Beiträge von Petronia Arria

    Arria hörte ihr aufmerksam zu und zuckte schließlich mit den Schultern.


    "Ist es wichtig, von welchem Blut du bist? Was zählt, ist doch, welche Familie für dich die deinige ist. Mag sein, dass er dein Bruder ist, aber du hast ihn so lange nicht gesehen, wusstest bisher nicht einmal, dass er existiert und nun sollst du ihn wie ein Familiemitglied behandeln? Die Octavia und wohl auch die Matinia sind deine Familie geworden, selbst wenn du nur adoptiert wurdest", antwortete sie nach einer Weile nachdenklich. Das Freundschaftsangebot nahm sie still entgegen und ließ es unerwidert. Auf ein solches Angebot antwortete man nicht, man freute sich darüber.

    "Meine Lehrerin und meine Mitschülerin haben mir beide ihre Hilfe und ein offenes Ohr angeboten. Aber gerade meine Mitschülerin hat selbst so viele Probleme, dass ich sie nicht mit meinen Banalitäten belästigen will", antwortete sie ruhig. "Und die Pontifex bringe ich mit meinen Fragen schon zur Verzweiflung."

    Arria lächelte dankbar.


    "Ich werde mich daran zurückerinnern", antwortete sie und drückte kurz die Hand auf ihrer Schulter, ehe sie nickte. "Wie bist du aufgewachsen? Nur bei deinem Vater oder hattest du jemanden anderen, der sich um dich gekümmert hat?", fragte sie noch nach, wurde dann jedoch rot. "Du musst es mir natürlich nicht erzählen, wenn du nicht willst."

    "Turia hat nie wie eine römische Frau gelebt, Onkel, wie soll sie mir Tipps zu meiner Ehe mit Imperiosus geben?", fragte Arria und seufzte dann. "Ich habe Marcia verärgert, sie wird sich kaum meinen Herzschmerz anhören."

    "Ich hätte gerne jemanden, mit dem ich über all die Dinge reden könnte, die man mit seinem Vater nicht bereden kann als Mädchen, aber eine Mutter, nein, die will ich wahrlich nicht. Es käme mir heuchlerisch und falsch vor, vor allem, weil Vater meine Mutter all die Jahre hindurch aus tiefstem Herzen geliebt hat, auch wenn er sich ab und an mit anderen Frauen vergnügt hat", antwortete sie ruhig und ernst.

    "Die meisten Frauen werden von ihren Müttern vorbereitet, Onkel, ich habe keine", antwortete sie ruhig und ein wenig traurig, ehe sie sich von der Säule abstützte und langsam weiter den Gang entlang ging. Ob er ihr folgte blieb ihm überlassen, sie hatte auf jede Fall nichts dagegen und beeilte sich auch keinesfalls, wegzukommen.

    Arria nickte und seufzte dann.


    "Ja, da hast du allerdings recht. Aber nachdem das Gespräch mit Seneca sowieso so bald nicht zustande kommen wird und ich erst einmal meine Ausbildung abschließen muss, dauert es wohl noch eine ganze Weile, bis ich seine Frau werde."

    Unsicher zuckte Arria mit den Schultern.


    "Vater ist ihm nicht abgeneigt und Seneca mir nicht. Aber Seneca... der Pater Familias der Iulier wird in wenigen Tagen nach Germanien zurückkehren und zuvor ist keine Zeit mehr für ein Gespräch. Außerdem ist Imperiosus in Rom, weil er dort Sacerdos ist, ich bin hier und werde ausgebildet."

    Arria lachte leise. "Vor dem Mahle vielleicht, ich war ja damit beschäftigt, über Ceres nachzulesen", mutmaßte sie, wischte den Gedanken dann aber mit einer schnellen Handbewegung weg. "Und Gratulieren darfst du, wenn sich Vater und Imperiosus' Pater Familias geeinigt haben. Zuvor steht ja leider noch überhaupt nichts fest. Und wie er ist... jung, schön, ehrgeizig, um es mit wenigen Worten für einen Mann auszudrücken", zwinkerte sie.

    Arria sah ihn erstaunt an. "Hat dir Vater nichts davon erzählt? Titus Iulius Imperiosus. Ich habe ihn in Ostia kennengelernt. Und nein, deine kleine Nichte soll nicht verheiratet werden, sie will sich selbst verheiraten", schmunzelte sie, obwohl sie natürlich wusste, dass es ohne ihren Vater nie ging und sie sich in diesem Sinne nicht selbst verheiraten konnte.

    Arria blickte ihn eine Weile an, dann lehnte sie sich an eine Säule und verschränkte die Arme vor der Brust.


    "Ceres greift ein, wenn eine Frau unrechtmäßig aus der Ehe entlassen wird, wenn ein Mann sie misshandelt, wenn er sich ihrer nicht würdig erweist", erläuterte sie die Aufgaben ihrer Göttin näher, ehe sich ihr in die Ferne gerichtete Blick wieder aufhellte. "Du hast Recht, Männer sollten ihr wirklich Ehre erweisen. Ich werde Imperiosus darauf aufmerksam machen", lächelte sie.

    Arria blickte ihn erstaunt an.


    "Seit wann interessierst du dich für Göttinnen?", fragte sie schmunzelnd. "Ja, Ceres, sie ist die Göttin der Erde, aber viel wichtiger erscheint mir, dass sie über die Rechte der Ehefrauen wacht", zwinkerte sie und erst nachdem sie die Worte bereits ausgesprochen hatte, viel ihr auf, dass es auch anders verstanden werden konnte.

    Arria lachte leise. "Nein, ich hatte erst zwei Stunden Unterricht, Onkel. Die Pontifex von Hispania, Helena Matinia, will ein Buch für künftige Discipuli schreiben und ich habe ihr angeboten, ihr zu helfen. So kann ich etwas für weitere Generationen tun und lerne sehr viel mehr, als ich im Unterricht mitbekomme, weil ich alles selbst aufarbeiten und zusammenfassen muss."