Die Worte seines Vetters umspülten ihn wie ein warmer, angenehmer Sommerregen, perlten in zarten Tropfen auf seine Haut und strichen sanft über sein Gemüt. Doch mit jedem Wort, je fester Caius' Entschluss wurde alles für ihn zu tun, desto klarer sah Gracchus vor Augen, was er zu tun hatte, was er an seinem Leben, an Aquilius und Antonia, an seiner Familie, an der Welt hatte. Bestimmt schüttelte er den Kopf.
"Und wenn ich hunderte Male bei ihr läge und du nur ein einziges Mal, ich würde genau wissen wer der Vater dieses Kindes ist, du würdest es wissen, und sie würde es wissen. Es wäre zu jener Frace, welche der Welt wir würden vorspielen, nur eine eigene, kleine für uns selbst, an die wir doch nicht würden glauben. Dieses Kind, dieses Kind wäre eine einzige Lüge. Was soll aus diesem Kind werden, das sein Leben bereits mit einer solch abominablen Lüge beginnt? Eine Lüge, welche es sein Leben lang auf seinen Schultern würde tragen, ohne je zu wissen, woran es so schwer trägt. Es wäre gleich eines Fluches, nur weitaus schlimmer, denn obgleich es nicht dazu geschaffen wäre, ihm zu schaden, so würde es unweigerlich es erdrücken. Nein, Caius, zum Wohle dieses Kindes, vergiss dies alles."
Eindringlich war nun sein Blick in Aquilius' Augen, selten je war er sich eines Gedanken, eines Entschlusses mit einem Male solchermaßen gewiss gewesen. Es war die Nähe seines Freundes, seines Geliebten, die ihm stets Klarheit hatte verschafft, eine Stärke in ihm zu Tage förderte, welcher er sonst so oft verlustig war. Er war sein Schwert, geradlinig und scharf, mehr als er je dies würde erahnen.
"Dies muss endlich ein Ende finden, all diese Lügen, dieser Trug, diese Täuschung. Ich bin diesem Leben gefolgt, weil es nichts anderes für uns zu tun gibt, ich habe mich in diese Form hinein gewunden, wurde förmlich in sie hinein gepresst seit mein Bruder die Familie enttäuschte, und erinnere dich, was daraus geworden ist, ein deformierter Mensch, ein deformierter Geist, uneins mit sich selbst, der nicht nur die Welt um sich herum, sondern gleichsam auch sich selbst mehr als nur einmal mit seinen Lügen betrogen hat. Ich will nicht klagen, Caius, es gab genügend Punkte in diesem Leben, an denen ich hätte aufstehen und dem ein Ende setzen können. Mögen wir auch als Kinder den Worten blind folgen, die man uns vorgibt, so wurden wir doch früh erwachsen, und seit diesem Zeitpunkt hätte ich mich anders können entscheiden. Ich habe es selten getan, doch letztlich habe ich trotz allem meinen Weg gefunden, und nun da ich weiß, dass Antonia nicht nur ein Monster in mir sieht, da ich weiß, so sicher wie nichts anderes, dass du immer ein Teil von mir wirst sein, so ist es doch nicht wahrlich schlecht, was aus mir geworden ist, oder, Caius? Es ist wahr, ich wünschte mir diese Familie so sehr, ich wollte meinen Kindern so viel mehr geben als wir selbst hatten, doch nun ein Kind auf diese Weise in die Welt zu bringen, dies würde alles, was ich für mich selbst erreichte ad absurdum führen, denn ich wäre erneut an einem Punkte angelangt, an welchem ich morgens aufstehen und nicht in den Spiegel könnte blicken, da ich dieses Gesicht, welches mir daraus entgegen blickt, nicht könnte ertragen, ganz zu schweigen davon, dass ich weder in das Gesicht dieses Kindes, noch in deines oder jenes Antonias je wieder könnte mit ruhigem Gewissen blicken."
Langsam aber bestimmt legte seinem Vetter er die Hände auf die Schultern.
"Du bist ein wahrer Freund, Caius, weit mehr als das, und ich danke den Göttern zutiefst, dass sie mir einen Menschen wie dich an meine Seite gaben. Sei mein Schwert, Caius, doch nicht jenes, welches ich mir selbst ins Herzen treibe."
Er zog ihn an sich und presste seinen zitternden Körper an den Aquilius', nicht begierig, nicht fordernd, nur ihn zu spüren. Er würde dies alles ertragen, tragen, irgendwie, doch nicht durch eine Lüge, denn letztlich konnten sie nur alle daran ersticken.
Beiträge von Manius Flavius Gracchus
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Je weniger Bewohner die Villa Flavia beherbergte, desto seltener sahen sich jene beim abendlichen Essen. Längst hatte die Küche alltäglich sich auf einen längeren Zeitraum eingerichtet, während dessen das Abendmahl musste bereit sein, so dass der erste Flavier am späten Nachmittag ebenso wurde verköstigt wie der letzte in später Nacht. Ein wenig ungewöhnlich war daher die Ankündigung des derzeitigen Hausherrn, das Essen auf einen Zeitpunkt zu richten, nicht nur für ihn, sondern die gesamte Familie, und zudem eine Person mehr als am vorigen Tage. Die Gerüchte um die neue Flavia hatten sich längst durch das Haus verbreitet, obgleich niemand genau wusste, aus welchem Zweige sie stammte und ob sie länger würde bleiben. Der bullige Diomedes wollte am Tore erfahren haben, dass sie aus der Linie des Flavius Blasio aus Sicilia stammte, während die alte Nike in ihren Knochen hatte gelesen, dass das Kind - wie sie Celerina titulierte - ein untergeschobener Bankert des Aetius war, und Lydas wiederum wusste, dass er sie schon einmal in der Villa in Baiae hatte gesehen, sie womöglich darob gar keine Flavia, sondern eine Verwandte Agrippinas war, und Phoebus, welchem man ihren Namen hatte abgerungen, diesen nur falsch verstanden hatte. Von all dem Gerede und Gerate bekamen die Herrschaften indes selbst nichts mit, denn dies war ein anderes Leben, welches zwar im selben Hause, doch gleichsam unendlich weit fort stattfand. Der erste, welcher sich denn im Triclinium einfand, war Gracchus, welcher wie gewöhnlich auf dem locus consularis Platz nahm, denn solange kein Gast im Hause zu bewirten war, hatte man von dort aus den besten Überblick, obgleich mit der Familie kaum je alle Plätze um den Tisch herum waren gefüllt.
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"Dies ist so, fürwahr. In absehbarer Zeit jedoch wird sich dies ändern, da Aquilius sich in den Stand der Ehe wird begeben, und auch für deinen Bruder Lucanus sind wir derzeit auf der Suche nach einer geeigneten Gemahlin."
Dass seine Schwester Minervina ohne ein klärendes Gespräch aus Rom hinfort geflüchtet war, hatte Gracchus durchaus ein wenig verstimmt. Wieder und wieder hatte für eine Hochzeit sie Aufschub erbeten, letztlich um mit dem Praetorianerpräfekt sich zu vergnügen, hatte ihre Familie belogen, ihn selbst mehr als alle anderen. Doch seine Geduld mit ihr war am Ende angelangt, er konnte letztlich ohnehin sie zu nichts zwingen, wollte dies letztlich nicht, und so sie nicht willens war, ihrer flavischen Pflicht nachzukommen, so war es womöglich besser, sie zog sich auf das Land zurück als in Rom zu wildern. Sein Blick streifte erneut Celerina, und obgleich sie längst nicht so staubig wie ihr Bruder in Rom angekommen war, so erweckte sie doch einen leicht erschöpften Eindruck.
"Doch dies sind Angelegenheiten, für welche heute Abend noch genügend Zeit sein wird. So du etwas benötigt, zögere nicht die Sklaven danach zu schicken, und falls du ein Bad nehmen möchtest, so hat dieses Haus ein Balneum mit durchaus adäquatem Becken, so dass die ein Gang in die öffentlichen Thermen nicht unbedingt notwendig ist." -
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"Der Cultus Iunonis ist dir zu Dank verpflichtet, Flavius Lucanus."
Dankbar neigte Catonia den Kopf und war ganz wie die Göttin von dem jungen Mann entzückt, hoffte, dass er sein Glück mit einer Ehefrau würde finden.
"Mögen die Götter dir stets wohlgesonnen sein."
Nachdem Lucanus wieder seiner Wege gegangen war, begleitete die Sacerdos die Sklaven zur Küche hin, um dafür Sorge zu tragen, dass ein Filetstück zu ihrem Anteil würde gepackt. -
Tatsächlicherweise besaß Gracchus einen äußerst feinsinnigen Humor, von welchem jedoch womöglich über den Lauf seines Lebens hinweg ihm durchaus ein wenig war abhanden gekommen, den verbliebenen Anteil davon verbarg er für gewöhnlich in seinem Inneren, ließ nur dann ihm einen Freiraum, wenn er sich wohl, respektive sicher fühlte - zudem fehlte jener gänzlich, so die Chose seine Familie betraf. Was ebenfalls gänzlich ihm fehlte, war Übung im Umgang mit handfesten Kontroversen, denn obgleich er sich theoretisch äußerst vielfältig in der Art und Führung der Disputation hatte geschult, so war er praktisch ein Mensch, welchem die Harmonie ein sehr drängendes Bedürfnis war, und der darum stets mehr den Konsens denn die Konfrontation suchte. Indes, die Geschehnisse der vergangenen Wochen und Monate - das Auftauchen seines similären Bruders, die unmögliche Situation seiner jüngeren Schwester, der Mord an seiner älteren Schwester, die Verwirrungen um Caius und die Nähe, welche sie sich letztlich endlich einander hatten zugestanden, und schlussendlich die Erkenntnis, dass kein Nachkomme er je in die Welt würde setzen, samt der Annäherung an seine Gemahlin Antonia und die erneute Beteiligung Caius in dieser Causa - dies alles hatte dazu gereicht, Gracchus' Gefühlswelt mehr als nur in reagible Schwingungen zu versetzen, fürwahr hatte dies alles ihn innerlich völlig aus der stets so vorgefahrenen Bahn geworfen, so dass es für den flavischen Wahn, welchen ein jeder von ihnen im Blute trug, nun ein leichtes war, sich ab und an seinen Anteil am Geschehen zu nehmen. Doch war der Funke erst entzündet und das lodernde Feuer entfacht, ließ es Gracchus ein wenig unschlüssig und ratlos vor dem brennenden Scheit zurück, so dass er bereits zum zweiten Male in nicht allzu langer Zeitdauer vor dem Aurelier stand und gleichsam sich selbst hatte vergessen wie auch, was weiter musste oder sollte geschehen. Was hatte er erwartet? Er sog tief Luft durch seine Nase, so dass deren Flügel marginal erbebten, ein leiser Schmerz zog allmählich durch seine rechte Wange, da er noch immer seine Zahnreihen aufeinander drückte als könne er alles Übel zwischen ihnen fassen, auf dass nichts davon in die Welt hinaus entfleuchte. Aurelius' als Frage getarnte Feststellung und der Umstand, dass er sich setzte, brachten Gracchus letztlich vollkommen aus seinem ohnehin kaum noch vorhandenen Konzept. Wo eben noch die kriegerische Trireme Gracchus in wilder Fahrt auf die Trireme Corvinus frontal hin zusteuerte, in entschlossener Absicht, jene auf den tiefsten Grunde des Okeanos zu versenken, da wurde ihr augenblicklich jeder Wind aus den Segeln genommen, so dass diese schlaff und lasch in lauen Brise baumelten, und das Schiff sanft auf den leichten Wogen des Meeres schaukelte. Flucht. Es war der erste Reflex, welchen Gracchus hatte perfektioniert, doch selbst hierfür fehlte der Wind augenblicklich. Da er nichts anderes zu tun wusste, setzte Gracchus sich ebenfalls, dem Aurelius gegenüber. Mit einem Male hatte er das Gefühl, dass nun er selbst derjenige war, welcher in die Bedrängnis geriet, sich zu erklären.
"Die Familie ist letztlich das einzige, das uns bleibt, Aurelius. Zumeist wollen wir diese Weisheit unseren Väter nicht glauben, da sie uns aufoktroyiert und durch ständiges Repetieren abgenutzt erscheinen mag, doch letztlich bleibt nur diese Erkenntnis. Caius ist nicht nur mein Vetter, er ist ... mehr noch mein Freund, denn ich habe mehr Zeit mit ihm verbracht, mehr mit ihm geteilt als je mit einem anderen Menschen. Ich weiß dass er dies nicht würde gut heißen, er ist in mancherlei Hinsicht äußerst stur und möchte alles ohne Unterstützung erreichen, doch wo ich dies vermag, werde ich stets dafür Sorge tragen, dass kein Schatten das Licht seiner Person verdunkelt. Auch wenn du dies weißt, er dies weiß, und ich dies weiß, dass jenes Ende deiner Inszenierung ein fiktives war, so warf es kein gutes Licht auf seine Person, gleich ob es humoristisch gewesen sein mochte oder nicht. Ein Mann, welchem man nachsagt, durch die Betten dutzender Ehefrauen Roms zu ziehen, mag vordergründig Empörung hervorrufen, doch insgeheim wird er von allen Männern beneidet ob seiner Virilität und von allen Frauen begehrt, da sie sich selbst von ihm begehrt sehen möchten. Ein Mann jedoch, welchem man nachsagt, mit einem einzigen Mann die Bühne zu verlassen, mag vordergründig belächelt werden, doch insgeheim wird er abfällig als Grieche tituliert und auf der nächsten Cena wird kein Mann mehr neben ihm seinen Platz finden wollen, aus Furcht vor seinen widernatürlichen Neigungen."
Obgleich die Wut in Gracchus' bereits verflogen war, so war seine Stimme von einer tiefgründigen Ernsthaftigkeit durchzogen, denn er wusste sehr gut, wovon er sprach, nicht umsonst hatte er all die Jahre in Rom stets darauf geachtet, seine eigene Neigung nicht publik werden zu lassen. Denn während die Gefährten seiner späten Jugend in Achaia stets versucht hatten, mit den durch sie verführten jungen Damen und Sklavinnen sich gegenseitig zu übertrumpfen, hatte er nur geschwiegen, so dass jene, welche nicht um seine Neigungen wussten, ihn - wenn auch vordergründig freundschaftlich - als Versager hatten deklariert, und jene, welche darum wussten, immer ein wenig Abstand zu ihm hatten gehalten, aus der Furcht heraus, er könne ihnen zu Leibe rücken, während gleichsam sie stets darauf gewartet hatten, dass er über den nächstbesten Gefährten würde herfallen, so dass sie ein extravagantes Schauspiel würden geboten bekommen. Einzig Caius hatte ihm je weder Vorwürfe, noch Misstrauen entgegen gebracht, gegenteilig ihn mehr als einmal in Schutz genommen, und einzig Marcus hatte Gracchus Scherze ob dessen gestattet, da jene nie beleidigend oder treffend gewesen waren, sondern ihnen stets Aristides' unverblümte Leichtigkeit hatte angehaftet.
"Was den Artikel betrifft, so habe ich vor den Göttern geschworen, meine Gemahlin zu schützen, jedes Übel von ihr abzuwenden. Jene Gerüchte, welche allgemeinhin in der Acta Diurna publiziert werden, sind ohnehin längst in Rom bekannt, doch die festgeschriebene Erwähnung berechtigt dazu, sie auszusprechen, gerade dann, wenn sie positiver Natur sind oder dieser scheinen. Niemand wird dich nach einer gelösten Verlobung fragen, Aurelius, denn dies ziemt sich nicht in unseren Kreisen, doch eine Hochzeit oder ein Nachkomme, dies sind Thematiken, welche bestens dazu gereichen, sie bei einem Aufeinandertreffen zum Anlass seichter Konversation zu nutzen."
Er war fest entschlossen, auch nur jeden noch so marginalen Anschein von Makel von Antonia abzuwenden.
"Caius bezeichnet dich als seinen Freund und ich war stets geneigt, jenen Männern, welchen er dieses Vertrauen entgegen bringt, ebenfalls mehr als üblich zu vertrauen."
Vermutlich deswegen, da Gracchus selbst nie hinter das Geheimnis des Konzeptes der Freundschaft gekommen war, abgesehen von jener, welche auf familiären Banden beruhte.
"Zudem werden unsere Familien ohnehin durch seine Hochzeit bald enger miteinander verbunden sein, gleichsam wie auch die Zeit die Wahrheit nicht verhehlen kann. Es wird keinen Nachkommen in meiner Ehe geben. Was also sollte meine Gemahlin in seichte Konversation verwickelt auf solcherlei publizierte Desinformation entgegnen, ohne dabei aus Scham im Boden zu versinken?"
Wohl war Gracchus sich dessen bewusst, dass für Corvinus mit dieser Offenheit die Wahrheit auch ohne Aussprache würde deutlich werden, denn kein Mann ihres Standes würde an einer Ehe festhalten, in welcher die Frau nicht fähig war, ihm einen Nachkommen zu gebären, doch galt es längst nur noch, jeden falschen Verdacht von Antonia fern zu halten, gleich wie erniedrigend dies für ihn selbst mochte sein. Letztlich blieb nur die Flucht nach vorn.
"Verzeih, ich war eben ein wenig voreilig. Ich denke, ein Schluck Wein wäre womöglich nun nicht eben die schlechteste Wahl, so nach meinem forschen und sicherlich ein wenig ungebührlichen Verhalten du noch bereit bist, mich als dein Gast zu konnivieren." -
"Bildung und Wissen sind stets erstrebenswerte Güter, auch für eine Frau und erst recht für eine Flavia."
Immerhin waren flavische Frauen nicht nur Kapital, welches sich in favorable Bindungen stecken ließ, gleichsam lastete auf ihnen ebenfalls eine gewisse Erwartung bezüglich durch sie zu gewinnenden Einflusses, und jener ließ nur durch geschicktes Taktieren sich erreichen, wozu ein Maß an Bildung immer vorteilhaft war.
"Ich hoffe ebenfalls auf Anwesenheit meiner Gemahlin"
, fügte Gracchus mit süffisantem Lächeln an.
"Seit meine Schwester Rom den Rücken gekehrt hat, übt Antonia sich wacker im Konnivieren des flavischen Männerhaushaltes, daher wird ein wenig weibliche Gesellschaft sie sicherlich erfreuen."
Im Grund wusste Gracchus nicht, ob Antonia je etwas anderes getan hatte, denn er wusste ebenfalls nicht, was die Damen taten, so sie zahlreicher in der Villa vertreten waren. Einzig Leontia hatte einen sichtbaren Eindruck ihres Schaffens hinterlassen, denn ihrer Hand war ein wenig der Umgestaltung der Villa zu verdanken gewesen, und vor allem die rosé- und cremefarbenen Seerosen, welche friedlich auf dem Wasser im impluvium schaukelten, erinnerten Gracchus bisweilen schmerzlich an den Verlust seiner Base. -
Etwas war faul im Staate Rom, dessen musste ein argwöhnischer Mensch sich sicher sein, welcher soeben einen vorzüglichen Sklaven für nur fünf aurei hatte erworben, während an anderen Tagen bereits um minderwertige Ware regelrechte Schlammschlachten wurden gefochten. Indes, Gracchus war selten argwöhnisch bei solcherlei, gegenteilig, er war bisweilen äußerst arglos, und in der Tat glaubte er sich an diesem Tage regelrecht von Fortunens Glück begünstigt, was selten genug geschah, als dass er es wollte in Frage stellen. Selbst als lebender Lampenhalter - eine in besonderen Kreisen als durchaus exquisit geltende Beschäftigung für Sklaven - hätte Kleochares sich für diesen Preis gelohnt, doch so noch mehr in ihm mochte stecken, würde dies ein tatsächlicher Glücksgriff sein - und falls wider erwarten nicht, so würde sich bei den Spielen letztlich für alles Verwendung finden. Gracchus sandte seinen Sklaven Sciurus zu Titus Tranquillus, um die Formalien der Bezahlung abzuwickeln, des Sklaven nahm er sich selbst an - immerhin, ein künftiger Hauslehrer war kein einfacher Gegenstand, welcher in der Versenkung des Haushaltes würde verschwinden, sondern würde selbst als Unfreier eine gewisse Stellung einnehmen.
"Wie ist dein Name? Erzähle mir, in welchen Häusern du zuvor dientest und worauf bei deiner Schulung Wert gelegt worden ist."
Dass der Sklave wissen sollte, in welchem Hause er künftig seinen Dienst verrichtete und wer sein neuer Herr war, auf diesen Gedanken kam Gracchus nicht, da dies Lappalien waren, für welche üblicherweise Sciurus würde Sorge tragen, sobald er den Sklaven unter seine Obhut nahm und in jene Bereiche der Villa einführte, in welche Gracchus sich kaum je verirrte, von manchen ihm nicht einmal bewusst war, dass sie existierten.Sim-Off: Überwiesen.
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Als Corvinus seinen Namen sprach, kehrte augenblicklich Gracchus' Aufmerksamkeit in gegenwärtigen Raum und Zeit zurück, und mit ihr jenes Ressentiment und jene Aversion gegen den Hausherren, welche in Gracchus anfänglich waren erwachsen, aus Furcht sein Vetter Caius könnte in irgendeiner Weise dem Aurelia nachhängen, doch in diesem Augenblicke nicht etwa ob seines Vetters wegen. Er war unterdessen letztlich gar überzeugt gewesen, durch Aquilius' Hochzeit in die Aurelia würde eine gute Verbindung zustande kommen, hatte insbesondere zu Corvinus eine leichte Vertrauensbasis verspürt, da er stets geneigt war, jenen Männern zu vertrauen, welchen sein Vetter seine Freundschaft schenkte, doch all dies war mit einem Schlage zerbrochen.
"Salve, Aurelius. Danke, kein Wein, ich werde ohnehin nicht lange bleiben."
Ein Blick zu Sciurus hin ließ jenen an die beiden Männer herantreten, das Behältnis öffnen und die Schriftrolle daraus hervor ziehen. Er entrollte sie und reichte das Schriftstück an Corvinus, es war eine Abschrift eines Artikels aus der letzten Acta Diurna, respektive des Artikels Klatsch und Tratsch, inmitten dessen der kurze Abschnitt zur Nachkommenserwartung eines gewissen Vorzeigepaares, namentlich erwähnt, von welchem ein Teil eben im Atrium der Aurelia stand.
"Ich verlange eine Erklärung, Aurelius, für jene Invektive, welche du in der dir anvertrauten imperialen Zeitung publiziert hast."
Mühsam nur beherrschte Gracchus seine Stimme, doch gleichsam wartete er nicht auf eine Erklärung. Seit jenem Zeitpunkt, da er die Abschrift der Zeilen hatte gelesen, gereichte allein der Gedanke daran dazu, Wut in ihm empor steigen zu lassen, unbändige Wut, genährt durch jenes eigene körperliche Versagen, welches beständig im Hintergrund seiner Gedanken herum spukte und schwer auf seinem Gemüt lastete.
"Erst lässt du meinen Vetter Aquilius in deinem Theaterstück diffamieren, und nun das! Erreichst du nicht aus eigener Kraft deiner Gens jene Würde zu verleihen, welche ihre Herkunft verdient hätte? Musst du unsere Gens hinab in den Schlamm ziehen, um über sie zu triumphieren? Ich warne dich, Aurelius, wenn ich noch einmal den Namen meiner Gemahlin oder irgendeines anderen Mitgliedes meiner Familie im Zusammenhang mit solch impertinenten, desavouierenden Behauptungen in dieser Zeitung werde lesen, dann wirst du den Tag noch bereuen, an welchem du um die Aufgabe als Auctor der Acta Diurna batest, dies garantiere ich dir!"
Es geschah dies nicht oft, dass Gracchus seinem Zorn solchermaßen freien Lauf ließ, doch wenn dies geschah, dann stets deswegen, da er die Familie in Gefahr sah. -
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Überaus routiniert, jedoch mit großer Sorgfalt, begutachtete die Sacerdos auch die Innereien des zweiten Schweines, konnte auch an diesen jedoch keinerlei Makel feststellen. Nachdem sie zuletzt auch das Herz wieder zurück in die die vitalia fassende Schale hatte gelegt, reichte schlussendlich diese sie Lucanus weiter.
"Die gütige Juno ist gewillt, auch diesem Wunsch Ihre Unterstützung zu gewähren."
Während Catonia darauf wartete, dass der junge Flavius die Fleischstücke würde verbrennen und den Ritus abschließen, wartete ein Tempelsklave bereits auf die Anweisung, wie mit dem restlichen Fleisch der Tiere zu verfahren sein würde, denn so der Opferherr nicht ein Tier würde mit nachhause nehmen wollen, würde womöglich auch für ihn an diesem Tage noch ein Stück des Fleischees übrig bleiben. -
Ohne einen Blick für die Pracht der Villa folgte Gracchus dem Sklaven, gefolgt von seinem eigenen Sklaven, lehnte mit einem Wink aus der Hand heraus das Angebot ab, Platz zu nehmen, und blieb statt dessen am impluvium stehen, die Kiefer wieder aufeinander gepresst, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, den Blick starr auf das sanft wogende Wasser gerichtet, die opaquen Spiegelungen auf dessen Oberfläche und eine Welt dahinter, welche nur er zu sehen vermochte. Der Sklave Sciurus verharrte unweit von ihm neben einer Säule, regungslos, doch mit seinem Blick die Umgebung auf das Genaueste taxierend, in seiner Hand ein rundes Behältnis, in welchem nicht nur zu vermuten stand, dass eine Schriftrolle es enthielt, sondern dies tatsächlich auch der Fall war.
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"Es geht um private Angelegenheiten"
, antwortete Gracchus und trat an dem Ianitor vorbei in die Villa, dem jungen Sklaven zu folgen. Jener, welcher an der Türe hatte geklopft, wandte sich um, da er bei den Sklaven würde verweilen, welche die Sänfte hatten getragen. Hinter Gracchus folgte wie dessen Schatten sein Sklave Sciurus, Leibdiener, Scriba, Agenda und vieles mehr. -
Der junge Sklave hielt den Blick gesenkt, blickte nicht auf zu dem Hünen, welcher die Türe öffnete, denn er war es ohnehin nicht, mit welchem jener sprach, gleichwohl er es war, welcher antwortete.
"Mein Herr, Senator Flavius Gracchus, wünscht Aurelius Corvinus zu sprechen."
Eben jener Herr stand schräg neben dem Sklave, die Kiefer aufeinander gepresst, denn jener Ianitor weckte in ihm eine nicht zu ignorierende Reminiszenz an das Theaterstück während der Meditrinalia in diesem Hause. -
Eine schlichte, doch von edlem Material zeugende Sänfte, geziert von einem unscheinbaren Wappen der Gens Flavia, schob sich zielstrebig durch die breiten Straßen Roms, um schlussendlich vor dem Anwesen der Gens Aurelia ihr vorläufiges Ziel zu finden. Ein junger Sklave preschte eilig an die Pforte und klopfte, während Gracchus sich anschickte gemessener Bewegung - viel mehr ließ die ihn umgebende Toga nicht zu - das Transportmittel zu verlassen.
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Jene Stimme, welche von hinten her nach vorne erschallte, ein wenig herausfordernd gar, war Gracchus denn doch seit einiger Zeit bekannt, so dass er sich halb umwandte und seinen Neffen auf einer Kiste stehend sah. Er wollte gerne glauben, dass Lucanus in solcher Weise erhoben - doch keineswegs erhaben - bereits für seinen ersten Auftritt auf der Rostra übte, doch viel mehr sah der Junge aus wie ein neugieriger Gassenbursche, welcher seine Nase nicht weit genug in die Höhe konnte stecken, um jene Luft dort oben zu atmen, welche sonstig nicht für ihn vorgesehen war. Ein wenig an seiner Haltung zu feilen würde wohl vonnöten sein, denn mochte ein Mann in Flaviobriga auch wenig Gelegenheit haben, vor einer Menge in adaequater Weise sich zu präsentieren, so würde dies in Rom früher oder später für Lucanus notwendig werden - so es nach Gracchus ging eher früher denn später. Ob der angebotene Sklave indes Plutarch beherrschte, war für Gracchus nur von marginaler Bedeutung, da immerhin Lucanus jenen zu kennen schien und darob dessen Texte eventualiter vertiefen, doch nicht obligatorisch behandeln würde müssen.
"Ich bin bereit, das Startgebot für ihn aufzuwenden,"
bekundete er darob sein Interesse bei Titus Tranquillus. -
Ein vergnügtes Lächeln kräuselte Gracchus' Lippen und ein schalkhaftes, beinahe gar verschwörerisches Blitzen schien für die Dauer eines Herzschlages in seinen Augen auf. Seine Gattin Antonia würde einzig ob der künftigen Anwesenheit einer weiteren Frau im Hause erfreut sein, gleich welchem der flavischen Zweige sie entstammte, doch sicherlich würde auch Aquilius eine erstaunte Reaktion zu entlocken sein, welcher doch immer ein wenig schwer daran trug, dass sein eigener Familienzweig bereits so sehr war ausgedünnt.
"Deine Pläne sind äußerst begrüßenswert. So du dich für weiterführende Kurse an der Schola willst einschreiben, zögere nicht, dich ob der zu entrichtenden Gebühr wegen an mich zu wenden. Die Anlagenverwaltung des Familienvermögens obliegt meiner Person, respektive derjenigen meiner Gemahlin, und einer Investition in Bildung wegen musste noch niemand in diesem Hause lange bitten. Bezüglich eines Gatten indes ist sicherlich keine Eile geboten, doch auch hierbei wird die Familie dich natürlich soutenieren, wo sie kann."
Ganz davon zu schweigen, dass sie aus einer favorablen Verbindung kaum weniger Nutzen würde ziehen können denn Celerina selbst. -
Obgleich die von Senator Germanicus zitierte Lex sein nomen gentile im Namen enthielt, hatte Gracchus sich bisherig nicht mehr oder weniger mit ihr beschäftigt denn mit anderen Gesetzestexten, vermutlich gar weniger, da sie noch nicht sonderlich alt war. Dennoch konnte er die Probleme des amtierenden Aedilen nicht nachvollziehen.
"Die Wortwahl der Klauseln lässt auch meines Erachtens wenig Spielraum. Paragraph 7 regelt Beschaffung, Lagerung und Verteilung unter der Verantwortung des Praefectus annonae, Paragraph 53 die Aufsicht und Kontrolle durch die Aedilen. Ein Synchronisationsproblem zwischen Beschaffung, Lagerung und Verteilung und Aufsicht und Kontrolle besteht nur dann, wenn der Praefectus annonae den Magistraten die Einsicht in seine Arbeit verweigert, doch in diesem Falle können jene sich, wie ebenfalls in Paragraph 53 geregelt, immerhin der Unterstützung der Cohortes Urbanae versichert sein." -
Leicht legte Gracchus den Kopf schief und nickte.
"So werde ich dafür Sorge tragen, dass sie heute Abend zahlreich zusammen kommen, so zahlreich sie denn anwesend sind. Möchtest du, dass ich deine Ankunft bereits im Vorhinein erwähne oder möchtest du das Überraschungsmoment auf deiner Seite wissen?"
Obgleich Gracchus bisweilen einen recht trockenen und faden Eindruck konnte erwecken, so hatte er sich stets an Überraschungen eine kindliche Freude bewahrt und der Augenblick, in welchem Lucanus von seiner Schwester würde erfahren und gleichsam ihr gegenüberstehen, würde zweifellos ein Überraschungsmoment besonders delektabler Qualität sein. Bei Celerinas Erwähnung der Assimilation drängte sich für einige Herzschläge ein dunkler Kubus vor Gracchus' Augen, völlig ohne Kohärenz zum augenblicklichen Geschehen jedoch, darum er jenen Gedanken nach einem innerlichen, verwirrten Blinzeln sogleich wieder beiseite schob.
"Du hast also bereits Pläne für deine weitere Zukunft gefasst?" -
Zitat
Original von Marcus Vinicius Hungaricus
Am welchen Tage soll die Entsühnung stattfinden? Schon alleine der Vorbereitung wegen war dies wichtig zu wissen."Der genaue Termin ist Entscheidungssache des Senates"
, beantwortete Gracchus die Frage Vinicius'.
"So die Vorbereitungen in jener Zeitdauer bis dahin könnten abgeschlossen werden, würde ein Termin zwischen ante diem III nonis* und ante diem III idibus februarius** sich anbieten, jedoch nicht der Tag ante diem V idibus februarius**, da dieser Tag dem Apollo geweiht ist. Nach dem Festtag der Diana dauern die Parentalia neun Tage lang an, im Anschluss folgen die Caristia, Terminalia und die Res Divinae, drei Tage darauf schon die Equirria, zwei Tage darauf die Matonalia, erst dann wieder eine längere, nicht bereits den Göttern gewidmeten Zeitperiode von ante diem IV nonis**** bis ante diem VI idibus martis*****."
Nicht umsonst hatte Gracchus seit jeher einen Sitz im Collegium Pontificium angestrebt, denn am Kalender und der Qualifikation der Tage konnte er sich immer wieder von neuem erfreuen und er bedauerte oft, dass Caesar den Kalender hatte festgeschrieben, so dass viel des ursprünglichen Arrangements der Tage durch den Rex Sacrorum war verloren gegangen, obgleich natürlich auch er musste zugeben, dass der julianische Kalender um einiges geordneter war.* 03.02.; ** 11.02.; *** 09.02.; **** 02.03.; ***** 10.03.
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Obgleich Gracchus sein Augenmerk noch immer auf potentielle Kämpfer und Gladiatoren richtete, so zog es doch unmerklich ihn an diesem Tage in jene Ecke des Sklavenmarktes, in welcher der feinsinnige Geist über den tumben Körper triumphierte. Der eben bei Titus Tranquilius, welcher zumeist überaus brauchbare Ware bot, angepriesene Sklave, erweckte einen etwas schläfrigen Eindruck, doch was sollte auch anderes er tun, als ruhig auf seinem Podest zu stehen und sich betrachten zu lassen? Obgleich die Händler auf dem Markte stets dazu neigten, in übertriebenen Worten ihre Waren darzubieten, so mochte jenes Prachtwerk der näheren Betrachtung durchaus Wert sein, denn obwohl Gracchus' Neffe Lucanus durchaus von seinem Vetter Aquilius adäquat in das Leben Roms wurde eingeführt, so würde ein wenig mehr klassische Bildung ihm nicht schlecht zu Gesichte stehen.
"Hat er Erfahrung in der Erziehung junger Männer?"
Wissen allein immerhin machte aus einem Lausejungen längst keinen Musterschüler, und obgleich Gracchus nicht eben glaubte, dass Lucanus sich würde sträuben, so wollte er ebenso vermeiden, einen Fehlkauf zu tätigen, welcher letztlich nur dazu konnte verwendet werden, die Buchstaben aus dem weichen Wachs der Schreibtafeln zu kratzen. Dass sein Neffe indes ganz in der Nähe weilte, blieb Gracchus verborgen. -
Die Schlussfolgerung aus Aquilius' trockener Kehle klang wie der Vorbote der Verderbtheit, wie ein unsäglicher Plan, der erste Schritt hin zur Verdammnis, welcher er war. Zwischen ihnen tat sich eine Kluft auf, ein unendlich tiefer Abgrund, ein Spalt bis in die Unterwelt hinab, über welchen einzig ein dünner, kaum sichtbarer Faden war gespannt, jenes ungeborene Kind, welches sie in diesem Augenblicke zusammen hielt und gleichsam voneinander entfernte. Gracchus hatte geglaubt, glauben wollen, gehofft, dass eine Frau mehr oder weniger für Caius keinen Unterschied würde machen, doch erst in diesem Augenblicke wurde er gänzlich sich dessen gewahr, was er von seinem Geliebten verlangte. Sich selbst hatte er längst für die ihm stets so drängend erscheinende Pflicht aufgegeben, seine eigene Scham verleugnet, da er Aquilius ein Kind wollte rauben, im graven Wissen darob, dass beide er niemals wieder würde mit reinem Gewissen ansehen können - doch wie musste Aquilius dem gegenüber stehen, der ein Kind würde zeugen, sein Kind würde aufwachsen sehen, ohne jemals seine Verbundenheit ihm gestehen zu können? Es war eine Sache, ein abweisender, strenger Vater zu sein, wie ihre eigenen Väter dies gewesen waren - obgleich Gracchus gerade in letzter Zeit auch darüber hatte sinniert, ob er jenen Männern der vorigen Generation nicht unrecht tat, denn wer konnte wissen, welche Kämpfe sie selbst in ihrem Inneren hatten ausgefochten? - oder ein Vater zu sein, ohne dies sein zu dürfen. Pater semper incertas - doch was war es, wenn die Vaterschaft sicher war, doch gleichsam unaussprechlich? Auch Gracchus drehte sich fort, dem Fenster zu, ohne zu blicken, welch Leben sich davor in der anbrechenden Dämmerung tummelte. Fest presste er die Kiefer aufeinander, kniff die Augen zusammen, um in sich zu blicken, während er den zögerlichen, zweifelnden Worten seines Vetters lauschte, der sein Wohl über das eigene würde stellen. Er konnte dies nicht tun, er konnte nicht Caius in dieser Weise benutzen. Gracchus' Herz raste, dass er das Pochen in seinen Ohren konnte vernehmen, die Desperation verschluckte ihn wie das Meer allabendlich die rotfarbene Sonne, doch gegensätzlich zu jenem hatte sie nicht vor, ihn je wieder zu entlassen. Caius oder er. Noch immer hielt das Zittern seines Körpers an, seine Hände ballten sich zu Fäusten, dass die Nägel ihm in die Haut stachen, langsam schüttelte er den Kopf.
"Nein ... nein, ich kann das nicht, ich kann nicht dies von dir verlangen. Verzeih, es war töricht auch nur darüber nachzudenken. Vergiss dies alles, Caius, vergiss alles, um was ich dich bat, rühre sie nicht an, nicht einmal in deinen Gedanken, nicht, um mir einen Gefallen zu tun. Dieses ... Paradigma eines Lebens ist dies alles nicht wert. Du und Antonia ... dies ist mein Makel und ich werde dafür Sorge tragen, dass er einzig auf meinen Schultern lastet, niemandes sonst."
Aquilius war von all dem nicht betroffen, doch um Antonias Wohl war es die einzige Möglichkeit, dies publik zu machen, nicht lauthals, nicht mit Fanfaren, doch auf eine solche Weise, dass Antonia selbst letztlich über jeden Verdacht würde erhaben sein. Wenn dies leise genug vonstatten ging, musste es letztlich nicht einmal seine Karriere schwerwiegend tangieren - selbst wenn, er würde dies ertragen, denn die Familie, die Gens würde von all dem unbehelligt bleiben, einzig er würde seine Linie brechen, was er ohnehin würde tun, auf diese oder jene Weise, gleichsam würde es sie alle vor der lebenslangen Farce bewahren, seinem Kind die Lüge seines Lebens ersparen. Er wagte nicht, sich umzuwenden, denn er konnte Caius nicht in die Augen sehen, wollte nicht ihm in die Augen sehen, nicht blicken den Vorwurf, nicht die Abkehr, nicht das Mitleid darin. Er war stets den Fußstapfen eines vorgeprägten Weges gefolgt, doch an dieser Schlucht stehend würde er nicht springen, denn er konnte diese Kluft nicht überbrücken, nur jene mit ins Verderben reißen, welche ihm bedeutsam waren, welche bereitwillig mit ihm sprangen - wegen ihm. Er würde seinen Weg auf dieser Seite des Abgrundes fortsetzen und zu Ende bringen, ohne Anschluss für eine nächste Generation, doch mit einem Selbst, welchem er konnte ohne Vorwürfe und Abneigung gegenüber treten.