder von uns sehnt.
Der Bruder, welchen ich zum Magister vorschlagen will, war lange Zeit fernab von uns. Erzwungen, genötigt, fristete er seinen Tag fernab Roms. Und wir haben ihm die Treue gehalten, auch wenn die mit Blut getränkte Hand des Salinators nach jedem von uns Griff - auch in dieses altehrwürdige Gremium hinein. Wir ließen uns nichts vorschreiben, denn dieser Mann war einst auch Magister.
Dieser Mann sitzt neben mir.", eine kleine Handbewegung deutete auf Flavius Furianus.
Diesem war die Verwunderung augenscheinlich anzusehen. Der Flavier hatte mit jemand gerechnet, der die Arbeit und Geschicke der Societas hat mitverfolgen können. Er war fernab Roms gewesen und Beständigkeit wollte Fabius wohl mit der Beständigkeit vor Salinator begründen.
Nichtdestotrotz war Flavius Furianus sehr irritiert und rang nach etwas Luft.
"Lucius Flavius Furianus wurde in die Verbannung geschickt, nachdem er im Carcer gefoltert worden war. Wir alle wussten nicht, ob er zurück kommt, ob die Götter ihn Rom wieder bringen. Und sie taten es. Daher wäre es nicht nur ein Zeichen gegen die zurück liegende Tyrannei, sondern ein Zeichen für unseren Magister, der es verdient nun wieder seinen Platz einzunehmen. Es ist ausserdem ein Zeichen für unseren verstorbenen Magister Flavius Piso, dessen Tod sicherlich die Hand Salinators begünstigt haben wird.
Lasst uns ein Zeichen setzen, eines für unsere Beständigkeit!"
Mit diesen Worten setzte sich der Fabier und nickte dem Flavier berkäftigend entgegen. Dieser war immer noch recht fassungslos und irritiert, konnte seine allmähliche Freude nicht verbergen.
Das Tuscheln fing an, der Valerier musste um Ruhe bitten. Wie so üblich gab es keinen Gegenkandidaten, denn das Amt des Magisters war kein politisches, kein mächtiges - ein ehrenvolles umso mehr. Sich darum zu streiten war jedoch ehrlos.
"Wir kommen nun zur Abstimmung, Fratres!", erklärte der Valerier mit donnernder Stimme - er war stets ein guter Vorsänger gewesen - und blickte in die Reihen der Brüder, die mit einem Handzeichen das Für oder Wider ihrer Entscheidung äußerten.
Nach der Auszählung stand das Ergebnis fest. Lucius Flavius Furianus sollte neuer Magister der Arvales Fratres werden.
"Lucius Flavius Furianus, die Societas hat entschieden, dass du alter und neuer Magister unseres Kreises wirst. Ich hoffe dir als Stellvertreter bestmöglich zur Hand gehen zu können.", erklärte der Valerier und setzte sich.
Nun stand der Flavier, sichtlich konfus von der schnellen Abfolge dieser Entscheidung, auf und blickte durch die Reihen.
"Ich danke euch, Fratres. Ich blicke durch diese Reihen und sehe Männer, die ich nicht nur hier, sondern im Verlauf meines Lebens getroffen, ins Herz geschlossen und schätzen gelernt habe. Wir alle sind uns unserer Aufgabe sehr wohl bewusst, wir alle wissen um die essentielle Bedeutung unserer Riten und Feste.
Beständigkeit habt ihr gefordert und Beständigkeit werde ich euch bringen.
Ich selbst bin sehr überrascht, wenn ich ehrlich bin, über den Verlauf der heutigen Sitzung und doch erfüllt mich eure Entscheidung mit Stolz und Zuversicht. Lange wurden wir wie Tiere durch die Straßen Roms gejagt, haben den Dienst an den Göttern gar vernachlässigt.
Nun ist die Zeit der Buße angekommen, denn die Götter lenkten keinen Salinator, keinen Praefectus Praetorio, keinen Kerkermeister, der uns vom Dienst abhielt. Nein, die Schuld tragen wir, trägt Rom.
Lasst uns den Göttern huldigen. So, wie sie es von uns und wir von uns selbst erwarten!
Ich werde euch über das nächste Opfer postalisch in Kenntnis setzen, Fratres. Sowie über die nächste Zusammenkunft in meinem Hause.
Ich danke euch abermals, die Versammlung ist hiermit beendet."
Er wollte nichts überstürzen, sondern erstmal Informationen mit den engeren Fratres austauschen. Daher lud er auch diverse Arvalbrüder nach der Sitzung zur cena ein. Wenn man Beständigkeit wollte, musste man mit Bedacht agieren.