Beiträge von Manius Flavius Gracchus

    Ein mildes Lächeln kräuselte Gracchus Lippen. Er sah seinem Vetter die etwas merkwürdigen Ansichten nach, immerhin war dieser in Britannia aufgewachsen, fern des römischen Zentrums und nach Gracchus Ansicht auch fern der Hochkultur.
    "Aber Furianus, du kannst dir nicht die Verantwortung der Welt auf deine Schultern lasten. Diese Absicht ist sehr ehrenhaft und nobel von dir, doch es wird dir nicht gelingen, daran kannst du nur zerbrechen. Natürlich opfere ich als einzelner Ceres nicht, wie es ihr gebührt. Doch sehe ich mich nicht als einzelnen, ich bin ein Teil unseres Staates, unseres Gemeinwesens. Tausende von Bauern sorgen sich um das Wohl der Göttin. Und letztenendes, wofür gibt es eine Flaminca Cerealis, wenn nicht um die Gunst der Göttin zu erbitten und ihr Dank zu sprechen? Wofür gibt es den Staat, wofür dessen Cultus Deorum, wenn nicht, dass er sich um das Wohl der Götter bemüht, dass er für die Besänftigung ihres Zornes sorgt. Der einzelne ist dazu angehalten für sein eigenes Wohl zu sorgen und durch Partizipation am gemeinsamen Kult das staatliche Wohl aufrecht zu erhalten. Doch versuche nicht, allein den Staat zu retten, Furianus, bleibe in deinem Metier. Als Aedil versuchst du auch nicht, die Aufgaben der Praetrix zu übernehmen, denn du weißt darum, dass dieses Amt mit einer fähigen Person besetzt ist. So sorge dich nicht um Götter, welchen du nicht nahe stehst, konzentriere deine Kraft auf weniges und darauf, wo du sicher sein kannst, etwas zu bewirken. Doch darauf um so mehr."
    Sorgsam tunkte Gracchus ein Stück Fisch in das Schälchen vor ihm, hielt jedoch inne, bevor er abbiss.
    "Wie läuft es überhaupt in deinem Amt? Ist der Aedilis Plebii ebenso fähig wie du, oder bleibt der Großteil der Arbeit wieder einmal am Aedilis Curulis hängen, wie es anscheinend in der letzten Zeit des öfteren der Fall ist? Ohne meine Worte revidieren zu wollen, der Staat kann ebenfall nur funktionnieren, wenn jeder den ihm zugewiesenen Teil beiträgt."
    Er biss den Fisch ab und erfreute sich am süßlichen Geschmack der Tunke, welche das fischige Fleisch umrundete.

    In Konzentration versunken bemühte sich Gracchus um die richtige Beantwortung der Fragen. Es irritierte ihn ein wenig, dass erneut Fragen aufgeworfen wurden, doch der Sacerdos sorgte recht bald wieder für die angemessene Ruhe. So fuhr denn auch Gracchus damit fort, seine Buchstaben sorgältig aufzuzeichnen. Manche der Fragen schien ihm eher vage gehalten, doch er bemühte sich, sie nach bestem Wissen zu beantworten.

    Belustigt lachte Gracchus auf, schüttelte den Kopf und stellte das Glas auf dem Tisch ab.
    "Verzeih, doch diese Ansicht scheint mir dermaßen merkwürdig. Die Götter als Ganzes, das klingt, verzeih noch einmal, Furianus, doch es klingt nach dem Gedankengut derer, die sich Christen schimpfen."
    Ein äußerst heikles Thema, lehnten die Christen doch die römischen Götter kategorisch ab, anstatt sie zu respektieren, wie die Römer dies mit anderen Göttern taten. Es schmerzte Gracchus zu wissen, dass sich sein Bruder nicht nur diesem Glauben verschrieben hatte, sondern sich zum Pontifex Maximus der Christenheit Roms erhoben hatte oder erhoben wurde. Ein Schandfleck, welchen die Familie nie wieder überwinden wurde. Gracchus Stimme wurde ernst.
    "Sei nicht so töricht zu glauben, die Götter warten nur auf dich. Wenn du deiner Verlobten Tiberia eine Mitteilung machen möchtest, dann stellst du dich auch nicht auf die Rostra und sprichst diese Mitteilung in die Menge, in der Hoffnung, Tiberia wird schon irgendwo dort stehen und sie vernehmen. Ebenso ist es mit den Göttern, Furianus. Nur durch zweckgerichtete, zielgerichtete Kommunikation wirst du erreichen, wen du zu erreichen gedenkst. Danke Mercurius für deine flinke, listige Zunge, danke dem Fontus für das klare Wasser vor deiner Tür und danke Fama für deinen Ruhm. Indem du sie alle ansprichst, wirst du im besten Falle keinen einzigen von ihnen erreichen, im schlimmsten Falle sie alle beleidigen. Ich bin sicher, Mercurius Facundus wird dir seine Gunst nicht verwehren, wenn du ihn denn darum bittest. Doch diese Aufgabe wirst du schon tun müssen, die des Erbittens und die des Dankes."

    Ein feines Lächeln kräuselte Gracchus Lippen, als Vinicius seine Angetraute über die Schwelle seines Hauses trug. An der Seite Antonias folgte er ins Innere der Casa und verfolgte die zeremoniellen Rituale. Als das Paar sich verabschiedete, atmete auch Gracchus auf, würde es doch bedeuten, dass der Abend für ihn ebenfalls enden konnte. Die Vorstellung dessen, was nun hinter verschlossenen Türen geschah, ließ ihn erschaudern und er sehnte sich danach, Antonia in der Villa Claudia abzuliefern und sich Angenehmerem hinzugeben. Der Gedanke daran, sie am nächsten Tag nur allzu bald erneut abzuholen und sie wiederum zum Festmahl nach der Hochzeitsnacht zu begleiten, trübte die Aussicht zwar bereits, doch er würde auch dies noch hinter sich bringen.
    Mit Antonias stillem Einverständnis, alleine länger hier zu verweilen würde sich für sie ohnehin nicht schicken, verließen sie alsbald die Casa Vinicia. Die Sänftenträger waren dem Brautzug gefolgt, so dass sie nicht weit gehen mussten, und bald brachen sie zur jeweiligen Villa auf.

    Furianus fuhr unbeirrt mit seiner Gestik fort und Gracchus spürte obdessen bereits erneut heftige Empfindungen in sich aufsteigen, welche dem Anlass jedoch unangemessen waren. Die Worte seines Vetters kamen ihm in den Sinn über ausschweifende Gelage und möglicherweise auch Orgien innerhalb der Villa Flavia. Womöglich war es falsch gewesen, dies so vehement abzulehnen, doch hatte Gracchus nicht ahnen können, welche Absichten sich hinter Furianus Worten verborgen hatten.
    Dennoch, der Zeitpunkt erwies sich als denkbar ungünstig und so winkte Gracchus seinen Sklaven heran und flüsterte ihm eine Bestellung zu. Sciurus entfernte sich aus dem Raum, während Gracchus seinem weiteren Vetter lauschte. Dessen Worte waren nicht im mindesten weniger dazu geeignet, Gracchus Empfindungen weiter zu verstärken, sprach er doch von Sehnsüchten und Erkundungen. Als er zudem Baiae erwähnte, fiel es Gracchus wie Schuppen von den Augen. Wer in der Herberge des Lasters und der Freude zu solch einem stattlichen Mann erwachsen war... womöglich lag doch mehr in der Gens begründet, als Gracchus bisher angenommen hatte.
    "Apollo genießt seit jeher die besondere Verehrung unserer Familie. Als Gott der Venunft, des Verstandes und des reinen Geistes, der Wahrheit, Schönheit und Jungend und ebenso der schönen Künste und Musen ist er geradezu prädestiniert für unser Geschlecht."
    Zu Mars wollte sich Gracchus indes nicht weiter äußern. Obwohl er zur Zeit in dessen Tempel seinen Dienst verrichtete, so konnte er mit den agressiven Aspekten des Kampfes und Krieges nur wenig anfangen.
    Sciurus betrat den Raum erneut und reichte Gracchus ein Glas mit Essigwasser. Die säuerliche Frische dieses profanen Getränkes vertrieb die Hitze aus Gracchus Körper und er wandte sich nun offen zu Furianus.
    "Welches sind die dir liebsten Götter, Furianus?"

    Gracchus schwebte im Wechselbad der Gefühle. Die Erinnerung an Achaia ließ ihn seufzen, doch das Gebaren des Furianus brachte ihn gar vollkommen aus der Ruhe. War sich dieser denn nicht darüber bewusst, welche Wirkung er verursachte? Oder, bei den Göttern, mochte es gar so sein, dass er sich dessen nur allzu bewusst war?
    "Faszinierend und betörend zugleich."
    Sein Blick schien auf einen Punkt an der Wand und innerlich in die Ferne gerichtet, doch aus dem Augenwinkel beobachtete er jede Bewegung, verschlang mit Blicken seinen Vetter wie dieser die Austern.
    "Die große Zeit dieses Landes mag vorbei sein, doch die Gegenwart lässt einem noch immer die Sinne schwinden. Umgeben von den Zeugen der Vergangenheit erwächst das Verlangen, diese zu erforschen. Wer dort nicht erkennt, was sich vor ihm darbietet, der geht mit verschlossenen Augen durch die Welt. Die schöne Achaia inspiriert und man möchte sie am liebsten mit Haut und Haaren verschlingen."
    Er schluckte und beugte sich vor. Das beste Stück des Furianus anvisiert griff er jedoch nach seinem Glas, um die Trockenheit in seiner Kehle mit dem köstlichen Tropfen hinabzuspülen. Schon lange hatte ihn keine derartige Hitze mehr ergriffen.

    Zitat

    Original von Claudia Antonia
    "Nunja, wir beide", sie blickte kurz zu Gracchus, "Lassen uns da noch ein bisschen Zeit. Nicht wahr, Manius?"
    Während sie dies sagt, bemerkt sie gar nicht, wie sich ihre Fingernägel langsam aber sicher in den Arm ihres Verlobten graben.


    'Gnnnnn...!' schoss es Gracchus durch den Sinn, als sich spitze Fingernägel in seinen Arm bohrten und der Schmerz durch seinen Körper zuckte. Er biss die Zähne aufeinander und schaffte es gleichzeitig, dass seine Augen sich nur minimal weiteten, während er seine Mundwinkel zu einem Lächeln nach oben zog.
    "Ganz gewiss, liebste Antonia."
    Er nickte ihr zu und blickte Tiberia an.
    "Die Vorfreude auf die Ehe wird sich dadurch um so mehr steigern."
    Da sich bereits weitere Gäste erneut um das glückliche Paar drängten, beschloss Gracchus seine Verlobten zum Triclinium zu geleiten. Dort würde sich die Gelegenheit bieten, sie auf einen Stuhl zu platzieren und eine sicherlich angenehmere Position auf einer Kline einzunehmen, mit ein wenig Glück flankiert von ansprechenderen Körpern.
    "Erlaube mir, dich nun zum Mahl zu geleiten, liebste Antonia."
    Er wartete keine Reaktion ab, sie hatte ihm ohnehin zu folgen, und trat den Weg ins Triclinium an.

    Als sein Vetter sich so dermaßen lasziv präsentierte, spürte Gracchus augenblicklich, wie sein Herzschlag sich beschleunigte und zwischen seinen Beinen sich etwas regte. Er wollte seinen Blick abwenden um nicht in Bedrängnis zu geraten, doch es fiel ihm spürbar schwer. Milos Worte hörte er nur noch mit halbem Ohr, bei den Göttern, er wusste ja gar nicht, wie sehr sein Bruder brillierte.
    Endlich gelang es Gracchus sich dem Essen zuzuwenden, auch wenn alles in ihm drängte seine Aufmerksamkeit auf den dargebotenen makellosen Körper zu legen. Die Fragen des Milo sollten schließlich seine Rettung sein. Augenblicklich fiel jegliches Bedürfnis von ihm ab. Instinktiv blickte Gracchus zu seinem Sklaven Sciurus, in der Erwartung einen anderen Mann an seiner Stelle vorzufinden, doch die Gegenwart blieb bestehen.
    "Keine Sühnung."
    Gracchus Stimme klang hohl.
    "Ich war lange Zeit in Achaia. Die Unbekümmertheit der Jugend ließ mich glauben, dass ich des Studiums überdrüssig sei und ich investierte in einige Güter. Natürlich hätte ich es besser wissen müssen, die Wirtschaft ist nichts für einen unseres Standes. Ich habe es auf die harte Art und Weise gelernt."
    Nachdenklich strich er sich mit dem Zeigefinger über die Augenbraue.
    "In diesem Sinne vielleicht doch eine Sühnung. Ohne es zu merken war ich tief in einen Zwist hineingerutscht. Als ich es merkte, war es längst zu spät."
    Und sein Sklave Sciurus, sein Mentor und Geliebter, tot.
    "Als meine einzige Hoffnung waren mir die Götter geblieben und ich wandte mich an Iuppiter Optimus Maximus. Ich schwor ihm, sollte er mich heil zurück zum Haus meiner Familie geleiten, so würde ich ihm künftig in seinem Haus dienen."
    Gracchus rang sich ein Lächeln ab und griff nach einem Stück Fisch, welches er in die Tunke tunkte.
    "Doch dies ist vergangen und die Zukunft liegt vor mir. Der Weg durch den Cultus Deorum scheint zwar manches mal fast ebenso verworren, doch ich bin guter Hoffnung, dass ich eines Tages mein Gelübde einlösen kann."

    "Zwillinge? Meiner Treu!" entfuhr es Gracchus nun doch.
    Er blickte von Milo zu Furianus, zurück zu Milo und wieder zu Furianus. Eine Ähnlichkeit war nicht abzustreiten, doch nicht unbedingt mehr, als bei Brüder üblich war.
    "Welch verworrene Geschichte."
    Er erfreute sich bereits am Gedanken an den lauen Sommerabend. Zu gerne würde er dieses Angebot annehmen. Natürlich waren dies seine Vettern, doch an ihrem Anblick würde er sich laben können, soviel es ihm beliebte. Er bedauerte überaus, dass der ansehnliche Furianus ihm bisweilen aus dem Weg zu gehen schien. Vielleicht hätte er an jenem Abend in seinem Zimmer ihn nicht so harrsch zurechtweisen sollen, doch die Sorge um die Familie hatte ihn allzu sehr übermannt.
    Endlich wurden die Speisen aufgetragen. Eine dürre Sklavin trug eine Platte mit Austern herbei, ein weiterer Sklave brachte mit Eiercreme gefüllte Wachteln. Ein Knabe, der kaum dem Kindesalter entwachsen war, folgte mit einem Tablett voll Stücke verschiedener Fischteile. Sciurus überwachte dies alles mit Argusaugen und stellte zuletzt eine kleine Schale mit gelb-orangefarbener Tunke vor Gracchus. Dieser bedachte den Sklaven mit einem milden Lächeln und wandte sich dann wieder Milo zu.
    "Mitnichten die Politik, mein lieber Vetter, mitnichten. Sie interessiert mich durchaus, ich lausche den Reden, sofern mir etwas auf der Zunge liegt, spreche ich es auch aus. Doch ich bin nicht für die Politik geboren, dies überlasse ich jenen, die fähiger als ich in diesen Dingen sind, wie deinem Bruder. Ich selbst diene in den Reihen des Cultus Deorum. Zur Zeit noch im Cultus des Mars, doch mein Ziel ist der Cultus des Iuppiter. Ich legte ihm einst einen Schwur ab, den ich einzulösen gedenke."


    Sim-Off:

    WiSim.

    Nur eine Sekunde lang blitzte ein Funke der Verwunderung in Gracchus' Augen auf. Felix schien augenscheinlich doch fleißiger für Erben gesorgt zu haben, als es bisweilen den Anschein hatte. Bei Gelegenheit würde er ihn noch einmal darauf ansprechen, wie viele Kinder seiner doch recht kurzen Ehe entsprungen waren.
    "In diesem Fall ist es mir eine noch größe Freude, dich in diesem Haus zu sehen."
    Ein leichtes Lächeln kräuselte Gracchus' Lippen.
    "Die exakte Relation ist im übrigen diejenige, dass Felix mein Vetter ist. Was mich zu deinem Großcousin und dich zu meinem Vetter zweiten Grades macht. Um jedoch dem vorzubeugen, dass du mich mit Onkel betitelst, auch wenn die Genealogie es im zweiten Grad so zulassen würde, lasse ich mich der Einfachheit halber gerne als Vetter bezeichnen."
    Er bedachte Furianus mit einem Schmunzeln und blickte sodann auf den leeren Tisch.
    "Setzen wir uns doch. Bei gedecktem Tisch lässt es sich besser über Vergangenes sprechen, denn ich bin durchaus wissbegierig wo deine Vergangenheit liegt."
    Sein Blick wanderte zur Tür, wo Sciurus wie ein Schatten an der Wand stand.
    "Sciurus, geh und sorge dafür, dass sich die Sklaven in der Küche eilen! Nicht wir sollten auf das Mahl warten, sondern selbiges auf uns!"

    Es war der Zeitpunkt der Stunde, welcher Gracchus ins Triclinium zog. Denn nach der Ertüchtigung des Geistes brauchte der Körper neue Energien und eben jene erhoffte sich Gracchus in einiger leichter Kost. Er trat in das Speisezimmer und fand wie erwartet seinen Vetter zweiten Grades vor. Neben diesem jedoch hatte ein Gast auf der Kline Platz genommen, ein junger Mann der eingehender Betrachtung wert schien, vor allem, da er gerade von Thermen sprach. Nebeneinander boten er und Furianus einen gar prächtigen Anblick. Gracchus vermutete einen von Furianus Politikerfreunden in dem Fremden, daher galt es entsprechend höflich aufzutreten, um die Karriere seines Vetters nicht zu gefährden.
    "Salvete."
    Gracchus zog das Wort der Begrüßung in die Länge.
    "Du hast gar nicht erwähnt, dass wir einen Gast zum Essen erwarten, Vetter."
    Er blickte von Furianus zu dem Fremden.
    "Ich bin Manius Flavius Gracchus, es freut mich immer, wenn Furianus Gäste uns beehren. Seine Freunde sind Freunde des Hauses und damit auch meine Freunde."

    Noch immer mochte Gracchus dem Sacerdos nicht ganz zustimmen. Vor allem die Götter, welche im Ritus Graecus verehrt wurden bereiteten ihm wahrlich Kopfzerbrechen, war Gracchus doch von der Annahme ausgegangen, dass gerade sie wie die Göttin Isis in das römische Götterpantheon aufgenommen worden waren. Doch nach Ansinnen des Claudius würden nun zwei von ihrem Namen existieren, die einen im römischen Pantheon, andere im griechischen. Da er dem Sacerdos jedoch nicht weiterhin widersprechen wollte, er hoffte immerhin, den Cursus zu bestehen, ging auch er nicht weiter auf dieses Thema ein.
    Er notierte stattdessen die Namen der Titanen und meldete sich zu eben jenen zu Wort.
    "Kronos, der jüngste der Titanen, herrschte im goldenen Zeitalter nachdem er seinen Vater Uranos auf Bitten seiner Mutter Gaia entmannt hatte. Er zeugte mit seiner Schwester Rheia die erste Dynastie der griechischen Götter, Zeus, Hera, Poseidon, Demeter, Pluto und Hestia."

    Nachdem er ohnehin schon verwundert war, dass Antonia in solcher Weise seine Nähe suchte, verwunderte ihn noch mehr die plötzliche Milde in ihrer Stimme. Ob sie etwa doch die Hochzeit bereits herbeisehnte? Der Gedanke verursachte einen kurzen Anflug von Panik in Gracchus, doch er kämpfte ihn erfolgreich mit einem Schlucken nieder und zwang sich dazu Ruhe zu bewahren. Es besorgte ihn, nicht zu wissen, welche Ansprüche Antonia noch an ihn stellte, außer ein Flavius zu sein und Einfluss und Vermögen mit in die Ehe zu bringen. Die Vorstellung, dass sie tatsächlich an der exzessiven Erfüllung seiner männlichen Pflichten interessiert sein könnte, führte in ihm zu einer ausgesprochenen Beklommenheit.
    "Wir sollten das Paar beglückwünschen."
    Er schaffte es nicht zur Gänze eine Unbekümmertheit in seine Stimme zu legen, welchen den Worten angemessen gewesen wäre.
    "Du entschuldigst uns sicher, Vinicius."
    Er verabschiedete sich mit einem kurzen Nicken von dem Volkstribun und führte Antonia danach zum Brautpaar hin.
    "Tiberia, Vinicius, bitte nehmt unsere aufrichtigsten Glückwünsche an. An diesem Tag habt ihr die Saat gelegt, möge sie zu einer farbenprächtigen, weithin erstrahlenden Rose erwachsen."

    Die Eingeweideschau, das Opfer und die Zeremonie hatten Gracchus die Gelegenheit gegeben in Schweigen zu verharren und sie hatten ihn davor bewahrt, auf die, sicherlich gut gemeinten, Worte seiner Verlobten reagieren zu müssen. Etwas Eifersucht keimte in ihm auf. Auch wenn Antonia den schönen Künsten durchaus zugeneigt schien, so wissbegierig, so zungenfertig und in allen Belangen der Welt bewandert wie Tiberia schien sie ihm nicht. Natürlich war es schwer, mit einer Frau wie der Tiberia in Konkurrenz zu treten, doch in Gracchus keimte noch immer die Hoffnung, dass Antonia sich nur immer züchtig zurückhielte und in dem in weiter Zukunft gemeinsam verbrachten Leben mit ihren vielfältigen Interessen und ihrem überaus reichen Wissensschatz aufwarten würde. Ob Vinicius sich wohl bewusst war, welch Juwel er sich aus den Reihen der edlen Damen gefischt hatte?
    Und Tiberia? Ob auch sie sich dessen bewusst, wie sehr sie zu beneiden war? Zu gerne würde er in dieser Nacht mit ihr tauschen.
    Als die Zeremonie vorrüber war, seufzte Gracchus leise auf und legte ein versonnenes Lächeln auf seine Lippen.
    "Feliciter!" rief er dem Brautpaar hinzu und bedachte seine Verlobte mit einem strahlenden Blick.

    Nachdenklich ließ sich Gracchus das Gesagte durch den Kopf gehen und schrieb einige Worte auf die Wachstafel.
    "Dies würde bedeuten, die griechischen Götter regieren neben den römischen? Wie kann dies sein, wenn die römischen Götter, von welchen ich sprach, aus ihnen hervorgegangen sind? Weshalb dann überhaupt ein Vergleich und nicht eine deutliche Trennung?"
    Was Claudius mit Isis sagen wollte, das blieb Gracchus rätselhaft, war sie doch weder eine römische, noch eine griechische Göttin, sondern eine aegyptische, welche trotz ihrer Aufnahme in den Pantheon doch immer aegyptisch blieb. Doch etwas, verstand er noch weniger.
    "Was meinst du damit, dass die Göttin in den Kreis aufgenommen wurde und nicht immer bestand? Sie ist eine Göttin und sie war dies schon lange bevor sie nach Rom zog."

    Zitat

    Original von Claudia Antonia
    "Manius? Entschuldige, ich hatte Pulcheria schon so lange nicht mehr gesehen, dass ich dich ganz vergaß.", säuselt sie im familiärsten Ton, der ihr möglich ist. "Ich hoffe, du hast dich auch ohne mich amüsiert?"
    Ihr Blick sagt jedoch zweifellos, dass sie sich sicher ist, dass sowohl er, als auch sie selbst sich ohne den jeweils anderen besser amüsieren könnten.


    Unmerklich zuckte Gracchus bei der Nennung seines Praenomens in jener Stimmlage zusammen, gab es doch nur eine Person, welche zur Nennung dieses berechtigt war und dies in eben jener Stimmlage vermochte. Nicht, dass er die Claudia nicht wertschätzte, doch gerade im Beisein des Vinicius erinnerte sie ihn allzusehr an die bevorstehende, triste Zukunft.
    "Aber mitnichten, meine Liebste."
    Er blickte eilig zu Vinicius.
    "Nicht, dass ich unser Gespräch nicht genossen hätte, Vinicius, doch du verstehst sicherlich, dass nichts vollkommen ist, wenn es ohne das Licht des Lebens geschieht. Vinicius, dies ist meine Verlobte, Claudia Antonia. Antonia, meine Liebe, dies ist der Tribunus Plebis Vinicius Lucianus. Ich eruierte gerade, ob denn der Plebs seinem Tribunus auch würdig ist, doch wie es scheint hat das Volk zur Zeit nichts zu sagen."

    Zitat

    Original von Marcus Vinicius Lucianus
    Ich lächelte "Wir werden ja sehen....ich hoffe doch, dass die Plebeiier meine Dienste noch in Anspruch nehmen werden!"


    Kaum hatteich geendet wurde der Kaiser angemeldet und sogleich trat ich einen Schritt zur Seite..... Welch Ehre für Hungi und Livia, dass er persönlich an der Hochzeit teilnahm.....


    Auch Gracchus war verstummt, jedoch sein Blick blieb auf Vinicius verhaften. Im Profil glich er seinem Verwandten, Gracchus vermutete zumindest, dass er dies war, noch deutlicher. Nur, dass in ihm der jugendliche Elan noch nicht so weit verloschen war, wie dies bei Vinicius Hungaricus bisweilen den Anschein hatte. Doch darüber konnte Gracchus bei diesem Anblick getrost hinwegsehen. Einzig die Tatsache dass irgendwo zwischen den Gästen seine Verlobte wandelte, verhinderte, dass er sich zu mehr hinreißen lies, als den Genuss des Augenblicks. Diese Verbindung war zu delikat, als dass er sie aufs Spiel setzen wollte.

    Als einer der ersten hatte Gracchus den Raum betreten. Sorgsam hatte er seine Wachstafel vor sich ausgebreitet, penibel in einem Finger Abstand parallel dazu seinen Griffel bereit gelegt und schließlich geduldig dem Beginn der Vorlesung entgegen gesehen.
    Zuerst fiel Gracchus auf, dass der Sacerdos sich nicht vorstellte. Natürlich kannte Gracchus ihn ohnehin aus dem Cultus Deorum und er erinnerte sich auch, dass er schon jedes Mal nur sehr ungern seinen Namen preis gegeben hatte, doch ein wenig verwunderte Gracchus dies dennoch.
    "Ich habe mehrere Einwände." begann Gracchus, nachdem Claudius mit seiner Einführung geendet hatte.
    "Ist es nicht zu pauschal zu behaupten, die Götter würden einander nicht entsprechen? Für die von dir Aufgeführten mag dies recht sein, doch was ist mit Apollon? Was ist mit Aascuplapius, Dis Pater, Mater Magna, Hercules und Proserpina? Ist es nicht so, dass sie auf Anraten der Quindecimviri sacris faciundis in unseren Pantheon aufgenommen wurden, ganz in ihrer griechischen Tradition? Weiters stellt mich der Hinweis auf Mars und Ares nicht zufrieden. Mars als der Vater unserer Stadt ist ebenfalls als weiser, bärtiger Mann dargestellt. Die Statue im Tempel des Mars Ultor ist der beste Beweiß hierfür."
    Er vermied einen Kommentar darüber, dass er sich ganz sicher war, dass Claudius wie er selbst in eben jenem Tempel gelehrt worden war und dies daher wissen sollte.

    Zitat

    Original von Marcus Vinicius Lucianus
    Ich schüttelte den Kopf "Nein, noch nicht! Noch niemand ist an mich herangetreten und über eine Missstimmung im Volke wäre mir nichts bekannt.


    Auch im Senat gibt es momentan keine Diskussionen, die irgendwelche Auswirkungen auf die Plebeiier hätten!"


    "Wie deplorabel, wenn fähiges Potential ungenutzt bleibt."
    Ehrliches Bedauern klang aus Gracchus Stimme, denn Potential war hier wahrlich verschwendet. Was würde mit solch einem Abbild von Mann nur alles anzufangen sein. Gracchus ertappte sich dabei, wie seine Gedanken etwas abschweiften, und räusperte sich.
    "Wie dem auch sei, ich bin sicher, das Volk hat weise entschieden, und ich hoffe doch, auch wir Patrizier werden nur Gutes von dir erwarten können."
    Ein leichtes Lächeln kräuselte seine Lippen.

    Zitat

    Original von Marcus Vinicius Lucianus
    Zuerst etwas verwundert, dass mich der Mann kannte, doch dann wiederrum nicht, da ich doch erst vor Kurzem auf der Rostra stand, erwiderte ich seine Begrüssung


    "So ist es! Salve, Flavius Gracchus! Es ist mir eine Freude!"


    "Die Freude liegt ganz auf meiner Seite, Vinicius."
    Mit dem Blick eines Kenners erfasste Gracchus die Lage. Er konnte sich daran erinnern, in den Zusammenfassungen der Wahlreden seines Sklaven davon gelesen zu haben, dass Vinicius vor seiner Laufbahn im Cursus Honorum einer der Stadteinheiten angehörte. Doch dieser Information hätte es nicht im Geringsten bedurft, der Körper eines Soldaten war unter jeder Verpackung eindeutig auszumachen.
    "Sag, wie ist die Stimmung des Volkes? Ist man bereits mit Wünschen und Vorschlägen an dich herangetreten?"
    Zwar interessierte sich Gracchus nur mäßig für die Stimmen des Plebs, doch Politik eignete sich immer vorzüglich als Gesprächsthema.