Beiträge von Petronia Arria

    Arria blickte ihn durchdringend an. Natürlich. Es war wie immer, er hackte auf ihrem Vater rum - und wenn der dagewesen wäre, hätte er ihm wieder Vorwürfe gemacht.


    "Mutter ist nun einmal bei meiner Geburt gestorben. Ich kann nichts dafür und wenn doch, würde ich mein Leben dafür geben, dass sie ihres wiederbekommt", antwortete sie ruhig und überging seine restlichen Worte.

    Arrias Augen verengten sich zu Schlitzen und sie verschränkte die Arme vor der Brust. "Und du hättest mich natürlich zu einer perfekten Frau erzogen. Du kannst ja vormachen, wie es geht, wenn du selbst Kinder hast", zischte sie. Auch wenn sie Cinna eigentlich mochte, sie wollte nicht einsehen, dass ihr Vater vielleicht wirklich einige Fehler gemacht hatte. Denn er war ihr immer ein liebevoller Vater gewesen, der sich manchmal vielleicht ein wenig, meist aber genug Zeit für sie und ihre Sorgen genommen hatte.

    "Ich habe niemanden, der es mir beibringt und selbst lernen ist schwer", antwortete Arria ruhig und ernst. Ein Lächeln zierte diesmal ihre Lippen nicht. Irgendwie war die ganze Beziehung, die sie mal zu ihrem Onkel gehabt hatte, in die Brüche gegangen. Nichts war mehr da von dem liebevollen Necken, von dem Onkel, zu dem sie aufgesehen hatte. "Ich überwache dich nicht Tag und Nacht, Onkel, ich weiß nicht, was du alles machst."

    "Ich glaube, ich müsste sehr viel üben. Und vor allem das Kochen wird da ein Problem sein, Marcia. Ich darf ja nicht einmal daran denken, mir selbst Wein nachzuschenken, dafür sind schließlich die Sklaven da. Hauptsache, ich bin behütet und bringe der Familia Ehre", antwortete sie und seufzte leicht, als sie einen Schuhstand erblickte. "Benötigst du nicht noch neue Sandalen? Hier gibt es sicherlich etwas passendes für dich."

    Arria wandte sich ihm zu und seufzte leicht. "Ich kann nicht weben, Onkel, das solltest du wissen", antwortete sie ruhig. Sie war eindeutig zu sehr als Junge angesehen worden, bzw. ihr Vater hatte sich zu sehr einen Jungen gewünscht. Gerade halt, dass er sie nicht in Kampfestugenden hatte ausbilden lassen. Sie lächelte leicht und faltete die Hände vor sich. "Nun, dann werde ich wohl besser wieder hinein gehen und dich alleine lassen", antwortete sie. Leise fügte sie murmelnd ein "Wenn du schon etwas sinnvolles tust" hinzu, von dem sie hoffte, dass er es nicht gehört hatte.

    Arria blieb stehen und jaulte innerlich auf. Warum musste er sie ansprechen? Er war doch so schön in sein Buch vertieft gewesen! Sie wandte ihm aber dennoch den Kopf zu und lächelte leicht. Immerhin hatte sie sich selbst ein Versprechen gegeben...


    "Onkel! Was treibt dich in den Garten?"

    Arria wollte ein wenig frische Luft schnappen. Sie hatte wieder zu lange über ihrem Text über Ceres gesessen und die Kopfschmerzen hatten sich in altbekanntem Maße eingestellt. Dazu kam noch, dass ihr leicht schwindlig war. Vielleicht sollte sie doch endlich zu einem Medicus gehen und sich helfen lassen.


    Sie hatte sich den erstbesten Mantel geschnappt, den sie gefunden hatte und musste nun feststellen, dass er vielleicht nicht gerade der geeignetste für die doch recht kühlen Temperaturen war. Bibbernd lief sie durch den Garten, als sie Cinna auf einer Bank sitzen sah. Sie hatte eigentlich keine große Lust, jetzt mit ihrem Onkel zu reden. Zu tief saßen noch die Erinnerungen an den zerschundenen Rücken Miriams, auch wenn diese schon wieder auf dem Wege der Besserung war. Sie seufzte leicht, dann schlenderte sie einfach auf dem Weg weiter, der an der Bank vorbei ging. Kurz grüßte sie ihren Onkel und versuchte, ruhig weiter zu gehen und möglichst schnell wegzukommen...

    "Ich würde sehr vieles sehr gerne lernen, Tante, aber Vater wird etwas dagegen haben. Er hat mich oft mehr als Sohn denn als Tochter angesehen, aber jetzt, wo er sich wegen Imperiosus richtig bewusst geworden ist, dass ich eine Frau bin, muss ich mich auch so verhalten, mehr noch, fast wie eine Patrizierin. Je edler und weiblicher, je besser. Fast so, wie du aussahst, nur etwas stolzer und vor allem erhabener."


    Arria zuckte mit den Schultern und lächelte ihre Tante an. "Aber ist ja auch egal, ich bekomm das schon irgendwie hin."


    Langsam ging sie neben ihr her, schritt mehr und blickte sich aufmerksam in der Menge um. Vielleicht sah sie ja jemand vertrautes? Oder sie fand noch einen Stand, der sie interessierte, aber keins von beidem schien eintreffen zu wollen.

    Arria schüttelte entschieden den Kopf.


    "Um den Göttern zu dienen, ist man nie zu alt, Tante. Wenn du willst, stelle ich dich der Pontifex vor", bot die junge Frau an und lächelte dann. "Ich war noch in Rom, als ich beschloss, Ceres zu dienen. Deswegen bin ich zur Flaminca Minervinae, Tiberia Claudia, und habe ihr mein Anliegen vorgebracht. Sie fragte mich, warum ich Priesterin der Ceres werden wolle und ich legte ihr meine Beweggründe dar. Sie zeigt kaum Emotionen, weißt du, deswegen wurde ich schrecklich nervös. Eigentlich sollte ich von ihr ausgebildet werden - was wirklich ein große Ehre ist - aber da Vater ja nach Hispania gezogen ist, wurde ich Helena zugeteilt. Ich habe ihr einen Brief geschickt, dass ich mich bei ihr melde, sobald ich angekommen bin, aber noch einige Tage in Rom verweilen werde."


    Arria war ins Reden gekommen und schwelgte in diesen Erinnerungen. Sie redete sehr gerne über ihre "Arbeit" im Cultus, denn eigentlich war es ja keine Arbeit sondern vielmehr eine Ehre, den Göttern dienen zu dürfen. Über diese Erzählungen hatte sie sogar ihr leichtes Fieber und die Kopfschmerzen, die sie bis eben geplagt hatten, vergessen.


    "Als ich in Tarraco die Pontifex aufgesucht habe, habe ich sofort meine erste Unterrichtsstunde bekommen. Sie war begeistert, wie viel ich über Ceres wusste", sprach sie weiter, sah aber dann fragend Livia an. Ob sie sich dafür überhaupt interessierte? "Warum denkst du denn darüber nach, in den CD zu gehen? Und wem willst du dienen? Auch Ceres oder einer anderen Göttin?"

    Arria lächelte Marcia an und schenkte Cinna nicht mehr als ein Nicken. Sie hatte nicht vergessen, wie er Miriam behandelt hatte, allerdings hatte sich bislang keine Gelegenheit ergeben, mit ihm darüber zu reden - zu streiten würde wohl besser passen.


    Dann wandte sie sich wieder Livia und deren Frage zu.


    "Ich denke, ich habe mich ganz gut eingelebt. Ich kenne die ganzen Winkel und Gassen der Stadt zwar noch nicht, aber bis zum Markt, zu den Tempeln und dem Stadtbad komme ich alle mal. Ich bin in den Cultus Deorum eingetreten und Schülerin der Ceres. Meine Lehrerin ist die Pontifex Hispania. Sie ist wirklich sehr nett und nicht viel älter als ich es bin und ich glaube, in ihr auch eine Freundin gefunden zu haben. Das einzige, was ich hier wirklich vermisse, ist mein künftiger Verlobter", zwinkerte sie und lächelte so fröhlich es mit ihrer Erkältung, den Kopfschmerzen und der immer wieder in ihren Körper schießenden Hitze ging. "Ich finde es hier viel angenehmer, ich mag die Ruhe und den Frieden, der hier in Tarraco herrscht. Es ist nicht so hektisch und einsam wie in Rom."

    Arria lächelte und nickte schließlich.


    "Die Farbe steht dir wirklich vorzüglich. Nicht zu eng geschnitten, dürfte sie deine weiblichen Formen und Züge besonders gut hervorheben", antwortete sie und legte den Stoff so um ihre Tante, wie sie es sich vorstellte. Eigentlich war es schon seltsam, Marcia immer mit Tante anzusprechen, aber so war es ihr nun einmal beigebracht worden. Dass Marcia dabei zwei Jahre jünger war, spielte keine große Rolle und wenn, musste diese ihr etwas anderes anbieten. "Kannst du selbst nähen? Würdest du es mir zeigen?", fragte Arria sofort weiter, denn bestimmt würde eine solche Tätigkeit eine deutliche Entlastung der Kasse von ihr und Imperiosus bedeuten.

    Arria setzte sich neben Livia und lächelte diese noch einmal an. Einen Kommentar zu Varus' Ruf nach der noch immer verletzten Miriam verkniff sie sich. Sie würde kaum in der Lage sein, schon wieder richtig zu arbeiten, und wenn, wollte er sie sicherlich nicht hier bei den Gästen sehen, so, wie sie mit ihren ganzen Bläsuren wirkte. Ganz im Gegenteil, trotz des Missmuts, den sie noch immer wegen der Bestrafung der Sklavin hegte, lächelte sie sanftmütig in die Runde.


    "Wie ist es dir ergangen, Livia? Ich hoffe, es geht dir gut und du fühlst dich wohl in der Casa. Wann bist du überhaupt angekommen?", fragte Arria ihre Tante, um ein Gespräch in Gang kommen zu lassen und ihr ihre Unsicherheit zu nehmen.

    Arria warf Gracchus nur einen Blick zu und erwiderte nichts weiter darauf. Sie lächelte Alessa noch einmal zu, als Livia in das Triclinum trat. Sie sah irgendwie nervös aus, so dass Arria zu ihr trat und sie anlächelte.


    "Du kommst gerade recht, wir haben uns eben begrüßt. Geselle dich doch zu uns, Tante", begrüßte Arria sie und lächelte ihr freundlich zu. Warum sie wohl so unsicher war? Und warum kamen ihre Kopfschmerzen gerade jetzt wieder zum Vorschein? Kurz schloss sie die Augen, nur einen Moment länger, als es nötig gewesen wäre, so dass es nicht auffiel und behielt ihr Lächeln auf den Lippen.

    "Ich weiß nicht, Tante, ich habe kein Geld, nicht viel zumindest. Ein solch edler Stoff ist sicherlich sehr teuer", antwortete Arria unsicher und lächelte Marcia an. Ihre Tante war auf einmal wie ausgewechselt und ganz anders als damals im Atrium. Was wohl die wirkliche Petronia Marcia war?

    "Es ist unhöflich, ein Gespräch zu unterbrechen, Gracchus", antwortete Arria noch, als sie auch schon von ihrem Vater herein gebeten wurde. Sie setzte ihr bestes Lächeln auf und nickte Alessa zu. "Ich freue mich, dich kennen zu lernen, Decima Alessa", begrüßte Arria sie freundlich.

    Zitat

    Original von Marcus Petronius Gracchus
    Er ging auf sie zu und sprach sie freundlich an: "Salve. Wir wurden einander noch nicht vorgestellt. Wer bist du?"


    Arria wandte sich dem scheinbaren Neuankömmling zu. "Salve auch dir. Ich bin Petronia Arria, die Tochter von Titus Petronius Varus", stellte sie sich vor und lächelte ihn so freundlich es ging an.

    Irgendwie hatte sie den Tag über sich ergehen lassen, meist sich in ihrem Zimmer ausruhend, so dass sie nun wieder einigermaßen fit aussah und auch das Fieber war zurück gegangen, so dass es nicht mehr großartig auffiel, wenn man sie berührte. Die etwas erhöhte Temperatur könnte genauso gut davon kommen, dass sie zu lange in der Sonne gewesen war.


    Am Eingang des Triclinums blieb sie stehen und blickte Varus und die Besucherin an. Sie wollte nicht unhöflicher Weise in das Gespräch platzen und wartete deshalb, bis sie an den Tisch gebeten wurde.

    Langsam ging Arria ins Peristyl. Es war finster und so hatte sie eine kleine Öllampe mitgenommen, die ihr Licht spendete. Sie stellte sie auf die kleine Mauer, setzte sich daneben und lehnte sich an eine Säule. Die Augen geschlossen saß sie eine ganze Weile dort, ließ die kühle - eigentlich kalte - Nacht auf sich wirken und ihren Körper abkühlen. Sie seufzte leicht und hörte den Geräuschen der Nacht zu, der Wind, der die Blätter bewegte und rascheln ließ, die letzten Grillen und die ersten Vögel ließen sich hören.


    Als ihr langsam immer kälter wurde, erhob sie sich und begab sich noch vor den ersten Sonnenstrahlen zurück in ihr Cubiculum.

    Arria seufzte, als Turia gegangen war. Sie sollte nicht so nett zu den Sklaven sein, das würde sicherlich auch Imperiosus später einmal nicht gut heißen. Sie seufzte noch einmal, dann richtete sie sich langsam und vorsichtig auf und nahm etwas heißen Wein. Er wärmte sie von innen und langsam wich die Gänsehaut wieder von ihrem Körper. Der Wein war stark und nach etlichen weiteren, kleinen Schlucken wurde sie langsam schläfrig. Sie lehnte sich zurück und rollte sich in die Decke ein, doch der Schlaf kam lange Zeit nicht. Erst, als die Abenddämmerung herein brach, viel sie in einen leichten, unruhigen Schlaf.


    Die Nacht war viel zu kurz. Immer wieder wachte sie auf, mal, weil sie Schweißgebadet war, dann erhob sie sich, zog sich ein neues Gewand über, legte sich wieder nieder, mal, weil sie fror, dann nahm sie einen Schluck Wein, der schon längst abgekühlt war, legte sich zurück und rollte sich zu einer Kugel, zitterte so lange, bis der Schlaf sie wieder eingeholt hatte.


    Und zu allem Überfluss gesellten sich zu ihrem Fieber auch noch Träume, die nichts gutes verhießen. Ihre Erinnerungen an die gemeinsame Zeit mit Imperiosus mischten sich mit ihren Befürchtungen, so dass schreckliche Albträume heraus kamen. Immer wieder erwachte sie, doch meist schlief sie, noch ehe sie sich bewusst wurde, dass sie überhaupt wach geworden war, wieder ein.


    Mitten in der Nacht - es fehlten noch einige Stunden bis zur Morgendämmerung - erwachte sie weider schweißgebadet und saß aufrecht im Bett. Was hatte sie eben geträumt? Sie wusste es nicht mehr so recht, aber ein überlegenes Lächeln Imperiosus' war ihr im Gedächtnis geblieben. Irgendwie... Hinterhältig und... berechnend-eigenartig war es gewesen.


    Langsam ließ sich Arria zurücksinken, doch der Schlaf wollte sich nicht wieder einstellen, so dass sie die Füße aus dem Bett schwang und sich aufsetzte. Sie fuhr sich einige Male über das Gesicht, das feucht vom Schweiß war, und spürte ihre eigene Hitze, die ihren Körper erfüllte. Einige Male holte sie tief Luft, dann erhob sie sich und wankte zu ihren Sachen, nahm einen warmen Umhang und schlüpfte in ihre Sandalen. So bewaffnet machte sie sich auf den Weg nach draußen, ins Peristyl.