Beiträge von Marcus Petronius Crispus

    Nun galt es zu denken und zu lenken. Cupidus' Bericht half ihm eigentlich recht wenig. Wenn es etwa 60 Mann waren, die sie verfolgten, war seine Einheit überlegen. Dann würden die Banditen aber sicherlich nicht angreifen! Wenn es jedoch eine Falle war, würden sie möglicherweise ins Verderben laufen.


    "Deine Turma setzt sich an die Spitze des Zuges! Bleibt stets in Sichtkontakt zur nächsten Turma und nimm den Rest des Suchtrupps mit! Führt uns zum Lager."


    befahl Crispus. Er hatte beschlossen, die Einheit nicht aufzuteilen und in den Wald zu schicken - das war zu gefährlich. Wahrscheinlich war es das Beste, einfach vorzurücken. Wenn sie auf das Lager stießen, konnten sie das zumindest niederbrennen. Vielleicht hatten die Banditen ihre Frauen und Kinder mit im Wald, dann würden sie das Lager nicht kampflos aufgeben.


    "Milites pergite!"


    brüllte er dann und der Heereswurm setzte sich erneut in Bewegung. Crispus raunte Reatinus ins Ohr:


    "Was meinst du? Was sollen wir machen?"

    Crispus verfolgte schweigend, wie die Männer nach und nach einträufelten. Alle wirkten bester Laune - was man von ihm nicht gerade behaupten konnte. Aber im Prinzip war es ja auch egal - dies hier war etwas ähnliches wie Dienst und da gab es keine Emotionen.


    Direkt nach dem Duumvir meldete sich der Petronier zu Wort.


    "Zum Einen möchte ich auf den ersten Punkt eingehen. Ich habe mir den Bericht angesehen und einen Bautrupp zugesprochen bekommen. Nach dem Frühlingshochwasser werden wir beginnen, da die Sache vorher kaum noch zu schaffen ist."


    Wegen der Stadtpatron-Frage hingegen war sich Crispus unschlüssig. Er kannte neben seinem Patron und seinen bisherigen Legaten kaum einen Senator auch nur vom Sehen. Allerdings hatte er auf dem Forum schon öfter den Mercatus Germanica gesehen. Und der war ja angeblich von einem Senator gebaut worden...oder dessen Bruder? Naja, jedenfalls stammte das Bauwerk von einer senatorischen Familie, die ihre Wurzeln hier in Mogontiacum hatte.


    "Zur Frage des Stadtpatrons möchte ich vorher gern wissen, welche Männer sich auf Reichsebene für unsere Stadt stark gemacht haben. Beispielsweise die Basilica - wer hat die gebaut?"


    Ansonsten erinnerte er sich nicht an ein öffentliches Bauwerk, das besonders imposant wirkte und von einem Senator oder einflussreichen Eques gespendet worden war...

    Da die Armbanduhr noch nicht erfunden war, konnte Crispus, als er auftauchte, keinerlei Reue wegen seiner kurzfristigen Verspätung an den Tag legen. Dafür hatte er jedoch erneut seine weiße Toga über eine Leinen-Tunica gelegt. Damit wirkte er heute kaum noch wie ein Soldat - abgesehen von dem Cingulum Militare, den ein Soldat nur beim Schlafen ablegte.


    "Salvete!"


    grüßte er in die Runde, die aus zwei Personen bestand.

    Crispus war beruhigt, dass er auf die Handwerker zugreifen konnte, wie es ihm gefiel. Damit war sein Besuch eigentlich schon erfolgreich, dennoch antwortete er noch


    "Hm, ich müsste erst einmal genauer nachsehen, wie groß die Schäden sind. Ich habe nur einen recht vagen Bericht. Aber ich denke, dass ich nicht mehr als 2 Centuriae brauchen sollte - aber da ich die Dienstpläne mache, kann ich mir ja eigentlich einfach zwei einteilen. Möchtest du eine bestimmte Einheit? Und wie viele brauchst du eigentlich?"


    fragte er dann. Diese Sache war ihm gerade erst gekommen - für den nächsten Dienstplan würde er diese Informationen in jedem Falle brauchen!

    Als Crispus die herbeistürmenden Pferde hörte und schließlich sah, befürchtete er zuerst, dass es sich um einen Banditen-Hinterhalt handelte. Doch dann zeigten die sinkenden Waffen der Vorhut, dass es sich wohl um die eigenen Späher handelte.


    Der Centurio staunte nicht schlecht, als Cupidus endlich vor ihm stand: Einen römischen Soldaten mit Kohle im Gesicht hatte er noch nie gesehen (mit Ausnahme der Legionsschmiede). Aber dafür gab er kurz und knapp Meldung. Zwar freute er sich, dass die Späher heil davongekommen waren, aber dafür hatte er noch immer keine Ahnung, wie das Lager befestigt war.


    Gerade wollte er etwas erwidern, als er stürmisches Fußgetrappel hörte und schließlich einen Kampfschrei. Rasch blickte er sich um. In einiger Entfernung sah er einen Kopf auftauchen, der jedoch rasch wieder verschwand. Was hatten diese Verrückten vor? Wollten sie die ganze massive Truppe angreifen? Hier im Wald war es schwierig bis unmöglich, eine Formation zu bilden. Zusammen mit dem rutschigen Winterboden und der Dunkelheit waren außerdem denkbar ungünstige Kampf-Voraussetzungen gegeben. Und er wusste nicht einmal, wie viele es waren!


    "Milites consistite!"


    Er winkte Reatinus herbei. Die Centuriones und Decuriones sollten lieber bei ihren Einheiten bleiben, falls der Feind rasch angriff. An Pilum-Salven war hier bei den schlechten Zielverhältnissen auch nicht zu denken, also...


    "Scuta premite!"


    "Gladios stringite!"


    Wenn der Feind jetzt angriff, würde es ein blutiges Gemetzel geben, das war klar...
    Er wies Cupidus, bei ihm zu bleiben und fragte


    "Wie viele Banditen haben euch verfolgt?"


    Nur wenn er den Feind in etwa einschätzen konnte, würde er eine Chance haben!

    Crispus trat ein und salutierte. Offensichtlich war der Tribun gerade mit Papierkram beschäftigt, daher wartete er, bis Alienus aufsah und salutierte dann (dem Rang nach war Alienus ja immernoch eine Spur höher).


    "Salve, Tribune!"


    Auch hier kam er gleich auf den Punkt.


    "Ich komme wegen einer städtischen Angelegenheit. Wir haben der Stadt angeboten, die Bauarbeiten zur Renovierung der Rhenus-Brücke zu übernehmen. Ich bräuchte also ein paar Leute und der Legatus hat mich zu dir geschickt.


    Zum einen bräuchte ich ein paar Legionäre als Handlanger, zum andern Zimmerleute und Steinmetze - kannst du da was bei deiner Limes-Aktion entbehren?"

    Auf dem Weg zum Officium des Tribunus Angusticlavius kam Crispus endlich ein vernünftiger Grund, warum er mit Alienus doch besser sprach: Dieser war ja seines Wissens nach für den Ausbau des Limes zuständig und hatte daher wohl die meisten Handwerker gebucht! Nun galt es, um die guten Kräfte zu feilschen...


    *KLOPF KLOPF*


    pochte er an die Tür und wartete auf Einlass, während er sein Cingulum Militare zurechtrückte...

    Crispus bekam gar nicht mit, wie der Vexillarius mit dem Decurio sprach und hätte vermutlich auch gelacht, wenn er erfahren hätte, worum es ging. Das Feldzeichen zurück lassen?
    Aber er wusste natürlich nichts davon, sondern befahl, kaum dass er seinen Platz eingenommen hatte


    "Pergite!"


    Damit zog der kleine Heereswurm aus dem Dorf in Richtung Wald...wie eins Varus...

    Der kleine Heerwurm hatte die Waldgrenze passiert und die Kavallerie trampelte einen kleinen Pfad in den Waldboden, der inzwischen wieder langsam zu gefrieren begann - es war schließlich Winter! Der Vorteil war, dass die Infanterie kaum Schwierigkeiten hatte, vorzudringen, der Nachteil, dass sie hin und wieder den Exkrementen der Pferde ausweichen mussten.


    Centurio Petronius war nun in größter Aufmerksamkeit. Jedes Rascheln irritierte ihn, ständig hatte er das Gefühl, Pferdegetrappel des Spähtrupps zu hören. Aber noch war alles still und obwohl Crispus ein Freund der Sangeskunst war, verzichtete er darauf, die Legionäre ein Lied anstimmen zu lassen...

    Crispus war froh, dass der Legatus ihm zustimmte - er hatte tatsächlich nach der Sitzung in der Curia nichts anderes erwartet. Dass er jedoch nun mit Alienus darüber sprechen musste, störte ihn ein wenig. Er arbeitete gern eigenverantwortlich und außerdem machte er doch die Dienstpläne!


    Aber gut, hier war kein Ort um sich zu streiten.


    "Vale, Legatus!"


    sagte er daher und verließ das Officium wieder.

    Crispus trat in das Büro des Legaten ein. Er war lange nicht mehr hier gewesen, denn im Prinzip regelte sich der Legions-Alltag ganz von alleine und nur in Sonderfällen musste er den Legaten konsultieren.


    Er salutierte.


    "Salve, Legatus!"


    Dann kam er direkt zu seinem Anliegen.


    "Ich bin hier, um wegen der Angelegenheit zu sprechen, die wir vor geraumer Zeit in der Curia von Mogontiacum besprochen hatten. Ich hatte ja die Unterstützung der Legion angeboten und nun wurde mir die Mängelliste der Rhenus-Brücke überreicht und wir könnten nach dem Frühlings-Hochwasser anfangen.


    Ich wollte wegen dieser Angelegenheit noch einmal fragen, ob ich mir dafür ein paar Männer nehmen kann."


    kam er schließlich auf den Punkt.

    Crispus blickte sich noch einmal um. Der Decurio Tuto sah ihn fragend an, auch die Augen vieler Soldaten waren auf ihn gerichtet. Das war möglicherweise der Augenblick, um einige ermutigende Worte loszuwerden. Dafür musste er sich jedoch erst einen Augenblick sammeln. Schließlich begann er mit seiner üblichen lauten Kasernenhofstimme


    "Milites!


    Wir werden nun in die Schlacht ziehen gegen finstere Barbaren, die die Segnungen des Imperium Romanum nicht anerkennen wollen. Sie haben verdiente Veteranen auf ihnen Höfe niedergemetzelt, Kinder verschleppt und Frauen geschändet."


    An dieser Stelle spekulierte der Petronier wild, aber da die anderen kaum mehr wissen konnten, als er selbst, lag dies durchaus im Bereich des Möglichen. Und am Ende schrieben die Sieger Geschichte.


    "Ich warne euch: Wir werden einen fremden Wald betreten, wo wir nicht wissen, was uns erwartet. Vielleicht haben sie irgendwelche finsteren Fallen ausgearbeitet oder Geiseln genommen. Doch vertraut euch und uns: Wir sind Soldaten Roms, ausgebildet von den besten Centurionen und kampferfahren. Diese dagegen sind Bauern, die glauben, eine Waffe in der Hand mache sie zu einem Krieger. Wir werden sie in den Boden stampfen und die Kreuze, an denen wir die Überlebenden aufhängen werden, werden eine Warnung für alle sein, die sich dem Senat und dem Volk von Rom widersetzen!"


    Dann zog Crispus sein Schwert und stieß einen Kriegsschrei an.

    Auch Crispus grinste. Er hatte mit Sicherheit kaum Spaß am Bauen, denn wenn er gern Baumeister geworden wäre, wäre er nie zur Legion gegangen. Nun gehörte das Bauen jedoch zu den häufigsten Aufgaben des Militärs, weswegen er trotzdem ein wenig Ahnung davon bekommen hatte.


    "Nein, dann verschwind' ich mal wieder."


    Einen Augenblick hatte er überlegt, ob er das Conubium mit Heila hätte ansprechen sollen, doch eigentlich hatte das noch Zeit und Capitolinus war vermutlich auch nicht der richtige Ansprechpartner...

    Auch der Magen des Centurio wurde flau, als er die Männer unter Waffen vor sich betrachtete. Zwar war das nicht sein erster Kampf und er hatte auch schon den ein oder anderen Germanen vom Leben zum Tod befördert, dennoch hatte er im Angesicht des Kampfes wieder jene Angst, die wachsam machte. Er wusste auch, dass diese Angst im Kampf von der Aufregung verdrängt werden würde, sodass sie eigentlich nur nützlich war.


    Er sah zu seinen Offiziers-Kameraden. Der eine wirkte guten Mutes, doch der andere, weitaus jüngere, blickte sich nervös um. Man konnte geradezu den Angstschweiß auf seiner Stirn sehen. Doch er machte ein tapferes Gesicht. Es war ja im Prinzip wie das Lampenfieber eines Schauspielers im Theater...


    Er wandte sich an die Decurionen.


    "Turma II bildet die Vor-, Turma III die Nachhut. Die Centuriae werden in der Mitte marschieren. Meine zuerst, dann deine, dann deine."


    Er deutete zuerst auf den jüngeren, dann auf den älteren Centurio. Die beiden würden ihre Sache sicher gut machen.


    "In agmen venite!"


    brüllte er dann über den Platz, dann band er seinen Helm unter dem Kinn zusammen. In der Ferne hatte die Sonne bereits den Horizont berührt. Sie würden Fackeln brauchen. Er eilte zu den Dorfbewohnern, die immer noch bewaffnet herumsaßen und das Schauspiel trotz der bedrohlichen Atmosphäre zu genießen schienen.


    "Habt ihr Fackeln?"


    Mit der Hand deutete er an, als würde er eine Fackel in der Hand halten. Einer der Männer verstand.


    "Paar."


    Er erklärte seinen Mitbewohnern auf Germanisch, was der Centurio wollte und diese nickten langsam und machten sich in ihre Häuser auf. Kurz darauf kamen sie mit wenigen Fackeln zurück.


    "Jedes Contubernium nimmt sich 2 Fackeln!"


    brüllte er über den Platz und was sich plötzlich gar nicht mehr so sicher, ob es eine gute Idee war, bei Nacht ein Lager anzugreifen. Und ob Fackeln überhaupt sinnvoll waren...andererseits würde man diese Meute sicher eine ganze Meile weit hören. Er selbst nahm sich ebenfalls eine der Fackeln. Sie würden wohl nicht reichen, aber sie waren besser als nichts. Im Kampf waren sie ohnehin nicht zu brauchen.

    Crispus war zufrieden. Er hasste es, unter Zeitdruck zu arbeiten. So würde er immerhin die Möglichkeit haben, alles vernünftig zu planen. Dabei würde er kaum auf Capitolinus' Architekten zurückgreifen müssen: Gaius von der III. Cohors war ein guter Bekannter von ihm und hatte auf dem letzten Übungsmarsch eine Brücke über einen etwas kleineren Fluss geplant. Er würde sicher genug Ahnung von der Sache haben...außerdem arbeitete der Petronier ohnehin lieber mit Soldaten zusammen - die wirkten für ihn immer professioneller als Zivilisten.


    "Material werden wir sicher brauchen. Vor allem Holz. Also wenn du einen Wald hättest, würden wir das Holz gleich dort schlagen - Mörtel und so weiter sollten wir vorrätig haben. Der kostet höchstens bisschen extra."


    Plötzlich erinnerte sich Crispus an damals, als er beim Bau des Hippodroms in Mogontiacum geholfen hatte. Er hatte bereits gewisse Bau-Erfahrung!