Der Tag des Abschieds war gekommen: Crispus und die anderen Gesandten hatten sich ein letztes Mal in der Casa Accia versammelt, um ihren Gastgebern zu danken und sich ordentlich zu verabschieden. Der Alte trug bereits wieder seine bequeme Tunica und einen neuen Reisemantel - vor den Toren der Stadt warteten die Maultiere, heute Abend würden sie in Ostia sein, morgen früh würde das Schiff ablegen. Nachdem der alte Petronier erst vor kurzem die Hinreise hinter sich gebracht hatte, war die Planung diesmal mit weitaus weniger Aufwand und Unsicherheiten verbunden, sodass es sicherlich zügiger gehen würde.
Zuerst hieß es aber Abschied nehmen. Zuerst drückte Crispus dem eigentlichen Hausherrn Accius Damio die Hand, der inzwischen natürlich einmal in seinem Haus vorbeigesehen hatte und, sofern er mit der Einquartierung einer Horde germanischer Decurionen nicht einverstanden gewesen war, dies zumindest nicht gezeigt hatte. Naja, eigentlich hatte wohl auch niemand ahnen können, dass ihr Besuch in Rom sich dermaßen lange ziehen würde.
"Vielen Dank, Accius, für deine Gastfreundschaft. "
sagte er knapp und schenkte ihm ein Lächeln. Dann holte er noch ein kleines Geschenk hervor: Eine Schale aus Terra Sigillata, die er vom Geschenk für den Kaiser abgezwackt hatte.
"Nimm dieses kleine Geschenk als Zeichen unserer Dankbarkeit. Und wie gesagt, wir erstatten dir gern die Kosten für unseren Aufenthalt!"
Dann ging er zu Vala weiter, dem man ebenfalls gar nicht genug danken konnte: Er hatte sie mitten in der Nacht aufgenommen, die ganze Meute hier untergebracht und finanziert, hatte Zugang zum Kaiserhof verschafft, mächtige Fürsprecher aktiviert und und und... - selbst wenn Crispus gelegentlich noch immer ein gesundes Misstrauen gegen die Duccier und ihre Macht hatte: diesmal musste er neidlos zugeben, dass das alles ohne die duccische Beteiligung nicht geklappt hätte.
"Duccius, ich danke dir auch ganz herzlich! Ich bin sicher, dass unsere Civitas - äh - Municipium sich erkenntlich zeigen wird!"
Er zwinkerte dem Senator zu - natürlich war ein Stadtpatronat in erster Linie einmal ein ziemlicher Aufwand, denn Klienten wollten ja ständig irgendetwas. Aber es würde dem aufstrebenden Duccier, der ja, wie man hörte, sogar designierter Praetor war (und das, ohne dass er auch nur ein Haus in Rom besaß!), sicherlich auch zur Ehre gereichen.
"Für dich hab' ich auch 'was - eine Amphore Met aus der Heimat!"
Die Amphore war eher dekorativ und nicht allzu groß. Außerdem hatte der Alte sie am Vortag auf den Mercati Traiani erstanden, nachdem sie natürlich keine großen Vorräte aus Mogontiacum mitgebracht hatten, die Idee mit dem Heimatschluck allen Gesandten aber doch gut gefallen hatte. Außerdem hatte der Händler versichert, dass das Produkt aus Germania Superior kam!
Damit blieb nur noch einer übrig: Sein Sohn, mit dem es in den letzten Tagen doch noch einigen Ärger gegeben hatte. Jetzt, wo er seinen Jungen aber aus seinem Schutz entlassen musste, wurde er doch etwas sentimental. Erst einmal hatte er ihn für etwa einen Monat aus den Augen gelassen, sonst hatten sie seit seiner Ausmusterung jeden Tag miteinander verbracht. Es hatte ständig Ärger gegeben - Lucius hatte ihn immer wieder enttäuscht, er war dauernd begriffstutzig und hatte Flausen im Kopf. Aber immerhin stand er jetzt am Anfang einer Karriere, die das fortführen sollte, was der Alte begonnen hatte. Und darauf konnte man durchaus stolz sein!
"Vale bene, Lucius!"
sagte er und drückte ihm etwas steif die Hand, ehe ihn seine Gefühle übermannten und er ihn vor aller Augen umarmte.
"Mach's gut, mein Junge, und zeig' denen, was ein Petronier is'!"
Mit beinahe feuchten Augen betrachtete er Lucius' lockige Haare, die er ganz eindeutig von der petronischen Seite geerbt hatte. Die Ohren erinnerten ihn dagegen klar an Heila... - jetzt verließ ihn auch noch sein letzter Verwandter! Aber zumindest nicht für immer, wie zu hoffen blieb...
Natürlich hatte er auch für Lucius ein kleines Abschiedsgeschenk vorbereitet. Er holte ein zusammengelegtes, braunes Bündel hervor und entfaltete es. Mit etwas belegter Stimme erklärte er, worum es sich hierbei handelte:
"Mein altes Sagum. Hab's mir damals gekauft, als ich Centurio geworden bin. Denk an mich, wenn du's anhast!"
Mit diesen Worten legte er es seinem Sohn um die Schultern.