Beiträge von Petronia Arria

    Arria nickte leicht und sah sich das Pergament mit dem Bild noch einmal an, legte es zurück, zog noch ein weiteres hervor, las es, machte einige Notizen und schob auch das zurück auf seinen Platz.


    "Ich bin fertig. Wenn du dich für irgend etwas besonders interessierst, sag es ruhig", meinte sie zu ihrer Sklavin.

    Arria überlegte kurz. Minerva... Die Göttin des Trias...


    "Minerva ist vor allem für die handwerklichen Tätigkeiten verantwortlich, wenn mich nicht alles irrt", antwortete sie schließlich und hoffte, dass sie es sich richtig gemerkt hatte.

    Arria hörte ihr aufmerksam zu und blickte dann nachdenklich ihre Sklavin an.


    "Auch bei uns Römern gibt es eine Göttin Namens Minerva. Ob deine und meine etwas miteinander zu tun hatte?" fragte sie sinierend.

    Zitat

    Original von Titus Petronius Varus


    Varus nahm den Brief entgegen und entdeckte mit geschultem Auge sofort, dass das Empfänger nicht verzeichnet war.
    "Soweit ich weiß, gibt es in Roma keine Villa Matinia - und der korrekte Empfänger ist nicht verzeichnet. Die Tabellerii würden den Brief nicht korrekt ausliefern können", sagte er freundlich und gab dem Boten den Brief zurück.


    "Bitte verzeih, ich meinte natürlich die CASA Matinia", erwiderte der Bote und reichte den Brief zurück.

    Der Bote kam mit dem Brief ins Officium.


    Salve Helena!
    Eben war Marcus Decimus Mattiacus im Officium wegen einer Bestattungszeremonie. Leider musste ich ihn abweisen, da ich selbst diese Riten nicht vollführen kann und darf. Nun wollte ich fragen, wann du zurückkommst, um es ihm mitzuteilen.


    Vale bene!
    Arria



    "Als Eilbrief nach Rom, Villa Matinia, Rediviva Helena bitte. Die Kosten sollen von der Wertkarte des Cultus Deorum abgebucht worden", meinte der Bote, nachdem er den kurzen Brief übergeben hatte.

    Arria stand ebenfalls auf und nahm die dargebotene Hand, lächelte Mattiacus an.


    "Vielen Dank. Und auch dir einen so schönen Tag wie nur möglich", antwortete sie und begleitete den Gast zur Tür, ehe sie sich daran machte, das Schreiben an Helena zu verfassen. Als er dies fertig hatte, gab sie das Schreiben einem Boten, um es zum Officium des Praefectus Vehiculorum zu bringen und als Eilbrief zu versenden.

    Arria fühlte sich langsam aber sicher in die Ecke gedrängt, da sie dem Mann kaum helfen konnte.


    "Um die Riten durchzuführen, ist ein Sacerdos vonnöten. Die Götter könnten schon auf Grund der Tatsache, dass du es machst, erzürnt sein. Ich werde der Pontifex einen Eilbrief schicken, wann sie wieder kommt und hoffe, dass dies bald sein wird."

    Arria ging weiter in eine etwas ruhigere Ecke, wo sich sonst niemand aufhielt momentan. Dort fand sie auch endlich eine aufschlussreiche Schriftrolle.


    "Andraste? An welche Götter glaubst du?", fragte sie die Sklavin, während sie sich eine Notiz zu einem Bild machte, das sie gerade betrachtete.

    Arria kam an den Ort, wo schon zuvor ihre Lehrerin und ihr Freund der Iuno geopfert hatten. Normalerweise betete sie zu Ceres, doch noch war sie nicht verheiratet und von dem her war "ihre" Göttin nicht zuständig. Doch sie hatte lange gezweifelt, ob sie nun Iuno - diejenige, die die Braut zum Altar führte und über die Familie wachte - oder Venus - die Göttin der Liebe und der Leidenschaft - opfern sollte. Letztendlich hatte sie sich aber doch für Iuno entschieden, die Göttin, die im neueren Göttertrias neben Iuppiter und Minerva saß, zu ehren.


    Die Popa Cerealis baute den foculus auf und nahm eine Statue hervor, die sie sich geliehen hatte. Sie stellte beides vor sich und verneigte sich kurz vor der Statue, ehe sie kurz verschwand, um die Opfergaben, die sie nicht mehr gleichzeitig hatte tragen können, zu holen.


    Zurück kam sie mit etwas Weihrauch - leider keinen Opferweihrauch, den man beim Orakel benötigte, dennoch hoffte sie inständig, dass dieser für die hohe Göttin genügte -, einige Trauben, eine Feige und einige Oliven.


    Arria war nervös. Sie hatte zwar bereits zu Mercurius gebetet, einmal unter Imperiosus' Anweisung und einmal alleine. Aber der Ablauf war genau derselbe gewesen. Jetzt war es anders. Sie hatte noch nie an einem foculus gebetet, hatte hier noch nie ein Opfer dargebracht und sie war sich auf einmal nicht einmal sicher, dass sie bereits alleine opfern durfte.


    Arria atmete tief durch, versuchte, ihre Nervosität zu unterdrücken und sich zu beruhigen. Langsam aber sicher gelang ihr das auch, während sie vor dem tragbaren Altar stand. Mit bedächtigen Bewegungen breitete sie die Opfergaben aus und hoffte, bis dahin alles richtig gemacht zu haben.


    Wie sie es im Unterricht gelernt hatte, zog sie einen Zipfel ihres Gewandes über ihren Kopf - capite velato. Sie atmete noch einmal tief durch und konzentrierte sich, wollte nichts falsch machen, als sie die Hand hob und den Weihrauch entzündete, der einen angenehmen aber sehr intensiven Geruch verströmte.


    Weiterhin schweigend verharrte sie, bis sie sicher war, dass genug Weihrauch verbrannt war, um Iuno auf sich aufmerksam zu machen. Sicherlich hatte die Göttin vieles zu tun und konnte nicht sofort auf eine kleine, schüchterne Popa wie Arria aufmerksam werden.


    "Iuno, du Schutzgöttin Roms und der Frauen, du große Göttin! Ich bitte dich, erhöre meine Worte."


    Wieder hielt Arria inne, wartete, bis ein wenig mehr des Weihrauchs verbrannt war.


    "Oh große Iuno! In Rom, in deiner Stadt weilt mein geliebter Imperiosus, er dient den Göttern, dem Gott Mercurius vor allem, wie auch ich eines Tages euch Göttern dienen werde. Bitte halte deine schützende Hand über ihn und lass ihn mich nicht vergessen. Ich liebe diesen Mann und wünsche mir, endlich wieder an seiner Seite zu sein, denn ich weiß, dort gehöre ich hin."


    Und noch einmal stoppte Arria ihr Gebet, um ihre Gedanken zu ordnen. Sie wusste nicht genau, wie sie sich ausdrücken sollte, ob die Göttin verstehen würde, was sie wollte und worum sie bat. Aber letztendlich beruhigte sie sich damit, dass Iuno sicherlich in ihr Herz sehen konnte und so wissen würde, was die junge Frau bewegte.


    "Oh große Iuno! Meine Liebe zu diesem Mann ist so stark, dass mein Herz zu zerfließen scheint, wenn ich nur an ihn denke. Ich möchte ihm eine gute Frau sein, eine Frau, auf die er stolz sein kann. Bitte hilf mir, dass ich eine solche Dame werde, bitte hilf mir, Vater davon zu überzeugen, dass ich würdig bin, seine Tochter zu sein. Bitte hilf mir, bald an Imperiosus' Seite zu weilen und mich seine Frau nennen zu dürfen, die Frau die er liebt."


    Eigentlich hätte Arria jetzt gerne geseufzt, doch sie hielt sich zurück. Sie wusste nicht, was das für einen Eindruck machen würde und so sammelte sie noch ein letztes Mal ihre Gedanken.


    "Oh große Iuno! Ich bitte dich um deine schützende Hand, bitte dich darum, mich als Braut zu Imperiosus zu führen und mich zu seiner Frau zu machen", beendete sie ihr Gebet und verharrte stumm, ehe sie sich nach rechts wandte.


    Anschließend nahm sie die Opfergaben und verbrannte diese Stück für Stück, ehe sie wartete. Sie wollte nicht einfach gehen, sondern ihre Gedanken waren so schön gesammelt, dass sie dies noch ein wenig genießen wollte.

    "Ich bin Petronia Arria, bitte verzeih meine Unhöflichkeit", antwortete Arria sofort und wurde leicht rot. Doch auch diese Bitte musste sie ihm leider ausschlagen.


    "Ich glaube nicht, dass ich dafür schon genug wissen habe", seufzte sie. "Ich bin erst kurz vor der Abreise der Pontifex zur Popa ernannt worden und hatte noch keinerlei Unterricht in diesem neuen Aufgabenbereich."

    Arria fühlte sich völlig überrumpelt, als sie mit Pontifex angesprochen wurde und sofort das Anliegen vorgebracht wurde. Sie wusste nicht recht, wie sie den Mann über seinen Irrtum aufklären sollte.


    "Ich muss dich leider enttäusche, Marcus Decimus Mattiacus. Ich bin nur eine Schülerin der Pontifex, die momentan beim Conventus in Rom weilt. Leider sind alle Priester, die mir bekannt sind, in Rom. Rediviva Helena, die Pontifex von Hispania, wird aber in den nächsten Tagen sicherlich zurückkehren", antwortete sie schließlich, nachdem sie auf einen der Korbsessel gedeutet hatte, auf den sich der Gast setzten sollte, durfte... vielleicht wollte.

    Arria strahlte regelrecht und schüttelte dann den Kopf.


    "Eigentlich nicht. Aber ich kann an nichts über Ceres vorbei gehen. Eigentlich bin ich auf der Suche nach Texten über Mercurius", antwortete sie und gab so die gewünschte Auskunft.

    Arria war irgendwann fertig und wandte sich ihrer Sklavin zu, als sie eine besondere Rolle gefunden hatte. Sie rollte sie auf und zeigte sie Andraste.


    "Faszinierend, nicht?", fragte sie, denn auf dem Pergament war eine Skizze von Ceres abgebildet.

    Arria ging zu bestimmten Regalen, holte hier und da eine Schriftrolle hervor, las sich kurz hinein, legte sie wieder zurück und machte sich ein paar Notizen auf eine Wachstafel. Dann ging sie weiter und machte dies mit den weiteren Schriftrollen ebenso. Gerne hätte sie die Rollen ausgeliehen, aber das war ja leider nicht möglich.

    Arria saß an dem Tisch und sah auf, als es klopfte. Für Andraste war es zu früh und so freute sie sich, dass endlich jemand kam und sie nicht jeden Tag umsonst hier verbrachte.


    "Herein!", rief sie deswegen laut und deutlich.

    "Ceres sei Dank, dass er keiner von den Kerlen ist, die ihre Sklaven ohne Grund schlagen. Miriam hat ihn wirklich ziemlich gereizt und deswegen wurde sie bestraft - diese Strafe war nur sehr hart und es ist ein Wunder, dass Miriam es überlebt hat. Solange du nicht gegen ihn aufbegehrst, sollte dir eigentlich auch nichts geschehen", lächelte Arria und reichte ihr dann den Beutel, in dem die Harfe verstaut war.


    "Ich muss noch zur Bibliothek. Willst du mich nicht begleiten?"

    "Dann lass dir gesagt sein, dass du ihm lieber aus dem Weg gehst. Miriam ist wohl vorwiegend seinetwegen verschwunden. Ich weiß nicht, ob ich dich vor ihm schützen kann, wenn er sich in den Kopf gesetzt hat, dich zu bestrafen", meinte sie ruhig aber völlig ernst. Sie mochte zwar ihren Onkel, aber das mit Miriam hatte ihren Argwohn geweckt. Auf das Träumen in ihren Augen, das sie zwar bemerkt hatte aber nicht weiter darauf einging, verriet ihr, dass sie ein aufgewecktes junges Mädchen war.