Beiträge von Marius

    Ich sah Livianus bestürzt an.
    "Sie ist krank? Oh. Das tut mir leid, Herr. Mögen die Götter sie bald wieder genesen lassen."
    Was gab es da auch anderes zu sagen? Dass Ganymed fort war, fand ich persönlich sehr traurig. Aber wie musste es erst für Livianus sein, wo er doch seine Ehefrau so weit weg wissen musste. Ich war zerknirscht. Wie mit Ilaria, dachte ich mir.

    Ich runzelte die Stirn. Vielleicht waren sie auch nur nach mir schlafen gegangen und vor mir wieder aufgestanden....? Dann registrierte ich erst, was Livianus da gesagt hatte.
    "Domina Aemilia ist nach Britannien gegangen? Aber warum? Und...wenn in Roma keine Sklaven mehr sind...wer gibt dann auf die Casa acht?" fragte ich verwundert. Tarraco war eben doch ein Kuhkaff. Nichts bekam man mit! :D

    Ich seufzte dankbar und sah Livianus ebenso an.
    "Nein, sonst gibt es nichts von meiner Seite aus. Aber ich hätte da schon noch die ein oder andere Frage - wer ist noch alles hier?"
    Ich grinste flüchtig und hoffte, dass wir nicht die einzigen drei Personen hier waren (abgesehen von diesen Kerlen, die sich Wachen nannten und nur Augen für Miriam gehabt hatten).

    Ich nickte. Livianus hatte recht. Man sah die Dinge klarer, wenn man nicht selbst betroffen war. Das hatte ich inzwischen auch schon mehrmals feststellen müssen. Als eine kleine Pause entstand, glitten meine Gedanken wieder zu Ilaria. Ich fragte mich, was man ihr antun würde und ob es ihr gut ging. Schließlich brach Livianus das Schweigen wieder. Ich dachte nach.
    "Dann werde ich sie einfach in Ruhe lassen, auch wenn sie weiterhin ihre Drohungen wie Gift versprüht", nahm ich mir laut vor.
    "Herr, da wäre...noch eine Sache. Ich habe zwei Briefe an Meridius. Auch weiß er noch nichts vom Tod Flaccus'. Mit deiner Erlaubnis würde ich sie ihm gern überbringen. Dann könnte ich auch gleich fragen, ob er inzwischen etwas von....von Ilaria oder ihren Entführern gehört hat."
    Ich hielt die Luft an.

    Wieder einmal verblüffte mich die Art, mit der Livianus den Tod seines Cousins betrachtete. Bei genauerer Überlegung erschien es mir sogar als durchaus angebracht. Allerdings fragte ich mich, ob ich an Livianus' Stelle zu einer solchen Sicht der Dinge fähig gewesen wäre. Ich begann, meine Einstellung diesbezüglich und in puncto Miriam zu überdenken. Livianus' weitere Worte ließen mich ihn dann erstaunt anblicken. Er sprach in anderen Worten das aus, was ich selbst zu Miriam gesagt hatte. Das machte ihn gleich noch einmal sympathischer. Trotzdem hatte ich einen Einwand.
    "Ich sehe das genauso wie du. Das habe ich auch Miriam versucht, klar zu machen. Nur hat sie es nicht verstanden. Als ich sie aus der Casa der Petronier abgeholt habe, wirkte Miriams früherer Herr eigentlich ganz normal. Nicht jähzornig oder zur Gewalt neigend. Er sagte mir, dass sie ein schönes Leben hätte haben können, aber sich ebendieses selbst schwer gemacht habe. Ich kann dir nicht sagen, wie viel Wahrheit in den Worten dieses Mannes lag, aber auf mich machte er einen ganz vernpnftigen Eindruck. Und Miriams Verhalten an Bord hat mir gezeigt, dass sie sich einfach nicht mit dem Sklavendasein abfinden kann und auch nicht will. Auch nicht, wenn sie sieht, wie die Decima ihre Sklaven behandeln."


    Ich zuckte mit den Schultern und betrachtete ein Mosaik der Ceres an der Wand.
    "Ich habe wirklich versucht, es ihr schmackhaft zu machen. Allerdings muss ich zugeben, dass ich wohl gescheitert bin", meinte ich nachdenklich.

    Ich setzte mich und musterte meinen Herren kurz von der Seite. Dann begann ich zu erzählen.
    "Auf der Überfahrt ist nichts weiter passiert. Miriam war nur trotzig und unfreundlich, aber damit bin ich zurecht gekommen. Was die Fesseln angeht...ich hatte sie ihr abgenommen, als wir auf das Schiff gegangen sind. Und sie trug auch keine Fesseln, als wir hier wieder von Bord gingen. Allerdings habe ich es als Notwendigkeit angesehen, ihre Hände wieder zu verbinden, nachdem sie am Hafen flüchten wollte. Ich glaube, sie ist stolz darauf, dass sie deinen Cousin auf dem Gewissen hat. Und wenn dem nicht so ist, dann tut sie nur so. Diese Frau ist mir nicht geheuer, Herr. Das sage ich geradeheraus. Du solltest acht geben. Diesem Petronius ist sie schließlich auch entwischt."
    Ich schwieg einen Moment und wartete, was Livianus dazu sagen würde.

    Ich hatte inzwischen ausgeschlafen, war frisch gesäubert und trug eine frische Tunika, als Livianus mich rufen ließ. Ich machte mich auf den Weg ins Atrium, wo er saß und auf mich wartete. Es gab so einiges zu besprechen, von Miriam einmal ganz abgesehen. Seit ich wach war, dachte ich wieder nur an sie. Ich ging auf Livianus zu, blieb stehen und grüßte meinen Herrn.
    "Salve, Herr. Du hast mich rufen lassen?"

    Ich betrat das Cubiculum und sah mich um. Anders als in Tarraco oder Rom, dachte ich. Aber man lebte sich mit der Zeit ein. Ich ging zu einer Liege, die noch frei war, setzte mich darauf und zog meine Schuhe und den Umhang aus. Dann legte ich mich hin. Allerdings wollte ich nicht gleich schlafen, sondern zuerst noch nachdenken...doch darauf wurde nichts. Ich war so müde, dass ich schon schlief, als mein Kopf das Kissen berührte.

    Ich runzelte die Stirn und seufzte. Livianus wusste ja nicht, was er da tat... Aber ich ging zu Miriam und löste die Fesseln hinter ihrem Rücken.
    "Sei höflich", zischte ich ihr zu.
    Dann ging ich wieder zu Livianus und händigte ihm die beiden Briefe aus.
    "Einer ist von deinem Klienten und einer von Matinius Metellus. Eine Beileidsbekundung. Flaccus ist an den Kopfverletzungen gestorben, die ihm diese Sklavin zugefügt hat", sagte ich urteilsfrei und wies auf Miriam, die noch hinter mir stand.



    Salve Livianus!


    Ich sende dir hier wie versprochen die Sklavin Miriam. Möge ihr Verhalten dir keine grauen Haare bescheren und möge sie dir besser dienen als mir und meiner Familia.
    Auch möchte ich dir zu deinem neuen Posten gratulieren. Ich bin sicher, du wirst ihn ebenso gut ausführen, wie jedes Amt, das dir der Kaiser bisher anvertraut hat. Ich selbst plane, bei den nächsten Wahlen als Quaestor zu kandidieren. Hierbei hoffe ich auf deine Unterstützung.


    Vale bene,
    Titus Petronius Varus



    Liebe Mitglieder der Gens Decima,


    mit Entsetzen habe ich von dem plötzlichen Tod von Flaccus erfahren.
    Ich kann es immer noch kaum glauben, was man mir da berichtete.


    Flaccus war ein sehr strebsamer junger Mann und mit ihm habe ich nicht nur einen tüchtigen Angestellten verloren, sondern wohl auch einen Freund, mit dem man auch außerhalb der Curia gut reden konnte. Sein leere Platz wird schwer auszufüllen sein.


    Ich bin mir sicher, dass Flaccus in seinem Leben noch viel erreicht hätte, wenn die Götter ihn nicht so früh zu sich genommen hätten.


    Ich möchte daher hiermit ihnen mein Beileid über den plötzlichen und schmerzhaften Verlust ausdrücken. Auch ich trauere um diesen guten und tüchtigen jungen Menschen.


    Marcus Matinius Metellus


    "Ich ziehe mich dann zurück, Herr", sagte ich und war froh darüber, ohne das beständige Hin- und Herschaukeln des Schiffes schlafen zu können. So nickte ich den beiden noch einmal zu und wandte mich dann zum Gehen.

    Ich zog eine Grimasse und schüttelte den Kopf. Zwar würde Miriam mich auch noch mit gefesselten Händen lynchen, wenn sie Gelegenheit dazu bekam, aber die Wahrheit war stets besser als eine Lüge.
    "Die Reise verlief ohne Zwischenfälle, ja. Allerdings gab es auf dem Weg hierher kleinere...Probleme", sagte ich.
    "Vielleicht sollte jemand Miriam die Unterkünfte zeigen..." schlug ich zögernd vor. Schließlich gab es Livianus einiges zu erzählen und Miriam würde ein großteil hiervon ganz und gar nicht passen....

    Nach kurzer Suchzeit hatten wir das Tablinum gefunden und ich schob Miriam in das Zimmer. Dann erblickte ich Livianus. Ich ging auf ihn zu und lächelte.
    "Herr! Wie schön, dich wohlauf zu sehen! Ich bringe dir die Sklavin des Petronius mit und zwei Briefe", sagte ich.
    In der Tat, ich freute mich aus zwei Gründen, Livianus zu sehen. Zum einen, weil ich ihn schätzte und mochte, zum anderen, weil ich mich nun nicht meht um diese störrische Sklavin kümmern musste, den Göttern sei Dank...

    Einen kleinen Moment später kam Crassus wieder und verkündete:
    "S'iss doch nen SKlave vom Legatus. Wir sollense reinlassen. Der Legatus wartet im Tablinum auf euch zwei."
    Der andere Wachmann nickte nur knapp und trat nun endlich zur Seite, sodass Miriam und ich passieren konnten. Als wir an diesem schleimigen Kerl vorbeigingen, kniff er Miriam in den Po. Dann waren wir drinnen und ich suchte das Tablinum. Nach kurzer Zeit hatte ich es gefunden und schob Miriam in das Zimmer.

    Crassus war ins Tablinum gegangen, wo er den Legatur vermutete. Er klopte an den Türrahmen der offen stehenden Tür und räusperte sich.
    "Legatus? Da draußen steht'n gewisser Marius mit ner Brau.....Sklavin. Sagt, er sei dein Sklave. Vibullus und ich sind uns nich sicher. Der sieht nich aus wie einer von deinen Leuten,", meldete Crassus.

    Mit Miriam zusammen stand ich nun vor weiteren zwei Wachen, die uns kritisch beäugten.
    "Salve. Ich bin Sklave des Legatus", erklärte ich und wollte schon vorbeigehen, als die Wache entschieden den Kopf schüttelte.
    "Nee nee Freundchen. Du bleibst schon hier. Wir kennen die Sklaven des Legatus. Du und die Kleine da, ihr gehört nicht dazu. Crassus? Geh den Legatus fragen, ob er....Ware vermisst!" orderte der eine Kerl mit einem anzüglichen Blick auf Miriams Brüste. Ich sah zu Miriam und stellte mich so vor sie, dass ihre Würde gewahrt blieb. Der Wachmann funkelte mich zornig an und knurrte zwei, drei Worte, die ich nicht verstand. Vielleicht germanisch. So warteten wir also.

    Naja, es nennt sich "Collegium" und ist in dem Sinne nur eine Art Verein. Und wenn man berücksichtigt, dass es das Collegium Pontificium gab, dann wird das wohl schon so stimmen. :)

    Mit Miriam im Schlepptau kam ich bei der Wache an. Das hier würde also unser neues Zuhause werden. Naja. Erstmal abwarten, wie das Praetorium so aussah. Und dann fragte ich mich, welche Sklaven noch hier waren. Ganymed vielleicht?
    Ich grüßte die Wache, nannte Namen, Besitzer und Anliegen. Dann sah ich zu Miriam.

    "Dann wirst du wohl unfrei sterben. Ich habe sicher eine gute Aussicht auf die Freiheit, wenn mein Herr sich weiterhin auf mich verlassen kann", sagte ich schlicht und zog die Knoten der Fesseln auch noch mal extra-fest.
    "Und jetzt komm. Ich habe keine Lust, längere Zeit als nötig mit dir zu verbringen. Schließlich habe ich wichtigeres zu tun, als mich mit einer störrischen Eselstute herumzuplagen."
    Was Ilaria anging, so sagte icht nichts mehr dazu. Miriam wusste sicher ohnehin, dass sie damit unrecht hatte, was sie sagte. Allerdings ließ ich es mir nicht nehmen, einmal kurz und heftig an dem Seil zu rucken. Als Rache sozusagen. Ich nahm das Kleiderbündel wieder auf und setzte mich in Bewegung.