Beiträge von Sun Cheng

    "Nun, ich wollte es anzünden. Obwohl," er roch kurz an dem Stäbchen, "man den Geruch auch so erkennen kann." Er gab Pentesilea das Stäbchen. "Du kannst es dann ja in deinem Zimmer anzünden."

    "So ähnlich. Nur mögen wir keine Blutopfer. Wir opfern Speisen, Keramik oder, wenn es wertvoller sein soll, Seide und Jade. Außerdem brennen in den Schreinen Sandelholzstäbchen. Sie verströmen einen wohlkriechenden Duft, der die Ahnen erfreut."

    "Nach unserem Glauben ist das Jenseits ein Abbild des Diesseits. Man lebt dort ewig weiter. Und man kann seinen Nachkommen helfen, ihr Leben zu meistern."

    Cheng zog entschuldigend die Schultern hoch. "Ich weiß es nicht. Als die selbe Person werden sie wohl nicht wiedergeboren, aber das mit der Erleuchtung kann ich nicht sagen. Ich hatte das einmal einen buddhistischen Meister gefragt, und der hat mir auch nur sagen können, dass er es nicht sagen kann, weil er nicht erleuchtet ist. Aber er meinte, ich hätte eine gute aussicht, nach 1000 Widergeburten die Antwort zu wissen. Das hat mich dann noch mehr verwirrt."

    Cheng lachte. "Nach dem, was ich gehört habe, ist der Limes nur ein kleines Mäuerchen im Vergleich dazu. Aber prinzipiell ist es dasselbe."
    Wie sollte er nur erklären, was Buddhismus ist? "Im Prinzip ist der Buddhismus auch eine Art Philosophie. Seine Grundlage sind die sogenannten Vier Edlen wahrheiten, die der Buddha, das bedeutet in etwa so was wie der Erleuchtete, erkannt hat. Die erste sagt, dass der Geist, so lange er seine wahre Natur nicht erkannt hat, ein Leben ohne Leiden nicht ermöglicht. Die zweite Wahrheit besagt, dass es Ursachen dafür gibt, dass der geist seine wahre Natur nicht erkennt. Die dritte Wahrheit sagt, dass jeder die Natur seines Geistes erkennen kann. Das bedeutet, jeder kann erleuchtet werden. Und die vierte Wahrheit sagt, dass es praktische Mittel gibt, die Erleuchtung zu erlangen. So lange man die Erleuchtung nicht erlangt, wird man nach jedem Leben wiedergeboren. Als Mensch oder Tier oder Gott, je nachdem, was man ins einem Leben angestellt hat. Schlechte Taten verhindern die Erleuchtung, gute Taten begünstigen sie. Wenn man Erleuchtung erlangt hat, gelangt man nach dem Tod in einen Zustand ewiger Glückseligkeit." Er überlegte, ob er alles richtig rekapituliert hatte. "Ja, ich denke, so ist das mit dem Buddhismus. Aber es gibt kaum Buddhisten in Han. Eine interessante religion ist es dennoch, auch wenn das mit den ganzen Wiedergeburten schon sehr eigenartig ist."

    "Nun, die Mauer ist so etwa 20 bis 30 Fuss hoch und hat Wachtürme in einem Abstand, dass man auch bei schlechtem Wetter immer beide Nachbartürme sieht. Und dann kommt noch hinzu, dass jeder Turm eine Mannschaft von 10 Soldaten hat. Alle soldaten, die auf der Mauer ihren Dienst tun, sind ausgezeichnete Bogenschützen. Und es gibt noch Armeen mit Kavallerie in Reichweite, so dass recht schnell Verstärkungen kommen können."


    Der Glaube... das war natürlich eine Sache, die etwas schwierig war. "Wir haben verschiedene Glaubensrichtungen. Die älteste Form ist die Ahnenverehrung. Man opfert seinen Ahnen, damit sie einem Schutz und Hilfe geben. Außerdem opfert der huangdi noch den Herrschern der mythischen Vorzeit, um von deren Weisheit Hilfe zu erhalten. Dann verehren wir auch Himmelsgestalten, wie Sonne und Mond und den Himmel selbst. Andere Gruppen verehren Naturgötter. Und dann ist da auch noch der Taoismus, der eigentlich eine Philosophie ist, aber auch als Religion betrachtet werden kann. Dem Taoismus sehr ähnlich ist der Buddhismus, der aus Indien zu uns kam."

    "Die Große Mauer schützt uns vor den Barbarenvölkern nördlich unseres Reiches. Sie hatten uns häufiger überfallen und man kann ja nicht unendlich viele Soldaten aufstellen. da ist so ein Hindernis viel besser. Gebaut wurde an ihr schon seit Jahrhunderten, aber verbessert und fertig gestellt wurde sie vor etwa 300 Jahren von unserem ersten Kaiser. Sie ist 10.000 Li lang, das sind etwa 2500 Meilen. Tausende haben an ihr gebaut. Es ist unser größtes militärisches Meisterwerk.
    Der Jangtse ist unser größter Fluss. Er ist über 3000 Meilen lang und kann auf über 1000 Meilen von Schiffen befahren werden. Er ist also größer als Ebro und Tiber zusammen.
    Die gelbe Ebene heißt so wegen der gelblichen Farbe ihrer Erde. Es ist ein sehr fruchtbarer Boden.
    Der Berg Taishan markiert eine der vier Ecken des Kernlandes unseres Reiches. Die östliche Ecke, um genau zu sein. Er symbolisiert auch die Einheit von Himmel und Erde. Dort endet sozusagen das Herz unseres Reiches im Osten."


    Er schaute sie erwartungsvoll an, ob sie noch mehr Fragen hätte.

    Cheng verbeugte sich kurz, dann fing er an. Er ging in Kampfstellung, machte einen Abwehrschlag mit dem rechten Arm, zog den rechten Fuß an den linken heran, so dass beide für den Bruchteil einer Sekunde auf dem gleichen Pfahl standen, bevor ereine Drehung machte und den linken Fuß auf einem anderen Pfahl absetzte, einen Handkantenschlag auf Halshöhe ausführte und einen Fußtritt mit dem rechten Fuß, der dann auf einem weiteren Pfahl abgesetzt wurde. Dann machte er drei schnelle Schritte auf den Pfählen, wobei er jeweils einen Tritt gefolgt von einem Handkantenschlag ausführte. Danach wendete er sich an Conctor. "Man kann das auch mit einer Waffe machen und wesentlich schneller, aber ich bin ein wenig aus der Übung."

    "Die Zeichnung gerade war der in Rom. Aber... Moment..." Er blätterte in seinen Bildern und zog schließlich ein Bild des Kaiserpalastes in Luoyang hervor. Das zentrale Gebäude war von einem Hof umgeben, der seinerseits ummauert war. Eine hohe Treppe führte zum Eingang. Die Mauer entsprang aus einem Gebäude gegenüber der Treppe, das zu einem weiteren Hof führte, der ebenfalls ummauert war und zu einem Tor führte. Außerdem waren noch weitere Höfe mit Gebäuden um den Palast herum zu sehen. "Das alles ist der Kaiserpalast von Luoyang. Hier lebt und herrscht der Kaiser von Han. Luoayang ist etwa halb so groß wie Rom und viel geordneter. Han selbst hat um die 100 Millionen Einwohner. Wie es aussieht, kann ich die zumindest teilweise zeigen." Er blätterte wieder und zog ein Bild der Großen Mauer hervor. "Das ist die Große Mauer, die unsere nördliche Grenze schützt. Das Land ist hier sehr bergig." Er blätterte weiter und zog ein Bild der Drei Schluchten hervor. "Das hier ist in der südlichen Gegend. Der Yangtse fließt hier durch und formt wunderschöne Schluchten." Er sah sich das Bild eine Weile an. Es war womöglich die schönste Gegend seiner Heimat. Dann legte er auch dieses Bild zur Seite und suchte ein weiteres hervor, das eine Ebene mit Reisfeldern zeigte. "Hier sehen wir die Gelbe Ebene." Er suchte noch ein weiteres Bild heraus. "Der Berg Taishan. Er ist einer unserer heiligen Berge. Die Kaiser suchen hier Rat von ihren Ahnen."

    "Die interessantere Übung kommt noch. Wir stellen jetzt lauter kleine Pfähle auf, jeweil einen Fuß hoch und drei Fuß auseinander. Darauf steht man dann, während man seine Übungen macht. Das gilt auch für Übungen mit einem Trainingspartner. Man wird da zwar einige Male sehr schmerzhaft fallen, aber dafür wird man später einen deutlich verbesserten Gleichgewichtssinn und eine deutlich erhöhte Konzentration haben." Während er das sagte, fing er an, die besagten Pfähle aufzustellen.

    "Gezeichnet habe ich es selbst, aber es ging mir nur um das Bild. Ich habe den Palatin gezeichnet, aber leider habe ich versäumt, mich kundig zu machen, was da alles an Gebäuden ist. Ich war eben nicht selbst auf den Palatin gegangen, um mich zu vergewissern."

    "Es freut mich, dass es dir gefällt. Ich habe es eigens für dich gezeichnet." Er holte die nächste Zeichnung hervor. Es war ein Bild des Palatins in Rom. "Das ist der Palatin. Und das hier," er zeigte auf den größten der Paläste auf dem Bild, "ist meines Wissens der Kaiserpalast."

    "Ja, genau." Cheng holte den Balken und nahm danach noch ein paar Ziegelsteine, auf denen er den Balken über den Boden lagerte. Danach rannte er mit Anlauf über den Balken. In der Mitte des Balkens musste er allerdings abspringen, weil der balken wackelte und er das Gleichgewicht verlor. "Ziemlich wackelig, aber umso besser kann man hier sein Gleichgewicht trainieren. "