Beiträge von Manius Flavius Gracchus

    Nichts anderes hatte der Consul erwartet, ob dessen er nur nickte, und sogleich mit einem Themenwechsel fortfuhr.
    “Darüberhinaus möchte ich dich fragen, ob es aus deiner Si‘ht noch etwas gibt, worauf die Consuln in diesem Jahr besondere Acht legen sollten?“
    Letztlich waren die Magistrate Roms zwar dem Senat verpflichtet, doch da der Senat dieser Tage dem Augustus verpflichtet war, dienten auch die Magistrate Rom und dem Augustus. Inwieweit sich die Imperatoren in deren Angelegenheiten involvierten oder intervenierten hing von den jeweiligen Kaisern selbst ab, und Gracchus musste sich eingestehen, dass er nicht genau wusste, ob und wie Aquilius Severus dies in den Jahren seit seiner Erhebung zum Augustus hatte getan - oder eben nicht.

    Einige Herzschläge lang hatte Gracchus befürchtet, die Augusta könne ungehalten oder zornig werden über seine Worte - sich ihrer Machtposition bewusst gar in eine wahrhafte Furie wandeln und damit in einen gräulichen Albtraum des Flaviers, welcher in seinem Innersten dem Gebaren des weiblichen Geschlechtes gegenüber stets befangen und verunsichert war. Doch Veturia Serena reagierte besonnen und umsichtig wie es einer Augusta aufs Trefflichste anstand. Mochte sie auch ihre Eigenarten haben - man munkelte, dass sie nicht nur zur Erhebung ihres Mannes zum Kaiser auf einem Pferde geritten war -, dies war wahrlich eine Frau, welche den Respekt Roms verdiente.
    “Als Termin bietet sich der erste Tag nach dem Neumond an, dies ist das nä‘hste Mal der Fall ...“
    Gracchus Blick wandte sich zur Decke hin ohne dort etwas zu suchen, während er in seinem Geiste die Tage durchdachte, welche auf diesen würden folgen. Als Pontifex beschäftigte er sich tatsächlich derart oft mit dem Kalender, den Feiertagen und Mondständen, dass er diese halbwegs verinnerlicht hatte.
    “... an den Nonen des Maius“
    , vollendete er schlussendlich ein wenig erstaunt seinen Satz und wandte seinen Blick wieder der Agusta zu.
    “Als unser Kalender sich noch an den Mondphasen orientierte waren die Nonen eines Monats stets der neunte Tag vor dem Vollmond“
    , erläuterte er sein Erstaunen.
    “Dass der erste Tag nach dem Neumond, welcher stets günstig für Opfer an Iuno ist, im kommenden Monat auf die Nonen fällt, erscheint mir ein überaus ge..deihliches Vorzeichen. Ich schlage daher vor, diesen Tag für das Opfer zu wählen.* Als Gabe würde ich zu einer Räucherung aus Dammar, Galbanum und Rosenweihrauch raten, dazu Lilien, Kuchen und Wein. Für das blutige Opfer ein Schwein. Ich werde dem Tempel dies in Auftrag geben, du kannst dich darauf ver..lassen, dass nur die besten Gaben ausgewählt werden.“
    Kurz bedachte Gracchus die Frage der Augusta, ehedem er fortfuhr.
    "Du kannst deine Worte an Iuno vorbereiten oder aber diese spontan wählen. Dies liegt ganz in deinem Ermessen, denn bei einem Opfer derart privater Natur gibt es keine festgelegten Texte."

    Sim-Off:

    *Wir können selbstredend jederzeit beginnen, die Koinzidenz des Kalenders im Jahre 2016 war nur zu passend, um sie zu ignorieren. ;)


    Im nächsten Epeisodion wurde Antigone von dem Wächter herbeigeführt und in der Mitte der Bühne zurück gelassen, wo sie auf Knien Platz nahm und zu ihrer Totenklage anhob, beklagend dass sie nun unverheiratet in den Tod würde gehen müssen. Der Chorführer hielt ihr dagegen, dass sie ruhmvoll und ihrem Gesetze folgend in den Hades gehe. Antigone verglich daraufhin ihr Schicksal mit dem der Niobe, welche in einen Felsen war verwandelt worden, so dass der Chorführer dagegen hielt dass es ihr doch somit ruhmvoll möglich sei gleich einer Göttin zu sterben.


    Doch die Antigone fühlte sich von Chor und Stadt verspottet. "O weh! Du lachst meiner! Warum, Ihr Vatergötter, verhöhnst du im Licht des Tages, eh ich versank, mich?"
    Kein Spott indes intendierte der Chorführer, denn schlussendlich war Antigone nur dem Schicksal - dem Fluch der Labdakiden - zum Opfer gefallen. Auch jene entsann sich eben dieses Schicksales ihrer Familie, welches sie alsbald würde teilen müssen.
    "Unbeweinet, ungeliebt, unvermählet, tret ich Leidvolle geführt an den schon fertgen Weg. Nimmer auch bleibet zu schaun mir der Fackel des Himmels heiliges Aug. Ich Arme! Mein verlassenes Sterben aber beseufzt der Freunde niemand!"


    Dies Klagen unterbrach Kreon, welcher auf die Bühne trat, in herrschender Art die Wärter dazu drängte, Antigone endlich fort zu bringen in ihr Grab. Neuerlich bekräftigte die Todgeweihte, dass sie mit Freuden dem Totenreich entgegen sehe, da sie dort ihre Familie würde wieder treffen, gleichwohl dass jene Tat, welche sie für ihren Bruder verübte, sie niemals für ihren Ehemann oder ihre Kinder hätte auf sich genommen - wären jene doch ersetzbar, während ob des Todes der Eltern der Bruder niemals mehr ersetzt werden konnte.


    Während die Antigone von den Wächtern abgeführt wurde, besang der Chor grausame Strafen wie jene der Danaë, des Königs Lykurg und der Söhne von König Phineus.

    Der Consul trat noch ein wenig näher.
    "Danke, ich befinde mich wohl. Ich hoffe dir, und deiner Familie ergeht es ebenso"
    , beantwortete und retournierte er die Höflichkeitsfrage, ehedem er in Entgegnung der weiteren Frage sogleich in medias res ging.
    "Nun, obglei'h ich das Gefühl habe, nicht einmal nur die Hälfte dessen bereits umgesetzt zu haben, was ich mir für mein eigenes Consulat vornahm, so kündet sich das Ende dieses Amtsjahres doch bereits in nicht allzu weiter Ferne an. Darob führen mich die Termine für die nächste Wahl zu dir. Consul Clodius und ich haben uns bespro'hen und sind zu folgenden Terminen gelangt. Die Wahl soll stattfinden an den Iden des Maius und dem darauf..folgenden Tag*, somit müssen die die Kandidaturen bekannt gegeben werden bis zu den Kalenden des Maius**. Die Amtseinsetzung kann sodann stattfinden am Tag vor den Nonen des Inius***. Selbstverständli'h so dies in deinem Sinne ist."
    Gracchus konnte sich nicht entsinnen, dass es jemals vorgekommen war, dass ein vernünftiger Imperator eine Wahl hatte untersagt oder verschoben, doch rechtlich war es immerhin möglich - wie einige Usurpatoren durchaus bereits bewiesen hatten.



    Sim-Off:

    * ID MAI DCCCLXVI A.U.C. (15.5.2016/113 n.Chr.) und ANTE DIEM XVII KAL IUN DCCCLXVI A.U.C. (16.5.2016/113 n.Chr.)
    ** KAL MAI DCCCLXVI A.U.C. (1.5.2016/113 n.Chr.)
    *** PRIDIE NON IUN DCCCLXVI A.U.C. (4.6.2016/113 n.Chr.)

    Nach der zeremoniellen Eröffnung der Senatssitzung an diesem Tage wurde erst dies, dann jenes angesprochen und diskutiert - Themen, welche im großen Ganzen der Geschichte zweifelsohne von geringem Belang nur waren, deren Antragsteller indes in den Reihen der Consulare oder Paraetorier zu finden waren, welche darob Vorrang besaßen. In den hinteren Reihen des Senates glaubte Consul Flavius bereits ein erstes Gähnen zu entdecken, ob dessen er froh war, dass das vorige Thema endlich einen Abschluss hatte gefunden. Denn nachfolgend würde er nun Senator Iulius Dives das Rederecht erteilen - und gleich wie dröge dessen Thema auch mochte sein, dies versprach zumindest eine wohl selektierte Ausdrucksweise und elaborierte Rede.
    "Als nächstes auf der Tagesordnung steht ein Antrag des Senator Iulius Dives über den über den Paragraphen 53 des Codex Universalis, genauer über die Öffnung der curulischen Aedilität für Senatoren jegli'hen Standes. Senator Iulius"
    , forderte er jenen auf, das Wort zu ergreifen, und war durchaus gespannt mit welchen Argumenten Iulius die Senatoren von seinem Vorhaben zu überzeugen gedachte.


    Zu Kreon hin trat nun dessen Sohn Haimon, der Verlobte der Antigone. Nachdem jener den Vater seiner Liebe und seines Respektes versichert hatte, verwies jener darauf wie ein vortrefflicher Mann zu sein hatte und dass dieser sich nicht von einer Frau unterwerfen lassen durfte. Haimon jedoch berichtete, dass auch das Volk Antigone bedaure, da sie doch eine rühmliche Tat hatte begangen, und forderte von seinem Vater, seine Meinung zu ändern. Kreon jedoch beharrte auf der Position des Herrschers, welcher alleinig das Recht habe, über Antigone zu richten, welche die Ordnung der Stadt verletzt habe. Ein hitziger Disput entbrannte, in welchem Kreon seinem Sohn vorwarf, sich ihm zu widersetzen und Sklave einer Frau zu sein. Haimon indes konterte, dass Kreon die Stadt nicht alleinig gehöre und er zudem das Recht der Unterweltgötter verletze. Sofern Antigone sterben müsse, wolle auch er selbst sterben. Aufgebracht verließ Haimon die Bühne.

    So verfügte Kreon schlussendlich, Antigone bei lebendigem Leibe in eine Grabkammer zu sperren, so dass sie dort den Hades könne anbeten - den einzigen Gott, welchen sie augenscheinlich verehrte.
    "Dort mag vom Hades, welchen Gott sie einzig ehrt, sie dann Befreiung etwa sich vom Tod erflehn; Vielleicht indessen endlich auch einsehn, bemüht sei immer fruchtlos, wer verehrt, was Hades hält!"


    Während auch Kreon von der Bühne abging, besang der Chor Eros, den Gott der Liebe und des Begehrens, welcher die Sinne der Gerechten verwirre und auch diesen Streit zwischen Vater und Sohn hatte hervorgerufen.

    Zitat

    Original von Aurelia Prisca
    "Oh, natürlich gefällt mir die Aufführung. Mit einem gespielt schmachtenden Blick, lächelte Prisca ihrem Gatten zu: "Es ist eines meiner Lieblingsstücke. Woher wusstest du das?", verpackte sie überflüssig erscheinende Frage in eine nichtssagende Floskel, mit der ihrem Mann augenscheinlich gefallen wollte. Genauso wollte sie natürlich der Öffentlichkeit gefallen, indem sie sich in einer makelosen Gewandung (samt Schmuck und Haarpracht) offenarte. Das schneeweiße Kleid, samt Goldschmuck … schlicht und gleichzeitig in einem solch edlen Stil gehalten, wie ihn selbst eine (reitende) Kaiserin nicht besser hätte treffen können …


    Selbstredend ahnte der Gemahl nichts von den Gedanken seiner Gattin, interpretierte ihr Lächeln darob als aufrichtiges Zeichen ehelich geteilten Vergnügens, welches Gracchus ohnehin im Besuch des Theaters viel eher fand als im heimischen Schlafgemach. Dass auch die Auswahl des Stückes noch dazu gereichte, Prisca zu gefallen war zwar nicht intendiert, doch ein überaus glücklicher Zufall, welchen der Flavier ebenfalls mit einem Lächeln zu seinem Vorteile zu nutzen wusste:
    "Ich bin dein Gemahl, meine Liebe, es ist meine Auf..gabe, dies zu wissen."
    Die Tragödie nahm ihren Lauf und Gracchus wurde in den Bann gezogen von gewaltigen Worten, Anklagen und Klagen. Identifizieren konnte er sich indes mit keiner der Figuren - die Antigone war zweifelsohne viel zu willensstark und gegensätzlich zu Kreon hatten bereits viele Frauen sein Leben bezwungen, so dass höchstens noch die klagende, doch letztlich schwache Ismene blieb. Über diese Überlegung ein wenig unzufrieden raute Gracchus seiner Gemahlin in der kurzen Pause zwischen den Akten zu:
    "Der Chor ist wahrlich wundervoll, findest du nicht auch?"


    DECRETUM CONSULUM


    Wahltermin für die Magistrate der Stadt Rom.


    Die Bestimmungen lauten:
    Der Wahltermin wird festgesetzt auf ID MAI DCCCLXVI A.U.C. (15.5.2016/113 n.Chr.) und ANTE DIEM XVII KAL IUN DCCCLXVI A.U.C. (16.5.2016/113 n.Chr.).


    Kandidaten können ihr Interesse ab sofort und spätestens zum KAL MAI DCCCLXVI A.U.C. (1.5.2016/113 n.Chr.) gegenüber den Consuln erklären, welche die Kandidatenlisten erstellen.


    Die Ernennung der neuen Magistrate erfolgt am PRIDIE NON IUN DCCCLXVI A.U.C. (4.6.2016/113 n.Chr.).




    Flavius Gracchus betrat die Aula Regia und war wieder einmal - auch als Consul noch - beeindruckt von ihrem räumlichen Ausmaß. Insgeheim fragte er sich, ob Aquilius Severus auch ein jedes Mal staunte wenn er diesen Raum durchquerte oder ob ein Kaiser schlichtweg irgendwann die Relation der Dimension verlor.
    "Ave, Imperator Augustus!"
    grüßte er den Kaiser als er endlich die große Halle durchquert hatte und in ausreichender Nähe angelangt war, dass er nicht mehr durch den Raum hindurchrufen musste.

    Mit hinein wollte im Grunde nur der Vilicus Sciurus, respektive musste er seinem Herrn folgen, da jener nicht einmal genau wusste für wann die Wahltermine beschlossen waren und auch zweifelsohne die Hälfte in dieser Audienz womöglich gefassten Beschlüsse zum Abend hin bereits wieder vergessen hätte. Da Gracchus sich dessen durchaus bewusst war, wartete er kurz auf Sciurus, ehedem er dem kaiserlichen Diener mochte folgen.


    Der Wächter betrat wieder die Bühne, ebenso die Antigone, welche er mit seinem Schwerte voran trieb.
    "Die war es, diese, jener Tat Verüberin. Die ward ertappt am Grabe. Doch wo blieb der Fürst?"


    Von der anderen Seite her trat Kreon auf und wies den Soldaten mit einem ungeduldigen Wink der Hand unterstrichen an zu berichten. Der Wächter schilderte darauf hin - ein wenig gefestigter diesmalig als beim überbringen der Botschaft - wie Antigone am Grab des Polyneikes gefasst worden war als sie eben dabei war, die Leiche mit Staub zu bedecken und den Toten zu beklagen. Ohne Zögern, überzeugt von ihrer rechtmäßigen Handlung, bestätigte Antigone dies und gestand somit die Tat, berief sich dabei auf die Gesetze der Götter. Denn die Unterweltgötter verlangten eine Bestattung in Hinblick auf die Taten, welche im Leben begangen worden waren. Und auch alle Bewohner der Stadt Theben sähen dies so, doch niemand wagte es noch zu äußern im Angesicht der Drohungen Kreons. Gleichwohl sorgte sie sich nicht um ihr eigenes Ende, mochte ihr Tod ohnehin nur ein Leben voller Leid beenden.


    Kreon wies ihre Sturheit und ihren Starrsinn zurück, gleichwohl wollte er sich niemals beherrschen lassen von einer Frau. "Hinabgesendet liebe, wenn du lieben mußt, Die dort. Im Leben aber zwingt mich nie ein Weib!"


    Ismene eilte nun ebenfalls in die Szene, ihr klagendes Antlitz noch immer mehr als passend, und auf die zornigen Fragen des Kreon ob ihrer Kenntnis oder gar Mitschuld suchte sie die Tat einzig auf sich zu nehmen. Antigone indes wies schroff ihr Geständnis ab, wollte weder ihr das Recht an einer nicht begangenen Tat zugestehen, noch sie im Tode sehen. Auch alles Flehen der Ismene an Kreon war vergebens, letztlich ließ der Herrscher beide Frauen abführen.


    Während Kreon in Starre verharrte, besang der Chor das Los und Leid des Geschlechtes der Labdakiden.


    Auf die Bühne trat nun ein Mann in prächtigem Gewand, seine Maske von einem krausen Bart geziert, auf seinem Haupt ein goldfarbener Lorbeerkranz - Kreon, Bruder der Iokaste und Onkel der Antigone und ihrer Geschwister. Mit gewaltigen Worten erklärte er vor den Zuschauern sich zum neuen Herrscher der Stadt Theben, berief sich auf seine Verwandtschaft zu Ödipus und seinen Söhnen. Gleichsam elaborierte er sein Verbot den Polyneikes zu bestatten, welcher ihm doch als Vaterlandsverräter galt.
    "Polyneikes aber, seinen Mitgebornen, der die Vaterlandschaft und die Landschutzgötter selbst, von seinem Bann heimkehrend, wollt in Feuerglut von Grund heraus wegsengen, wollt am Blute sich der Seinen sättgen, euch in Knechtschaftsbande ziehn, den solle niemand, wie der Heroldsruf gebot, mit Grabbestattung ehren noch mit Klageruf!"
    Der Chorführer zu Füßen der Bühne - das Volk von Theben repräsentierend - anerkannte die Herrschaft, wie die Weisung, verneigte sich zum Zeichen seines Einverständnisses, welchem der übrige Chor folgte.


    Just in diesem Augenblicke indes erstürmte ein Soldat aufgeregt die Bühne, berichtete eilig und unter der Befürchtung einer Strafe allein für das Überbringen der Nachricht, dass Kreons Verbot übertreten worden sei und die Leiche vor der Stadt heimlich mit Staub bedeckt worden war. Zornig vermutete der Herrscher, dass diese Schandtat nur für Münzen konnte begangen worden sein, und drohte den Wächtern mit ihrem eigenen Tode, so sie den Schuldigen nicht würden auffinden. In gegengesetzte Richtungen verließen beide die Bühne.


    Der Chor besang zum Abschluss der Szene die außerordentlichen Taten des Menschen - Seefahrt und Landwirtschaft, Vogel- und Fischfang, und Viehzucht; das Denken, die Sprache und Staatenlenken; Heiler schwerer Krankheiten, Erfinder von Gutem und Schlechtem, Bewahrer von geschaffenen Gesetzen und von den Göttern gegebenen Rechten.

    Faustus Decimus Serapio, Casa Decima


    Teuerster Faustus,


    Wie geht es dir? Ich hoffe sehr, du befindest dich wohl und dein neues Amt gereicht dazu, dich in gleicher Weise auszufüllen wie es dies zuvor schon einmal getan hat.


    Gleichwohl hoffe ich, dass dir ebenso Zeit bleibt, dich den angenehmen Pflichten eines römischen Bürgers zu widmen, von welchen ich dir am heutigen Tage eine möchte antragen. Allfällig hast du Kenntnis von jener Rede vor dem Senat, mit welcher ich mich zur Konsulatswahl gestellt habe und in welcher ich einen rhetorischen Wettstreit ankündigte, um die jungen Männer Roms anzuspornen, ihren Geist und ihre Kunstfertigkeit gegeneinander zu messen.


    Dieser rhetorische Wettstreit ist nun nicht mehr allzu fern, einige fiktive Gerichtsfälle basierend auf historischem Mythos wurden erdacht, in welchen die Kandidaten die Rolle der Verteidigung der Angeklagten übernehmen werden. Als Iudex Prior werde ich selbst dem Iudicium Rhetoricum vorsitzen, gleichwohl bedarf es zwei weiterer Iudices, um ein ausgewogenes Urteil zu fällen.


    Es wäre mir eine überaus große Freue, dich zu einem dieser Iudices denomminieren zu dürfen, denn wer könnte besser über die Kunst richten als ein Künstler selbst?


    Lasse mich wissen, ob du die Muse und Zeit dafür finden wirst.


    Vale bene!



    Ad Administratio Imperatoris, Palatium Augusti


    M' Flavius Gracchus Consul s.d.


    Um über die gegenwärtige Amtszeit zu sprechen und die Termine zur Wahl des nächsten Cursus Honorum verifizieren zu lassen, bitte ich um eine Audienz beim Imperator Caesar Augustus.


    Gerade war der erste Satz der Darbringungsformel über Gracchus' Lippen gedrungen - noch ohne dass der Name eines Gottes genannt worden war - als mit einem Male die kultische Ruhe des Opfers wahrhaftig ins Gegenteil wurde verkehrt. Unter der Stoffbahn der Toga, welche wie üblich während des Ritus über seinen Kopf gelegt war, nahm der Pontifex zwar das Krachen eines Gefäßes wahr, entschied jedoch am Rande seines Bewusstseins in der Konzentration seiner Aufgabe gefangen dies zu ignorieren, denn zweifelsohne hatte einer der Kulthelfer im Hintergrund nur einen Krug fallen lassen. Das Kreischen indes, welches im nächsten Augenblicke sich aus den vorderen Reihen erhob als eine ehrbare Matrone erfasste, was genau über den Boden auf sie zukam, brachte ihn gänzlich aus dem Konzept. Weitere entsetzte Aufschreie und Rufe ertönten aus den Zuschauerreihen während einige der Liktoren, welche den Consuln zustanden, sich in Bewegung setzten, einer darunter lauthals brüllte
    "Da vorne läuft sie, ihr nach!"
    Das Rind vor Gracchus begann nervös zu schnauben, was den Flavier instinktiv zurückweichen ließ, was indes von anderer Seite mit einem barschen
    "Nicht bewegen!"
    durch den Victimarius beantwortet wurde, der für das Tier verantwortlich war und nun näher an das Rind heran trat, um es zu beruhigen. Irritiert suchte Gracchus nun zu erfassen, was um ihn her geschah, bedauerte dies jedoch bereits im nächsten Augenblick als er sich der Nattern gewahr wurde, welche hektisch um seine Füße sich schlängelten. Ohne bewusstes Zutun folgte er der Weisung des Victimarius, war er doch wie erstarrt in Furcht vor den Schlangen auch nur einen Digitus sich zu regen.

    Gemeinsam mit dem Quindecimvir Renius Buteo war Gracchus ein wenig vor dem Circus Maximus umhergeschlendert, währenddessen sie sich über dies und das hatten unterhalten - Belange des Cultus Deorum, der Politik oder des Stadtgeschehens. Allmählich indes wurde die Zeit dem Pontifex zu lange, insbesondere da der Renier nun begann sich in die Gefilde von Klatsch und Tratsch zu begeben, was dem Flavier ein regelrechtes Greuel war. Er beschloss darob gänzlich unverfänglich einmal nachzusehen, wie weit Decimus Casca mit seinen Nachforschungen gekommen war. Die Liktoren blieben vorerst weiterhin außerhalb des Tempels während Gracchus und Buteo die Stufen empor und sodann in das halb schummrige, halb von Flammen erleuchtete Innere der cella hinein traten. Casca stand mit einem Mann - zweifelsohne der Aedituus Tantasius Crixus - ein wenig Abseits des Altars und der großen Statue des Mercurius, so dass die beiden Kultmänner durch den Raum gehen konnten ohne dass Crixus sie direkt ansehen musste. Während Renius näher an den Altar hintrat, blieb Gracchus stehen und suchte den Blick des Decimus - von Außen besehen mochte dies durchaus gänzlich harmlos erscheinen, so als würde der Pontifex schlichtweg seinen Blick durch den Raum schweifen lassen und das Geschehen dort in Augenschein nehmen.

    Die Augusta wirkte ein wenig nervös, bekräftigte diesen Eindruck schlussendlich durch ihre Bitte nach Verschwiegenheit. Schweigend und aufmerksam ließ Gracchus ihre Worte in sich einsinken, welche allfällig zu erwarten waren gewesen, für ihn jedoch gänzlich unerwartet kamen - die Welt des Kinderkriegens war nun einmal jene der Frauen, welchen in der Welt des Flaviers zweifelsohne auch in den meisten Fällen das Verschulden zuzurechnen war, wenn ein ehrbarer Mann kinderlos blieb.
    "Du kannst dich auf meine Diskretion verlassen, Augusta"
    , bekräftigte der Pontifex zuvörderst sein Stillschweigen außerhalb ihrer Gesellschaft.
    "Darüberhinaus ist es mir nicht nur Pfli'ht, sondern eine ebenso große Ehre, dir bei einem solchen Opfer zu sekundieren."
    Im Falle einer normalen Frau wäre es zweifelsohne nicht vonnöten, einen Pontifex in ein solches Unterfangen zu involvieren, in diesem speziellen Falle indes war es immerhin eine Art Staatsangelegenheit, was Gracchus zu einer weiteren Überlegung führte.
    "Gleichwohl bitte ich dich zu bedenken, dass die göttlichen Prinzipien - ihr Wohlwollen oder ihre Ablehnung - in diesem Falle nicht nur dein eigenes Los an..belangen, sondern im Grunde genommen das der ganzen Welt."
    Einen Augenblick lang sann Gracchus darüber nach, ob Aquilius seine Gemahlin wohl gefragt hatte, ob sie Kaiserin werden wollte, fragte sich ob er selbst wohl Antonias Einverständnis - so sie noch gelebt hätte - oder Priscas - so sie bereits verheiratet wären gewesen - vor der Wahl hätte eingeholt, verwarf dies jedoch sogleich, da weder an Antonias, noch Priscas Einverständnis kaum wohl Zweifel hätte bestanden. Und auch Veturia war, wenn auch noch recht jung, sicherlich von ebensolch unzweifelhaftem Charakter.
    "Das Opfer eines einzelnen Menschen beeinflusst für gewöhnlich das Wirken der göttli'hen Prinzipien in einem definierten Umfeld, zumeist seinem eigenen Leben. Je mehr Menschen beteiligt sind, desto größer wird der Wirkungskreis eines Opfers, ebenso wie er extendiert je mehr Menschen im einzelnen für eine An..gelegenheit ihr Opfer bringen."
    Er blickte sie überaus ernst an.
    "Du bist nicht mehr nur Veturia Serena, die mit ihrem Opfer ihr eigenes Umfeld formt - du bist die Augusta. Einerseits bringen jeden Tag an irgend einem Ort im Imperium hunderte, allfällig tausende von Bürgerinnen und Bürgern deiner Iuno und dem Genius des Augustus ein Opfer, bitten die Götter um Wohlwollen, be..einflussen und gestalten damit das Wirken der göttlichen Prinzipien um euch. Andererseits bitten wohl noch mehr Bürger jeden Tag um Frieden und Prosperität unseres Reiches, und da dein Leben und das des Augustus untrennbar damit verbunden sind, greift auch dies wiederum in euer Umfeld ein. Die göttli'hen Prinzipien, die Götter so du es möchtest, inkludieren all diese im Zweifelsfalle divergenten Wünsche in sich und werden so dein Los in die eine oder andere Richtung neigen."
    Einen kurzen Augenblick ließ der Pontifex der Augusta, dies alles in sich aufzunehmen, ehedem er auf die Konsequenz zu sprechen kam, welche daraus erwuchs.
    "Das Kind, das du Aquilius schenken möchtest, kann Roms Zukunft, aber auch Roms Schrecken sein. Es ist somit durchaus erdenkli'h, dass dein Opfer, - dein Wunsch - dem vieler Römer entgegen steht, und die Götter darob entscheiden, es nicht in jener Weise zu retournieren wie du dir dies erhoffst."
    Auch wenn dies ein Staatsopfer würde sein, Gracchus war nicht gewillt sie im Falle eines Falles über die Zeichen der Götter zu belügen, ob dessen es besser war, sie auf diesen Falle vorzubereiten. Gleichwohl suchte er mit einem schmalen Lächeln diese ein wenig düstere, möglichen Version der Zukunft, welche letztlich doch nur eine von vielen war, hinfort zu wischen.
    "Dennoch soll dies dich selbst..redend nicht davon abbringen, in erster Linie dein Opfer darzubringen. Wenn du es wünschst, so werde ich veranlassen dass der Tempel der Iuno Lucina auf dem Esquilin für einige Stunden für die Öffentli'hkeit geschlossen wird, so dass du gänzlich ungestört sein kannst."
    Da das Heiligtum von einem kleinen Hain umgeben war, würde selbst das blutige Opfer einigermaßen unbeobachtet vonstatten gehen können.


    Nach dem Opfer kehrte der Schauspieler in der weißfarbenen Kutte auf die Bühne zurück, begann ein wenig auf und ab zu wandern, immer wieder kurz pausierend und die Einleitung des Stückes dabei vortragend.
    "Werte Zuschauer! Sicherlich kennt ihr alle die Geschichte, wie es überhaupt erst zum Beginn dieser Tragödie kommen konnte. Seit drei Generationen schon hängt das Unheil über dem Herrschergeschlecht von Theben, dem Hause der Labdakiden - seitdem König Laios verflucht worden war, seinen Sohn Oedipus darob ausgesetzt hatte, um dem Unheil zu entgehen, doch damit noch größeres Unheil über sich brachte! Denn Oedipus erschlug nicht nur seinen Vater, sondern heiratete unwissentlich seine Mutter Iokaste und zeugte mit ihr vier Kinder, die ebenso seine eigenen Geschwister waren: Antigone und Ismene, Eteokles und Polyneikes. Nach Oedipus' Tod sollen seine Söhne abwechselnd die Herrschaft innehaben, doch sind sie darüber zu Feinden geworden und Polyneikes wird in die Verbannung geschickt. Nach langem Kriege töten die beiden Brüder sich schlussendlich gegenseitig vor den Toren Thebens, und als nächstem Verwandtem fällt ihrem Onkel - Kreon, dem Bruder ihrer Mutter - die Herrschaft zu. Den Sitten folgend wird Eteokles bestattet, dem Polyneikes jedoch - dem Feind der Stadt wird dies durch Kreon verwehrt. Sein Leichnam bleibt vor den Toren der Stadt liegen, so dass ihm auch der Einzug in das Totenreich verwehrt bleibt, und unter Androhung einer Steinigung ist es jedem Menschen verboten, seinen Leib zu bestatten."
    Er tritt ein wenig zu Seite ab. "Hier nun nimmt die nächste Tragödie ihren Anfang, mit einem Gespräch unter Schwestern - Antigone und Ismene ..."


    Zwei Frauengestalten in Kleidern nach hellenischem Stil, ebenso die Haare der Masken, betraten nun die Bühne. Dem tönernen Antlitz der Ismene war ein Ausdruck von Trauer anzusehen, dem der Antigone indes ein Hauch von Entschlossenheit. Auch in ihren Stimmen war dies zu vernehmen als ihr Dialog begann und Antigone der Schwester wie den Zuschauern von Kreons Verbot berichtete, den Bruder zu bestatten. Gleichwohl tat sie ihren festen Willen kund, im Angesicht der Strafe dies dennoch zu tun, wobei sie die Hilfe der Schwester erbat. Doch Ismene zögerte, verwies auf ihre Aufgabe als Frau, welche nicht sei sich den Männern zu widersetzen und verwehrte ihr Zutun zu dieser Straftat, auf welche doch die Steinigung drohte.


    Antigone indes stellte die Gesetze der Götter - eben jenes der Unterweltgötter, welches gebot, einen Leichnam zu bestatten - über weltliche Pflicht und Anordnung, versuchte jedoch nicht ihre Schwester umzustimmen. Sie selbst freue sich bereits darauf, nach der Tat zu sterben und so mit ihrem Bruder auf ewig zusammen zu sein. Auch den Wunsch Ismenes, die Tat doch zumindest heimlich zu begehen wies sie mit abwehrender Geste zurück. So traten zuletzt die Schwestern in gegensätzliche Richtungen von der Bühne ab, die Gegensätze ihrer Ansichten widerspiegelnd - Ismene des Ansinnens unverständig, Antigone entschlossen zu ihrer Tat.

    Der flavische Consul war selbstredend bei dieser Vorführung anwesend, saß in der vorderen Reihe auf einem flauschigen Hirschfell und nippte an einem Becher warmen Würzwein. Neben Gracchus saß seine Gemahlin Prisca, welche dem Ereignis ebenso wenig konnte fernbleiben wie er selbst, denn gerade bei solch repräsentativen Anlässen war die Frau an seiner Seite schlichtweg obligatorisch.
    "Ich hoffe sehr, die Aufführung wird dir gefallen"
    , raunte er in der kurzen Pause nach dem Opfer ihr zu, in einem Tonfall als wäre dies der vorrangige Zweck des Tages - seiner Gemahlin zu gefallen. Seit dem Tag der Eheschließung lebten sie mehr nebeneinander denn miteinander, teilten zwar regelmäßig die abendliche Cena, doch nicht ein einziges Mal seitdem das eheliche Bett. In der Öffentlichkeit indes konnte diesem separierten Leben keine Präsenz zukommen, so dass Gracchus stets bemüht war Prisca zu diesen Gelegenheiten jene Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, welche er ihr sonstig seinem Naturell folgend verwehrte.