Wie ein Messer, so schnitt das wendige, jedoch nicht minder große Schiff durch die Wellen. Es war eines der luxuriöseren seiner Art und wurde nur für diese Überfahrt gemietet. Zwei andere Schiffe folgten. Es war also mehr eine Kolonne, welche schon am frühen Morgen die Silhouette des berühmten Leuchtturmes, welcher Pharos genannt wurde.
Nun brach, wie bei einem großen Sommergewitter, ein Sturm an Stimmen los, welcher auf die geschäftigen Seeleute verwies, die nun eilig hin- und herrannten und nicht wussten, wo sie zuerst anpacken sollten.
Ein alter Mann, reich gekleidet, jedoch schon durch das hohe Alter und die einst schwere Arbeit gekennzeichnet, stand am Deck und kontrollierte die Kisten, welche sich selbst dort wie Türme zu stapeln schienen. Es war Theomitus, der alte Verwalter, welchen Furianus einst von seinem Vater als Geburtstagsgeschenk vorgesetzt bekommen hatte. Seitdem kümmerte sich Theomitus um alles, was jedwede Berührungen mit Planungen, Organisation oder dem Finanziellen hatte. Kurz darauf erschien hinter ihm ein Mann, welcher aussah, als hätte er schon schwere Bürden auf seinen Schultern getragen und wäre unter diesen vor kurzer Zeit einfach zusammen gebrochen. Auf einem Stock aus Zedernholz stand der sichtlich gezeichnete Lucius Flavius Furianus, dessen edles Geblüt nur an seiner Kleidung zum Vorschein trat. Die dunklen Augen wanderten über die Schultern des alten Mannes hinweg zu der Silhouette in der Ferne.
"Das muss es sein, Theomitus, das Paradies.", sprach er leise, fast flüsternd.
Der Sklave, ohne einen Blickt von seiner Liste zu nehmen, nickte leise.
"Ja, junger Herr. Das war es einst, doch die Blüte ist gewichen. Wir hätten schon früher hierher kommen sollen, als du noch feurig auf deinem Anubis geritten bist."
Ein kleines Lächeln zeichnete sich auf den milden Zügen des Senators ab und mit einer gewissen Anstrengung legte dieser seinem alten Freund die freie Hand auf die Schulter.
"Das waren noch Zeiten. Aber wer sind wir, die wir der Jugend nachtrauern? Bin ich schon so alt, alter Freund?"
Der Grieche blickte leicht zur Seite und sein Blick schien sich in der endlosen Schönheit des ägyptischen Ufers zu verlieren: "Nein, du bist nicht alt, Herr. Aber du bist gekennzeichnet und - entschuldige mir diese Bemerkung - verbraucht. Du bist nicht mehr der, der du einst warst.", und gerade in solchen Augenblicken vermochte Furianus es nicht ihm zu widersprechen. Er hatte ja Recht.
Dennoch wollte der Senator nicht aus der Lethe trinken und das vergessen, was ihm stets als glückliches Leben in Erinnerung geblieben war und sein Blick folgte dem seines Sklaven: "Glaubst du ich werde hier wieder leben können? Es ist für kurze Zeit, aber das reicht mir, um entweder mit der Welt abzuschließen oder neue Kraft zu schöpfen. Es ist Ägypten, Theomitus, es ist nicht nur ein Land, sondern ein Mythos. Hier herrschten die Könige der Könige, hier offenbarte sich Alexander seine wahre Abstammung. Dies ist das Land des Osiris, der Isis und der Maat."
So gerne er an dem Pathos seines Herrn teilhaben wollte, so betrübt war er über seine eigene Unfähigkeit. Furianus steigerte sich da in etwas hinein, was vielleicht törricht war, jedoch nach Ansicht des alten Griechen genau das Richtige sein würde. Es würde ihm Kraft geben und seien es auch die letzten Kraftreserven seines Lebens, er würde entweder wieder leben können oder hier sterben. "Ich hoffe es, Herr, ich hoffe es. Doch loben wir nicht den Tag vor dem Abend. Loben wir uns lieber das Leben, solange es uns erfreut und das tut es, Herr, wahrhaftig."
"Ja, das tut es.", hörte sich Furianus flüstern und betrachtete voller Wonne und im tiefsten Glücke seines Lebens die aufgehende Sonne im Reiche der Magie, der Wunder und seinem Paradies.
Später würden sie im Megas Limen anlegen können und getrennte Wege gehen. Furianus würde sich bei dem hiesigen Statthalter anmelden müssen und sein treuer Theomitus würde eine Unterkunft anmieten und das Mobiliar von Bord der Schiffe bringen lassen müssen.
Der Tag war jung und die beiden Gefährten voller Visionen.