Beiträge von Decimus Pompeius Strabo

    Ich sah den Gefangen ruhig an. Seine Verurteilung war nur noch eine Sache der Zeit. Plötzlich stieß ein Vigil dazu und flüsterte dem Centurio etwas ins Ohr. Ich konnte es leider nicht hören, sodass ich mich gedulden musste. Sicher würde ich gleich erfahren, was der Centurio nun wusste. Ich lehnte mich zu ihm herüber und flüsterte:


    "Was ist los, Centurio?"

    Ich lächelte weiter und fast hätte ich die netten Vigiles von draußen gerufen. Es waren dieselben wie im Verhörraum und sicher hätten sie noch einmal Lust gehabt, sich körperlich zu betätigen. Doch neben mir stand Centurio Metellus, sodass ich dies nicht probierte.

    Metellus und ich kamen am Carcer an. Vor der Zelle von Gaius standen zwei Vigiles mit strengem Blick, als sie den Centurio sahen. Ich nickte und die Zellentür wurde aufgeschlossen. Drinnen lag der Gefangene. Ich ließ Metellus vortreten und ließ dann hinter uns wieder abschließen.


    "Das ist er, Centurio!"


    Ich nickte Gaius zu und grinste nur fies.

    Rufus, ein Vigil, und ich standen uns auf dem Platz entgegen.


    "Bereit?", fragte ich ruhig, ohne dabei eine Miene zu verziehen.


    "Ja, Strabo!", antwortete er grinsend.


    Ich nickte. Wir hatten vereinbart, ohne Scuta zu kämpfen. So standen wir uns nur mit einem Holzgladius bewaffnet gegenüber. Die Luft flirrte in der Mittagssonne, aber jeder von uns hatte für heute noch nicht sein Pensum erfüllt. Plötzlich rannte er auf mich zu und führte einen Stich zu meiner Schulter aus. Ich drehte mich ab und ergriff seine Führungshand. Nun, jetzt würde ich mal anwenden, was mir Toxis beigebracht hatte, oder es adaptieren. Rufus schaute verwundert, doch an meinem Gesichtsausdruck änderte sich weiterhin nichts. Ich drehte die Schwerthand nun so, dass die Spitze des Gladius auf den Hals Rufus' zeigte. Er lächelte mich nur müde an und seine Schwerthand erschlaffte.


    Ich nickte nur kurz. Auf meinem Körper hatte sich eine dünne Schweißschicht gebildet, sodass ich kurz verschnaufen musste.


    "Guter Kampf..."


    Er sah mich nur ausdruckslos an und fing dann an zu lachen. Spontan stimmte auch ich mit ein. Wir ließen uns auf den Boden sinken und verschnauften dort.

    Die Verfolgungsjagd ging durch die Straßen Roms bis in die schmalen Gassen des Handwerksviertels hinein. Schnell verloren die beiden Vigiles die Frau, die sich scheinbar von Geisterhand durch die Gassen bewegt hatte, aus den Augen und blieben nach Luft schnappend stehen.


    "Verdammt..."


    Sie gingen zurück zur Castra.

    Ich nickte nur, etwas enttäuscht, ließ mir aber trotz allem durch meine selbst aufgesetzte Maske nichts anmerken.


    "Wenn du wünscht, werde ich dich zu ihm führen, Centurio. Ich habe ihn durch meine Verhöre schon "weich geklopft". Daher sollte es keine Probleme geben."


    Ich zwinkerte kurz. Hoffentlich verstand er den Wink. Und hoffentlich billigte er das.

    "Gaius befindet sich jetzt in unserem Carcer. Dieser Fall ist doch zu klein, als dass ich ihn gleich an die CU abgeben wollte..."


    Ich grinste breit.


    "Nun, im Moment sieht es wohl wirklich so aus, dass wir Sarah zur Versteigerung freigeben müssen."


    Ich sah jetzt ernster drein. Meine eigenen Worte und meine Gefühlskälte betreffs dieses Themas erstaunten und erschreckten mich. Doch äußerlich ließ ich mir nichts anmerken.


    "Was soll nun mit diesem Gaius geschehen, Centurio?"

    Nach der Sache in der Cella musste ich erst einmal einen freien Kopf bekommen. Der Exerzierplatz war frei, sodass ich allein üben konnte. Ich zog meine Tunika aus und warf sie an den Rand. Schließlich nahm ich das Gladius und schwang es hin und her, um wieder ein Gefühl dafür zu bekommen.


    Ich stellte mich in Position und lief dann einige Bewegungen ab, die ich mir ausgedacht hatte. Teilweise improvisierte ich auch einfach. Immer wieder führte ich Hiebe und Stiche gegen meinen imaginären Gegner aus und wich seinen aus. In meinem Kopf ratterte es unaufhörlich. 'Verdammt! Warum nur eine Sklavin...?' Immer wieder schrie ich meine Wut als Unterstützung zur Kraft heraus. Nach einer Stunde intensiven Trainings ließ ich das Gladius fallen und verschnaufte scheißgebadet. Der ganze Schattenkampf hatte mir verdammt gut getan.

    Ich sah sie genau an. Sie schien sich unwohl zu fühlen und in mir sah es nicht anders aus. Ich nickte bloß und murmelte:


    "...möge dein Weg dich zu einem Mann führen, der dich glücklicher macht..."


    Dann wandte ich mich ab und ging hinaus. Draußen sank ich neben der Tür zusammen und musste mich erst einmal sammeln. Ich musste sie vergessen, denn meine Karriere hatte Vorrang. Sie hatte mir gut bei meiner Untersuchungsarbeit geholfen, doch mehr war offensichtlich nicht drin für mich. Langsam richtete ich mich auf und ging hinauf auf den Hauptplatz.

    Etwas niedergeschlagen, aber mit einem seltsamen Funkeln in den Augen sah ich sie an. Ich verstand endlich, dass sie mir eigentlich nicht wehtun wollte. Ich dankte ihr innerlich dafür. Doch äußerlich wurde meine Miene immer kälter.


    "Wahrscheinlich hast du Recht, wir werden uns nie wiedersehen. Und wahrscheinlich wird dies das Beste sein."


    Ich stand auf und ging hinüber zu dem Stuhl, auf dem meine Kleidung lag. Rasch zog ich es über und wusch mich dann am Wassereimer. Nachdem ich mich abgetrocknet hatte, sah ich sie traurig an.


    "Nun, ich danke dir für diese wunderbare Nacht. Wenn du noch etwas brauchst..."


    Ich sah sie fast bittend an.

    Sie hatte sich etwas von mir entfernt. Etwas verwirrt sah ich sie an.


    "Ich werde erst einmal keinen Ärger bekommen. Doch der Ärger wäre mir im Moment auch egal..."


    Etwas angesäuert sah ich sie an.


    "...aber du scheinst es ja eilig zu haben, von mir wegzukommen."

    Ich nahm dankend den Becher entgegen und prostete Metellus leicht zu. Dann trank ich langsam einen Schluck. Wohltuend rann der Wein meine Kehle hinunter.


    "Ja, Centurio. Ich habe nebenbei Protokoll geführt, dies jedoch nur in Notizen, sodass ich es noch einmal für einen schriftlichen Bericht sauber zusammentragen werde. Aber natürlich hat mir auch Sarah sehr mit ihrer Aussage geholfen. Ohne diese wäre ich zweifellos länger mit dem Fall beschäftigt gewesen."

    Ich nahm sie wieder fester in den Arm und zog sie Decke, die mittlerweile verrutscht war, wieder höher zu uns hinauf.


    "Guten Morgen, meine Liebe... ich hoffe du hast gut geschlafen."


    Ich sah sie liebevoll an. Ich fühlte mich im Moment wie der glücklichste Mann Roms - natürlich abgesehen vom Kaiser. :D


    "Hast du Hunger?", fragte ich ruhig.

    Ich atmete kurz durch, dann erzählte ich es ihm.


    "Also, ich habe wie angekündigt zusammen mit der Sklavin eine Rekonstruktion des schicksalsträchtigen Abends abgehalten. Dabei kamen wir nach einem längeren Fußmarsch in das Villenviertel, wo die heruntergebrannte Casa stand. Sie berichtete mir detaillgetreu, dass sie in jener Nacht durch die Flammen aufgeweckt worden war, jedoch niemann mehr außer ihr im Haus war. So lief sie heraus und half bei den Löscharbeiten. Im Laufe dieser Arbeiten schien sie jedoch den Verdacht gehegt zu haben, man wolle sie beschuldigen. Also hatte sie sich davongestohlen.


    Während meiner weiteren Ermittlungen sah ich mir das heruntergebrannte Haus näher an und nahm Spuren von Lampenöl wahr. Irgendwann kam ein Mann auf uns zugestürmt, der ziemlich aufgebracht zu sein schien. Sein Name war Gaius, mehr habe ich bis jetzt nicht herausfinden können über ihn. Er beschuldigte Sarah offen der Brandstiftung und griff sie tätlich an. Aufgrund dieses auffälligen Verhaltens sah ich mich gezwungen, ihn zu befragen. Er hielt weiterhin an seiner Auffassung fest, Sarah habe den Brand gelegt. Innerhalb der Befragung verstrickte sich Gaius in widersprüchliche Aussagen, bis hin zu seinem Alibi. Er nannte eine seiner Sklavinnen als Zeugin, dass er an besagtem Abend bei sich zuhause gewesen sei.


    Zur weiteren Befragung habe ich ihn in die Castra abgeführt und verhörte ihn dort weiter. Während des Verhöres meldeten sich bei mir zum einen der Probatus Quintus, ein zuverlässiger Mann, der mir die Information zutrug, dass die Sklavin zu ihrer Falschaussage von Gaius gezwungen worden war. Schon dies schien mir ein handfester Beweis.


    Um meine Theorie jedoch untermauern zu können, brauchte ich einen Zeugen. Dieser kam in Gestalt eines civis, der Gaius am Abend des Brandes erst wutentbrannt in die Casa stürmen gesehen hatte. Später ging Gaius mit einem Zeichen der Erleichterung aus der Casa und nur wenige Minuten später brannte es.


    Somit ließ es alles nur einen Schluss zu:


    Gaius hatte seinen Vater umgebracht, da die beiden wieder einmal in einen heftigen Streit geraten waren. Dabei tötete Gaius seinen Vater in einer vorsätzlichen Handlung. Ferner "beseitigte" er die Familie und den "Haushalt" des Vaters, um keine unliebsamen Zeugen zu haben. Da er jedoch ein Alibi und einen Sündenbock brauchte, ließ er Sarah am Leben und ließ es dadurch so aussehen, als hätte sie den Brand gelegt. Die Familie ließ er sauber verschwinden.


    Im Verhör bestätigte mir Gaius diese Annahme, wodurch dies bewiesen wäre. Gaius ist schuldig der Brandstiftung und des vorsätzlichen Mordes. Somit ist Sarah unschuldig und der Fall gelöst..."


    Kurz verschnaufte ich und wischte mir die Stirn. Dann fing ich wieder an.


    "Sarah habe ich in eine Cella im Keller der Castra gebracht, wo sie sich ausschlafen sollte zur weiteren Befragung. Sie ist somit noch immer dort."


    Ernst blickte ich Metellus an.