Beiträge von Manius Flavius Gracchus


    Ponftifex Maximus Imperator Caesar Tib Aquilius Severus Augustus
    Palatium Augusti, Roma


    M' Flavius Gracchus Pontifex Imp Caes Tib Aquilio Severo Aug s.p.d.


    Auf einen Hinweis des Haruspex Primus Aurelius Lupus hat sich das Collegium Pontificum mit der Eventualität des bevorstehenden Endes des derzeitigen Saeculums befasst*, welches einen Nährboden und Anstroß für die Unruhen und Verbrechen der vergangenen Monate könnten darstellen. Die Haruspices haben die bisherigen Berechnungen zum Ende des Saeculums geprüft und validiert, dass jenes erst in einigen Jahren zu erwarten ist. Dennoch besteht die Eventualität, dass unsere Berechnungsgrundlagen durch die Modalitäten deiner Vorgänger, welche die berechneten Zeitpunkte im Rahmen der Kultgesetze ein wenig flexibler auslegten, zu einer fehlerhaften Abweichung führten und darob falsch überliefert sind. Aus diesem Grunde rät der Haruspex Primus zu einem Abgleichen der Berechnungen mit ausländischen Gelehrten, etwa Astronomen aus Parthia und Arabia.


    Das Collegium Pontificum unterstützt dieses Ansinnen, doch da der offizielle Kontakt in jene Länder auch einen Akt außenpolitischer Korrespondenz darstellt, bedarf dies deines Einverständnisses, um welches wir hiermit ersuchen. Selbstredend werden die Anfragen keinen Hinweis auf den ursächlichen Anlass unserer Recherchen enthalten, im Zweifelsfalle jedoch können sie auch noch einmal durch die kaiserliche Kanzlei auf ihre Unverfänglichkeit hin geprüft werden.


    Das Collegium Pontificum wird darüber hinaus die Pontifices in den Provinzen kontaktieren und um Berichte über eventus divinitus und andere gehäuft bedenkliche Vorkommnisse bitten, welche zwar außergewöhnlich, doch nicht relevant als prodigia sind, da eine Anhäufung solcher Ereignisse uns ebenfalls einen Hinweis auf das Ende des Saeculums würde liefern.


    Mögen die Götter Dir, deiner Familie und Rom stets gewogen sein!


    Im Auftrag des Collegium Pontificum,




    Sim-Off:

    *Da eine Collegiumssitzung mit mir selbst ein wenig dröge scheint, sowie in diesem Falle augenscheinlich wenig narrativen Nutzen bietet, habe ich auf das Ausspielen verzichtet.

    Zu Ovidius war alles gesagt, und zu den Plänen des Aureliers in Hinblick auf die Gesetze winkte Gracchus nur mit einem marginalen Lächeln ab.
    "Die Lorbeeren kannst du gerne be..halten, ich trage sie oft genug während der ritus graecus."
    Ein wenig sinnierte er darüber, was es gewesen war, das vor nicht allzu langer Zeit ihn an der Lex hatte irritiert. Womöglich würde es notwendig sein, die gesammelten Texte sich zu Gemüte zu führen, denn zweifelsohne gab es mehr als einen Sachverhalt, welcher dort disruptiv wirkte. Der Flavier erinnerte sich noch an sein Studium der Rechtslehre, in welchem die Antwort auf seine Fragen oftmals gewesen war, dass dies im Einzelfalle vor Gericht würde entschieden werden - was er stets unbefriedigend fand, insbesondere in der Aussicht selbst als iudex dorthin berufen zu werden und sodann vor eben jener Frage erneut zu enden. Doch diese Causa bedingte den Text als solchen, so dass auch dies auf einen späteren Zeitpunkt außerhalb der Therme würde verlegt werden müssen. Ohnehin wandten Lupus' Worte nach kurzem Schweigen der Causa sich zu, welche dem Flavier eine beständig dräuende Last war. Es entsprach wohl den Tatsachen - nichts hätte er ändern können, nichts ändern wollen zurückversetzt in jene Tage, in welchen ihr Handeln unabdingbar war gewesen, und doch grämte ihn eben dies nicht minder. Doch der Aurelier fuhr fort und wählte seine Worte, dass sie Gracchus' gefestigtes Konstrukt aus jahrelanger Reue und Selbstvorwürfen weiter ins Wanken brachten, denn der Tenor seiner Worte tönte in ähnlicher Intonation, in similärer Substanz und Bedeutsamkeit wie jene Callistas und Minors in Baiae. Gracchus atmete gegen den Widerstand des Wassers tief in seinen Bauch ein und blickte zum gegenüberliegenden Beckenrand ohne tatsächlich zu sehen. Callista mochte er die Erwägung und Bedachtsamkeit ihrer Worte absprechen können - schlussendlich mochte er ihr alles absprechen können, bis hin zu ihrer Existenz -, Minor mochte er allfällig noch Unerfahrenheit in dererlei Belangen vorhalten können, doch unmöglich konnte er sich anmaßen Minors und Lupus' Reflexionen in Frage zu stellen, insbesondere da beide der gänzlichen Wahrheit sich bewusst waren. Er dachte an Menenius, an Ovius, Genucius und Curiatius - und was er von diesen wusste. Letztendlich war es nicht mehr als ihr öffentliches Wirken, allfällig noch ihre Herkunft und ihren Werdegang. Doch womöglich hatte Lupus Recht - dass er nicht um die Makel der Menschen wusste, mochte nicht bedeuten, dass sie keine hatten. Letztendlich interessierte Gracchus sich nicht für Klatsch und Tratsch, ob dessen jene selten bis zu ihm hindurch drangen, interessierte sich nicht für intrigante Politik, ob dessen er nicht Verfehlungen oder Laster seiner Senatskollegen sammelte, oft nicht einmal derer gewahr wurde. Was er wusste, das hatte er selbst miterlebt, war in der Öffentlichkeit geschehen oder in jener gerichtet worden. Allfällig sollte er Sciurus beauftragen, einige Details aus den Leben Menenius' oder Ovius' zu sammeln - nur um sicher zu gehen, dass jene nicht womöglich doch nicht gar stets so untadelig ihr Leben hatten geführt wie er fürchtete. Doch selbst dann - war er nicht selbst bei Betrachtung aus öffentlichen Augen, gar noch in der Vorstellung seiner Familie ebenso redlich, da doch nur Minor und Lupus das gänzliche Ausmaß der Wahrheit kannten? Nachdenklich sog der Flavier seine Unterlippe zwischen die Zähen und ließ sie nur langsam wieder daraus hervor, während die Worte des Aureliers zwischen ihnen hingen und in den Hallen seines Gedankengebäudes nachhallten. Welcher Anspruch war maßgeblich zum Wohle Roms - sein eigener oder der öffentliche? Was, wenn Lupus Recht hatte?
    "Ich danke dir"
    , sprach er schlussendlich, wobei voerst offen blieb ob dies für die Worte des Aureliers in Hinblick auf seine Integrität galt oder zur Unterstützung seines Sohnes. Titus. Gracchus war sich nicht sicher, ob er seinen Sohn für irgendetwas geeignet hielt. Kaum der Küstenluft entrissen wurde er stets anfällig und kränklich, und nicht zum ersten Male stellte der Vater sich die Frage, wie dem Jungen die Reise mit seinem Vetter mochte bekommen. Tief, sehr tief in sich verborgen, überkam ihn gar der Gedanke, dass würde Titus dies nicht überleben, die Last von Gracchus würde genommen sein, ihm eine Zukunft aufzuoktroyieren, an welcher Titus nur konnte zerbrechen - und seinen Vater hernach würde hassen. Erst nach einigen weiteren Augenblicken der Stille fügte er an.
    "Ich ... werde deine Worte abwägen."
    Allfällig sollte er mit Prisca darüber sprechen, letztendlich betraf dies auch ihre Zukunft, gleichwohl respektierte er nicht nur ihre Meinung, sondern schätzte ihre Ansichten und ihren Rat. Darüber hinaus bestand ohnehin keine Dringlichkeit in dieser Entscheidung, da die Männer an der Spitze des Cultus Deorum sich (augenscheinlich) weiterhin guter Gesundheit erfreuten.
    "Wie steht es um die Zukunft deines Sohnes?"
    lenkte der Flavier das Thema zurück zu den Nachkommen, gleichwohl sein Interesse durchaus ein wenig größer an diesem Sproß des Aureliers war, da seine Mutter immerhin eine Flavia war.
    "Lernt er bereits die Kunst der Haruspices?"
    Zweifelsohne war dies die Pflicht eines jeden Erstgeborenen aus der Linie eines Haruspex, gleich was seine sonstige Zukunft mochte bieten.

    Seine Gemahlin strahlte die natürliche Anmut eines Kunstwerkes aus, eine makellose Erscheinung wie durch die Götter selbst erschaffen, und Gracchus konnte diese Schönheit nicht nur erkennen, sondern gar sich an ihr laben, musste ihr regelrecht verfallen - wie er jeglicher Form von Schönheit sich stets musste ergeben. Indes, mochte sein Geist auch in einem ekstatisch Rausch sich mochte verlieren ob Verzückung und Enthusiasmierung, sein Leib blieb dieser Art von Anziehung verschlossen, war eher durchströmt von Exaltation ob der Ungewissheit der kommenden Stunden.
    "Gewiss"
    , beantwortete er ihre Fragen mit einem einzigen Worte und ließ von ihr sich bis zu der Kline führen, auf der er ein wenig nervös neben ihr Platz nahm. All die Euphorie des Abends, die stärkenden Vorbereitungen und Gedanken, all dies war in diesem Augenblicke verflogen, hinterließ einzig eine nervöse Unruhe als wäre er wieder ein Heranwachsender, welcher seiner Unsicherheit schutzlos war ausgeliefert. Ein wenig gequält blickte er zuerst zum Himmel empor, an welchem so verlockend in unendlicher Ferne die Sterne blitzen, welche wohl dazu hätten gereicht in einem Atemzuge mit Priscas Augen Erwähnung zu finden. Schlussendlich seufzte er leise und wand seinen Blick seiner Gemahlin zu, ergriff nun ihrerseits ihre Hand.
    "Prisca ..."
    , begann er ohne noch recht zu wissen, wie dies mochte fortfahren.
    "Ich ... möchte ehrlich zu dir sein."
    Da diese Worte nun zwischen ihnen verharrten, gab es nichts mehr, das vor der Wahrheit ihn konnte abhalten.
    "Ich war ... nicht stets ein guter Ehemann. Selbst ... selbst die Pfli'hten einer zweckdienlichen Ehe konnte ich nicht immer erfüllen und ... nun, wie du weißt haben die Präferenzen meines Leibes auch andere Komponenten einer Ehe nicht eben ver..einfacht."
    Dass Antonia letztendlich aus Gram über all dies aus ihrem Leben war geflohen, mochte er nicht erwähnen, war dies doch zu viel der Wahrheit und schlussendlich brannte noch immer ein Funken an Hoffnung in ihm, dass dem nicht so gewesen war. Gleichwohl verschaffte ihm zumindest ein wenig Erleichterung, dass er vor Prisca nicht sich gänzlich musste verbergen, da sie doch bereits vor langem durch schicksalhafte Mächte eingefädelt während des Bürgerkrieges Faustus' Briefe hatte entdeckt und nicht nur diese, sondern ebenso das Wissen darum im Verborgenen bewahrt, obgleich zu dieser Zeit nichts sie hatte miteinander verbunden als ihre distinguierte Hehrheit.
    "Indes ... ich glaube daran, dass der Mensch vorwiegend darum so herausragend ist, da er in der Lage ist, sich über die Natur zu er..heben, da er in der Lage ist, zu lernen - das gesamte Leben hindurch."
    Eine kleine Pause folgte, in welcher der Flavier die Essenz seiner Gedanken in die rechten Worte hinein sammelte.
    "Das Schicksal hat uns miteinander verbunden, Prisca."
    Dies war Gracchus' Überzeugung - nicht nur ob des Geschehens seine amourösen Briefe betreffend -, denn während die Aurelia nichts davon ahnte, so war einerseits die Notwendigkeit der familiären Verbindung aus Lupus' und Gracchus' Beteiligung an der Beseitigung Valerianus' resultiert, wiewohl seine eigene Einbindung in diese Ehe aus dem (Irr-)Glauben, dass Prisca nicht fähig war, Kinder zu gebären, so dass einer der jüngeren Flavier, welche noch ihrer Nachkommen bedurften, als Gemahl nicht in Frage gekommen war. Seine Stimme wurde nun etwas fester.
    "Und darob werde ich ... lernen, dich zu lieben, Prisca. Nicht nur mit meinem Geiste und meinem Herzen, welche längst dir erlegen sind, sondern ... gewiss auch ... mit meinem Leib."
    Er hatte bereits versucht, seine Neigung zu kurieren, doch letztendlich war dies nun einmal ebenso wenig eine Krankheit wie die Lust auf bittere Oliven. Er hatte nichts anderes gelernt, war herangewachsen mit dem aufregenden Leib Caius' an seiner Seite, welcher zweifelsohne seinen Geschmack hatte geprägt ebenso wie die bitteren Oliven, welche der Koch in Achaia tagtäglich hatte kredenzt. Doch er war kein Tier, welches seiner Natur musste folgen - er war ein Mensch, welcher zeitlebens sich neu konnte entscheiden und neues lernen. Er hob nun seine Hand und strich mit den Fingerkuppen über Priscas Wange.
    "Ich möchte nichts sehnlicher als dies, denn nicht weniger steht dir zu als eine in allen Belangen gute Ehe."
    Einer perfekten patrizischen Ehe mochte dieser Aspekt durchaus abträglich sein, doch Gracchus konnte seine Ehe nicht einzig auf sich alleine beziehen, konnte nicht sich selbst ohne seine Familie und somit seine Gemahlin definieren. Allfällig war dies eine seiner größten Schwächen, dass das Glück und die Zufriedenheit seiner Familie ihm mehr wog als sein eigenes. Er ließ seine Hand sinken, beugte sich ein wenig nach vorn und schloss seine Augen als seine Lippen jene Priscas berührten. Kein ekstatisches Zittern durchströmte seinen Leib, kein berauschendes Begehren wallte in ihm auf, keine unbändige Lust. Nur ein kleiner Triumph, dass der erste Schritt getan war, während sein Verstand die Farben analysierte, welche diese Berührung in ihm emporsteigen ließ - ein zartes, cremefarbenes Rosé, einer Kirschblüte similär, welche im morgendlichen Nebel der aufsteigenden Sonne sich emporreckte, gefolgt von einem samtigen Hauch Fliederviolett.

    "In unserem Alter, ich bitte dich"
    , erwiderte der Flavier ihr Lachen mit einem Schmunzeln.
    "In einigen Tagen schon wird dein Antlitz wieder deine Worte Lügen strafen. Ist dir zu Ohren gekommen, dass ich nach Scatos Vermählung bereits Anfragen hinsichtli'h deiner Person erhalten habe?"
    Sein Lächeln wurde noch etwas breiter, ehedem er einen Schluck Wein nahm und in seinen Blick ein wenig Ernsthaftigkeit zurückkehrte.
    "Doch ich stimme dir zu, die Zeit verrinnt nicht spurlos, auch ich bin mir dessen gewahr."
    In den ärmeren Schichten Roms hatten viele Menschen ihres Alters tatsächlich bereits ihr Leben hinter sich, manch einer gar im wahrsten Sinne des Wortes. Doch solche Trübnis mochte Gracchus nur allzu gern von sich schieben.
    "Um so mehr freut es mich, dass du zu uns nach Rom zurück gekehrt bist - obglei'h die Umstände augenscheinlich nicht im Geringsten erfreulich waren. Gibt es etwas, das ich diesbezüglich noch für dich tun kann, Polla? Du weißt, ein Affront gegen dich ist ein Affront gegen unsere gesamte Familie, und ich werde nicht tolerieren, wenn dir Unrecht ge..schehen ist."

    ~~~ Einige Stunden später ~~~


    Nachdem alle Sklaven, welche für den bevorstehenden Abend Hand an ihn hatten gelegt, den Raum hatten verlassen - abgesehen von Sciurus selbstredend - betrachtete Gracchus sich im Spiegel. Leise summend drehte er seinen Kopf nach rechts, sodann nach links, beäugte sich kritischen Blickes, neigt den Kopf ein wenig um sich von unten her anzuschauen. Schlussendlich hielt er inne und brummte.
    "Ob es wohl im Bereich des Möglichen liegt, dass ich ... lerne, Prisca zu lieben?"
    , fragte er in den Raum hinein ohne von Sciurus tatsächlich eine Antwort zu erwarten. Er hatte ihr versprochen, in dieser Nacht ihr zu beweisen, wie sehr er um ihre persönliche Sicherheit besorgt war, und die ein oder andere wie beiläufig erwähnte Andeutung während des Abendessens hatte Gracchus schlussendlich davon überzeugt, dass Prisca ein wenig mehr erwartete als nur seine Anwesenheit. Dennoch war der Flavier beinahe beschwingt - er hatte ein wenig mehr Wein als üblich genossen, gleichsam durchspülte ihn noch immer das Sentiment der Euphorie, welche seit seiner Rückkehr nach Rom ihn umfasste, ihn regelrecht trunken machte, welches zudem in jedem Augenblicke mit seiner Gemahlin seitdem sich weiter hatte entfaltet.
    "Ist es nicht zu einem nicht unerhebli'hen Anteil auch die Wiederholung, welche unsere Lust prägt, unseren Geschmack und unsere Vorlieben? Wenn ich also nur ein wenig mich mühe, ein wenig meiner Kraft darauf verwende, allfällig könnte ich lernen, ihr zu geben, was ihr zusteht."
    Er hob seinen linken Mundwinkel zu einem schiefen Lächeln und wandte sich vom Spiegel ab. Für Prisca würde er es allfällig lernen können. Frohgemut wandte er sich dem kleinen Nachttisch zu, welcher neben seinem Bett stand, und öffnete die Schublade. Sorgsam nahm er einen Flakon aus grünfarbenem Glas daraus hervor, öffnete ihn und sog genüsslich den Duft ein, welcher dem dünnen Flaschenhals entströmte. Sodann goss er einige Tropfen des Inhaltes auf seine Finger und strich die bereits sich verflüchtigende Flüssigkeit sich hinter den Ohren und über den Hals, während in Gedanken ihm Reminiszenzen an vergangene, euphorische Tage in die Sinne stiegen. Zuletzt nahm er von seinem Sklaven einen weiteren Becher Wein entgegen, in welchen jener zuvor ein ockerfarbenes Pulver hatte eingerührt. Der Trank schmeckt bitter, doch Gracchus kippte den Inhalt des Bechers in seine Kehle hinab und schluckte ohne auch nur eine Miene zu verziehen.
    "Scheußlich"
    , war alles, zu was er sich ließ verleiten, doch das Pulver würde seinem Leib helfen, sich zu entspannen, allfällig auch seinem Geiste - und um Prisca zu genügen war ein Augenblick voll Bitterkeit ein geringer Preis.
    "Nun denn"
    , ließ er sodann verlauten und wandte sich aus dem Raum, dem Cubiculum seiner Gemahlin entgegen. Die Schritte, welche vormals so oft ihm bereits unendlich viele erschienen waren, zogen rasch an ihm vorbei, auch die Maserung der Tür konnte an diesem Abend ihn nicht mehr fesseln. Nach einem raschen Klopfen öffnete er die Türe und schob sie ein wenig auf, um einzutreten.
    "Teuerste Prisca ..."
    , stockten ihm sogleich die Worte, als sein Mut ihn verließ und er die aufwallende Panik musste hinabschlucken. Was, wenn er Prisca nicht würde genügen?

    Ein schmales Lächeln umschmeichelte die Lippen des Flaviers bei der Aussicht in zwölf Jahren den Beginn des nächsten Saeculums mitzuerleben. Zwölf Jahre - zweifelsohne war dies möglich, doch je älter er wurde, desto kürzer schienen die Jahre zu werden. In diesem Augenblicke jedoch wollte er dem Thema und damit diesem Gedanken nicht weiter nachgehen, sondern sich dem Bild hingeben, diese Feier mit drei Generationen Manius Gracchus zu feiern.
    "Womöglich war es nicht Ovidius' Relevanz, welche als Opfer ihn selektionierte, sondern gerade seine Belanglosigkeit, dann etwa, wenn er selbst gar nicht das Ziel war, sondern ein anderer. Würde man dir drohen oder dich er..pressen wollen, so würde man kaum dich umbringen, sondern jemanden, der zwar mit dir verbunden ist, dessen Tod indes nur eine Botschaft darstellt - eine Botschaft, welche nicht ignoriert oder vertuscht werden kann, da sie auf den Stufen des Senates hinterlassen wurde."
    Vescularius hatte den Flaviern, respektive Gracchus damals eine ähnliche Botschaft durch den Tod Pisos zukommen lassen, davon war er bis heute überzeugt.
    "Die Frage ist darob allfällig, für wen mit großem Einfluss oder großem Rei'htum war Ovidius zwar von Interesse, jedoch abkömmlich?"
    Gracchus zuckte ratlos mit den Schultern und sankt wieder ein wenig tiefer ein, da das Thema an sich zwar relevant, jedoch überaus müßig war, würden Lupus und er das Rätsel wohl kaum im Badebecken lösen. Ihre eigene Zukunft dagegen hatten sie selbst in der Hand, zumindest die Pläne hierzu.
    "Den Codex iuridicalis reformieren? Ein geringeres Projekt hätte ich kaum von dir erwartet"
    , lachte er. Mangelnder Ehrgeiz konnte dem Aurelier kaum wohl vorgeworfen werden.
    "Aber du hast wohl recht, ein solches Unterfangen muss gut vorbereitet sein. Das intensive Studium kryptischer Paragraphen ist zugestandenermaßen nicht mein größtes Ver..gnügen, es wäre mir jedoch eine Ehre sofern ich dir bei deinen Ideen erneut behilflich sein kann."
    Immerhin sah auch der Flavier einiges an Verbesserungs- und insbesondere Vereinfachungspotential bei den Rechts-Gesetzen und sofern er dies nicht maßgeblich musste vorantreiben war er durchaus gewillt einen Beitrag zu diesen Änderungen abzuleisten, nicht nur um seiner senatorischen Pflicht zu genügen. Seine Pflicht war es auch, welche am Ende aller Überlegungen seine eigenen Pläne maßgeblich bedingte.
    "Nun, der Sinn würde mir danach stehen neuerlich Kunst und Kultur zu fördern, scheint mir in dieser Hinsicht Rom als Hauptstadt der Welt doch bisweilen mehr als trist. Allerdings fehlt mir noch immer ein wenig der notwendige Elan, zudem ist nun auch noch die Augusta nach Germania ent..sandt worden, und gerade sie ist doch eine große Liebhaberin der Künste, dass ich ein größeres Unterfangen wenn überhaupt, so kaum während ihrer Absenz möchte realisieren."
    Arme Veturia, wie muss ihr Geiste im spröden Germania verkümmern! Gracchus verstand nicht wie der Augustus seiner Gemahlin solch eine Reise konnte zumuten, da er doch zu gleicher Zeit einen neuen Statthalter hatte entsandt, so dass auf die Anwesenheit der Kaiserin zweifelsohne hätte verzichtet werden können. Andererseits kannte Gracchus den Aquilier nicht gut genug, um dessen Hintergedanken bei dieser Aktion erraten zu können, so dass er schlichtweg darauf vertraute, dass er Kaiser wusste, was er tat.
    "So bleibt der Cultus Deorum wie stets meine vorrangige Pfli'ht, gleichwohl ich auch hierbei uneins bin ob des Ausmaßes meiner Tatkraft und weiteren Strebens."
    Mit einem nachdenklichen Blick versank er in einem flimmernden Lichtstrahl, welcher durch ein Fenster in die gewaltige Halle der Therme hinein fiel und sich in dem großen Raum verlor, ganz ähnlich wie die Gedanken des Flaviers sich in seinem Leben verloren als er zur Beantwortung der Frage ein wenig weiter ausholte, da er das Gefühl hatte, seinen Mangel an Diligenz rechtfertigen zu müssen.
    "Bereits vor meiner Geburt waren die Vitae unserer Familie verbindlich geregelt. Meinem Bruder war das militärische Oberkommando über die erste Legion zugedacht, meiner Schwester die Rolle der Virgo Vestalis Maxima und mir selbst die des Flamen Dialis. Dies mag auf den ersten Blicke ver..messen erscheinen, doch im Grunde war nur die Zukunft meines Bruders ambitioniert. Meine Schwester und ich hatten mit unserer Zukunft abzugelten, was Rom unserer Familie zuteil werden ließ und lässt. Letztendlich haben die obersten Priesterämter schon lange ihren großen Einfluss verloren, sind selbst bei alten Patrizierfamilien unpopulär geworden ob ihrer Pfli'hten und Einschränkungen. Die Flavia jedoch ist davon überzeugt, dass es nichts ohne Ausgleich geben kann, do ut des - dies gilt in allen Bereichen des Lebens, da alles durchzogen ist von den göttlichen Prinzipien."
    Nur wenn jeder in Rom seine Rolle ausfüllte konnte das Imperium florieren und gedeihen, und zur Rolle der Patrizier gehörte dabei das eigene Leben ebenso ein Stück weit hinten anzustellen und ihre Pflicht in Politik, Militär und Cultus zum Wohle Roms zu erfüllen, wie es etwa zur Rolle des Metzgersohnes gehörte, den Betrieb seines Vaters zu übernehmen und für die Fleischversorgung der Stadt Sorge zu tragen.
    "Mein ganzes Leben war auf diese Zukunft ausgeri'htet, bereits in frühester Jugend derart gefestigt, dass ich mich gar mit meinem Vater überwarf als er nach dem ... Tod ... meines Bruders postulierte ich solle nun an dessen Stelle treten."
    Zweifelsohne hätte Gracchus dem Wunsch seines Vaters früher oder später nachgeben müssen, doch das Schicksal hatte beschieden, dass Titus Vespasianus zuvor den Weg allen Fleisches ging und dem Sohn somit seine Zukunft nach eigenem Ermessen offen stand.
    "Stets war mein Streben erfüllt von dem Gedanken daran, meine Tugenden zu entfalten und meine Integrität zu wahren, jeden Schritt zielgerichtet abzuwägen, um zu tun und mir anzueignen, was vonnöten ist, ein Flaminat ausfüllen zu können. Bis Ves..cularius Salinator die Welt ins Wanken brachte."
    Er senkte seine Stimme ein wenig ab und blickte nun wieder zu Lupus.
    "Ich habe mich dafür entschieden, zum Wohle Roms meine Integrität aufzugeben. Und obgleich es zweifelhaft ist, dass irgendjemand in diesem Bürgerkriege seine Integrität konnte bewahren, so gibt es doch beileibe Männer, welchen dies besser gelungen ist als mir selbst."
    Er schwieg kurz, ehedem er wieder fortfuhr.
    "Nach der Eheschließung mit Prisca habe ich in Betra'ht gezogen, mich stattdessen auf eines der anderen Flaminate oder etwa den Rex Sacrorum auszurichten. Indes, in letzter Zeit beschleicht mich auch hierzu Zweifel, denn letztendlich müssen diese nicht weniger unbescholten sein als der Flamen Dialis."
    Trotz aller Realität hing Gracchus noch immer der naiven Vorstellung an, dass jene Männer an der Spitze des Cultus Deorum wahrhaftig ihre Integrität durch ihre politische Laufbahn und alle Widrigkeiten des Lebens hindurch hatten behalten können. Ein Seufzen echappierte seiner Kehle, ehedem er sich zu einem Lächeln zwang.
    "Dass Menenius Lanatus augenscheinlich mehr als ein Saeculum erleben wird, scheint mir zudem ein eindeutiges Zeichen der Götter zu sein, dass es derzeit keinen Mann gibt, welcher würdig wäre dieses Amt auszufüllen."
    Ein wenig schicksalsergeben breitete er die Hände aus.
    "Insofern also füge ich mich in meine derzeitigen Pflichten, überlasse Ehrgeiz und Ambition der jüngeren Generation, und werde wohl meinen Sohn Titus in die Pflicht nehmen müssen, eines der hö'hsten kultischen Ämter für die Flavia auszufüllen."

    Auf Scatos Hochzeitsfeier hatte der Herr des Hauses kaum Gelegenheit gefunden, sich mit seiner Cousine Polla auszutauschen, und auch in den Tagen hernach ehedem sie krank geworden war hatte er ob seiner Verpflichtungen dies versäumt. In der darauffolgenden Zeit hatte er selbstredend dafür Sorge tragen lassen, dass Polla es an nichts mangelte und der Medicus ihr die beste Medizin zukommen ließ wie dies einer Flavia gebührte, und am am häuslichen Altar hatte er für ihre Genesung Opfer dargebracht, mehr indes hatte er nicht tun können. Als er an diesem Tage aus dem Senat zurückkehrte informierte man ihn bereits am Eingang des Hauses, dass seine Cousine soweit wieder genesen war, dass sie endlich ihr Cubiculum verlassen hatte.
    "Polla, meine Liebe! Welch eine Freude, dich genesen zu sehen"
    , grüßte er sie mit einem ehrlichen Lächeln als er das Atrium betrat und sie dort in ihrem Sessel sitzen sah. Er trat auf sie zu, während zwei Sklaven bereits eilig eine der Klinen umstellten, dass sie nahe der Flavia platziert wurde.
    "Wie geht es dir?"
    Gracchus nahm auf der Kline Platz, legte sich jedoch vorerst nicht, sondern blieb darauf sitzen. Ein Sklave trat herbei und brachte ihm ein Glas verdünnten Wein.

    Der Flavier nickte ein wenig träge. Sofern der Kaiser sich einmischte, war ohnehin alles entschieden.
    "Ich sehe der Antwort des Kaisers durchaus erwartungsvoll entgegen, immerhin hält er sich gemeinhin doch sehr zurück und überlässt vieles dem Senat. Diese Causa wird allfällig zeigen, wie weit er zu gehen gewillt ist, respektive wie nahe er den Einflussberei'h des Senates an sich heran lässt."
    Aus dieser Sicht war Claudius' Ansinnen in jedem Falle nützlich, denn zu wissen, wie viel der Kaiser mochte dulden konnte im Zweifelsfalle überaus nützlich sein, gleichwohl dieses Wissen im schlechtesten Falle auch eine Gefahr für Rom konnte darstellen.
    "Ich werde dafür Sorge tragen, dass der Augustus von der Notwendigkeit zur Prüfung des Saeculums erfährt"
    , fügte er sodann mit einem sublimen Lächeln hinzu. Die Pontifices würden rasch überzeugt sein, diesen Vorschlag mitzutragen. Inwieweit der Kaiser einer Einbeziehung ausländischer Gelehrten würde zustimmen blieb abzuwarten, doch zumindest gegen die interne Prüfung gab es wohl kaum ein Gegenargument. In Hinblick auf den Mörder, welcher noch immer frei in Rom herumlief, blickte Gracchus unbewusst über das Becken hinweg. Schwebten sie tatsächlich beständig in latenter Gefahr? Der Flavier mochte dies kaum glauben.
    "Je früher der Täter ge..fasst ist, desto besser"
    , erwiderte er dennoch Lupus' Kommentar.
    "Letztendlich ist es auch eine Blamage für den Staat, wenn die Bürger Roms nicht mehr alleine auf die Straße gehen können ohne sich ihres Lebens si'her zu sein."
    Gleichwohl der Flavier selbst dieses Problem ohnehin nicht hatte, da er nie alleine auf die Straße ging. Andererseits war dies bei Senator Ovidius allfällig auch nicht anders gewesen und selbst die Öffentlichkeit des Forums und der Pulk der Senatoren, welche aus der Curia strömten, hatten sein Leben nicht bewahren können.
    "Apropos Justiz - wie sehen deine weiteren Pläne aus? Wirst du im kommenden Jahr für die Praetur kandidieren?"
    Gracchus hielt nichts von übereiltem Ämterlauf, doch war es durchaus keine Seltenheit, dass Senatoren nach einem Jahr bereits die nächste Stufe des Cursus Honorum nahmen.

    "Iulius Dives?"
    fragte Gracchus erstaunt nach. Dieser hatte sich zwar an der Senatsdebatte beteiligt, schien jedoch keinesfalls emotional involviert gewesen. Der Flavier bewunderte den Iulier im Nachhinein für seine Contenance, denn hätte Claudius seine eigene Gemahlin derart vor dem Senat vorgeführt - zu Recht oder Unrecht - Gracchus wäre zweifelsohne mehr als ausfallend geworden. Zu Priscas Nachfrage in Hinblick auf die Pläne des Consuls winkte Gracchus ab.
    "Sofern sich diese Anschuldigungen nicht bestätigen, respektive als Einzelfall herausstellen, wird auch Claudius das Gesetz nicht weiter ver..folgen. Er ist nicht unvernünftig, und auch die anderen Senatoren sind es nicht, insbesondere nicht jene, welche bereits intervenierten."
    Gleichwohl waren auch jene Männer nicht ohne Einfluss.
    "Sollte sich jedoch herausstellen, das tatsä'hlich ein Zusammenhang besteht, so ändert dies alles. Auch ich werde dann überlegen müssen, welche Konsequenz dies bedeuten muss. Indes, selbst wenn ungebührliches Verhalten durch Frauen in höheren Ämtern derzeit ein häufigeres Problem sollte darstellen, so scheint es mir viel zu einfach die Optionen, welchen Frauen diesbezüglich offen stehen, als Ursa'he dafür anzunehmen. Immerhin hat es auch in der Vergangenheit Frauen in hohen Ämtern gegeben, in weitaus höheren noch, welchen wohl kaum ihr Anstand abgesprochen werden kann. Meine Mutter bekleidete einige hohe Ämter und weder sie, noch unsere Familie kann wohl als ungebührlich tituliert werden. Oder auch weitere Senatorinnen, etwa die Senatorinen Aelia und Tiberia."
    Ein wenig redete Gracchus sich nun in Rage und ein Hauch von Emotionalität schlicht sich in die Couleur seiner Stimme als gelte es, eben diese Damen vor Prisca zu verteidigen.
    "Gerade Tiberia Livia! Diese Frau war stets von solch un..tadeliger Hehrheit und distinguierter Dignitas, dass jeder dahergelaufene Emporkömmling aus der Provinz, welcher je aus einer Laune oder gesteigerter Gier heraus sein Fell gegen eine Toga hat einge..tauscht, um in den Hallen des Senates zu marodieren und unsere Traditionen mit den Füßen zu treten, sich daran ein Beispiel sollte nehmen! Aber gegen solche Männer hat der Senat nie etwas unter..nommen, insbesondere auch Claudius hat stets nur dabei zugesehen, statt sich zu echauffieren und in Aktionismus zu ver..fallen!"
    Ein wenig irritiert über seinen eigenen Affekt hielt Gracchus inne, schüttelte kurz den Kopf als müsse er seine Gedanken wieder klären.
    "Verzeih"
    , bat er ein wenig ruhiger.
    "Nun, wie dem auch sei. Selbst wenn der Consul mich darum bittet, seine Initiative zu unterstützten - unsere familiäre Bindung ist zu weitläufig, als dass sie mich zu etwas verpflichtet. Gleichwohl würde ich lieber schweigen, als meine Stimme als familiären Gefallen zu erheben zu etwas, das mit meinen Prinzipien und Ansi'hten nicht vereinbar ist. Es gibt nur zwei Männer im Senat, welche meine Stimme erzwingen können. Der Augustus indes ist sehr verhalten, diese Macht, welche er letztlich über alle Senatoren hat, einzu..setzen. Und der zweite Mann liefert sich selbst mit aus und wird dies kaum für solch eine Lappalie tun."
    Letztlich wäre das Gesetz in Gracchus' Augen eine solche, kaum weltbewegend und für das Wohle Roms entscheidend, dennoch eine kleine Grundsatzdiskussion.
    "Doch lasse uns nun lieber uns erfreulicheren Angelegenheiten zuwenden. Ich rieche bereits den Duft nach Hasenbraten, es wird wohl Zeit für die Cena"
    , reichte er mit einem Lächeln seine Hand, um seine Gemahlin zurück in das Haus zu führen.

    Der ahnungslose Gemahl strahlte über das ganze Gesicht.
    "Ein wundervoller Vorschlag! Ich werde dafür Sorge tragen, dass dies ein ganz besonderer Abend wird."
    In gänzlich andere Richtung als jene Priscas drifteten Gracchus' Gedanken bereits zu einem ganz anderen perfekten Ausklang des Tages. Ein wenig kühl wäre es allfällig, doch die aufgestellten Feuerschalen würden nicht nur wohlige Wärme spenden, sondern mit ihrem warmen Licht gleichsam zur lauschigen Atmosphäre beitragen. Er würde den Koch anweisen, einige besonders deliziöse Köstlichkeiten bereitzustellen, welche sie im Beiklang von melodiösen Harfenklingen würden teilen. Hernach allfällig ein wenig lyrische Kurzweil - zwar würde es schwierig sein, so kurzfristig noch einen herausragenden Mimen anzuwerben, doch Sciurus hatte seine Methoden, um das Unmögliche möglich zu machen, und für Prisca war schlussendlich nichts teuer genug. Angeregt durch poetische Klangkaskaden konnten sie sodann sich in eigenen Wortspielen duellieren, was zweifelsohne zu übermäßiger Heiterkeit würde führen, welche im Betrachten der Sterne ihr ruhiges, doch nicht weniger fulminantes Finale konnte finden. Ob Prisca wohl die Geschichten zu all den Bildern am nächtlichen Himmel geläufig waren? Ja, zweifelsohne wäre dies ein Sieg, welcher auch für Gracchus selbst kein Verlust wäre.

    Die Netzwerke der holden Weiblichkeit quittierte Gracchus nur mit einem wissenden Nicken. Freundin schien im Wortschatz der Frauenwelt alles zu umfassen von tatsächlich engen Verbündeten hin bis zu weitläufigen Bekannten um mehrere Ecken - dies war soweit der Ehemann es konnte beurteilen bei Prisca nicht anders als es bei Antonia der Fall gewesen war, gleichwohl floss durch dieses Netzwerk von Freundinnen zweifelsohne mehr Information als Wasser durch den Tiber. Einen Augenblick lang sann Gracchus darüber nach, dass Frauen im Grunde die ideale Besetzung für die prätorianische Geheimgarde wären, verwarf diesen Gedanken indes sogleich wieder, auch um sich auf Lupus' weitere Worte zu konzentrieren. Neuerlich wanderte seine linke Braue empor, denn diese Geschehnisse aus dem Bürgerkrieg waren ihm bisherig nicht bekannt, ehedem er ein wenig tiefer in das Wasser sank, dass dieses ihm bis an sein Kinn heranreichte. Überdeutliche Emotionalität ... nicht in der Lage, sein Zelt auch nur zu verlassen... über Wochen und Monate hinweg ... Allfällig war es dies, weshalb der Flavier sich bisweilen dem Claudier verbunden fühlte, obgleich er ihn nicht minder oft in Irritation stürzte. Überdeutliche Emotionalität. Gracchus musterte sein Gegenüber und fragte sich, was Lupus wusste über seine Zeit in und nach dem Bürgerkrieg. Wie würde dieser Freund wohl über ihn richten? Allfällig lag Callista - Callista! - doch falsch mit ihrer Einschätzung? Doch immerhin hatte Gracchus in schlaflosen Nächten noch nie ein Gesetz verfasst, sondern lediglich philosophische Abhandlungen oder Gedichte, welche er gleichsam niemals irgendwem vorlegte, weder am nächsten Tage, noch zu einem anderen Zeitpunkt.
    "Allfällig hast du recht, eine schlaflose Nacht ist fürwahr kein sonderlich guter Zeitpunkt, ein Gesetz bis zu seiner Senatsreife zu ver..fassen, zudem scheint das ganze Konstrukt nicht sonderlich stabil."
    Auch der Flavier schwieg und dachte darüber nach, was dies mochte bedeuten, ehedem Lupus weiter sprach - und auch über diese Worte musste er erst ein wenig nachdenken. Zwar war er sich des Ursprungs des Saeculum durchaus bewusst, auch der Berechnung und Ankündigung durch divine Zeichen, gleichwohl hatten einige Kaiser dies zuletzt ebenso für ihre eigene Zwecke genutzt - wie so viele andere Bestandteile des Cultus auch. Doch womöglich war es genau dies, was der Aurelier wollte vorschlagen.
    "Nun, der Kaiser ist nicht unbedingt zurückhaltend, er sieht sich schli'htweg nicht als Koryphäe in Hinblick auf kultische Belange und verlässt sich daher voll und ganz auf das Collegium Pontificum. Sofern also ein entsprechender Ratschlag ihm vorgelegt werden würde, so würde er dem zweifelsohne zustimmen."
    Gracchus fixierte Lupus.
    "Gleichwohl haben sich die Berechnungen auch in den vergangenen Jahrhunderten nicht immer als unfehlbar erwiesen. Allfällig sollten wir prüfen, ob es nicht eine Anhäufung diviner Zeichen gibt, welche den Umbruch ankündigen."
    Wobei jene Zeichen im Zweifelsfalle auch in der Macht des Cultus Deorum lagen. Gracchus tauchte wieder ein wenig weiter aus dem Wasser und senkte seine Stimme.
    "Dies wäre womöglich ein Ansatz, tumultuarische Stimmen zu besänftigen und die Bürger in eine kurz- bis mittelfristige Aufbru'hstimmung zu versetzen. Wenn jedoch der Dunkelmann der Morde nicht gefunden wird, wird sich dies spätestens mit dem nächsten Unglück wieder verflüchtigen."

    Der Flavier hob seine linke Braue und betrachtete das Wasser vor sich, welches er mit langsamen Bewegungen seiner Händen in sanfte Wellen versetzte.
    "Nun, ich bin der Ansi'ht die Welt war stets so kompliziert, zumindest in Rom, insbesondere auch in der Politik."
    Gracchus hatte lange gebraucht, diese Politik zu durchschauen. Seiner Karriere hatte dies wenig geschadet, denn die Flavier verfügten per se über genügend Einfluss und finanzielle Mittel, dass es selten für ihn war notwendig gewesen, zu hofieren, Ränke zu schmieden oder eben solche zu durchschauen und zu durchkreuzen oder an ihnen sich zu beteiligen. Indes mit dem Wissen darum, wünschte er sich mehr als einmal zurück in die naive, idealistische Welt, welche zu Beginn seiner Laufbahn noch die seine war gewesen.
    "Ich habe mit Prisca über Claudius' Ergebnis und seine Gesetzesinitiative im Senat gesprochen. Die Sergia war ihr bekannt, doch darüberhinaus konnte sie keine Frau Roms nennen, welche ihr Amt in ungebührlicher Art und Weise ausführt - und zweifelohne würde Prisca von solcherlei Gebaren zumindest Kenntnis erlangen."
    Er mochte es nicht Klatsch und Tratsch nennen, was seine Gemahlin austauschte, doch informiert zu sein - insbesondere über gesellschaftliche Fauxpas - gehörte in den oberen Kreisen der Damen nun einmal zum Alltag und trug durchaus auch seinen Beitrag zu politischen Ränken bei.
    "Ich frage mich darob, ob Claudius etwas weiß oder sieht, was wir nicht sehen oder allfällig nicht wahrhaben wollen."
    Würde etwa Menecrates' Vorhaltung sich auf Prisca beziehen - würde Gracchus dies eingestehen, einsehen wollen?
    "Wäre dies eine Mögli'hkeit? So wie ... wie damals als ... Rom nicht wollte wahrhaben, was mit Vescularius sich anbahnte?"
    Manch einer hatte die Situation damals zweifelsohne verkannt, andere wiederum sie nicht wahrhaben wollen, wiederum andere bewusst weggesehen.

    Roms Thermen, dies hatte Gracchus wahrlich vermisst! In Baiae hatte er nicht ein einziges Mal den öffentlichen Thermen einen Besuch abgestattet, obgleich diese regelrecht berühmt waren für ihre heilfördernden Wirkungen, und durchaus auch mit allerlei Prunk und Luxus aufwarteten. Doch dortig hatte es ihn nicht nach Gesellschaft verlangt, gegenteilig war er lieber gänzlich in der Einöde versunken. Zurück in Rom war alles anders - das Leben war anders, die Welt war anders, die Bedeutsamkeiten waren anders, er war anders. In Rom pulsierte das Leben, und obgleich die Thermen ein Ruhepol im Alltag vieler Römer waren, konnte man auch hier den Herzschlag der Stadt beständig pochen hören. Gracchus liebte diesen Herzschlag, der endlich wieder mit dem seinen in Einklang schlug. Aus diesem Grunde hatte er auf das Bad im heimischen Becken verzichtet und sich für die Thermae Agrippae entschieden, denn obgleich viele weniger gut Betuchte ein eigenes Bad als puren Luxus erachteten, so war es dem Patrizier doch eher umgekehrt - war sein eigenes Bad ihm alltäglicher Trott, während die öffentliche Therme purer Luxus war. Gleichwohl vermochte sich hier das Vergnügliche noch mit dem Angenehmen verbinden lassen, was in diesem Falle eine gepflegte Konversation mit Aurelius Lupus war. Als sie im caldarium waren angelangt, ließ Gracchus vorerst sich genüsslich in das warme Wasser hinabgleiten und schloss einen tiefen Atemzug lang die Augen.
    "Tempus fugit, amor manet"
    , murmelte er, ehedem er die Augen wieder öffnete, ein vergnügliches Lächeln auf den Lippen.
    "Es geht doch nichts über Rom. Doch ich bin neugierig, Lupus."
    Sein Lächeln verblasste ein wenig.
    "Was ist geschehen mit unserem Rom, dass Sklaven sich erheben und Senatoren ermordet werden?"
    Es war Gracchus noch immer ein wenig sonderbar, den Aurelier mit seinem Cognomen anzusprechen. Doch Callista - Callista? - hatte recht, es war an der Zeit die Vergangenheit vergangen zu lassen und der Welt eine Chance auf Zukunft einzuräumen, der Welt um ihn her, doch insbesondere auch der Welt in ihm.

    Obgleich die Sitzung des Senats an diesem Tage ein wenig ermüdend war gewesen kehrte Gracchus doch guter Laune zurück in die Villa Flavia, denn ohnehin konnte dieser Tage ihn wenig aus der Euphorie entrücken, welche seit seiner Rückkehr nach Rom ihn umfing. Bereits auf dem Weg hatte er Sciurus aufgetragen, die Anwesenheit seines Sohnes zu prüfen und ihm mitzuteilen, dass er ihn sprechen wollte. Im Atrium schlug Gracchus ein sublimer Duft entgegen, welcher mehr als eine Köstlichkeiten zur abendlichen Cena ließ erwarten, und statt der über den Winter hinweg zentralen Feuerschalen prägten bunte Farbtupfer von Frühlingsblumen den offenen Raum. Beschwingt durchquerte der Flavier dies ihm so traute Heim und steuerte das Officium seines Sohnes an. Das Officium seines Sohnes - er platzte beinahe vor Stolz allein bei dem Gedanken daran und verdrängte die Tatsache, dass die Existenz dieses Raumes ihn auch seines fortschreitenden Alters gemahnte. Mit kräftigem Schlag klopfte er an und trat sogleich ein.
    "Minor!"
    , grüßte er jenen grußlos und ging nachgerade in medias res, wie stets wenn ein Anliegen in seinen Gedanken bereits gefestigt war und Belanglosigkeiten oder Nettigkeiten ihn von diesem Ziel nur würden hinfort führen.
    "Wir müssen über deine Zukunft sprechen."

    "Nun, der Consul sieht die Sergia selbstredend nicht als Teil des Aufstandes, gleichwohl scheint es nicht nur das Verhalten dieser Frau im Einzelfalle gewesen zu sein, denn zweifelsohne liegen Claudius Informationen über vermehrte Ungebührli'hkeit von Frauen in höheren Positionen im Vorfeld des Aufstandes vor. Immerhin würde ein Consul kaum wohl eine derart massive Gesetzesinitiative aufgrund eines einzelnen Vorfalles erwirken wollen"
    , fiel Gracchus ungewollt in die Verteidigung des Ansinnens des Consuls, obgleich er weniger dies selbst mochte in Schutz nehmen als mehr Claudius Menecrates - welcher zwar nicht zu seinen engsten politischen Verbündeten zählte, doch immerhin seinen Respekt genoss, nicht nur, doch auch ob der entfernten familiäreren Verbindungen.
    "Die Sergia und ihresgleichen sieht er darob nicht als ursächli'hen Anstoß des Aufstandes, welcher in den desaströsen Zuständen der Subura zu liegen scheint, doch Claudius glaubt in ihnen den Nährboden aufrührerischen Verhaltens zu sehen, dass ob ihres importunen Vorbildes in der Öffentlichkeit, welchem niemand Einhalt gebietet, vorwiegend Frauen sich den Aufständischen hatten angeschlossen um zu rebellieren."
    Gracchus seufzte, denn es fiel ihm sichtlich schwer selbst diesen Gedankengängen zu folgen.
    "Doch auch um hierzu eine fundierte Meinung zu bilden fehlen mir selbst weitere Details, etwa ob es vor..wiegend römische Bürgerinnen waren, welche den Aufstand mittrugen, oder nur Sklavinnen und Peregrine. Ich werde wohl den Abschlussbericht der Kommission abwarten müssen."
    Die Art und Weise wie Prisca sich echauffierte in adäquater Weise, wie es einer wahrhaften Römerin zustand, ließ den Flavier ein wenig schmunzeln. Obgleich dies ein überaus absurder Gedanke war, so konnte er sich gut vorstellen wie seine Gemahlin im Zweifelsfalle alle Männer der Welt in Grund und Boden würde verdammen sofern sie es darauf anlegte.
    "Ich zumindest hege keinerlei Zweifel an unseren Frauen"
    , suchte er ein wenig Prisca zu kalmieren, dass der Zweifelsfalle nicht erst würde aufkommen.
    "Gleichwohl hege ich die Befür'htung ich könnte allzu befangen sein, da ich zu sehr vom Geiste, aber auch der Realität unserer Traditionen und Sitten umgeben bin - dem Vogel gleich auf seinem Baume, der nicht sich imaginieren kann was die Überflutung der Flussaue für die im Erdreich lebenden Tiere bedeutet. Indes, sofern dir selbst keine weiteren Exempel solcherlei Ungebührlichkeiten bekannt sind, beruhigt mich dies doch. Obendrein sei dir dessen versichert, dass der Senat keine übereilten Schlüsse ziehen wird. Ohnehin..."
    , begann Gracchus einen Gedanken, um eine kurze, nachdenkliche Pause folgen zu lassen, ehedem er fortfuhr.
    "Wenn nicht fehlgeleitete Erziehung ein solches Gebaren wie jenes der Sergia hervorbringt - von welchem auch der Consul nicht ausgeht - so scheint mir eine Frau, welche in dieser Art und Weise agiert dies nicht not..wendigerweise aus der Möglichkeit heraus zu tun, welche der Staat ihr bietet - müsste dies doch sonstig viel häufiger geschehen -, sondern eher aus der Schwä'he heraus, welche ihr Vater oder Ehemann aufweist. Sind dir die familiären Verhältnisse dieser Frau bekannt?"
    Selbstredend würde der Flavier eine entsprechende Nachforschung in den Archiven beauftragen können, doch da seine Gemahlin bereits den Beinamen der Sergia erwähnte hatte, mochte auch sie ihm diese Information geben können.

    Zitat

    Original von Aurelia Prisca
    ...
    Hmmm, …naja … man kann nicht immer gewinnen. Aber zumindest bleiben wir der Tradition treu, nicht wahr?…", kommentierte Prisca daher ziemlich gelassen und gedankenversunken das sich abzeichnende Debakel der Grünen.


    "In der Tat"
    , pflichtete Gracchus der Traditionsbewahrung bei, ehedem ein überaus schelmisches Lächeln seine Lippen ließ kräuseln.
    "Ich habe darüberhinaus an diesem Tage bereits mehr als gewonnen - mein Sohn hat großen Anteil an diesen Spielen und meine bezaubernde Gemahlin sitzt an meiner Seite und überstrahlt selbst die Sonne."
    Er blickte Prisca an und genoss sichtlich ihre Trautheit in all dem Trubel und Jubel, allen Ohs und Ahs, allem Hoffen und Bangen um sie her. Minors verständige Worte, welche in Baiae waren gesprochen worden, hallten noch immer in den Fluren Gracchus' Gedankengebäude nach, und der liebevolle und vorbehaltlose Empfang seiner Gemahlin bei seiner Rückkehr nach Rom hatte das neu errichtete Fundament aufkeimenden Vertrauens in die Gegenwart und Zukunft weiter gefestigt. Seine Familie war die Grundfeste seines Daseins und die zurückliegenden Tage und Wochen hatten gezeigt, dass sie unerschütterlich waren, weitaus gefestigter als er je hätte vermutet. Selbst das Krachen des grünen Wagens, welcher in seine Einzelteile sich auflöste und damit alle noch so hoffnungslosen Chancen auf einen Sieg verpufften, vermochte die Aufmerksamkeit des Flaviers nicht zu erhaschen.
    "Wona'h also steht dir der Sinn nach diesem Rennen, um auch dich zu einem Sieg zu führen?"
    fragte er ganz unbedacht dessen, dass Priscas Sinn ihn allfällig in Bedrängnis könnte stürzen.

    "Aber nein, meine Liebe"
    , beschwichtigte nun auch seinerseits Gracchus.
    "Sofern dies Handeln nicht die mangelnden Obhut dieses Hauses gemahnt, sondern schli'htweg aus euren Gewohnheiten resultiert, so ist dies nicht zu beeinspruchen."
    Wer war letztendlich Gracchus, sich anzumaßen über die Bedürfnisse der Frauen zu entscheiden! Gegenteilig, würde er doch stets alles tun, erlauben und erdulden, was ihrem Wohlgefallen entsprach - zumindest insofern es mit seinen Prinzipien vereinbar war. Ein Umstand, welcher ihn ob des folgenden Anliegens Priscas in wahrhafte Bedrängnis brachte. Gracchus öffnete seinen Mund, wusste indes im ersten Augenblicke nichts ihren Worten zu entgegnen. Selbstredend war der Flavier sich der weiblichen Reize seiner Gemahlin bewusst, wenn auch sie allfällig nicht die Reaktionen evozierten, welche sie verdienten, gleichwohl waren ihm durchaus seine ehelichten Pflichten gewahr. Indes sah er den maßgeblichen Sinn der Erfüllung eben dieser speziellen Pflicht in der Zeugung von Kindern, zu was - seiner Ansicht nach - Prisca nicht fähig war, hätte sie doch sonstig Piso in ihrer ersten Ehe bereits einen Erben geschenkt. Dass es ihr wahrhaftig nach mehr verlangte - mit ihm oder gerade wegen ihm, dies lag ein wenig außerhalb seines Begriffskosmos, allfällig auch, da er diesen Umstand zweifelsohne dorthin verbannte.
    "Gewiss"
    , brachte er schlussendlich dennoch zustande, denn letztlich gab es keine andere Antwort, welche er hätte geben können. Ein Vorwand, sich zu entschuldigen, kam nicht in Betracht, denn augenblicklich gab es keinen ehrlichen Vorwand und einer Lüge mochte Gracchus in keinem Falle sich bedienen. Zudem bestand noch immer ein wenig Hoffnung, dass Prisca nicht die gänzliche Ehepflicht mochte einfordern, sondern schlichtweg seine Nähe in der Nacht verspüren.
    "Nichts könnte mir mehr Anliegen sein als deine Ge..borgenheit und dein Wohlbefinden"
    , versuchte er sich in einem zaghaften Lächeln, das indes nicht ganz die Scheu vor dem kommenden Abend konnte vertreiben. Um die Gedanken darum, dass er ihr nicht würde genügen können, zu vertreiben, lenkte er sie abrupt zurück auf eine konkretes Thema.
    "In Korrelation dazu - was ist deine Auffassung bezüglich der allgemeinen Sicherheit in Rom?"
    , begann er zuerst ein wenig unbestimmt, ehedem er seine Beweggründe erklärte - welche gleichsam auch seiner ursprünglichen Frage ein wenig mehr Substanz verliehen.
    "Im Senat gab es heute eine etwas ... merkwürdige Debatte. Consul Claudius stellte eine Gesetzesinitiative vor, die Karrieremöglichkeiten der Frauen im Staat einzuschränken, respektive ihnen jeglichen Zugang zu öffentli'hen Ämtern außerhalb des Cultus Deorum zu verwehren. Er hat diesen Gesetzesvorschlag noch durch die Nacht hin ver..fasst, auf die Zeugenbefragung einer Sergia hin, welche gegenüber der Kommission zur Aufklärung des Sklavenaufstandes überaus unbotmäßig sich betrug. In diesem und ähnlich respektlosem Verhalten römischer Frauen in höheren Ämtern sieht der Consul nun augenscheinlich eine Ursache des Aufstandes, dass nämlich von solcherlei Betragen in der Öffentli'hkeit sich die Sklavinnen und Frauen aus der Subura angespornt fühlten, bluttriefend aufzubegehren. Zumindest haben seine Worte sich mir derart erschlossen."
    Er hielt kurz inne.
    "Es wurde ihm dafür einiger Protest zuteil von Seiten mir politisch nahestehender Senatoren."
    Unter anderem von Priscas Cousin Lupus, doch wollte Gracchus durch die Nennung dessen Namens nicht bereits die Fronten festlegen.
    "Und auch ich konnte dem zugegebenermaßen nicht gänzlich folgen, denn glei'hwohl ich einige Monate fort war, so ist mir weder aus der Zeit davor, noch seitdem ich zurückgekehrt bin solcherart ungebührliches Verhalten von Frauen bekannt geworden, geschweige denn dass ich dies selbst hätte erlebt. Doch zweifelsohne bin ich diesbezüglich nicht gut informiert, daher interessiert es mich, was deine Ansi'ht zu dieser Sache ist? Schlussendlich kennst du doch einige Frauen in Rom, darunter gewiss auch solche in höheren Ämtern, etwa der Beamtenlaufbahn. Hast du schon einmal von Res..pektlosigkeiten in diesen Schichten gehört oder ... oder scheinen dir jene Frauen gar bisweilen unbotmäßig?"
    Selbstredend war es in Roms Kreisen bisweilen notwendig mit unmöglichen Personen zu verkehren, doch hieß dies nicht, dass innerhalb der Familie nicht offen über sie gerichtet wurde.

    Da die Ausführung des Consuls auf eine Frage des Flaviers hin resultierte, ergriff dieser hernach erneut das Wort.
    "Ich danke dir für deine Erläuterungen, Consul Claudius. Die Zustände, welche du andeutest, sind wahrhaft bedenkli'h. Ich spreche mich dennoch - oder gerade ob dessen - dafür aus, vor der weiteren Vertiefung deines Gesetzentwurfes vorerst den vollständigen Bericht der Kommission abzuwarten, res..pektive auch die Ansicht des Augustus, und die Diskussion daher allfällig zu vertagen."
    Insbesondere schien Gracchus dies sinnvoll, da die übrigen Senatoren dem Vorschlag des Claudius nicht eben beipflichteten - ob aus oppositioneller Ansicht oder Unwissenheit wie der Flavier selbst -, so dass ein einheitliches Wissen um die genaue Sachlage zweifelsohne dienlich wäre.