Die (noch) ahnungslose Gattin saß, wie meist zu jener Stunde, mit einigen Rechnungen in der Hand in ihrem bequemsten Korbstuhl. Ihr Aussehen ließ sich allgemein am ehesten mit ‚leger‘ beschreiben, erwartete sie doch zu dieser Zeit keinen Besuch mehr, am allerwenigsten ihren Gatten. Diese Hoffnung hatte sie vor einigen Wochen endgültig aufgegeben.
So hob sie auch kaum den Kopf, als ein Klopfen an ihre Ohren drang. Einer der Sklaven, vermutlich.
Hätte sie gewusst, wer vor der Türe auf Einlass wartete, sie wäre in blanke Panik ausgebrochen. So sollte Gracchus sie wahrlich nicht sehen: Aufgelöstes, teils schon zerstrubbeltes Haar, eine nicht besonders kleidsame Tunika, welche allerdings den unschätzbaren Wert eines hohen Tragekomforts hatte, ein Paar beiger Socken über den Füßen und die Füße selbst auf einem Hocker liegend. Allein ihre Körperhaltung hätte ihre Lehrer in den Freitod getrieben. Von der stolzen, aufrechten Sitzposition, die sie sonst einzunehmen pflegte keine Spur. Stattdessen lag sie mehr auf dem Sessel, als dass sie saß. Kurzum, Antonia lümmelte herum.
„Herein.“, rief sie und wandte den Blick wieder ihrer Lektüre zu.
Beiträge von Claudia Antonia
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Original von Manius Flavius Gracchus
Ihr Herz schlug bis zum Hals, als sie die Bewegungen ihres Gatten beobachtete. Nichts entging ihr, kein noch so kurzes Zucken, kein Weiten der Pupillen – so mussten Götter sehen. Iris vielleicht. Oder Argus.
Das Zittern der eigenen Hände suchte sie indes zu verbergen, indem sie eben jene faltete und so zur Ruhe zwang. Auf nichts hatte sie mehr gewartet, als seine Reaktion auf ihr Geschenk zu sehen, hoffte auf etwas wie Freude, Anerkennung für ein glückliches Händchen oder auch nur ein ehrliches Lächeln, welches das gekünstelte, geschauspielerte für wenige Sekunden ablösen würde. Sie gierte danach, wie ein Verdurstender in der Wüste nach Wasser.
Ein erstes ‚Danke‘ entschlüpfte seiner Kehle, doch reagierte Antonia nicht darauf, zu sehr war sie damit beschäftigt, ihm zuzusehen.
Er las. Langsam, quälend langsam, suchten seine Augen ihren Weg über die Zeilen. Gespannt öffnete die Claudia ihre Lippen einen Spalt, um die mit einem Mal sehr stickig gewordene Luft des Atriums einzusaugen. Er erkannte den Autor. Sie sah es, sie wusste es. Und ihre Hände drückten sich so fest aneinander, dass die ohnehin schon blasse Haut um ihre Knöchel schneeweiß wurde. Er sah auf – und blickte in ein hoffnungsvolles Gesicht, feucht glänzende Augen, die wissbegierig seinen Blick suchten.
‚Danke‘, sagte er. Erneut ein ‚Danke‘, nichts weiter. Der Glanz in ihren Augen verschwand, Enttäuschung machte sich breit. Es war das Falsche. Das falsche Geschenk, der falsche Autor, die falsche Schenkerin. Woran auch immer es liegen mochte, es war falsch, sie bemerkte es an seiner Reaktion. Die Hände glitten auseinander und suchten sich ihren angestammten Platz an Antonias rechter und linker Seite. Es war falsch. Nichts, gar nichts, schien sie richtig machen zu können, wenn es um ihren Gatten ging. Sogar ihrem Blick wich er nun aus, ertrug wohl nicht länger, der Person, welche er zu heiraten genötigt worden war, in die Augen zu blicken. Sie konnte es ihm nicht verdenken und senkte, um Fassung ringend, den Kopf. Erst, als er sich erneut wortreich an sie wandte, wortreich wie gewohnt, nicht sprachlos vor Bestürzung über seine unfähige Gemahlin, ist die Claudia fähig, wieder den Kopf emporzuheben.
Lügner.
Sie denkt es nur, spricht es nicht aus.
Lügner.
Jedes Wort, jedes Kompliment, das er ihr machte, war eine Lüge. Sie wusste es. Nicht annähernd so perfekt wie sein Geschenk sah sie selbst aus, auch das wusste sie. Nichts, das sie bereits besaß würde dem gleich kommen. Er war perfekt und sie war eine Närrin zu glauben, auch nur ansatzweise an seine Vollkommenheit heranzukommen.
Lügner.
Ein tiefer Luftzug war nötig, ehe sie eine eiskalte Hand, die das Zittern aufgegeben hatte, ausstreckte, um das Kästchen entgegen zu nehmen. Die zweite folgte, um den Deckel zu öffnen.
Wie festgefroren musste sie auf Umstehende wirken, denn sie starrte regungslos auf den Inhalt des Kastens. Wäre sie nicht so an das Atmen gewohnt gewesen, sie hätte es wohl vergessen. Sie wollte etwas sagen, fand jedoch weder die rechten Worte, noch ihre Stimme in jenem Moment. Stattdessen fuhr sie langsam, sacht und vorsichtig über das kunstvoll gearbeitete Geschmeide.
Und sie hatte recht behalten. Sie besaß nichts, was es mit jener Kette hätte aufnehmen können. Nichts glänzte so, nichts hatte derartig wundervolle Edelsteine, nichts zog den Blick derartig auf sich.
„Ich..“ , wählte sie, ungewollt und unbewusst den gleichen Anfang wie Gracchus zuvor. „Danke.“
Endlich glaubte sie sich im Stande dazu, seinen Blick wieder zu ertragen und riss den Blick von ihrem Geschenk los.
„Danke. -
"Ooooh, du vertraust meinem Urteil so wenig, dass du mir nicht glauben würdest, dass du in einer solchen Toga formidabel aussehen würdest?"
Niemand konnte ein so enttäuschtes Gesicht aufsetzen, wie eine Claudia. Eventuell hätte eine Fünfjährige, die nicht die gewünschte Puppe zu den Saturnalien bekommen hatte, es noch damit aufnehmen können.
"Ich muss sagen, ich bin maßlos erschüttert."
Ein theatralischer Seufzer war krönender Abschluss dieser Privatvorstellung.Auf die Frage, ob Cartix etwas haben könnte, das ihr gefiele, lächelte Antonia lediglich geheimnisvoll. Es war so gut wie unmöglich, dass er etwas hatte, das ihr nicht gefiel.
“Ich denke.. das wird kein Problem werden. Auf dem Weg dorthin kann ich dir ja ein wenig darüber erzählen.“
Es klang wie eine Drohung und war dennoch nicht als solche gemeint. Unglücklicherweise hatte Antonia nicht das Talent, sich in andere Menschen hinein zu fühlen. Ein wenig vertieft in Gedanken bemerkte sie so auch zunächst Aquilius‘ Blick nicht. Und als sie es tat, erwiderte sie ihn stumm und ausdruckslos. Lediglich eine Art Funkel in den Augen des Flaviers verunsicherte sie ein wenig. Es war ihr fremd, jenes Feuer, das in ihm zu lodern schien. Bei ihrem Gatten hatte sie es noch nie gesehen und andere Männer waren ihr nie so Nahe gekommen, dass sie jene Begierde hätte entdecken können. Und trotz eines mulmigen Gefühls senkte sie die Augen nicht verschämt nach unten. -
Einen Moment lang verfiel Antonia in die Vorstellung, Aquilius eine Toga aus eben jenem Seidenstoff tragen zu sehen. Die natürliche Folge dessen war ein schelmisches Schmunzeln, welches sie hinter vorgehaltener Hand zu verbergen suchte.
"Oh, du kannst doch alles tragen, Aquilius.", erwiderte sie glucksend.Mit Schmuck konnte man die Claudia natürlich locken. Ebenso wie mit Schuhen, Kleidern..
"Das halte ich für eine hervorragende Idee."
Der einzige, den diese Idee nicht allzu sehr zu begeistern schien, war der Händler, der seinen neuen Lieblingskunden ein wenig nachzutrauern schien, als diese seinen Laden verließen.
"Hast du einen bestimmten im Sinn? Ich hörte Cartix, dieser berühmte Gallier, hätte eine neue Kollektion. Oder Guccius? Oder hast du am Ende eine Neuentdeckung gemacht?"
Inzwischen hatte sich Antonia erneut beim Vetter ihres Gatten untergehakt und schlenderte gemütlich in die erstbeste Richtung davon. Selbstverständlich stets gefolgt von der Sklavenschar, welche die Hoffnung auf einen entspannten Nachmittag längst aufgegeben hatte. -
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Original von Decima Lucilla
Zustimmend nickte Antonia.
"Zeiteinteilung.", bestätigte sie noch einmal, im Urton der Überzeugung.
Lucillas Schweigen verunsicherte die Claudia jedoch erneut. Ob sie bemerkt hatte, dass sie sich diesen Unsinn aus den Fingern gesaugt hatte? Sicher hatte Lucilla noch immer Kontakte zur Acta und in der nächste Ausgabe würde die Schlagzeile 'Vollkommen verrückte Patrizierinnen und ihre Ehetipps' lauten.
So begann sie, nervös auf der Unterlippe herumzukauen, bis die Decima endlich erneut das Wort ergreift.
"Wie? Oh.. "
Auch sie lenkte ihren Blick zur Arena, kann jedoch keine größere Gladiatorenbewegung erkennen. Da wurde ihr jedoch bereits eine Süßigkeit in die Hand gedrückt. Indigniert betrachtete sie die Kalorienbombe. Wenn sie die aß, würde sie den Rest des Tages fasten müssen.. vielleicht auch noch den nächsten. Doch die Leckerei sieht so verlockend aus, dass Antonia nicht widerstehen kann und abbiss.
'Schnapp dir ein Snickers', schoss es ihr durch den Kopf. So schnell wie er gekommen war, verschwand der Geistesblitz allerdings auch wieder und ließ Verwirrung im patrizischen Kopf zurück.
"Danke.. sehr lecker.", lobte sie schließlich, "Wie nennt sich das?"
Interessiert betrachtete sie die Stange von allen Seiten. -
Nicht zu früh und nicht zu spät, sondern genau zu eben jener Zeit, die sie dafür vorgesehen hatte, betritt Antonia ebenfalls das Atrium. Vor der letzten Saturnalienfeier konnte sie sich drücken, hatte Unwohlsein vorgeschoben, doch dieses Mal wollte sie dabei sein. Und sei es nur, um ihrem Gatten ihren guten Willen zu demonstrieren.
Dem anderen Grund, Aquilius, nickte sie, nachdem sie ihn entdeckt hatte freundlich zu und deutete mit ausholender Geste an sich hinab. Der Händler hatte den Tuchballen aus erlesener Seide geliefert und die Claudia hatte sich ein Kleidungsstück daraus anfertigen lassen. Verschmitzt lächelnd zwinkerte sie dem Flavius zu - eindeutiges Zeichen dafür, dass sie sich bereits ein oder zwei Becher Wein zur Auflockerung genehmigt hatte - und ging weiter durch den Raum, zielstrebig auf Gracchus zu. Die meisten anderen Anwesenden kannte sie ohnehin nicht, schenkte aber dennoch jedem ein aufmerksames Nicken.
"Io Saturnalia.", grüßte sie mit festgetackertem Lächeln und zog eine Schriftrolle hervor, welche sie ihrem Gatten überreichte. Wie sich herausgestellt hatte, erwies sich ihr britannischer Sklave als hilfreicher als zunächst gedacht, schien er doch Augen und Ohren überall im flavischen Haushalt zu haben. So erfuhr Antonia durch ihn für Gracchus Passion für Originalausgaben der großen Schriftsteller - und schickte eben jenen Sklaven umgehend los, eine zu besorgen. Das Ergebnis dieser Bemühungen hielt ihr Gatte nun in Händen. -
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Original von Decima Lucilla
Ein säuerliches Lächeln erschien auf Antonias Lippen. Lucilla Vorschläge klingen gut, keine Frage, doch nichts davon konnte sie sich nicht auch selbst kaufen. Von diesem Standpunkt aus war ihr Gatte wirklich traumhaft – in ihre exzessiven Kaufausflüge mischte er sich nicht ein. Noch nie hieß es ‚Bist du wahnsinnig? Das brauchst du doch überhaupt nicht‘ – obwohl es bei dem ein oder anderen Objekt sicherlich der Wahrheit entsprochen hätte. Was den Ausflug nach Baiae anging, so war sich die Claudia nicht sicher, ob sie um so etwas wetten sollte. Dass Gracchus nur ungern in ihrer Nähe war, wusste sie. Ob es da klug war, ihn quasi an ihre Seite zu zwingen? Andererseits…
„Nunja, vielleicht fällt mir ja doch noch etwas ein.“, meinte sie und grinste schief. Da ihr Gemahl jedoch gerade mit Senator Purgitius und Aquilius beschäftigt war, verschob sie das auf später. „Was die Wahl des Gladiators angeht, werde ich mich dann an dich wenden.“
Selbst ein flüchtiger Beobachter konnte nun ein amüsiertes Zucken um Antonias Mundwinkel feststellen. Angesichts des Ortes und der Zeit schon ein regelrechter Gefühlsausbruch der Patrizierin.Als die Sprache jedoch auf das Kinderkriegen kommt, wurden ihre Augen groß und der Mund schmal. Dieses Thema verfolgte sie. Warum strafte Iuno sie nur so? Genügte es nicht, dass sie kinderlos war, musste sie sich nun auch noch verhöhnen lassen? Sicher war doch überall bekannt, dass sie noch keinen Erben zur Welt gebracht hatte.
„Ich.. also.. “
Verlegen blinzelte sie, suchte nach einem Ausweg aus dem unangenehmen Thema, doch in ihrem Kopf drehte sich plötzlich alles um Erben, Nachwuchs, und Ähnliches.
„Eigentlich.. ist das bei uns kein Problem.“, erwiderte sie. Und es war nicht einmal gelogen, wie sie mit Galgenhumor feststellte.
„Weißt du, es ist ein ganz einfaches Prinzip – eine Art Zeiteinteilung.“
Dass die Zeiteinteilung beinhaltete Arbeiten - ja, Kinder zeugen - nein, ließ Antonia unausgesprochen. Die Decima schien ihr zu gesprächig, als dass sie ihr derlei Dinge auf die Nase band. Ganz abgesehen davon, dass sie zwar eine Senatorengattin, aber dennoch eine Decima war. Von jemandem, der aus einer Familie stammte, die sich mit einer Geschwindigkeit vermehrte, die lediglich von Kaninchen übertroffen wurde, erwartete sie kein Verständnis für ihr Problem. -
Antonia kannte diese Kopfbewegung. Sie bedeutete entweder drohendes Unheil oder hohen Geldverlust – beides meist durch denjenigen verursacht, der den Kopf bewegte. So lehnte sie sich stirnrunzelnd zurück, legte beide Arme je auf einer Stuhllehne ab und presste die Fingerspitzen aneinander. Musste oder vielmehr, sollte sie wirklich noch mehr über sich und den Herrn, um den sich das Gespräch drehte, preisgeben? Hatte sie denn eine Wahl?
“Ein Mann der Götter.“, sagte sie schließlich, die Lippen schürzend. “Ein Senator.“
Die Reaktion der jungen Frau genau beobachtend, entging Antonia zunächst das leise Klopfen an ihrer Türe. Erst, als Pallas Anstalten machte, sie zu öffnen, riss sich ihr Blick von Sophrona los.
“Was?“, zischte sie, an ihren Sklaven gewandt, welcher stumm auf die Tür deutete.
Sie schluckte hart. Das würde doch nicht am Ende Gracchus sein? Panisch umfasste sie die Lehnen fester, sah im Bruchteil einer Sekunde zwischen den Anwesenden und der Tür hin und her. Sophrona schien das ganze zu belustigen, ihrem Sklaven war nicht anzusehen, was er dachte.
“Na gut. Geh hin. Und wer auch immer dort steht, soll wieder verschwinden – und wenn es Pluto persönlich ist."
Der Sklave gehorchte und somit wandte sich die Patrizierin wieder ihrem ‚Gast’ zu. -
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Original von Decima Lucilla
Während Lucilla ihren Gatten studierte, tat Antonia selbiges mit dem Geschehen in der Arena. Tierhatzen konnte sie nichts abgewinnen. Nicht, dass ihr die Tiere leid getan hätten, nein, sie fand es nur ein wenig uninteressant zuzusehen, wie sie hintereinander her und voreinander weg rannten. Doch auch als eine erneute Flut an Worten und Erklärungen folgte, wendete sie den Blick nicht ab.
“Nun“, erwiderte sie mit schmallippigem Lächeln, “Ich kann ja nun damit anfangen, die Karrieren zu verfolgen.“
Zeit genug hatte sie wahrlich. Zumindest solange ihr Gatte sich nicht eines besseren besann und sich an seine ehelichen Pflichten erinnerte. Umgehend traf ihn ein vorwurfsvoller Blick, der, wie die Claudia nur zu gut wusste, sicher ohnehin nicht bemerkt werden würde.
“Wetten? Ich?“
Jetzt wandte sie doch den Kopf zur Decima um und zog die Augenbrauen hoch.
“Nein, da ich bisher nicht allzu oft Gladiatorenkämpfen beigewohnt habe, habe ich auch noch nicht gewettet…“
Der pragmatisch veranlagte Teil in ihr, welcher eine enorm große Masse ihres Seins bildete (abgesehen von den üblichen patrizischen Neurosen und Psychosen, die einen ungleich größeren Teil einnahmen), glaubte ohnehin nicht daran, dass sie so viel Glück haben könnte, jemals auch nur irgendetwas zu gewinnen. Der Hinweis, dass das Ganze ohne Wetten jedoch langweilig wäre, ließ sie diese Einstellung schließlich überdenken.
Möglichst unauffällig wanderten ihre Augen erneut zu Gracchus. Wetten? Mit ihm. Um was denn?
“Alles was ich will…“, wiederholte sie leise Lucillas Satz. Nein, unmöglich. Um so etwas konnte sie doch nicht wetten. “Aber.. ich wüsste gar nicht, um was ich mit ihm wetten sollte.“
Bislang hatte Antonia sich so gut es nur ging von Plebejern fern gehalten. Nun bemerkte sie, dass diese Leutchen mitunter ganz nützlich sein konnten.. ähnlich wie Sklaven, nur sturer, dickköpfiger, uneinsichtiger.. Plebejer eben. Nichtsdestotrotz musste sie sich erst noch an diese offene, freundliche.. wortintensive Art der Decima gewöhnen.Eine kurze Zeit der Stille folgte – so still es in einem Amphitheater mit tausenden von Menschen nun mal sein kann – und die Claudia begann bereits sich zu wundern. Musste sie das Bild von ihrer Nachbarin doch noch einmal revidieren? Doch glücklicherweise ergriff diese erneut das Wort.
Besorgt sah sie auf ihr Kleid und schließlich auf ihre Schuhe. Sollte das eine Anspielung sein? Antonia konnte keinen Farb-Fauxpas erkennen und so schüttelte sie leicht den Kopf.
„Wie kam es dazu, dass du den Posten bei der Acta aufgegeben hast?“
Ein vorwurfsvoller Blick trifft Avarus. Ganz klar, für Antonia war er der Schuldige. Sicher wollte er sein Frauchen schön brav bei sich zu Hause haben. -
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Original von Decima Lucilla
Tag und Nacht trafen aufeinander, als Lucilla ein Gespräch mit Antonia begann. Lucilla, der Tag, fröhlich, freudig – vor allem redefreudig, wie die Claudia feststellte – und Antonia, die Nacht, düster, leise… und ein wenig überfordert von den hellen Sonnenstrahlen, die vom Tag ausgingen. Neid stieg in ihr auf, als das lebensfrohe Gemüt der Senatorengattin auf sie niederprasselte wie ein warmer Sommerregen. Warum konnte sie selbst nicht so sein?
Ob sie einen Favoriten unter den Gladiatoren habe, fragte die Decima. Einen Favoriten? War das anzüglich gemeint? Dachte die Frau etwa, Antonia habe bereits einen Bettgenossen dort unten? Unverschämtheit! Gerade als sie jedoch antworten will, prasselt eine wahre Flut an Worten und Informationen auf die Patrizierin ein, der sie nur mit größter Mühe und Not folgen kann. Dutzende Namen und deren Erfolge, beziehungsweise Misserfolge erfährt sie so in weniger als fünf Minuten. Und sie kommt nicht umhin, beeindruckt zu sein von einer solchen sprachlichen Leistung. Auf den „knackigen Körper“ eines der Gladiatoren hingewiesen wendete sie den faszinierten Blick von der kleinen Frau ab und versuchte zu erkennen, welchen der im Sand stehenden Gladiatoren Lucilla meinte. Vergebens.
So sah sie gerade rechtzeitig wieder zur Decima, als diese ihr eine Schale mit Trauben hinhielt.
„…“
Ihr Mund öffnete und schloss sich wieder, ohne etwas gesagt zu haben. Erst, als sie glaubte sämtliche Worte und den Sinn des letzten Satzes verstanden zu haben, beginnt sie zögerlich zu nicken.
“Danke.“, sagte sie und nimmt sich einige der runden Früchte.Ein Brüllen lenkte schließlich ihre Aufmerksamkeit wieder auf das Rund der Arena. Eine Gruppe von Löwen stolziert erhaben ins Blickfeld des Publikums.
“Ich fürchte“, ging sie schließlich auf den Anfang von Lucillas Redefluss ein, “Ich bin nicht oft genug bei Gladiatorenkämpfen, um einen Favoriten zu haben.“ Geschweigedenn einen Namen zu kennen, fügt sie in Gedanken hinzu. Nun gut, ihre Freundinnen hatten ihr da ein paar genannt… aber ob diese sich nun durch besondere Kampfes- oder eher durch Manneskraft auszeichneten wusste die Claudia nicht.
“Aber du scheinst dich sehr gut auszukennen. Bist du oft bei solchen Veranstaltungen? Oder brachte das die Arbeit für die Acta Diurna mit sich?“Dem von hinten herannahenden Neffen ihres Gatten schenkte sie keine größere Beachtung, nahm sie doch an, dass er einer der unzähligen Sklaven der Villa Flavia war – einer, der noch ein wenig an Erziehung bedurfte. Besonders der Umstand, dass der junge Mann sich neben diesen Germanen niederließ bekräftigte diese Vermutung.
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Brav, still, interessiert. So stand Antonia neben ihrem Gatten und blickte suchend nach vorne, in der Hoffnung, zumindest ein wenig vom Opfer zu sehen. Kein allzu leichtes Unterfangen, denn obwohl sie dank Gracchus’ Stellung bereits weit vorne standen, gab es noch immer einige hochaufragende Gestalten, die ihr die Sicht versperrten. So lenkte schließlich auch die Claudia irgendwann den Blick zum Tiber, welcher jedoch gänzlich andere Gefühlsregungen in ihr auslöste, als bei ihrem Gatten.
Sie liebte Wasser. Sie liebte Flüsse. Sie liebte das Meer. Vermutlich hauptsächlich deswegen, weil man darauf am schnellsten von Punkt A nach B kam. Ginge es nur nach ihr, sie hätte den Rest ihres Lebens damit zugebracht, das Imperium zu bereisen. Doch die Parzen hatten anderes vorgehabt.
Als der Zug sich in Bewegung setzte, riss sie sich vom trübe plätschernden Fluss los und setzte sich in Bewegung. Allerdings…
“Bei allen Göttern…“, murmelte sie leise und hielt sich möglichst unauffällig einen Zipfel ihrer Palla vor Nase und Mund. Was stank hier nur so?
Ein vorwurfsvoller Blick traf den Fluss. -
Bereits seit man ihr mitgeteilt hatte, dass ihr Gatte gedachte, sich heute ein wenig mit ihr in der Öffentlichkeit zu zeigen, war Antonia aufgeregt gewesen. Als sie erfahren hatte wohin er sie mitnahm, verbesserte das die Angelegenheit nicht gerade.
Zu den Gladiatorenspielen… unwillkürlich waren ihr die Worte zahlreicher Freundinnen eingefallen. ‚Oh, Antonia, ein Gladiator… das musst du einmal ausprobieren, du wirst nie wieder einen anderen wollen.’ Die Claudia war damals vor Scham beinahe im Erdboden versunken. Ihre Freundinnen vergnügten sich mit Sklaven. Mit grobschlächtigen, schweißtriefenden, muskulösen…Erschrocken über ihre Gedanken jappste sie nach Luft und hoffte, Gracchus, welcher direkt neben ihr saß, hatte nichts bemerkt. Ihre Ehe war schon schwierig genug, auch ohne dass sie sich solchen Vergnügungen hingab – ganz abgesehen davon, dass Muskelberge ohnehin nicht ihr Fall waren.
‚Glaub mir’, hatte Cinilla, eine der besagten Freundinnen, gesagt, ‚versuch es wenigstens einmal.’
Natürlich war Antonia nicht gänzlich weltfremd aufgewachsen. Es war nichts besonderes, ein Techtelmechtel mit einem Sklaven anzufangen. Sie wusste, dass zahlreiche Damen der Gesellschaft ihren Männern Hörner aufsetzten. Und diese scherten sich meist nicht darum, war doch ihre nörgelnde Gattin auf diese Art und Weise zumindest beschäftigt. Ein kurzer Seitenblick wanderte zu Gracchus. Ob es ihm etwas ausmachen würde?
Schnell senkte sie die Augen wieder. Oh, er würde sie verachten. Seine Frau mit einem schmutzigen Gladiator? Undenkbar. Er, der perfekte Ehemann und sie, die lüsterne Gemahlin? Nein, den Gedanken ertrug sie nicht, war sie doch, so dachte sie, in seinen Augen ohnehin schon mehr als minderwertig. Andererseits, was konnte sich da noch verschlimmern?Solche und ähnliche Gedanken plagten die junge Frau, als sie begann auf ihrer Unterlippe herumzukauen. Eine furchtbare Angewohnheit. Wie das Fingernägelkauen, das sie sich in der Villa Flavia angewöhnt hatte. Ihre Sklavinnen hatten regelmäßig ihre liebe Mühe damit, an den Händen zu retten, was zu retten war.
Antonias Blick fiel auf einige vor ihnen sitzende Senatoren samt Ehefrauen. Eine jede von ihnen wirkte wie eine Statue. Erhaben, unfehlbar – und stocksteif. Ob sie selbst wohl mittlerweile genauso aussah? Sie blickte an sich hinab: Die Füße eng zusammengestellt, die Hände im Schoß gefaltet, den Rücken kerzengerade durchgedrückt, wie man es ihr als Kind eingebläut hatte. Ja, sie schien sich in nichts von diesen Matronen zu unterscheiden. Eine Tatsache, die Panik in ihr aufsteigen ließ. Sie war zu jung, um als Steinklotz zu enden. Es gab so viel zu erleben und zu sehen in dieser Welt, doch sie selbst sperrte sich in einer Villa ein. Der Drang, aufzuspringen und laut zu schreien wuchs so stark in ihr, dass sie sich, aus Angst, dem nachzugeben, mit beiden Händen an ihrem Sitzplatz festklammerte.Zu allem Überfluss erschien nun auch noch Aquilius, welcher Antonia regelmäßig kleine Tode sterben ließ, allein durch seine Anwesenheit. Doch sie ließ sich, so gut es eben ging, nichts anmerken und nickte ihm freundlich zu. Auch Senator Purgitius erhielt eines von Antonias freundlicheren Lächeln – was jedoch wahrlich nichts zu sagen hatte. Gracchus' Lobgesang auf die Ehefrau blieb unkommentiert, da sie nicht recht wusste, ob sie lieber in Tränen ausbrechen sollte oder lauthals lachen.
Das Ehepaar, das anschließend ankam kannte sie nicht, glaubte sie zunächst. Erst als sie einen der beiden Namen hört rattert eine ganze Serie von Gerüchten, Geschichten und Klatsch über dieses Pärchen im patrizischen Kopf herab. Plebejer, homines novi, so weit sie wusste. Trotzdem – oder gerade deshalb? – werden sie nicht minder freundlich von der Senatorengattin Antonia begrüßt.
“Gewiss.“ , erwiderte sie, auf die Vorstellungen ihres Gemahls hin, “Die berühmte Auctrix. Dass Lucilla nicht aufgrund ihrer Tätigkeit für die Acta berühmt war, blieb dahingestellt. Sicher wussten die beiden ohnehin, dass seit Monaten auf sie gewettet worden war. “Es ist mir eine Freude, euch kennen zu lernen.“ -
Etwas Derartiges hatte der Händler weder erwartet, noch zu hoffen gewagt. Den ganzen Seidenstoff…heute konnte er früher Feierabend machen.
„Wo soll ich es hinschicken lassen, Herr? Oder wollt ihr es gleich mitnehmen?“
Sein Blick schweifte über die versammelte Sklavenschaft, die bei der Aussicht, noch mehr schleppen zu müssen alles andere als begeistert war. Andererseits hatten sie schon weitaus anstrengendere Einkaufsausflüge Antonias mitgemacht und waren daher Rückenschmerzen gewohnt.Antonia indes lächelt ihren ‚Retter’ dankbar an.
„Ach, Aquilius, das kann ich doch nicht annehmen.“
Oh und wie sie konnte. In Gedanken sieht sie den Stoff bereits zu mehreren Kleidungsstücken verarbeitet, was einen besonderen Glanz in ihre Augen bringt. Wäre nur ihr Gatte.. doch diesen Gedanken hatte sie ja schon oft gehegt und wischte ihn daher umgehend beiseite. Wozu etwas bedauern, das man ohnehin nicht mehr ändern konnte?
So sieht sie sich ein letztes Mal um und nickt schließlich.
„Ich denke, ja. Brauchst du sonst noch etwas? Neue Sandalen vielleicht? Ich kenne da einen Händler, der... “
Es war unglaublich, wie viel Informationen über Leder, Verarbeitung und Service man in eine so kurze Ausführung packen konnte, doch die Claudia schaffte es. Zweifellos konnte außer ihr selbst ihr jedoch niemand so recht folgen. -
Es war wie ein Spiel - Katz und Maus, wenn auch nicht recht klar war, wer das Raubtier und wer die Beute spielte.
So schwierig hat Antonia sich dieses Unterfangen nicht vorgestellt.
Die Hände eine Spur zu fest auf die Lehnen ihres Sessel gelegt, ja beinahe festgekrallt, zuckt ihr Kopf eine Idee nach rechts. Ein knarzendes Geräusch durchbricht die Stille, als sich die manikürten Fingernägel der Patrizierin in den Korbsessel graben. Doch nun löst sie die Umklammerung, beginnt unbeholfen zu gestikulieren.
"Bedarf es.. ", setzt sie zur Frage an und sucht nach den rechten Worten, .. einer.. besonderen.. Geschicklichkeit, einen Mann zu verführen?"Ihre Augen, leicht zusammengekniffen, lassen kurz von der Hure ab, um zu Pallas, welcher noch immer stumm an der Wand steht, zu gleiten. Für den Bruchteil einer Sekunde glaubt sie, ein verschmitztes Lächeln aufblitzen zu sehen. Ob sie die Falsche fragte? Konnte ein Mann ihr nicht viel besser verraten, was ein Mann wollte? Doch was verstand ein Sklave schon davon?
Eine Bewegung Sophronas lenkt Antonias Blick erneut zur Lupa, welche nun den Kopf abschätzend hin und her wiegt, offenbar nach einer Antwort suchend. Klimpernd machen sich die billigen Ohrringe bemerkbar, welche der jungen Frau bis auf die Schultern hängen. -
Im Gegensatz zu anderen Damen der Gesellschaft kaufte Antonia nicht gerne Kleidung ein. Für sich selbst. Und das aus einem recht einfachen Grund. Ihrer Meinung nach war sie viel zu dick. Eine Annahme, die sie seit geraumer Zeit hegte. Genauer gesagt, seit ihrer Hochzeit. Von Natur aus ohnehin schon eher zierlich gebaut, versuchte sie daher schon seit langem, immer dünner zu werden. Nur gelingen wollte es nicht so recht.
"Nein, nein.", wehrt sie schließlich ab. "Dich einkleiden zu dürfen war doch bereits Belohnung genug."
Der Händler wirkte enttäuscht, warf Aquilius jedoch einen hoffnungsvollen Blick zu. Er war zuversichtlich, dass der Patrizier sich nicht mit dieser Antwort würde zufrieden geben.So schaltete er auch schnell, als der Flavius einige Vorschläge zu machen begann und flitzte mit einem "Einen winzigen Moment, bitte." davon, um, einen winzigen Moment später, mit zweifellos unverschämt teuren Importstoffen aus dem Osten zurückzukommen.
"Seht hier, diese Stoffe sind wie gemacht für Dich, werte Dame. Meinst du nicht auch, Herr?"
Offenbar zählte er diesmal auf eine Art geschlechterspezifische Unterstützung beim Verkauf. Der Blick, den er Aquilius zuwarf schien zumindest etwas in diese Richtung sagen zu wollen.
Antonias Augen indes flitzten zwischen Aquilius, dem Händler und den Stoffen hin und her. Schön waren sie, kein Zweifel. Dennoch sträubte sich jede Faser ihres Körpers dagegen, ausgemessen zu werden, nur um zu erfahren, dass sie wieder einige digiti an Umfang zugenommen hatte. Nicht auszudenken! -
Im Gegensatz zu Aquilius versucht Antonia jene Zeit im flavischen Hortus so gut wie möglich zu verdrängen, hat der Nachmittag doch - für sie - äußerst unerquicklich geendet. Glücklicherweise ist die Psyche der Claudia dergestalt aufgebaut, dass sie sich bewusst lediglich an Dinge erinnert, an die sie sich erinnern möchte. Jenen Nachmittag müsste man ihr also ins Gedächtnis rufen, bis dato bleibt er aus ihrem Kopf getilgt. Ein Glück für ihre Umwelt, wäre sie andernfalls wohl unerträglich(er).
So kommt es, dass sie sich, als Aquilius auf die hispanischen Flavier zu sprechen kommt, ungewollterweise an ein Gespräch mit ihrem Gatten erinnert, in welchem sie selbst ihn genau an diesen Teil der flavischen Familie erinnert hat. Heiss kocht in ihr seine Erwiderung hoch, hatte er sie doch darauf aufmerksam gemacht, es ihr geradezu mit Genugtuung unter die Nase gerieben, dass ihr eigener Vater einen Plebejer, einen Plebejer, adoptiert hatte. Wie lange hatte sie ob dessen vor Zorn geschäumt. Und nun? Keiner ihrer Familie war noch am Leben, alles was sie hatte waren entfernte oder angeheiratete Verwandte. So kommt es, dass sie, an diese Tatsache erinnert, plötzlich sehr still wird. Das Lächeln verschwindet, ihre Hand gleitet wie von Geisterhand geführt vom Arm ihres Begleiters.
"Ja, ich weiß was du meinst.", erwidert sie schließlich düster.Erst Aquilius' barsche Unterbrechung des wasserfallartigen Redeschwalls des Händlers löst erneut ihren Verdrängungsmechanismus aus.
"In der Tat, mit weiß ist es nun genug."
Da ihre diversen seelischen Defekte sich erneut untereinander kontrollieren, erscheint ein gelöstes Schmunzeln auf den Lippen der Patrizierin.
"Und gnade dir, wenn ihm diese Toga nicht zum Wahlsieg verhilft.", wendet sie sich an den Händler, welcher nicht recht weiß, ob er ihre Worte ernst nehmen oder als Scherz verstehen soll. Bei diesen hochwohlgeborenen Damen konnte man da schließlich nie ganz sicher sein.
Ungeachtet dessen blitzen und blinken seine Augen bei der Aussicht nun auch noch die Frau einkleiden zu können. Sie schien zumindest ungleich kaufwilliger als ihr Begleiter.. für den erfahrenen Händler jedoch keine Neuheit, war dies doch der Normalzustand.
"Ich weiß nicht.. ", zögert sie zunächst.
"Oooh, gewiss der Herr, wir haben Stoffe für Damen. Äußerst exquisite Stoffe, sie werden dir hervorragend stehen, Domina. Wenn du gestattest-"
Flugs war er davongeeilt, um wenige Sekunden später mit einer Auswahl seidener Stoffe zurückzukehren.
"Glaub mir, Domina, jede Frau in Rom wird dich um eine Tunika von Dioras beneiden." -
Zitat
Original von Manus Flavius Gracchus et Caius Flavius Aquilius
Je weiter das Gespräch seinen Fortgang nimmt, desto zorniger wird Antonia. Nicht nach außen, natürlich nicht, das wäre undenkbar. Doch im Inneren könnte man sie nun durchaus mit dem Vesuv vor einigen Jahrzehnten vergleichen.
Über wen, bei allen Göttern, glaubten diese beiden Flavier denn, dass sie sprachen? Eine Sklavin? Eine Taubstumme? Sie lag hier neben ihnen und dennoch schien sie Luft zu sein. Keineswegs sieht sie Aquilius' Worte als Kompliment an, noch realisiert sie, dass sie - vermutlich - als solches gemeint waren.
Ihr Glas hat sie sicherheitshalber bereits nach Gracchus' Erwiederung abgestellt. Nur um sicher zu gehen, dass sie es nicht fallen ließ. Es wäre schade um die schöne Arbeit. Ungut daran war nun, dass sie beide Hände frei hatte, um einem der beiden an die Gurgel zu gehen. So schlägt sie, scheinbar brav und sittsam, die Augen nieder, während sie in ihre Traumwelt abgleitet, Aquilius und Gracchus zwar noch vor sich sieht, aber keineswegs so valide wie sie derzeit waren. Ohja, niemand war so rachsüchtig und grausam wie eine Claudia.
So hört sie die letzten Worte kaum noch, zu sehr ist sie damit beschäftigt, ihrer Wut nicht freien Lauf zu lassen, was lediglich das leichte Zittern ihrer ineinander gefalteten Hände verrät.Mit einem Ruck setzt sich die Patrizierin schließlich auf und steht, ohne einen der beiden Flavier anzusehen, auf.
"Ihr.. entschuldigt mich?"
Eine Antwort erwartet sie nicht, daher entfernt sie sich, festen schnellen Schrittes, von der nun nur noch zu zwei Dritteln besetzten Kline.
Ooooh, das würden sie büßen. Beide. -
Es ist Antonia nach wie vor schleierhaft, was Männer an einem Geschöpf wie der vor ihr sitzenden Lupa nur fanden. Nicht besonders sauber, nicht besonders hübsch.. und die hellste unter den Kerzen schien sie auch nicht zu sein.
Mit einer abwinkenden Handbewegung hatte sie das Mädchen zum Schweigen gebracht, wollte sie doch zunächst mit ihrer visuellen Inspektion fortfahren. Am Äusserlichen kann es nicht liegen, stellt sie schließlich fest. Es musste also die.. 'Technik' sein. Nun gut, das ließ sich sicher lernen.
"Wie ist dein Name?", stellt die Patrizierin schließlich die erste Frage, um das Eis zu brechen.
Sophrona, antwortete die Lupa. Sicher eine Art Künstlername, sofern man in diesen Kreisen von 'Künstlern' sprechen konnte. Andererseits, wenn sie selbst nicht dazu fähig zu sein schien, musste es wirklich eine Art Kunst sein oder wenigstens einige Tricks geben, die andere Frauen kannten und die ihre Mutter vor ihrem Tode versäumt hatte, Antonia mit zu teilen.
"Ich möchte.. ", setzt sie schließlich an, verstummt jedoch wieder, um erneut anzufangen. "Es geht um einen Mann."
Eine Art Funken der Erleuchtung glomm in Sophronas Augen auf. Jedenfalls glaubt Antonia, einen solchen zu erkennen.
"Ich möchte.. dass du mir beibringst.. "
Iuno, das konnte doch nicht so schwer sein. Das Mädchen war eine Dienstleisterin, wie jeder Händler auf dem Mercatus.
Sich ihrer dignitas besinnend, strafft sich Antonias Körper erneut.
"Mein Gatte findet nur selten den Weg in sein Ehebett. Diesen Umstand möchte ich ändern und du wirst mir dabei helfen. Natürlich soll es dein Schaden nicht sein." -
Die Claudia lächelt milde, während sie Aquilius eine Hand auf den Arm legt. Beschwichtigend oder Nähesuchend? Wohl von beidem ein bisschen.
“Für die Taten seiner Verwandten ist man nicht verantwortlich. Quäle dich nicht damit.", versucht sie ihn aufzumuntern.
Dass er vor hatte zu heiraten wusste sie zwar, doch trieb es Antonia noch immer einen unangenehmen Schauer über den Rücken. Nein, Aquilius, ihren Aquilius verheiratet zu sehen war eine äußerst unangenehme Vorstellung, rückte es ihn doch in noch weitere Ferne und machte ihn damit unerreichbarer, als er es ohnehin schon war.
“Und schmälere deine Verdienste nicht so. Was wäre Rom ohne seine Priester?“So flink wie er verschwunden war, tauchte nun auch der Händler wieder auf. Dieses Mal gefolgt von zwei Sklaven, beide voll bepackt mit leuchtend weißen Stoffbahnen. Ohne Zweifel hatten die Sklaven ihre Hände waschen müssen, bevor sie sie berühren durften.
„So, der Herr, hier wäre eine Auswahl bereits fertiger Togen… aber wir können dir gerne auch eine anfertigen…“
Und schon begannen erneut die Vor- und Nachteile dieser oder jener Entscheidung auf die beiden Einkäufer einzuprasseln. In diesem Fall war jedoch sogar Antonia gelangweilt. Togen, die zur Magistratswahl getragen wurden gehörten nicht wirklich zur aktuellsten Modeentwicklung und waren daher vernachlässigbar. -
Zitat
Original von Manius Flavius Gracchus
Hochinteressiert hat Antonia den Worten der beiden Flavier gelauscht und wie so oft weiß sie die Worte ihres Gatten nicht recht zu deuten. Denn natürlich hat sie keine Ahnung von seinen Neigungen. Schleierhaft ist es ihr, warum er sich scheinbar mit der Erfüllung seiner ehelichen Pflichten so schwer tut und sucht die Schuld daher bei sich selbst.
Überrascht ist sie allerdings, dass sie sich zumindest bei einem Thema einig zu sein scheinen: Den Sklaven. Gracchus' Ansichten decken sich zu 100% mit den ihren. Ein Grund für sie, den Wein in ihrem Glas zu betrachten. Ob sie schon betrunken war und sich das einbildete?Als ihr Gatte sie schließlich quasi als Abbild der tugendhaften römischen Matrone beschreibt, bohrt sich in der Tat ihr Blick in seinen Hinterkopf. War das tatsächlich seine Meinung oder diente sie nur als Beispiel, weil gerade kein besseres greifbar war?
Dass sie selbst bei Weitem kein solches Bild von sich hatte, beweist der leicht zweifelnde Blick, der zu Aquilius gleitet, konnte dieser sich doch sicherlich noch an jenen Tag im Garten erinnern.. Unwillkürlich reisst sie die Augen auf. Natürlich! Aquilius hatte Gracchus davon erzählt und nun troffen seine Worte nur so vor Sarkasmus und sie hatte es nicht bemerkt. Eine Farce, die er hier vorspielte. Er machte sich lustig über sie, ganz gewiss!
Fest, als hätte sie seinen Hals zwischen ihren Fingern, drückt sie die Hand um ihr Glas zusammen, sodass bereits die Knöchel weiß hervor treten.
Wie durch dicken Nebel dringen so die letzten Worte ihres Gatten an das Ohr der Claudia. Exzeptionell, hört sie ihn sagen. Ohja, ihre Ehe war in so mancher Hinsicht außergewöhnlich. Sie verschwendete in der Tat keinen Gedanken an eventuelle Affären ihres Gatten. Sie war viel zu sehr damit beschäftigt, sich selbst so herauszuputzen, zu trimmen und zu pflegen, dass endlich ihr Gatte auf die Idee kommen könnte, einen Erben zu zeugen.
Dass er sie nicht liebte, war klar. Dass er eine andere lieben musste auch, sonst würde er diese Pflicht sicherlich bereitwilliger erfüllen. Doch es spielte keine Rolle.
"Nun, wie in jeder Ehe, gibt es sicher auch in der unseren gewisse Dinge, die geändert werden könnten, denn perfekt ist niemand."
Sie am allerwenigsten, das hatte sie in ihrer Ehe gelernt. War sie zuvor stets überzeugt gewesen, Blickfang auf jeder Feier und Objekt der Begierde so manches Mannes zu sein, war in ihr die Gewissheit gewachsen, mehr als unzulänglich zu sein.
Nein, niemand war perfekt. Nur ihr Gatte, der schien es zu sein. Perfekt, in allem was er tat oder sagte. Es war zum verrückt werden.
"Dennoch glaube ich, es gibt weitaus schlimmere Konstellationen als die unsere."