Beiträge von Quintus Matinius Cicero

    Als der Meister nach dieser langen Lektion innehielt, wagte ich es an die offenstehede Tür zu klopfen...


    "Salve, verehrter Apollonius! Verzeiht die Störung, doch ich konnte nun nicht mehr länger warten! Seit Tagen nun verfolge ich durch das Fenster, das ihr geflissentlich offen stehn ließet, die Unterweisung in die ars medicinae... Ich möchte euch demütig bitten, mich als Gasthörer zuzulassen - als candidatus des res vulgeres bin ich hinlänglich qualifiziert und bringe auch den nötigen Eifer mit..."


    Mein Blick ging unruhig im Saal umher und mein Gehirn hatte alle Mühe, die Hitze meines Pulses zu kühlen.


    Da war ein bekanntes Gesicht und ein kurzes Lächeln umspielte mein angespanntes Gesicht, während ich auf des Apollonius Antwort wartete...

    "Salvete! Salve, Vater!", keuchte ich...


    Wie immer kam ich zuspät - es war unglaublich. Und hier war es wirklich unangebracht.


    "Verzeiht meine Verspätung, noch immer fällt es mir schwer, mich in der casa zu orientieren...", faselte ich den unsinnigsten Blödsinn zusammen und legte mich zu Marcus auf die lectus medius.

    Übertrieb ich und hatte sie recht? Mir wurde schlecht bei dem Gedanken, dass ein Messer ihre Haut auch nur berührt hatte. Sonst war ich eigentlich nicht so zimperlich...


    "Gut, wenn Du es sagst -", murmelte ich als ich mich erhob.


    Wer würde jetzt schlapp machen, nur weil der Pöbel sich nicht benehmen konnte? Besonders tapfer schien mir das nicht zu sein, auch wenn ich noch immer etwas zitterte. Hatte ich Angst gehabt, so sicher nicht um mich. Denen hätte ich's wohl gezeigt... So log ich mir ganz a bisserl in die Tasche - und es half ganz gut.


    "Dann lass und eine kleine Stärkung nehmen, ich verhungere!"


    Und reichte ich ihr meinen Arm...


    Sim-Off:

    Taberna Luculli? :D

    Offenbar war sie völlig geschafft, sie hatte eine Stärke demonstriert, die über ihre Kräfte ging... Ich verehrte sie für diese Tapferkeit.


    "Alles ist in Ordnung mit mir, ja. Aber nicht mit Dir! Dein Fuß ist verletzt!", bemerkte ich.


    "Wie schlimm ist es? Zeig!", ich bückte mich, um die Wunde zu begutachten. Schlimm sah es nicht aus, aber das hatte nichts zu sagen.


    "Das muß gereinigt werden!"

    Ich fühlte mich, als hätte ich drei Tage nichts gegessen. Zitternd legte ich meinen Arm um Helena. Wer hier Zuwendung brauchte, war gar nicht so klar...


    "Was Dir hätte passieren können! Du hast Dich ganz unnötig in Gefahr gebracht!", mein Ton war nicht so vorwurfsvoll wie er hätte sein sollen, Die Angst um sie war noch nicht verflogen - Die Leute stritten sich nun darum, wer welchen Stein zuerst gesehen hätte und wem das Recht auf ihn zustünde...


    Ich lenkte unsere Schritte in eine schmale, friedliche Gasse.

    Der Dicke schnaufte wie ein Stier und ließ nun vom Hals des unter ihm Liegenden ab, sein Gegner schien keine Gegenwehr mehr leisten zu können. Er griff ihm in die Tunika und brachte einen Beutel zum Vorschein, den er gierig zu öffnen versuchte; dabei entglitt er ihm und es kullerte sein Inhalt quer über die Szenerie.
    Eilig griffen die Umstehenden nach prächtig glitzernden bunten Steinchen...
    Der alte war außer sich und fuhr die Leute an: "Laßt die Steine liegen! Laßt die Steine liegen, ihr Elenden!" Dabei krabbelte er von links nach rechts und rechts nach links... Dem jungen Dieb fuhren bei diesem Anblick die Lebensgeister zurück in seinen geschundenen Körper, und er versuchte abermals sein Glück.


    Ich rempelte mich zu Helena durch und bat sie: "Es ist vorbei! Wir wollen dieses Pack jetzt seiner Habsucht überlassen. Helena, bitte, komm!"

    Und es kam, wie es kommen musste: Der Dicke lag jetzt oben und begann mit der Inbrunst eines Tieres den Untenliegenden zu würgen. Es sah aus, als hätte er seinen letzten Atemzug ausgehaucht.


    Es ging ein Raunen durch die Menge und es wurde still.


    Ich rief: "Tiberius! Sieh mal, das ist doch die Priesterin!"


    Dem Jüngeren traten die Augen hervor und langsam schob er seine Hand zwischen sich und den dicken Leib des Würgers...


    Abermals rief ich: "Ja, das ist sie doch, bei den Göttern!"


    ... und zog ein Messer hervor, das er jetzt, ganz langsam...

    Ich war der Verzweiflung nahe. Was konnte ich jetzt tun? Mein Ornat war noch immer meine ramponierte Reise-Tunica; niemand würde mich ernst nehmen, wenn ich mich jetzt Helena zur Seite stellte - aber ich könnte vielleicht...



    Ein besonders unschönes Menschenkind brüllte "Aus dem Blick! Zurück in deinen Lupanar!" Das Wetten ging weiter nur einige zögerten und bekamen jetzt möglicherweise Zweifel an ihrem tun, da sie das Wort Proconsul hörten - hilfesuchend blickten sie einander an.


    "Ach was, der Proconsul! Lass ihn mal kommen den Proconsul, der läßt sich gerade bearbeiten im 'dolce vita'; oder säuft, oder pennt; der Proooconsul, hahaha!", kam es aus einer anderen Ecke.



    Ich zog einen Jungen beiseite und sagte "Hohl die Cohortes, hier hast du 5 Sesterzen; weitere 5 - hier, siehst du, da sind sie - bekommst, du nachdem du mit den Bewaffneten zurückgekommen bist! Ich werde hier sein. Beeil Dich!" Dann mischte ich mich unter das Pack und feuerte die Streitenden an...

    "Auf den Alten!", rief einer "Fünf Sesterzen auf den Alten!" Ein anderer schrie: "Der Fettwanst wird eher aufgeschlitzt, als dass die Kohorten hier sind!" Die Leute lachten. Dreckig, böse und dumm, das war der ewige Charakter der Masse. Dumm und Böse.


    "Acht, ich setze acht! Heh! Acht, du Schwachkopf, hörst du schlecht!"


    "Der Junge wirds nicht machen, hat keine Erfahrung, wie man mit Bullen fertig wird, seht seine zarten Hände!", rief ein verhärmtes Bäuerlein.


    Helena zögerte. Und ihre Stimme drang nicht wirklich durch. Bis auf das Gesindel, das um sie herum stand, nahm niemand sie war. Und diese wenigen machten ungute Bemerkungen und blickten sehr grimmig, ob der Störung ihrer brutalen Unterhaltung...


    Ich musste etwas tun. Ich war gezwungen, das war klar: Ich griff Helena - ob sie das nun wollte, oder nicht - um ihre Taille und versuchte uns beide rückwärts aus dieser bösen Affaire zu ziehen...


    "Helena, sie erkennen Dich nicht. Du musst hier weg! Wir müssen hier sofort weg!", rief ich als ich sie trug.

    Ich bekam es mit der blanken Angst, warum begab Sie sich in Gefahr?


    "Helena! Tu das nicht!", rief ich und fasste ihren Arm. Ich versuchte sie fortzuziehen.


    "Tu das nicht, Helena! Ich beschwöre Dich!", versetzte ich nachdrücklicher. "Lass das die Cohortes regeln. Bring dich nicht in Gefahr. Schau Dir die Fratze des Pöpels an! Willst Du Dich mit bloßen Händen dagegen stellen? Ernsthaft?"


    Was für ein wunderbarer Auftakt für den ersten Tag meines neuen Lebens in Hispania...


    "Komm jetzt weg von hier!", sagte ich in einem bald befehlenden Ton.


    Die Menge jauchzte und jetzt floß auch das Blut aus den Nasen und Mündern, Bald lag der Alte oben, bald der Junge. Sie ächzten und schrien. Eine wirklich sehr häßliche Szene war das.


    Wie zu mir selbst murmelte ich: "Wenn der Pöbel Blut sieht, entdeckt er seine hündische Seele."

    Das sah aber gar nicht gut aus was der Kerl da machte. Er schob auch Helena beiseite und dann stand er vor mir. Er war deutlich älter als ich, sonnenverbrannt und roch, als hätte er in frischem garum gebadet. Seine tunica war fleckig und zerschlissen, er trug einen Siegelring und sein ganzes Gebaren lag zwischen Fischhändler und Senator eines fremden Reiches... Mir schlotterten zwar nicht die Knie, aber ich fühlte mich durchaus unbehaglich als er seinen Arm hob...


    "Was möchtest Du", fragte ich ihn laut und deutlich


    Doch er schob mich mit seinem stinkenden Arm beiseite und ging stracks weiter. Er machte einen Satz mit seinem massigen Körper und packte einen harmlos aussehenden jungen Mann. "Hab' ich Dich Du elender Mistkerl!" Er schlug ihm mit der Faust ins Gesicht, doch der jüngere Stand - und machte einen Konter mit dem Ellbogen, unfreundlicherweise ebenfalls ins Gesicht.


    Sofort hatte sich ein Halbkreis gebildet und das Volk johlte. "Mach ihn fertig, ja! Gib's ihm!" Und der eine gab's dem anderen...


    Ich atmete tief durch und mit hochgezogenen Augenbrauen wandte ich mich zu Helena, nahm ihre Hand und fragte:


    "Wo waren wir stehengeblieben, Liebste?"

    Das klang ja ganz plausibel, doch so ganz geheuer war mir das nicht. Da piekste sie mich in die Schulter und ich musste lachen...


    "Hättest Du mir gestern gesagt, welch hohe Würdenträgerin Du bist, wär' ich wohl erblasst und auf die Knie gefallen, oder so ähnlich... Ich meines Teils bin der Großimperator der Fischteiche meines Oheims und hoffe, Du wirst jetzt nicht allzu verschüchtert sein. Sei nur ganz entspannt!"


    ...und piekste ich zurück.


    Währenddessen bahnte sich ein kräftiger Kerl den Weg zu uns; mit seinen Armen schob er diejenigen, die ihm im Weg waren einfach beiseite und hielt seine kalten Augen unverwandt auf uns gerichtet.


    "Ein weiteres Familienmitglied, Helena?"

    Ich deute ganz leicht eine Verbeugung an ... und kam mir gelinde gesagt recht ,bescheuert' vor...


    "Pontifex also...", wiederholte ich sprachlos


    Ein gequältes Lächeln zeigte sich auf meinem Gesicht. Ich wußte nicht, wie ich mich angemessen verhalten sollte. Darauf hatte mich niemand vorbereitet, in meinem schönen exilium.


    "Kannst du denn einfach so hier mit mir herumspazieren?", fragte ich und blickte zu Boden, wie so oft in letzter Zeit...


    So sah es also auf dem linken Flügel aus. Wir hätten den rechten wählen sollen...

    Ich erschrack. Und ließ prompt ihre Hand los.


    Jemand stieß mir eine Gurke in den Rücken und rief mir irgendetwas unfreundliches zu. Ich wich nach links aus und zwischen mir und Helena drängelten sich sofort ein Paar mit Körben beladenen Bauern. Einer rief "Söhnchen, schlaf nicht ein!", und lachte seinem Kameraden zu.


    Wenn ich nicht aufpasste, würde ich hier verloren gehen. Entschlossen bahnte ich mir meine Weg zurück zu Helena.


    "Pontifex?", rief ich entgeistert.


    Ich konnte ja wohl kaum händchenhaltend mit dem Pontifex Hispanias übers Forum schlendern. Das ging entschieden zu weit. Möglicherweise machte ich mich auch noch strafbar, woher sollte ich das wissen.


    Meine Miene war entschieden verdüstert...

    Sie hatte auf dem Forum eine Rede gehalten? Das war ja mehr als interessant! Sie schien ja jemand ganz besonderes zu sein.


    "Wirklich? Was für eine Rede? Du betätigst Dich etwa politisch? Bei uns, also in Caesariensis, versteh mich bitte nicht falsch, haben Frauen soetwas nicht gemacht - das hätte wohl niemand akzeptiert...", blinzelte ich und versuchte in ihrem Gesicht zulesen.

    ...und ich nahm und drückte sie kurz:


    "Also dann! Ich schlage vor, wir unternehmen einen Scheinangriff über den linken Flügel.", ich wies nach links, wo sich etwas weniger Menschen tummelten.


    "Gibt es hier eigentlich auch soetwas, wie die Rostra in der Hauptstadt?"

    Wie ein großer Ameisenhaufen war das. Ein scheinbar planloses Gewirr und großes Geschrei.


    "Größer als ich's in Erinnerung habe. Wollen wir da wirklich rein? Wir werden uns dann an den Händen fassen müssen, um uns nicht zu verlieren - wie Brüderchen und Schwesterchen...", grinste ich zurück

    Nicht schlecht pariert... aber...


    "Eine Schlacht, bei der die Streiter ans Ausruhen denken, wird keine Schalcht werden!"


    Ich lief artig hinter ihr her. Bei uns wären wir lange schon beim Nachbarn gewesen; hier waren wir noch nichteinmal bei der porta - ich war beeindruckt! Alles war kunstfertig hergerichtet, mit großem Geschmack und großem Wissen, wie mir schien; aber mir fehlte das Urteilsvermögen, darüber zu befinden, was hier als gelungen galt. Aber jedes Detail sprach, und es sprach von Größe. Das war mein Elternhaus, das war mein Vater...


    Fast hätte ich mich im Staunen verloren, aber nur fast:


    "Bei den Göttern, wir wollen jetzt aber auch kein prandium nehmen, um die Schlacht hinauszuzögern, oder?"


    Ich war versucht, sie in die Seite zu stubbsen, doch ich ging leider hinter ihr...