Beiträge von Titus Didius T l Operosus

    Mein Herr, Gordianus, kam an diesem Tage aus Rom zurück. Lange hatte er der Provinz den Rücken gekehrt und seine Ankunft stimmte uns alle froh.
    Nach dem üblichen Begrüßungszeremoniell betraten wir die Gaststube, um eine Kleinigkeit zu essen. Eine Kleinigkeit war wahrlich untertrieben. Seit ich Furnilla kenne, die mater rustica wie sie hier alle in neckischer Weise nennen verstand es zu kochen. Ich mußte garantiert einige Pfund zugenommen haben seit ich für ihre guten lukanischen Würste schwärmte oder ihr Vitellina fricta heißbegehrt verschlang.


    "Salve Domine" begrüßte ich meinen Herrn. "Es ist schön, dich wohlbehalten wieder in Germania zu sehen. Hattest Du eine angenehme Reise ?"

    Zitat

    Original von Publius Decimus Lucidus


    Was genau verstehst du unter aktvier Beteiligung?


    Ich versteh darunter, Konsum Konsum Konsum... das alte Lied eben :D


    Mein Herr klagt schon immer, dass er so einen schleppenden Umsatz macht, weil die Kauflust offenbar so niedrig ist.

    Ich stand hinter Gordianus in der Menschenmasse und beobachtete das Spektakel. Obwohl ich einen römischen Namen hatte, war ich kein Römer und daher mit den religösen Gepflogenheiten derer nicht vertraut.


    Dass dieser Tag etwas besonderes sein sollte für alle Sklaven im römischen Imperium, konnte ich irgendwie nicht ganz glauben. Ich fühlte mich wie immer. Nicht dass mich mein Herr für gewöhnlich geschlagen und getreten hätte, er wußte wohl zu gut, was ich ihm wert war, so dass er mich vielmehr wie einen Angestellten, denn einen Sklaven behandelte.
    Dabei war mein Herr im Umgang mit Sklaven nicht gerade zimperlig. Wenn er schlecht gelaunt war, schikanierte er die Sklaven auf dem Hof, brüllte ihnen ins Gesicht und schlug einumsanderemal zu.
    Insbesondere das junge Küchenmädchen, welches Dankward, dem Koch, bei der Arbeit helfen sollte, triezte er mit Freuden. Manchmal hatte ich das Gefühl, er hätte sich am liebsten über sie hergemacht, wenn ihn die Standesunterschiede nicht dazu zwangen, die Würde und Distanz zu halten. Aber diese Gedanken sprach ich nicht aus. Ich notierte es stillschweigend mit einem verborgenen Lächeln, wenn er wiedermal das Mädchen heftigst am Arm packte und in ihre Kammer sperrte, nur weil sie aus Versehen, die Gefäße mit den Kräutern nicht wieder ordnungsgemäß verschlossen hatte.


    Aber heute war es anders. Mein Herr blieb seit dem Morgen gelassen, wohl auch in der Gewissheit, dass sich Furnilla heute mit den anderen Sklaven herumschlagen durfte, während er in seiner Feiertagstoga sich mit mir im Schlepptau auf den Weg in die Stadt begab.


    Der Priester vor dem Tempel fuchtelte mit den Armen herum. Er schien wohl gerade die Götter zu beschwören. Dann hielt er einen blutigen Kadaver mit der rechten Hand in die Höhe. Ich schluckte kurz darauf, nicht gerade ein appetitlicher Anblick.
    Als das Opfer beendet war, ging aufeinmal ein Ruf durch die Massen, in dessen Klang ich mich sogleich einreihte.


    "Io Saturnalia"

    "XL, LXVI, LXX, XC, ..." murmelte ich leise vor mich hin. Nachdem mein Herr wieder gegangen war, zog ich Bilanz. Fein säuberlich zog ich mit einer Feder einen Strich und stellte Zahlen gegeneinander, addierte Summen und prüfte die Bestellungen.


    Das Zahlenspiel war eine wahre Obsession für mich. Seit ich in Griechenland die hohen Künste der Mathematik erlernt hatte, war ich begeistert von dieser Art logischen, menschlichen Denkens.
    Nebenbei mußte ich auch noch die Kundschaft bedienen, also legte ich Papier und Feder immer wieder beiseite, um es in einer ruhigen Minute wieder zu ergreifen.
    Dabei konnte man von Ruhe überhaupt nicht sprechen. Die Bäckerei lag direkt an der Hauptstraße und die Läden waren nach vornehin weit offen, um Kundschaft anzulocken.
    Der Lärm von ratternden Fuhrkarren, fluchenden Kutschern und sich heißer brüllenden Marktschreiern hatte sich bei mir zur Gewohnheit manifestiert. So sehr, daß ich ihn gar nicht mehr gesondert wahrnahm und auch im Schlaf schon meinte, die ewig donnernde Geräuschskulisse zu hören.


    Colonia Agrippina ist eine Stadt, von der ich - ehe man mich hierher brachte - noch nie etwas gehört hatte. Ich stamme aus einem Ort in der Region Macedonien. Nachdem ich die Steuern der römischen Steuereintreiber nicht mehr bezahlen konnten, verschleppten sie mich in die Sklaverei. Ein Schmied befestigte an meinen rechten Oberarm den Sklavenreif, das Zeichen des unfreien Mannes.
    Auf meinem Weg von Dyrrhachium über Sirmium und Carnuntum, und schließlich nach Raetia, Augusta Vindelicum, und von dort nach Colonia Agrippina, war ich in Gefolgschaft eines mißantropischen Sklavenhändlers, der uns an Füßen und Händen gefesselt hinter sich her schleifte. Die Füße waren taub vom tagelangen Wandern, die Glieder schmerzten und der Hunger triumphierte. Entkräftet und geschunden verschacherte uns, mich und ein paar Mitsklaven, an umliegende Bauern in Augusta Vindelicum. Mein neuer Besitzer triezte uns noch mehr, der Winter stand vor der Tür und viele der Sklaven starben den Erfrierungstod. Die Feldarbeit ist nicht mein Metier. Ich bemühte mich, aber ich scheiterte. Irgendwann mitten im Sommer, als der Krieg auszubrechen drohte, zumindest was ich so hörte, schien mein damaliger Herr plötzlich kalte Füße zu bekommen. Er verkaufte sein Gut in Germania und auch seine Sklaven und zog nach Italia.
    Ich war ausgezerrt und gebrandmarkt durch die saddistischen Methoden meines Herrn. Es gab keine Verwendung für mich und zudem war der Krieg ausgebrochen und die Kauflust der römischen Einwohner hielt sich wohl eher in Grenzen. So verbrachte ich mehrere Wochen bei einem Sklavenhändler und ich verspürte die Gewissheit, daß wohl alle Sklavenhändler tyrannische Saddisten seien, anders wäre dieser Beruf wohl nicht zu bewältigen.
    Wir zogen durch das ganze Land, kamen in viele Orte und besuchten viele Märkte. Vorgeführt vor den römischen Herrschern standen wir vor ihnen, angekettet, an schweren eisernen Ketten.
    Ich verfluchte den Tag, an dem mich die Römer verschleppten, ich verfluche sie noch immer. Ich wollte nicht länger bei diesem Sklavenhändler sein, ohne eine richtige Bleibe, Tag und Nacht angekettet, schmerzliche Hiebe und Schläge beim leisesten Vergehen, immer hungrig. Ich betete zu den Göttern inständig, sie mögen mich erhören und mich zu sich nehmen.
    Doch die Gebete wurde nicht erhört. Ich wurde nicht verschont und litt fürchterliche Qualen. Vor einigen Wochen dann war der Sklavenhändler auf dem Markt in Colonia Agrippina. Wieder preißte er uns - seine Ware - an und versuchte die interessierte Kundschaft zu gewinnen. Es sollte der Tag sein, an dem ich endlich aus der Hand dieses Sklavenhändlers befreit würde. Ich kam zu dem Gutshofbesitzer Didius Gordianus, der mich zunächst als Knecht für die Pferdeställe einsetzte. Nach einiger Zeit erkannte er meine Fähigkeit für Zahlen und Organisation und er setzte mich als seinen Buchhalter ein, was mir natürlich viel mehr entsprach und wofür ich dankbar bin, daß ich dieser Arbeit nachgehen kann, auch wenn ich noch immer ein Sklave bin.