Beiträge von Niobe

    Niobe eilte zwischen der Küche und dem Speisesaal hin und her und trug die Schüsseln mit den verschiedenen Speisen auf. Sie konnte nicht verhindern, dass ihr ebenfalls das Wasser im Munde zusammenlief und im Stillen ihre Landsmännin zu dem gelungenen Essen gratulierte.

    Niobe hatte alles nach Anweisung ausgeführt und hielt sich bereit, nachdem die Herrschaften eingetreten und sich niedergelassen hatten, um beim Auftragen der Speisen zu helfen. Sie begann mehrere Becher voll Wein zu füllen, stellte sie auf ein Tablett und näherte sich den bereits Sitzenden und wartete darauf, ob ihr jemand zu verstehen gab, dass er einen Becher haben wollte. Solange hielt sie sich im Hintergrund und beobachtete unauffällig die Anwesenden.

    Niobe hatte ihren Namen gehört und eilte in das Triclinium. Sie hatte sich ganz gut in der Casa der Decima eingelebt, was allerdings nicht bedeutete, dass sie sich mit ihrer Situation abgefunden hatte. Sie wartete weiterhin auf eine Gelegenheit. Bis dahin führte sie allerdings alle ihr aufgetragenen Aufgaben sorgfältig und gewissenhaft aus und konnte nicht verleugnen, dass es ihr Spaß machte an der Führung des Haushalts mitzuwirken.


    Die junge Syrerin betrat das Triclinium und sah Gallus fragend an. "Ja, was kann ich für dich tun, Gallus?"

    Niobe sah Iulias Überraschung und fühlte sich in ihrer Entscheidung bestärkt, die Wahrheit zu sagen. Auf die Frage hin, wie sie von Damaskus nach Tarraco gekommen sei, seufzte die junge Frau leise und hob die Schultern.


    "Das wüsste ich auch gern. Ich war auf dem Markt in Damaskus unterwegs, um Gewürze zu kaufen. Ich habe das immer gerne selber gemacht, weil ich einerseits gerne auf dem Markt unterwegs war und weil ich mich am liebsten selber von der Qualität der Ware überzeugt habe. Ich weiß nur noch, dass ich mit meinen zwei Dienern durch eine Seitenstraße ging, um dem größten Verkehr aus dem Weg zu gehen. Das nächste was ich mitbekommen habe war, dass ich mich gefesselt an Bord eines Schiffes befunden habe. Dann bin ich in Rom gelandet."


    Niobe schwieg einen Moment und sah auf ihre Handgelenke, die von dem Strick immer noch einen schmerzhaften Striemen trugen. "Was aus meinen Dienern geworden ist, weiß ich nicht, aber ich vermute sie sind tot. Mich muss wohl jemand niedergeschlagen haben, denn ich hatte eine Beule am Kopf"

    Für einen Moment überlegte Niobe was sie auf die Frage antworten sollte. Doch schien Iulia ein ehrliches Interesse an ihrer Herkunft zu haben, so dass sie sich für die Wahrheit entschied. Vielleicht erkannte sie ja, dass sie es mit jemandem zu tun hatte, die nicht für die Sklaverei geboren worden war.


    "Ich komme aus Damaskus, das liegt in Syrien. Mein Vater ist ein recht einflussreicher Händler dort und er hat immer großen Wert darauf gelegt, dass auch seine Töchter eine gute Erziehung erhalten."


    Niobe verschluckte die Bemerkung, dass ihr Vater einer der wohlhabendsten Männer in ganz Damaskus war und sie selbst einige Dienerinnen zur Verfügung gehabt hatte. Doch war ihr diese römische Frau auf irgendeine Art und Weise sympathisch, so dass sie sie nicht sofort vor den Kopf stoßen wollte. Immerhin konnte es ja doch sein, dass sie längere Zeit hier verbringen musste, als sie eigentlich vorgehabt hatte.


    "Habt ihr weitere Fragen, Herrin?"

    Iulias Musterung ließ Niobe schweigend über sich ergehen, immerhin hatte sie das bereits auf dem Sklavenmarkt erdulden müssen. Sie hob den Kopf weiter als Iulia ihre Fähigkeiten lobte und entspannte sich etwas. Sie wunderte sich selbst etwas darüber, dass es ihr überhaupt nicht schwer fiel, die Dienerin zu spielen, obwohl es für sie durchaus ungewohnt war.


    "Ich hatte einen guten Lehrer zuhause", sagte sie schließlich und dachte erneut wehmütig an ihre Heimat.

    Niobe verstand das Wort Kammerdienerin nicht so ganz, doch klang es nicht negativ und da Iulia nach ihren Fähigkeiten fragte, begann sie das aufzuzählen, was sie Verus bereits gesagt hatte.


    "Ich kann einen Haushalt führen, kochen, nähen, weben, alles was damit zu tun hat. Außerdem kann ich schreiben, rechnen, lesen und etwas Griechisch."


    Sie verstummte und hob leicht den Blick um Iulias Reaktion zu beobachten. Schließlich wollte sie wissen, ob es das war, was sie sich vorstellte. Dann fügte sie noch schnell ein "Herrin" hinzu.

    Leise klopfte Niobe an die Tür und trat dann in den Raum, da die Domina sicherlich schon auf sie warten würde. Sie hatte geschlafen wie ein Stein und schon Angst, dass sie zu spät sein würde. Niemand hatte sie geweckt, worüber sie einerseits dankbar, anderseits etwas erstaunt war. Frisch ausgeruht fühlte sie sich wesentlich besser und die Welt sah nicht mehr ganz so düster aus.


    Niobe machte ein paar Schritte in den Raum, senkte den Blick und verschränkte die Hände auf dem Rücken. "Guten Morgen, Herrin", sagte sie leise.

    Niobe betrachtete den Raum, der Ähnlichkeiten mit dem in Rom hatte und erneut musste sie an Ganymed denken. Sie wunderte sich etwas darüber, dass Männer und Frauen zusammen in demselben Raum schliefen. Zuhause war so etwas keinesfalls möglich gewesen, auch die Dienerschaft war strikt nach Geschlecht getrennt. Doch schien man das hier nicht so eng zu sehen.


    "Ich habe keine Privatsachen, nicht mehr." Ihre Stimme klang bitter als sie an ihren wertvollen Schmuck dachte, den die Sklavenhändler ihr abgenommen hatten, Ringe von den Händen gerissen, Ketten von ihrem Hals und die Ohrringe unsanft von ihren Ohren. Sie konnte von Glück sagen, dass sie keinerlei weiteres Interesse an ihrem Körper zu haben schienen, so dass sie bisher lediglich materielle Güter eingebüßt hatte."Danke, Gallus"


    Niobe ging durch den Raum zum letzten Schlafplatz und ließ sich darauf nieder. Erneut spürte sie die Erschöpfung, so dass es nicht lange dauerte, bis sie eingeschlafen war.

    Niobe hob leicht den Kopf und musterte ihre neue Herrin. Sie wirkte freundlich und Niobe erwiederte sachte das Lächeln. Und doch war es eine mehr als ungewohnt für sie sich in der Rolle einer Sklavin zu befinden, hatte sie doch vor nicht allzu langer Zeit selbst ihren Dienerinnen Befehle erteilt.


    "Wie ihr wünscht, Herrin". Niobe senkte wieder den Blick und dachte erneut daran, dass es sie weitaus schlimmer hätte treffen können. Und sie war sich nun sicher, dass sich früher oder später eine Gelegenheit ergeben würde, sie musste nur auf den richtigen Zeitpunkt warten. Zeit genug, um ihre Umgebung kennenzulernen.

    Niobe hob leicht die Augenbrauen und sah den Sklaven abschätzend an. Dann lächelte sie erneut und nickte Gallus freundlich zu. Sie konnte nicht sagen, dass sie sich hier bisher unwohl fühlte, vielleicht würde es ja doch nicht so schlecht werden. Immerhin hatte sie in Damaskus auch nicht wirklich viel zu melden gehabt, ihr Vater war zwar wohlhabend, aber sie schließlich doch nur eine Tochter unter vielen.


    "Na da du es nicht bist, Gallus, wer könnte es dann sein? Ich etwa?" Sie entschied das Spiel mitzuspielen und lächelte Gallus erneut an. "Ist die Herrin hier, ich meine, kann ich etwas für sie tun?"

    "Gut...Gallus", antwortete Niobe und lächelte leicht. "Dieser Mann, Verus sagte in Rom, dass ich hier im Haushalt eingesetzt werde, als Gesellschafterin einer der Damen des Hauses. " Sie blickte Gallus prüfend an, ob er ihre Worte bestätigen würde und dachte zum ersten Mal insgeheim, dass es sie wirklich schlimmer hätte erwischen können. Denn zumindest schien niemand hier irgendwelche anderen Dinge von ihr zu verlangen und sie hoffte, dass es auch so blieb. Immerhin hatte sie den Herrn des Hauses bisher noch nicht kennengelernt.

    Niobe hob den Blick und sah Gallus mit ihren dunklen Augen an. Dann nickte sie. "Wie ihr wünscht...Herr... Gallus"


    Sie wusste nicht, ob sie ihn so anreden sollte oder nicht, doch entschied sie sich vorerst dafür, so höflich wie möglich zu sein und eine gewisse Untertänigkeit zu demonstrieren. Schließlich wollte sie nicht am ersten Tag den Unmut von irgendjemandem auf sich ziehen. Alles weitere würde sich später ergeben, denn was niemand sonst wissen konnte, war, dass sie weiterhin fieberhaft einen Ausweg aus ihrem ungewollten Sklavendasein suchte. Gedankenverloren berührte sie leicht das Messer, welches Ganymed ihr gegeben hatte und das versteckt in ihrer Tunika steckte.

    Niobe stand immer noch etwas abseits und betrachtete die Räumlichkeiten, in der sie sich befanden. Durch die Tatsache, dass man sie, zumindest momentan noch, in Ruhe ließ, entspannte sie sich etwas und sah dann hinüber zu den anderen Anwesenden im Atrium. Der ältere Sklave schien hier im Hause für die Einteilung der Sklaven zuständig zu sein, so dass sie sich schließlich nach einigem Zögern näherte. Die junge Syrerin war zwar nicht wirklich scharf darauf, Sklavenarbeit zu verrichten, denn sie hatte sich mit ihrer Situation noch lange nicht abgefunden, doch war etwas Arbeit besser als nichts tun und schließlich war sie Hausarbeit gewöhnt. Sie musste an Ganymeds Worte denken, dass die Familia Decima gute Leute seien und das was sie bisher gesehen hatte, schien es zu bestätigen.


    Niobe senkte den Blick, blieb einige Schritte neben Gallus stehen und sagte dann leise "Ich bin Niobe...Herr. Was gibt es für mich zu tun?"

    Ohne ein Wort zu verlieren nahm der Sklave, den sie Hraban nannte, die Gepäckstücke, die Niobe abgestellt hatte und hievte sie auf seinen Stapel. Dann stemmte er das alles hoch und trug es davon. Niobe sah ihm nach und fuhr sich mit den Fingern über die müden Augen. Sie hoffte, dass es der "Herrschaft" heute nicht mehr einfallen würde, sich irgendwelche Aufgaben auszudenken, sondern sie etwas zur Ruhe kommen lassen würde. Gedankenverloren betrachtete sie eine der Skulpturen, die wohl irgendeine Gottheit darstellte, doch nahm sie sie nicht richtig wahr, ihre Gedanken waren ganz woanders.

    Niobe lief Hraban hinterher und schwitzte unter den Gepäckstücken der Herrschaft. Keuchend setzte sie das Gepäck im Atrium ab und sah sich um. Auch dieser Raum wirkte edel, doch nicht ganz so prunkvoll wie in Rom. Am liebsten hätte sie sich einfach auf den Boden gesetzt, so müde war sie von der langen Überfahrt und der Schlepperei. Und in Rom hatte sie auch nicht wirklich viel Ruhe gehabt. Sie seufzte leise und befühlte vorsichtig die Striemen um ihre Handgelenke, die noch von dem Strick herrührten.

    Niobe half beim Ausladen des Gepäcks und war ganz froh für diese Ablenkung. So würde sie wenigstens für kurze Zeit nicht an Rom und die verpasste Gelegenheit zu fliehen zurückdenken müssen. Und wer weiß, was sich in diesem für sie noch unbekannterem Land für Möglichkeiten boten. Als das Gepäck verstaut war, nutzte Niobe die Zeit bis es weiterging zum Verschnaufen. Sie war so harte körperliche Arbeit nicht gewohnt und beneidete für einen Moment die Muskeln des anderen Sklaven, von dem sie nur wusste, dass er Hraban hieß.

    ich hab auf dem ultraschall immer nur die füße gesehen, mehr hat die kleine net zu erkennen gegeben *gg* war aber auch spannend :D wünsch dir viel spaß beim schauen, denn richtig viel zu erkennen ist eher glücksache :P

    Niobe wollte Ganymed eben antworten, als Verus sie unterbrach und ihr mitteilte, dass sie bereits heute abreisen würden. Ihr Herz wurde schwer und sie unterdrückte nur schwer die Tränen. Sie bückte sich und zog einen kleinen silbernen Ring, verziert mit arabischen Schriftzeichen und einem kleinen grünen Stein, von einem ihrer Zehen, der einzigste Schmuck, der ihr nicht abgenommen wurde. Wahrscheinlich hatte man einfach nicht daran gedacht auf ihre Füße zu achten.


    Sie erhob sich und nahm die Hand des jungen Mannes, öffnete sie und legte den Ring hinein. Dann drückte sie sie zu, sah ihm in die Augen und flüsterte "Ich bin Niobe Zahrah bint Abdul Aziz bint Abdul Rahmann Al-Saul, vergiss mich nicht. Wir werden uns wiedersehen."


    Dann machte sie sich auf die lange Reise nach Tarraco.

    Die junge Frau atmete hörbar aus, als Verus sie schließlich ohne weiter nachzufragen, stehenließ und sie drehte sich im Raum um. Da kam auch schon der junge Sklave, der ihr das Messer zugesteckt hatte, aus irgendeiner dunklen Ecke und Niobe musste leicht lächeln. Sie hatte es geahnt, dass er schon hier auf sie wartete oder zumindest insgeheim gehofft.


    Da sie sich nun unbeobachtet fühlte, nahm sie sich die Zeit und betrachtete den blonden Jungen ausführlich. Er wirkte etwas schüchtern und das gefiel Niobe. Sie schüttelte leicht den Kopf und rieb sich die müden Augen. "Das ist schon in Ordnung, du hast mir ja nur helfen wollen"


    Erneut überfiel sie die Müdigkeit und sie hätte sich am liebsten sofort auf eines der Lager niedergelassen und wäre eingeschlafen. Sie wollte nichts anderes mehr, nur noch schlafen. Und dennoch musste sie vorher etwas klären, so dass sie sich zusammenriss.


    Ihre dunklen Augen wanderten zur Tür und durch den Raum, damit sie sicher gehen konnte, dass sie mit dem jungen Mann alleine war. Dann ergriff sie seine Hände und blickte ihm direkt in die Augen. "Wie heißt du?", fragte sie leise.