Arria hing regelrecht an Helenas Lippen. Irgendwie konnte sie nicht genug von ihren Schilderungen bekommen.
"Wie lange hast du bei deinem Mann gelegen, ehe du schwanger wurdest?"
Arria hing regelrecht an Helenas Lippen. Irgendwie konnte sie nicht genug von ihren Schilderungen bekommen.
"Wie lange hast du bei deinem Mann gelegen, ehe du schwanger wurdest?"
Arria überlegte. Hatte sie wirklich mit Livia gespielt? Ja, da war immer eine Frau gewesen, aber war das Livia gewesen. Ihre Kopfschmerzen hielten sie allerdings davon ab, weiter darüber zu grübeln und wenn, dann hatten sie sich beide sicherlich sehr verändert.
"Das klingt wunderbar, Turia. Aber bitte nenn mich nicht Herrin, ich komme mir so alt dabei vor. Wie wenn du meine Sklavin wärst. Ich kenne dich schon so lange und du mich... Ich habe dich nie als etwas minderwertiges oder etwas dergleichen angesehen", antwortete sie resignierend.
"Ich kenne Livia kaum, aber ich kann sie ja fragen, ob sie Lust hat, mit uns zu kommen", bot Arria an und lächelte die Sklavin an. "Ich weiß nichts über die genauen Gründe, Turia, aber er meinte, er müsse unbedingt in Rom bleiben. Vielleicht hat er irgendwelche großen Pläne, von denen ich noch nichts weiß", antwortete die junge Frau sanft. Die Kopfschmerzen wurden wieder schlimmer und so setzte sie sich langsam in Bewegung. "Zu deiner Frage von vorhin, Turia, ein wenig heißer Wein täte sicherlich gut." Eigentlich hatte sie überhaupt keine Lust, schon zurück in die Casa zu gehen. Die Gefahr, jemanden zu treffen, war zu groß.
Arria hörte Helena gespannt zu und klebte regelrecht an deren Lippen.
"Ich freue mich auf die Schwangerschaft. Stimmt es, dass die meisten Frauen während einer Schwangerschaft erstaunlich glücklich aber auch launisch sind? Wie wird Imperiosus wohl darauf reagieren? Aber es muss doch sehr faszinierend sein, wenn man spürt, wie das Leben in einem wächst!"
"Ja, du hast Recht. Hier ist es um einiges schöner als in Rom. Dennoch muss ich bald wieder nach Rom ziehen", seufzte Arria leicht. Sie wollte ja zu Imperiosus, keine Frage, aber auf Rom war sie nicht unbedingt scharf. "Soll ich dich mal mit vor Tarraco nehmen? Alleine wird es schwer für dich, aus der Stadt zu kommen, aber wenn du willst nehmen wir einfach einen Picknickkorb mit, den du trägst und schon hast du eine Ausrede", bot Arria zwinkernd an.
Arria nickte nachdenklich. "Wie hat es dir in Rom gefallen? Besser als hier?", fragte sie weiter. Turias Frage hatte sie nicht vergessen, aber sie fand das Gespräch gerade sehr aufklärend und interessant.
"Oh, verzeih, natürlich", antwortete Arria sofort und folgte ihr an den Strand zurück. Dort nahm sie ihre Sandalen auf und lächelte Helena an.
"Sag, wie ist es, ein Kind zu gebären? Es muss doch wunderbar sein, wenn der Säugling dann im Arm liegt und die Mutter anblickt und erkennt..."
Arria grinste schief. "Das sagt wohl jeder Sklave von seiner Familie, wenn er von einem Herrn gefragt wird, oder? Sag einmal ehrlich, Turia, ich werde dich nicht dafür bestrafen, egal, ob du mir jetzt den Tod an den Hals wünschst oder einem anderen Familienmitglied. Du bist ein Mensch wie ich auch, warum solltest du nicht deine Meinung haben?", antwortete sie. Irgendwie hatte sich ihr Zustand kurzzeitig gebessert. Die Kopfschmerzen waren erträglich und ihr Schwächeanfall schien auch vorbei.
Arria lächelte Turia dankbar an. Die Sklavin war wirklich eine treue Seele.
"Turia? Gefällt es dir eigentlich bei uns? Also.. abgesehen davon, dass du eine Sklavin bist natürlich", fragte die junge Frau und blickte Turia an.
Arria wurde rot und schüttelte schnell den Kopf.
"Bis vor kurzem habe ich mir noch überhaupt keine Gedanken daran verschwendet und jetzt auf einmal denke ich ans Heiraten und Kinder kriegen. Ich meine - Vater freut sich, aber irgendwie ist es doch noch alles ein wenig neu", zwinkerte sie. Dass ihr ganzer Körper mittlerweile mit einer Gänsehaut überzogen war, hatte sie nicht einmal gemerkt und noch hatte sie keine klappernden Zähne.
Arria nickte und lächelte.
"Irgendwie freue ich mich schon darauf, Mutter zu werden. Aber dazu muss ich erst einmal heiraten und dann... Nunja, die Schwangerschaft dauert ja auch noch eine Weile", antwortete sie und lächelte Helena an. "Ich hoffe, Imperiosus wird sich auch über eine Tochter freuen. Obwohl er meinte, dass sich jeder Römer Söhne wünscht."
Arria seufzte leicht. "Ich lasse mir nicht wirklich den Mund verbieten, Tante, nur will ich nicht riskieren, Imperiosus zu verlieren, weil mein Vater ausflippt. Lieber verbiege ich mich jetzt, als dass ich den Mann, den ich liebe, nicht heiraten kann", antwortete sie und wurde dann auf einen Schlag rot. "Aber Tante, wir wollten für dich einkaufen und nicht für mich!"
Arria nickte verstehend. Es klang wirklich gut, Geschwister zu haben.
"Was glaubst du, wäre Vater glücklicher, wenn er einen Sohn hätte? Oder zusätzlich zu mir einen Sohn?", fragte Arria leise und seufzte. Er hatte ihr ja oft genug gezeigt, dass er sich einen Sohn wünschte. Davon abgesehen, dass er sie teilweise mehr als einen Sohn denn als eine Tochter erzogen hatte. Deswegen war sie ja auch ein solcher Wildfang und hatte ihren eigenen, sogar sehr starken Willen.
Arria lächelte leicht und schüttelte den Kopf. "Ich will dich damit sicherlich nicht belasten. Es ist schon in Ordnung, Turia. Ich werde noch ein wenig frische Luft schnappen und mich dann schlafen legen. Kannst du das Bett vielleicht neu beziehen? Das wäre wirklich sehr lieb von dir", antwortete Arria. Sie wusste ja selbst nicht genau, was sie so sehr deprimierte und da spielten viele Dinge mit hinein: Die Trennung von Imperiosus, der Streit mit Cinna und Marcia, Miriam, ihr Vater, einfach alles. Und dann auch noch die Verantwortung, die Helena ihr übertragen wollte... Und jetzt wurde sie krank!
Arria lächelte leicht und schüttelte den Kopf.
"Ich fühle mich nur schwach und deprimiert... Und ein wenig Kopfschmerzen, ja, aber das liegt wohl an dem vielen Lesen bei schwachem Licht", antwortete sie und seufzte leicht. Dass eine Sklavin sich so um ihre Herrin kümmert, erstaunte sie allerdings doch. Vor allem nach dem, was mit Miriam passiert war.
"Das tut mir leid. Du hast ihn sicher sehr geliebt", antwortete Arria mitfühlend und drückte Helenas Hand kurz. Langsam zog eine Gänsehaut ihre Beine entlang nach oben, doch sie ließ sich nichts anmerken. "Sag, wie ist es, Geschwister zu haben? Ich habe keine und ich glaube, dass Vater lieber einen Sohn hätte."
Arria nickte nachdenklich.
"Ich kenne mich auf dem Forum noch nicht aus, wir werden uns also alle Stände ansehen müssen und dann entscheiden", grinste sie und lächelte dann aber. So schlimm war Marcia gar nicht, auch wenn sie manchmal etwas übererwachsen tat.
"Ich weiß nicht genau. Wenn er darüber nachdnekt, sicher nicht, aber wenn ich ihn genug reize und er wütend genug ist, dann traue ich es ihm durchaus zu. Aber ich sehe an seinen Blicken, dass ich Dinge falsch mache, wenn ich ihn danach frage, bekomme ich aber keine Antwort. Das macht es mir nicht gerade leicht, mich richtig zu verhalten", antwortete sie leise und ging dann auf einen Stand in der Nähe zu, der ausgelesene Stoffe verkaufte. Neben den verschiedensten gelb-weißen Stoffen waren hier auch farbenfrohe, seidige Tücher zu finden. Ein violett-linanes gefiel Arria besonders gut und sie deutete darauf. "Wie gefällt dir das hier? Es ist einmal eine völlig andere Farbe."
"Aber keinesfalls", versicherte Arria und lächelte. "Hat dein Bruder überlebt?", fragte sie nach einer kleinen Weile und blickte Helena erwartungsvoll an. Es wäre doch alles umsonst gewesen, wenn ihrem Bruder doch etwas ernsthaftes zugestoßen wäre. "Und wer war die Frau überhaupt? Seine Geliebte?"
Arria hörte die Stimme nicht einmal, erst, als Turia bei ihr war, nahm sie die Sklavin war. Müde lächelte sie sie an und lehnte sich mit dem Rücken gegen den Brunnen, als diese ihr aufhalf. Langsam drehte sie sich um und nahm etwas des Wassers in ihre zusammengelegten Hände, kühlte ihr Gesicht damit. Ihr war heiß, so unglaublich heiß. Fast hätte sie den Garten aufwärmen können, doch sie holte mehrere Male tief Luft, trocknete sich die Hände an der Tunika und stand wieder groß und aufrecht da.
"Es ist nichts, Turia, wirklich. Mach dir keine Sorgen um mich", antwortete sie schließlich und lächelte die Sklavin so gut es ging nach. "Mach lieber, was dir aufgetragen wurde, bevor es dir wie Miriam ergeht", fügte sie noch hinzu und deutlich konnte man die Wut und Trauer in ihrem Gesicht sehen. Sie war enttäuscht von ihrem Onkel. Er war immer so nett und lieb zu ihr gewesen und seit er wieder hier war, entpuppte er sich als das größte Ekel schlechthin.
Nachdem ihr Vater sie angebrüllt hatte, hatte sie sich irgendwann soweit wieder erholt, dass sie sich erheben konnte und in den Garten ging. An dem Brunnen blieb sie stehen, stützte sich auf den Rand und seufzte. Sie füllte sich so unglaublich schwach und ausgelaugt, dazu noch dieser dröhnende, hämmernde Kopfschmerz und der Ärger mit ihrem Vater. Vielleicht sollte sie sich doch noch den Vestalinnen verschreiben - was machten schon 50 Jahre? Oder waren es mehr? Sie hatte sich nicht genau mit diesem Kult auseinander gesetzt, für sie war so oder so nur Ceres in Frage gekommen.
Irgendwann demnächst musste sie mit jemandem darüber reden. War sie so schlimm? Nur, weil sie keine Position hatte, die einfach nur der einer Frau entsprach? War es so schlimm, dass sie selbst dachte? Dass sie selbstständig war? Oder zumindest selbstständig handelte? Sollte sie wirklich nur das Heimchen sein, das zu allem ja und amen sagte, das die Männer sagten? Warum hatte ihr Vater sie dann völlig anders erzogen?
Die Fragen stürmten auf sie ein und gleichzeitig wurden ihre Schmerzen wieder schlimmer und sie fühlte alles vor sich schwanken, so dass sie nicht anders konnte, als in die Knie zu gehen und ihren Kopf an den kühlen Stein des Brunnens anzulehnen.