Beiträge von Lucius Flavius Furianus

    Es war ein sonniger Tag, die Vögel verschwanden vom Himmel und die Ruhe, die hier Jahre lang herrschte, wich dem Lärm geschäftigem Treibens.
    Endlich war das Domizil aus dem langen Schlaf erwacht, wurde möbiliert, renoviert und mit all dem purpurnen Pomp versehen, wie man es vom Erstwohnsitz eines Senators und ehemaligen Statthalters erwarten konnte.
    Zwei Monate war dies nun her und die letzten Tage war wieder alles beim Alten, sogar die Vögel waren wieder da...bis diese Stille erneut durchbrochen wurde.
    Senator Lucius Flavius Furianus war angekommen. Und er sollte hier bleiben - es war kein Urlaub.

    So, aufgrund meines Mangels an Zeit während der Woche, habe ich mich dazu entschlossen diese ID ein wenig in Ruhe und Abgeschiedenheit zu betten.
    Furianus wird nicht ganz verschwinden, nicht einmal den Status "In Exilium" annehmen, doch ich muss mit ihm stark zurück treten. Daher wird er sich nun offiziell in Griechenland, auf einem Landgut nahe Athen aufhalten, um völlig zu gesunden.
    Briefe können mir gerne geschickt werden, doch ich kann sie frühstens am Wochenende beantworten, so dass ich um ein wenig Geduld bitte. Mein RL erlaubt leider nicht mehr, also kein RPG. Nur Korrespondenz.


    Es war, trotz einiger Raufereien ;) , eine schöne Zeit und ich hoffe bald wieder nach Rom zurück kehren und wieder aktiv mitspielen zu dürfen. :app:

    Zwei Tage nach dem letzten Gespräch mit dem neuen Proconsul war es endlich soweit.
    Es wurde nur das Nötigste mitgenommen, denn die meisten Habseligkeiten wurden schon auf das Landgut nahe Athen vor der eigentlichen Abreise gebracht. Natürlich unter Berücksichtigung des Stillschweigens und der penibelsten Vermeidung jedweden Aufsehens.
    Ein letzter Blick auf das durch die unter gehende Sonne in goldenes Licht gefluchtete Tarraco und die Sänfte des Senators Lucius Flavius Furianus wurde auf das Schiff gebracht, Minuten später bezog Furianus sein Bett im Unterdeck und bangte der sicheren Überfahrt...

    "Deine Worte in göttlichen Ohren, Vinicius, und ich wäre heilfroh. Aber von guter Luft und einem schönen Ausblick werde ich wohl so schnell nicht wieder gesund. Ich vertraue mehr der Arznei, als diesen Naturheilern. Aber derzeit kann ich es mir nicht leisten auch nur jedweden dummen Vorschlag abzulehnen."


    Es war schon traurig genug, dass er mehr Äzte hatte als irgend einer im Reich, doch es war noch trauriger, dass er auf jeden auch so dummen Ratschlag hören musste. Ausweglosigkeit machte wohl nicht nur abhängig, sondern auch dumm.


    "Ja, vor deinem Eintreffen habe ich schon damit begonnen, meine Privatsachen vor zu schicken, um dir genug Freiraum zu schaffen und schneller nach Achaia abreisen zu können. Ich bin kein Mann von großen Zeremonien, ich mache es lieber schnell und heimlich."


    Zwinkerte er ihm zu und war froh, dass er die Strapazen eines Umzuges oder einer Feier ihm zu Ehren nicht ertragen musste. Zudem war er sich nicht einmal sicher, ob es Vinicius je in Betracht gezogen hatte. Es war ihm auch egal, er wollte nur weg.


    "Nun denn, ich bin jetzt kein Gastgeber, sondern Gast. Du wirst schon selbst die Vorzüge dieser Räumlichkeiten zu schätzen wissen. Mir hat es hier an nichts gefehlt. Doch nun muss ich mich zurück ziehen, wenn du erlaubst, die Prozedur der Medikamenteinnahme steht mir gleich bevor."


    Sagte er grinsend und ließ sich von einigen Sklaven aufhelfen.


    "Mögest du weise regieren und dir kein Unheil geschehen, Vinicius. Wir sehen uns dann bei meiner Abreise."


    Doch das war glatt gelogen. Furianus würde sowieso still und heimlich davon schleichen. Wie der Tod.

    "Dein Angebot ehrt mich, Vinicius."


    Und ab diesem Augenblick war es geschehen. Nun war auch die Villa völlig in den Besitz des Viniciers übergegangen und Furianus war nichts weiteres als nur ein Gast unter vielen.


    "Nun, wahrlich bist du nicht der erste, der mir von einer Reise nach Rom abrät.
    Aber auf Anraten meiner Ärzte habe ich den Entschluss gefasst mich nach Achaia zurück zu ziehen. Für wie lange weiß ich nicht, aber es dürfte Avarus zutiefst freuen. Mal sehen, ob ich gesund werde oder Rom nur in einer Urne wieder sehen darf.
    Mein Schiff wird in den nächsten zwei Tagen beladen und meine Ärzte trauen mir eine Reise zu, von daher werde ich dir nicht lange zur Last fallen."


    Sagte er mit einem leichten Lächeln und blickte sich um.


    "Lange genug war dies mein Zuhause. Es ist ein prachtvolles Domizil, das wirst du schon noch erfahren. Schreibe mir bei Gelegenheit, denn auf meinem Landgut nache Athen wird es nicht gerade schäftig zugehen."

    Der Vinicier, ganz kaisertreu, hätte auch nichts sagen können. Jedoch hatte es Furianus schon immer beschäftigt, warum er als Praefectus Praetorio ausgetauscht worden war. Er war sehr kompetent und loyal gewesen, zumindest sah man dies in der Öffentlichkeit. Doch es könnte genau so gut eben diese Loyalität sein, die ihn um das wohl wichtigste Amt im Reich gebracht hatte. Vielleicht hatte der Kaiser irgendwo irgendwas gehört und schwups, der Vinicier wurde unter falschen Tatsachen aus dem Amt gebeten. Dass er ihm nicht gänzlich das Vertrauen entzog, bewies ja die heutige Stellung.
    Doch auch der jetzige Kaiser kommt wohl nicht gut mit ihm aus, schließlich hat auch dieser ihn durch einen anderen Mann ersetzt. Vielleicht war Vinicius doch nicht so kaisertreu, wie er vorgab. Furianus hätte es sich sicherlich gewünscht.
    Aber darüber zu urteilen oder gar selbst an den Senator zu treten, hatte er nicht vor. Dazu war er zu schwach und hatte größere Probleme mit sich selbst.


    "Du hast ohnehin bessere Beziehungen zum Cursus Publicus als ich sie habe."


    Bemerkte er nebenbei mit einem leichten Lächeln. Ja, dieser Barbar fehlte ihm schon ein wenig. Nicht das hässliche Gesicht, bei den Göttern nicht! Nein, eher der Germanicus als so etwas wie ein weiches Trainingsgerät, auf das man einfach einschlagen konnte, wenn man etwas auf der Seele hatte. Natürlich nur verbal.


    "Geschätzt etwa 3000 Mann."


    Kam auch prompt die Antwort, die nur auf die richtige Frage sehnlichst gewartet hatte.


    "Dreitausend Mann, über die ganze Provinz verteilt, in den Ballungsgebieten natürlich mehr als auf dem Land."


    Er nahm einen Schluck, nun war der Vinicier sein Ventil, genau das Ohr, was er die letzten Monate über, als diese Komödie mit Unterstellungen gegen ihn begann.


    "Ein Witz ist das! Wie sollen dreitausend noch nicht gänzlich voll ausgebildete Milizen meine persönliche Armee sein? Und das auch noch in einer Provinz mit einem Flottenteil und einer Auxilia-Einheit, die beide dem Kaiser treu ergeben sind! Auch wenn meine Vorgehensweise nicht immer logisch erschien, verrückt bin ich nicht, Vinicius, um mit dreitausend beinahe Zivilisten gegen die fast doppelte Anzahl an kaisertreuen Soldaten anzugehen. Irrsinn, ein Witz ist das, was ich vom Senat hören musste!
    Und das Geld, nun, du wirst schon selbst sehen, warum die Provinz so viel braucht. Nach dem Aufstand wurde alles zerstört, die ganzen Kastelle, die ganze Ausrüstung, Gebäude, Wachposten und das Schlimmste ist, es wurden zahlreiche Milizen getötet.
    Doch dem nicht genug. Nach dem Aufstand sind sehr viele gegangen. Auch nicht verwunderlich, haben sie doch Jahrzehnte, ja beinahe Jahrhunderte ohne irgend welche nennenswerten Vorkommnisse gelebt. Die Arbeit in der Miliz war beinahe die gleiche wie ein Schuster, Metzger, Kaufmann. Die Menschen kannten es nicht anders, keiner wagte davon zu träumen, dass man als Angehöriger der Miliz einfach so überrannt werden konnte, ja auf dem Schlachtfeld stehen musste! Stell dir vor, fast die Hälfte ist einfach so verschwunden oder musste entlassen werden, weil sie für den Dienst nicht mehr verwendbar waren. Damit meine ich nicht nur Verstümmelte, sondern auch seelisch erkrankte. Ja, und stell dir mal vor, dass diese Personen, zusätzlich zu den Witwenrenten, die unsere Provinz bis heute zahlen muss, auch noch entschädigt werden müssen! Hat man dies in Rom zur Kenntnis genommen, gar daran gedacht?! Nein.
    Und wie kostspielig ist es, Senator, fast eine ganz neue Miliz aufzubauen? Das größte Problem ist nicht das Material und die Infrastruktur, das größte Problem sind die Männer. Kaum einer will zur Miliz, also musste ich Zugeständnisse machen. Ein höheres Gehalt, mehr Absicherungen, bessere Ausrüstung und Ausbildung, ja auch die Zahl erhöhen, damit sie sich sicher wähnen konnten! Weißt du wie viel das kostet, auch noch zusätzlich zu den schon ohnehin horrenden Summen?!
    Und zudem hat der Senat die Summe für die Sicherheit der Provinz im Verhältnis zu den anderen Ressorts gesetzt, dabei jedoch das Niveau der hispanischen Einnahmen vernachlässigt. Hättet ihr in Rom mal die Summen vor und nach dem Aufstand verglichen, würdet ihr einen starken Einfall bemerken. Davon schrieb ich nichts, ja, weil das Niveau schon so niedrig lag, als ich hier ankam, ich kannte nichts anderes und wenn es sich zum vorherigen Jahr bezogen gesteigert hat, habe ich an Rom geschrieben, dass die Einnahmen glänzend sind. Erst vor wenigen Monaten sah ich mir die Büher vor dem Aufstand an und bemerkte völlig überrascht, welch Einnahmen die Provinz Hispania tatsächlich an Rom sandte, bevor der Aufstand die ganze Wirtschaft lahm legte und die feinen Handelskontakte alle zerbrochen sind. Die Wirtschaft ist noch immer im Aufbau und das größte Problem ist hierbei das mangelnde Vertrauen.
    Hispania muss wieder vertraut werden können, nicht nur als Durchreisender, sondern auch als Geschäftsmann, denn sonst liegt hier alles brach, Hispania lebt vom Handel. Und daher habe ich diese Summe für die Miliz ausgegeben und nicht für die wahnsinnige, geradezu lächerliche Idee einer privaten Armee."


    Mit einem energischen Ruck stieß er sich die kleine Decke von den Schultern und griff blitzschnell nach dem Becher Wein, den er in einem Zuge leerte.


    "Kein Wunder, diese Idee konnte ja auch nur von diesem Barbaren Avarus stammen."


    Sagte er, ein wenig beruhigt und musste stark husten.

    "Ja, das stimmt allerdings. Doch es ist fast das Gleich, nur mit anderen Mitteln. Das Prinzip ist gleich, die Bestrafung. Den Soldaten kannst du physisch bestrafen, den Zivilisten kannst du materiell jauchzen lassen. Kürze ihm das Gehalt, gib ihm Mehrarbeit und als letzte Konsequenz drohst du ihm einfach mit der Entlassung. Kein Mann, welcher auch nur ein wenig an seiner Zukunft hängt, wird sich danach noch gegen dich stellen. Du sitzt am längeren Hebel und das kannst du auch bei Zivilisten wie auch bei Soldaten nutzen."


    Eigentlich konnte es ihm egal sein, der Vinicier würde sich schon etwas einfallen lassen. In dieser Hinsicht, nämlich bezüglich der Strafen, war wohl jeder Mensch recht kreativ, solange er selbst nicht bestraft wurde. Das sah man schon an dem recht großen Spektrum an Foltermechanismen und Methoden.
    Das Thema Matinius wollte er allzu gerne begraben, da auch er so manchen Tages den Hang hatte der Republik nachzuweinen.


    "Die Demokratie ist ein wunderbarer Traum, Vinicius, doch zu viel Demokratie lähmt den Staat. Und das ist sein Todesurteil. Es ist gut so, wie es nun ist."


    Mehr wollte er dazu auch nicht sagen.
    Die Comes der anderen Regionen? Interessante Frage, hatte er sich doch primär auf Hispania Tarraconensis konzentriert. Aber die anderen Regionen waren der primären doch ähnlich: ruhig.


    "Die Zusammenarbeit gestaltete sich zunächst etwas schwierig, da besonders der Comes Baeticas sehr reserviert auftrat. Er fürchtete wohl, dass ich ihn ersetzen werde, da ja seine Regio der Auslöser des Aufstandes war. Ich ließ ihn im Amt und so langsam taute er auch auf. Beide sind sehr erfahrene Männer und bis heute habe ich keine besorgniserregenden Nachrichten aus den Regiones erhalten. Die Dienstreisen durch einige wichtige Städte haben mir auch nichts Gegenteiliges aufgezeigt. Du hast zwei eigene Abteilungen von Beamten und Schreibern, die sich um die Korrespondenz zu den beiden anderen Regiones kümmern.
    Ahja, was du eigentlich noch intensiver voran treiben solltest, ist ein Praefectus Vehiculorum. Der Postdienst funkioniert zwar reibungslos, aber seitdem der letzte von diesen Schreibern da gegangen ist, Hadrianus war wohl sein Name, hatte ich keine direkte Ansprechperson für den Cursus Publicus. Dies ist zwar keine ernste Angelegenheit, aber falls was passiert wäre, hätte ich gerne ein Gesicht gehabt, welches mir als Ventil gedient hätte."

    "Na dann hast du ihn ja erlebt."


    Kommentierte er die Begegnung mit seinem Klient und nahm einen weiteren Schluck.
    Dass der Furier hier war, obwohl er eigentlich nach Ägypten gehen sollte, belustigte ihn irgendwie.


    "Weißt du, das mit dem Furier ist ein tolles Beispiel an dem, was dich hier erwarten wird, nämlich geradezu vollkommene Abgeschiedenheit von Rom und dem politischen Leben im Reich. Gut, du wirst Klienten und Informanten haben, sie werden fleissig Briefe an dich schreiben, so wie ich sie hatte, aber du wirst schnell merken, dass es ein gewaltiger Unterschied ist aktiv Politik zu betreiben oder hier bloß der Empfänger der Informationen zu sein."


    Und der nächste Satz war einer, der Furianus an all die Tage erinnerte, an denen er nur die Informationen bekam, wie im Senat über ihn getuschelt, gemunkelt und am Ende hohle Unterstellungen auferlegt wurden.


    "Du bist mundtot. Du siehst, was in Rom passiert, doch auch wenn es dich direkt betrifft, kannst du nichts sagen. Du kannst dich nicht rechtfertigen, du kannst nichts erklären, kannst keinem dieser Dummschwätzer ins Wort fallen, geschweige denn ihnen in die Augen blicken. Du sitzt hier und grübelst darüber nach, ob du eine Reise wagen solltest, welche Konsequenzen es dich kosten würde. Und am Ende entscheidest du dich gegen deinen Ruf und für die Provinz, bleibst hier und stehst am Ende vor einem Scherbenhaufen."


    "Sieh mich an", wollte er nur zu gerne ergänzen, doch diese Pein wollte er sich nicht geben. Zu lange wurde er gedemütigt, um sich nun selbst in diese Rolle zu hieven. Sie alle würden, falls ihm von den Göttern die Gesundheit je wieder geschenkt werden sollte, erfahren, dass ein verwundetes Tier auch zubeissen kann. Und wenn es gesund ist, auch viel mehr.


    "Ich muss dir die Situation erläutern, sie mag nun nicht mehr zutreffend sein. So hoffe ich.
    Es war eine große Umstellung als ambitionierter Mann, vom Senat hierher geschickt, mit Eifer, Esprit und Visionen gesegnet, nach Hispania zu kommen. Ich fand eine tote Curie vor, keine Motivation, keine Sehnsucht nach Erneuerung und Verbesserung. Bloß alt eingesessene Plätze, die mit stummen Statuen bestückt sind.
    Der Apparat funktioniert hier bei weitem nicht so gut und schnell wie in Rom, also musste ich Befugnisse nehmen und auf mich vereinen, damit überhaupt etwas voran getrieben wird. Führungspersönlichkeiten fand ich auch keine und aufgrund des kürzlichen Aufstandes konnte ich mich auf die alt eingesessenen Amtsträger nicht wirklich stützen. Wie gesagt, es ist am besten mit dem Wort "ruhig" zu umschreiben.
    Also nahm ich mir vor, neue und integre Männer an meine Seite zu bringen, sie haben, das muss ich auch zugeben, nicht alle die geforderten Voraussetzungen gehabt, um in die Ämter zu kommen, die ich für sie angedacht und in denen ich sie am meisten gebraucht habe.
    So habe ich mir wiederum weitere Befugnisse geben lassen und zum Schluss, vor meiner Krankheit, wieder ein wenig Lockerung walten lassen, nachdem die Provinzkurie nun endlich funktioniert hat. Davor war sie sprichwörtlich tot, ich habe viele Sodales entlassen und dafür neue ernannt, tatkräftigere, Visionäre von einem besseren Hispania.
    Nun funktioniert es recht gut, es ist alles aktiver, davor habe ich die Curie nur als Beratungsgremium gesehen. Und selbst als das hat sie mir nie gedient."


    Zu Matinius Agrippa wollte er nicht viel sagen. Eine bestimmte Meinung hatte er, aber Agrippa war immerhin ehemaliger Consular, ja Censor, gewesen. Kritik an ihm zu üben fiel ihm nicht gerade leicht.


    "Wenn ich es vorsichtig ausdrücken darf, gebe ich Agrippa eine gewisse Mitschuld an dem Aufstand. Er sah dies einfach zu locker, diesen Eindruck bekam ich, als ich die Curie sah.
    Stell dir mal vor, als ich hier ankam, sagte man mir sogar der Comes von Hispania Tarraconensis sei einfach so nach Italie abgereist und schon seit Monaten ohne Lebenszeichen verschwunden. So etwas hätte ich mir nie gewagt zu träumen, aber genau das fand ich vor.
    Als Statthalter muss man in gewisser Weise den Schäfer spielen und seine Leute beisammen halten, jedoch nie zu fest und nie zu lasch. Das hat Agrippa meiner Meinung nach in letzter Zeit nicht gerade mit Bravour gemacht.
    Auch wenn es ruhig ist, Vinicius, halte deine Augen offen und die Leute ein wenig auf Trab. Aber das muss ich dir nicht sagen, du hast weitaus mehr Erfahrung in Menschenführung als ich."

    "Ach, Äskulap habe ich schon ein ganzes Latifundium geopfert und es rührt sich nichts. Aber gut, dann fangen wir mal von oben nach unten an."


    Gab er als Einleitung bekannt und hatte auch schon das erste Gesicht vor Augen.


    "Der erste wird wohl der Comes sein, welcher zugleich auch Princeps der Curia ist. Er ist mein Klient, so dass du sofort annehmen wirst nur Positives von mir zu hören. Das wirst du auch, aber jeder hat seine Schattenseite und das sollte dir bekannt sein. Mir geht es um das Wohl dieser Provinz, das solltest du dir bei Zweifeln an meiner Glaubwürdigkeit durchaus vor Augen führen.
    Wo waren wir? Ja, Fabius Rusticus, Comes und Princeps Curiae. Ein fähiger Mann, hoch kompetent und hat mich noch nie enttäuscht. Ein großes Manko ist seine, nun ja, Steifheit. Er ist ein, wenn ich es so ausdrücken darf, nicht gesellschaftsfähiger Mann. Das ist ein großer Nachteil, wenn du ihn für Verhandlungen oder Ähnliches, was ein gewisses Feingefühl und einen Umgang mit dem Verhandlungspartner erfordert, einsetzen willst. Ist sein Verhandlungspartner mit ihm auf gleicher Augenhöhe oder darunter, ist Fabius sehr kompetent, denn er weiß sich durchzusetzen. Verschwiegen ist er auch, eine ebenfalls negative wie auch positive Eigenschaft."


    Auch Furianus ließ sich einen Becher stark verdünnten Wein einschenken und nutzte die Pause um ein wenig zu verschnaufen.


    "Der zweite ist der Procurator Aquarum. Es ist der Eques Didius Sevycius. Ebenfalls mein Klient und fähiger Mann, zumindest ist mir noch nichts Negatives über die Wasserversorgung zu Ohren gekommen. Anders verhielt es sich bei seinem Vorgänger, Didius Crassus, diesen habe ich sofort hinaus werfen lassen. Nun ja, Sevycius ist konstant, möchte ich sagen, jedoch hält er sich mit seinen Berichten etwas zurück, so dass du ihm ein wenig Tempo auferlegen musst.
    Der Dritte wäre dann der Praefectus Portuensis. Dieser ist meines Wissens dein Klient, Furius Helios. Auch seine Arbeit ist konstant, nur mit den Berichten hält er sich ebenfalls sehr zurück. Das Gleiche wie bei Sevycius.
    Und zum Schluss auf regionaler Ebene wäre da mein Verwandter, Flavius Quirinalis. Ein sehr ruhiger, jedoch kompetenter Bursche. Von ihm hört man so gut wie gar nichts, es liegt also in deiner Hand, ob er sein Amt behält oder nicht. Du bist der Statthalter."


    Dass Quirinalis wie vom Erdboden verschluckt schien, missfiel Furianus in letzter Zeit weniger, da er viel mehr mit seiner Krankheit beschäftigt war, als die gescheiterten Karrieren seiner Verwandtschaft zu fördern.
    Ein kleiner Schluck, um die Kehle zu befeuchten, und er fuhr fort.


    "In Tarraco hast du einen fähigen Duumvir, Artorius Didianus Nero. Sehr kompetent und engagiert, recht aktiv in der Curia. Ich wollte ihn kürzlich zum Magister Scriniorum erheben, da er mir stets ein guter Duumvir war. Vielleicht ergreifst du die Initiative, es würde mich freuen.
    An seine Stelle würde ich dann Germanicus Matrinius einsetzen. Er ist zwar nicht lange in seinem Amt, aber er war eine beachtliche Zeit als Scriba in Germanien und macht sich hier auch recht gut als Magistratus."


    Das waren wohl alle, die ihm so auf die Schnelle einfielen.


    "Ich habe einige Edikte erlassen, die deine Arbeit hier recht angenehm gestalten sollten. Du wirst merken, dass dadurch viel Macht in den Händen des Statthalters gebunden wird, aber als ich hier zum ersten Mal erschien, war alles macht- und führungslos, so dass ich das Ruder an mich gerissen habe, um überhaupt noch etwas voran zu kriegen. Es ist Mehrarbeit, aber dadurch geht alles viel schneller, glaube mir. Natürlich verfallen meine Edikte, aber wenn du sie weiterhin übernehmen möchtest, ist es deine Sache. Für mich war es einfacher so, du kannst es ja noch anderweitig ausprobieren, vielleicht findet sich ein neuer Weg."


    Was er jedoch stark zu bezweifeln gedachte. Die lokalen Honoratioren waren nicht gerade die verantwortungsbewusstesten Menschen, die er kannte. Und Demokratie war etwas Zähes, was er gerne mit seinen Edikten umging und gleich selbst erledigte, bevor es Jahre dauerte, bis eine Straße gebaut wurde.

    "Senator Vinicius, es freut mich."


    Sagte er zur Begrüßung und schickte sich an aufzustehen, bis ihn ein stechender Schmerz in der Brustpartie zur kurzzeitigen Aufgabe zwang, er sich jedoch noch aufrappeln und mit der letzten Würde, die er noch hatte, alleine erheben konnte.


    "Nun, wie du siehst kann ich schon fast wieder sprinten."


    Scherzte er, reichte dem Senator schnell die Hand, um sich sogleich wieder außer Atem auf die Cline fallen zu lassen.


    "Wenn ich ehrlich bin, weiß ich nicht, ob ich die nächsten Monate noch überlebe. Oder besser gesagt, die nächsten Monate noch so vor mir daher vegetieren will."


    Doch er besann sich wieder darauf, dass sein Gegenüber sicherlich nicht die Zeit hatte einem fast Verblichenen beim Wehklagen zuzuhören und fing an das Unwichtige vom Wichtigen zu trennen.


    "Aber genug davon, du bist sicherlich nicht deswegen hier.
    Ich muss dir jedoch sagen, dass ich dir nicht das sagen kann, was ich gerne an Informationen hier hätte. Wie du siehst bin ich kaum im Stande in Tarraco meinen Pflichten nachzugehen, ich lasse mir alles hierher bringen und verrichte, wenn ich kann, das Nötigste. Aber selbst das reicht nicht aus. Meine Augen und Ohren in der Stadt sind meine früheren Mitarbeiter gewesen. Und diese sind recht bescheidene Quellen. Das, was ich weiß, ist recht simpel und mit den Worten zu umschreiben, dass alles ruhig zu sein scheint. Ich habe jedoch vor Kurzem vom Duumvirn gehört, dass er an einem der Drahtzieher des Aufstandes dran sein soll, aber ob du das so recht glauben willst, ist deine Sache, ich habe mein Urteil diesbezüglich noch nicht fällen können. Wie auch bei den Übrigen Informationen, die ich habe.
    Ich verlasse mich nicht gerne auf Quellen aus zweiter Hand, sie sind allzug leicht manipulierbar. Und selbst kann ich schlecht etwas in Erfahrung bringen.
    Das Einzige, was ich im Moment für dich tun kann, ist dir über die Beamten zu berichten, die ich noch selbst kennen lernen und beobachten konnte, bevor mir diese Plage auferlegt wurde."


    Was sollte er ihm denn schon Weiteres sagen? Es gab nichts, was Furianus wusste und gerade dieser Umstand machte ihm zu schaffen. Seiner Aufgabe nicht gerecht nachzukommen war für ihn schlimmer als der beklemmende und stechende Schmerz in der Brust, den er erdulden musste wie Prometheus den Adler.

    Nach einer gehörigen Pause, welche den beiden Viniciern Zeit gab sich umzuschauen, trat ein blasser Sklave an den Senator heran.


    "Senator Vinicius? Senator Flavius kann euch nun empfangen. Er befindet sich im Triclinium."


    Sogleich schickte er sich an, in die Richtung einen Schritt zu setzen, welche die richtige zum pompösen Triclinium war.
    Der Fluch und zugleich der Segen dieser Villa waren die labyrinthartig angelegten Flure.

    Das pompöse Triclinium war stets bereit für feierliche Anlässe kurzzeitig dekoriert zu werden. Auch die Küche hatte eine gewisse Routine darin binnen weniger Stunden die köstlichsten Speisen auf den Tisch zu zaubern. Und so war es auch an jenem Tag, welcher der letzte für Furianus in seinem Amt, in dieser Villa, in dieser Provinz sein sollte.
    Selbst, mit den letzten Kraftreserven verblieben, lag er auf einer der zahlreichen Clinen um den Esstisch und versuchte das ihm schon langsam allzu vertraute Husten zu unterdrücken. Der Vinicier sollte nicht sehen, dass der Flavier nicht um seine Ehre, sondern viel mehr um sein Leben rang.
    Und doch, er war froh Hungaricus ein weiteres Mal, das erste Mal in Zweisamkeit, sprechen zu können. Es gab sowieso keinen besseren Nachfolger als den ehemaligen Chef der Garde.


    Gespannt wartend, lag er da und ließ sich ab und an mit einem feuchten Handtuch die Stirn mit kühlem Wasser benetzen.

    IN NOMINE IMPERII ROMANI
    ET IMPERATORIS CAESARIS AUGUSTI


    VERLEIHE ICH DEM
    DUUMVIR
    Urbs Tarraco


    MARCUS ARTORIUS DIDIANUS NERO


    MIT SOFORTIGER WIRKUNG VOM
    ANTE DIEM XV KAL SEP DCCCLVIII A.U.C.
    (18.8.2008/105 n.Chr.)


    EINE DIPLOMA



    FÜR SEINE VERDIENSTE ALS MAGISTRATUS UND DUUMVIR DER STADT TARRACO



    Lucius Flavius Furianus

    IN NOMINE IMPERII ROMANI
    ET IMPERATORIS CAESARIS AUGUSTI


    VERLEIHE ICH DEM
    COMES
    Provinciae Hispania


    MARCUS FABIUS RUSTICUS


    MIT SOFORTIGER WIRKUNG VOM
    ANTE DIEM XV KAL SEP DCCCLVIII A.U.C.
    (18.8.2008/105 n.Chr.)


    EINE DIPLOMA



    FÜR SEINE VERDIENSTE ALS MAGISTER OFFICIORUM DER PROVINZ HISPANIA



    Lucius Flavius Furianus

    IN NOMINE IMPERII ROMANI
    ET IMPERATORIS CAESARIS AUGUSTI


    VERLEIHE ICH DEM
    QUAESTOR PROVINCIALIS
    Provinciae Hispania


    KAESO ANNAEUS MODESTUS


    MIT SOFORTIGER WIRKUNG VOM
    ANTE DIEM XV KAL SEP DCCCLVIII A.U.C.
    (18.8.2008/105 n.Chr.)


    ZWEI DIPLOMAE



    FÜR SEINE VERDIENSTE UM DIE VERWALTUNG UND DIE CURIA DER PROVINZ HISPANIA



    Lucius Flavius Furianus

    IN NOMINE IMPERII ROMANI
    ET IMPERATORIS CAESARIS AUGUSTI


    ENTLASSE ICH EHRENHAFT DEN
    QUAESTOR PROVINCIALIS
    Provinciae Hispania


    KAESO ANNAEUS MODESTUS


    MIT SOFORTIGER WIRKUNG VOM
    ANTE DIEM XVII KAL SEP DCCCLVIII A.U.C.
    (16.8.2008/105 n.Chr.)


    AUS SEINEN PFLICHTEN HISPANIA UND DER CURIA HISPANIAE GEGENÜBER



    Lucius Flavius Furianus