Beiträge von Marcus Petronius Crispus

    Crispus nickte - das hatte er mal wieder nicht bedacht. Allerdings hatte er auch nicht so viel Ahnung von der Kaufmannschaft. Andere dagegen schon:


    "Jaja, nach Mogontiacum! Aber der Transitverkehr könnte sich verlegen, Domitius! Nur ein Bruchteil der Güter, die in unserem Hafen verladen werden, gehen direkt in unsere Stadt - vieles wird von Mogontiacum aus verteilt, sowohl hinter den Limes, als auch nach Westen! Und diesen Verkehr wollen wir doch nicht verlieren, oder?"


    wandte Sabinus ein und hob belehrend den Zeigefinger. Auch der andere schien nicht zufriedengestellt und verschränkte die Arme vor der Brust.


    "Und noch einmal: Warum sollten ausgerechnet die Händler bezahlen?"

    Als Callistus ihn zum Fenster holte, folgte Crispus bereitwillig - es wäre wahrscheinlich sowieso nur eine peinliche Situation entstanden, wenn er schweigend zugesehen hätte, wie die Brautleute sich gegenseitig vernaschten. Statt den Duccier beim Ausziehen zu beobachten, spähte er deshalb in die Nacht hinaus: direkt unter dem Turm konnte man das Licht der Festgemeinschaft sehen, dahinter war alles schwarz - immerhin war es Nacht.


    Erst nach einer Weile konnte er sich orientieren, sah die Wachfeuer des Legionslagers und kurz davor tatsächlich den freien Platz, um den sich die öffentlichen Gebäude scharten.


    "Jetz' seh' ich's. Sehr hübsch, sehr hübsch..."


    Er spähte über die Schulter, wo Marsus inzwischen nackt herumstand. Anders als die römischen Decuriones, mit denen er sich gelegentlich in den Thermen traf, war der Duccier reichlich behaart - was aber ebenfalls wenig auffällig für ihn war, denn auch damals beim Militär hatten die wenigsten Kameraden Muße gehabt, sich zu enthaaren. Das war eher etwas für verweichlichte Adlige wie die Stabsoffiziere. Allerdings musste man zugestehen, dass das beste Stück dadurch etwas kleiner wirkte - worüber Marsus sich aber keine Sorgen machen musste, wenn der Alte es mit seinem eigenen verglich...


    Dann sah er schnell wieder aus dem Fenster und schwieg. Es kam ihm auch irgendwie komisch vor, wenn er mit Callistus plauderte, während es hinter ihrem Rücken zur Sache ging...

    Der alte Petronier hörte genau zu, verstand aber nicht jedes Wort - die einzelnen Dialekte konnte er auch nach all den Jahren nicht vollständig verstehen. Aber Rhenus stammte ja von hier und musste sich sicherlich noch ganz andere Gebete anhören. Außerdem war es ja auch ein guter Wein, der hier in die Fluten gegossen wurde.


    Als alles vorüber war, trat Crispus neben den Kapitän des "Flaggschiffes" und wandte sich an die Menge.


    "Bürger von Mogontiacum,


    wir haben nun den Segen der Götter auf uns herabgerufen und die Götter haben das Opfer angenommen! Damit steht unserem Unterfangen nichts mehr im Wege! Trotzdem bitte ich euch als Pontifex und als Leiter dieser Gesandtschaft, auch im Privaten für uns zu opfern, damit unser Anliegen erfolgreich ist! Wir alle werden davon profitieren, wenn Mogontiacum zum Municipium wird! Helft uns also und schließt uns in eure Opfer mit ein!"


    Damit drehte er sich um und betrat die Planke, die den Kai mit dem Deck der Navis Actuaria verband, die das "Flaggschiff" der Gesandtschaft darstellte. An Bord begab er sich ganz ans Heck des Schiffes, von wo aus er beobachten konnte, wie nach und nach alle Gesandten sich auf die Boote verteilten. Auch das hatte Haakon zu überwachen, denn er hatte ja auch die Verladung des Gepäcks beaufsichtigt. Im Laufe der Fahrt hatte man sicher noch Gelegenheit, das Schiff zu wechseln, um nicht ständig mit den selben Personen aufeinander zu sitzen.


    Kurz darauf lösten die Matrosen aber die Taue und die Schiffe die Ruderer begannen, die Schiffe aus dem Hafen zu manövrieren. Vom Deck aus beobachtete Crispus, wie sich die Menschenmenge, die den Gesandten noch einmal winkte, sich immer weiter entfernte. Dann nahmen sie langsam Fahrt auf und die Segel wurden gesetzt...


    Für den Transport der Gesandtschaft hatte man mehrere Prahmboote angeheuert, dazu ein Navis Actuaria. Die Ladung bestand vor allem aus schweren Goldkronen, die sorgfältig in strohgepolsterte Holzkisten verpackt worden waren. Noch umfangreicher war aber das Gepäck der Gesandten - wobei die Petronier noch ziemlich zurückhaltend gepackt hatten: Patulcius Merula hatte gleich zwei Wagenladungen persönlicher Gegenstände mitgenommen, dazu auch noch drei Sklaven zu seiner Bedienung. Die Petronier hatten dagegen zu zweit einen einzigen Sklaven - Arminius - und jeweils ein Bündel, das ein Mann allein tragen konnte (auch wenn es wohl etwas umfangreicher war als das, was etwa ein Legionär mit sich herumtrug). Dazu kam die Wachmannschaft, die Haakon angeheuert hatte: teils finstere Gestalten, teils normale Söldner und pensionierte Legionäre aus dem Freundeskreis der Petronier. Sie waren über alle Schiffe verteilt und sollten mit ihren Waffen dafür sorgen, dass keine Flusspiraten, die der Classis Germanica entgangen waren, sich über die wertvolle Fracht hermachten. Zur Sicherheit ging man aber Abends in den Siedlungen am Ufer des Rhenus vor Anker, übernachtete in den ansässigen Hafentavernen und brach erst am nächsten Morgen wieder auf.


    So bewegte die Reisegemeinschaft sich immer weiter nach Süden...


    [SIZE=7]Bild: Martin Bahmann[/SIZE]

    Zitat

    Original von Faustus Domitius Massula
    "Nö, 'ne Furie ist sie wahrhaftig nicht," gluckste ich zurück. "Wie kommst du denn grade auf so was? Ah, ich weiß, du hast sicher die neue Komödie im Theater gesehen. 'Wer hat Angst vor Octavia Patricia' ... oder so ähnlich."


    Crispus ging quasi nie ins Theater - aber er nahm sowieso an, dass es ein Scherz gewesen war. Zwar verstand er ihn nicht, aber das hatte nichts zu bedeuten - sein Humor war sowieso eher einfach gestrickt.


    "Theater hab' ich daheim genug..."


    antwortete er deshalb und setzte einfach noch einen Scherz drauf.

    Der Haruspex wirkte ein wenig unschlüssig, als er in den Innereien des Stieres herumkramte. Auch hier wurde der alte Petronier fast ein wenig ungeduldig, dann aber kam doch das Ergebnis:


    "Litatio!"


    Der Göttervater war wohl der wichtigste Gott, der ihnen bei ihrem Vorhaben helfen konnte - deshalb war Crispus erleichtert, als endlich das gewünschte Ergebnis kam. Zufrieden lächelnd wandte er sich zum Gehen, als die Prozession sich ein letztes Mal in Bewegung setzte. Der tote Stier wurde auf einen Karren geladen - die Zeit genügte nicht, um ihn zu zerlegen, weshalb dies auf dem Schiff erledigt werden würde. So würde die Gesandtschaft auf jeden Fall in den nächsten Tagen einiges Fleisch zu essen haben.


    Diesmal zogen Musiker, Gemeinde und Götterstatuen links am Capitolium vorbei. Der Zug passierte den Statthalterpalast, in den der Amtsinhaber noch immer nicht zurückgekehrt war - und dies wohl auch nicht mehr tun würde. Das erinnerte Crispus gleich daran, beim Kaiser auch auf die Ernennung eines neuen Mannes für Germania Superior zu drängen - Statilius Taurus war nicht gerade das, was man sich als Statthalter wünschen konnte. Dann zogen sie aber auch schon weiter und betraten den Vicus Navaliorum - wo momentan auch einiges im Gange war. Die Erhöhung der Uferstraße, auf der sie nun entlangschritten, würde Unsummen verschlingen...


    Zu guter Letzt erreichte der Zug aber das Hafenbecken, wo die gemieteten Schiffe aufgereiht und beladen waren. Zufrieden stellte der alte Petronier fest, dass alles offensichtlich gut verräumt war. Ehe er das Schiff besteigen konnte, war aber noch ein letztes Mal eine Gottheit anzurufen, die man niemals vergessen durfte, wenn man zur See fuhr: den Gott des Gewässers. Und traditionell war dies die Aufgabe des Kapitäns. Normalerweise tat dieser das nach seinem Gusto, aber für einen so offiziellen Anlass hatten die Pontifices etwas vorbereitet, das dem rauhbeinigen Seemann eingeflüstert werden würde. Die Opfergabe selbst war dagegen wie gewöhnlich eher klein: Es würde Wein in den Rhenus gekippt werden.


    Die Teilnehmer an der Prozession versammelten sich deshalb in einem Halbkreis um die Mannschaften, die fast vollständig angetreten waren.

    Kurz darauf erreichten sie das Capitolium, das Crispus schon im Vorbeigehen in Augenschein genommen hatte. Und diesmal trat er noch weiter aus der Reihe der Gesandten heraus, zog sich die Toga über den Kopf und betrat würdevoll schreitend den Tempel. Hier thronte der Göttervater, der nach dem Vorbild des stadtrömischen Exemplars auf dem Capitol in purpurne Gewänder gehüllt und mit Messing verkleidet war. Im Halbdunkel des Tempelgebäudes war es nicht schwierig sich vorzustellen, wirklich einer göttlichen Präsenz gegenüberzustehen.


    Der alte Petronier ließ sich Weihrauch reichen und warf ihn in den Foculus, der vor der zentralen Cella aufgestellt worden war.


    "O Iuppiter Optimus Maximus, Vater aller Götter und Schirmherr des römischen Res Publica der Quiriten!


    Unser Gebet steige zu Dir auf wie dieser Weihrauch und neige Euer Ohr uns zu!"


    Als nächstes waren weitere Opferkuchen an der Reihe, die ebenfalls von einem Gebet begleitet wurden:


    "O Iuppiter Optimus Maximus, Vater aller Götter und Schirmherr des römischen Res Publica der Quiriten!


    Seit der Gründung Roms durch Aeneas segnest Du das Volk der Quiriten mit Stärke und Wohlstand! Du hast ihnen ein Reich ohne Grenzen gegeben und zugelassen, dass sie auch dieses Land unter ihre Herrschaft brachten! Auch jetzt schenkst Du ihrem Princeps und dem Senat und dem Volk von Rom Stärke und Weisheit, die Völker zu regieren und auch dieses Land zum Blühen zu bringen!


    Dafür geben auch wir Dir gerechte Gaben, opfern an Deinen Feiertagen und erhalten Dir diesen Tempel als Deine Wohnung!


    Nimm nun auch uns, die Bewohner dieser Civitas, auf in den Kreis der italischen Städte! Neige das Ohr des Princeps, des Senats und des Volkes von Rom unserem Anliegen zu, aufdass sie uns zu ihren Verbündeten und zum vollwertigen Municipium erklären!


    Nimm an diese Kuchen, unsere gerechte Gabe für Deinen Segen!"


    Crispus wandte sich nach rechts, wo ihm einer seiner Amtskollegen ausweichen musste, der als Souffleur gedient hatte. Inzwischen hatte der alte Petronier zwar schon einige Routine beim Opfern und konnte die Standard-Gebete auswendig - trotzdem wollte er bei großen Staatsopfern lieber auf Nummer Sicher gehen. Es wäre doch sehr blamabel gewesen, wenn er sich versprochen oder gar einen Blackout bekommen hätte!


    Nun ging es nach draußen, wo das prestigeträchtigste Opfertier wartete: ein weißer Stier mit vergoldeten Hörnern und der traditionellen Dekoration aus Wollbinden und einer Decke auf dem Rücken. All diese Attribute wurden nun entfernt, während Crispus vor ihm Aufstellung nahm und sich zuerst den Culter (mit dem er über den Rücken strich), dann die Patera reichen ließ. Mit einem kurzen Weihegebet übergab er den Stier an Iuppiter, dann war das eigentliche Opfergebet an der Reihe.


    "O Iuppiter Optimus Maximus, Vater aller Götter und Schirmherr des römischen Res Publica der Quiriten!


    Seit der Gründung Roms durch Aeneas segnest Du das Volk der Quiriten mit Stärke und Wohlstand! Du hast ihnen ein Reich ohne Grenzen gegeben und zugelassen, dass sie auch dieses Land unter ihre Herrschaft brachten! Auch jetzt schenkst Du ihrem Princeps und dem Senat und dem Volk von Rom Stärke und Weisheit, die Völker zu regieren und auch dieses Land zum Blühen zu bringen!


    Dafür geben auch wir Dir gerechte Gaben, opfern an Deinen Feiertagen und erhalten Dir diesen Tempel als Deine Wohnung!


    Nimm nun auch uns, die Bewohner dieser Civitas, auf in den Kreis der italischen Städte! Neige das Ohr des Princeps, des Senats und des Volkes von Rom unserem Anliegen zu, aufdass sie uns zu ihren Verbündeten und zum vollwertigen Municipium erklären!


    Nimm an diesen makellosen Stier, unsere gerechte Gabe für Deinen Segen! Wir geloben Euch ein weiteres Opfertier, wenn unser Anliegen von Erfolg bekrönt und Mogontiacum zu einem Municipium geworden ist!"


    Nun folgte das Übliche:


    "Agone?"


    fragte der Opferstecher und


    "Age!"


    antwortete Crispus. Sofort sauste der Opferhammer herab (der bisher nur bei dem Eber zum Einsatz gekommen war - den anderen Tieren war direkt die Kehle aufgeschlitzt worden). Zugleich stach der Opferstecher zu und Blut spritzte auf das Pflaster des Forums, das Crispus vor vielen Jahren einmal erneuert hatte.


    Nun war es am Haruspex, der inzwischen schon ganz blutige Finger hatte, das Urteil des Göttervaters zu ermitteln...

    Nachdem die versammelte Gemeinde eine Weile zugesehen hatte, wie die Innereien und das Blut auf dem Altar brannten, gab Crispus das Zeichen, um die vorletzte Etappe der Prozession anzutreten. Wieder formierte sich der Zug hinter den Musikern, die aus dem ummauerten Tempelgelände kamen und die draußen wartende Gemeinde mitnahmen. Wieder wurden die Statuen aufgehoben und folgten gemeinsam mit den Opfergaben. Crispus blieb bis zuletzt und beobachtete das Feuer auf dem Altar. Natürlich stank es - wie bei jedem Opfer - fürchterlich verbrannt, dennoch war es wohl das beste Sinnbild für das religiöse Handeln: Wie der Rauch stiegen die Gebete und Opfergaben zum Himmel hinauf, um Apollo Mogon zufrieden zu stellen.


    Und wenn der Haruspex nicht schwindelte, war der Gott auch nicht abgeneigt - das würde ihnen sicherlich helfen, den Imperator zu überzeugen. Blieb noch Iuppiter - und hier würde Crispus persönlich das Opfer leiten. Also beeilte er sich, Anschluss an den Zug zu finden und den Aeditui die weiteren Dinge hier zu überlassen.

    Am Ende der Feier war Crispus ziemlich betrunken und hatte erst etwas verwirrt um sich gesehen, als man ihn aufgefordert hatte, zur Überwachung der Hochzeitsnacht mitzukommen. Einen Moment hatte er überlegt, doch Lucius zu schicken - dann war er aber doch gefolgt.


    Das Zimmer war hübsch geschmückt, aber die beiden Brautleute wirkten trotz der Feier und dem Bier, das in Massen geflossen war, ziemlich aufgeregt.


    "Mach dir keine Sorgen, für dich is' das der leichteste Job der Welt!"


    sagte er deshalb und tätschelte Octavenas Schulter. Marsus beneidete er dagegen in keinster Weise - er selbst war sich nicht so sicher, ob er heute noch einen hochgekriegt hätte, selbst wenn Venus persönlich in seinem Bett gelegen hätte.

    Auch der alte Petronier nahm nach dem Begrüßungsmarathon an einem der Tische Platz. Sein Schwiegervetter hatte nicht gespart und einiges aufgetischt - besonders beim Anblick des Spanferkels lief Crispus das Wasser im Munde zusammen. Er ließ sich Wein einschenken und hob den Krug ebenfalls, als Marsus und Massula einen Trinkspruch ausgaben.


    Nachdem er getrunken und sich den Mund abgewischt hatte, grinste er zu dem Domitier hinüber.


    "Na, na - so eine Furie ist Octavena nun auch wieder nicht!"

    Das Heulen der Betroffenen - das würde wohl primär aus diesem Gremium erklingen, denn hier waren ja die wichtigsten Großhändler vertreten. Und mancher von ihnen setzte sogar eine ganze Menge über den Rhenus um. Dazu gehörte auch Ovinius Sabinus, der vor allem Keramik ins gesamte Imperium verkaufte:


    "Ein solcher Zoll wird aber auch Händler davon abhalten, ihre Güter über Mogontiacum zu handeln. Zwei Sesterzen pro Ochsenkarren mögen wenig klingen, aber aufsummiert gibt es für den einen oder anderen doch ein ganz schönes Sümmchen. Und dann muss man sich doch überlegen, ob man seine Fracht nicht lieber nach Bingium fährt und dort ablädt. Oder über Confluentes, wo es ja auch eine Rhenus-Brücke gibt. Wenn aber weniger Schiffe bei uns anlegen, werden auch die Tavernen im Vicus Navaliorum weniger einnehmen, in den Märkten weniger gekauft und so weiter und so fort."


    "Sehr richtig, sehr richtig! Außerdem ist die Frage, wieso überhaupt wir Händler die Straßenerhöhung zahlen sollen? Ich habe davon nichts! Und wieso sollte ich mehr zahlen, weil ich Eisenbarren handle, während ein Lederhändler viel weniger zahlen müsste? Sollen doch die Einwohner des Vicus dafür eine Sondersteuer zahlen!"


    warf noch ein anderer Decurio ein, der tatsächlich im Vicus Salutaris wohnte.


    Auch Crispus gab noch ein paar Bedenken zum Besten, denn ein Straßenzoll belastete wohl tatsächlich alle.


    "Das stimmt allerdings. Und wenn die Schiffe dann einfach im Hafen von Bauconica anlegen und ihre Güter durch das Stadttor karren, ist ja auch nichts gewonnen. Dem Vicus Navaliorum wird es auf jeden Fall schaden, das müssen wir bedenken.


    Sollten wir es nicht vielleicht erst einmal mit dem Sammeln von Spenden versuchen? Vielleicht gibt es ja ein paar Kaufleute, die freiwillig etwas geben, um solche Zölle und so weiter abzuwenden."

    Als die Prozession sich erneut formierte, entdeckte Crispus in der Menge Haakon, der ihm fröhlich Zeichen gab. Der Petronier nickte zufrieden - wenn der Germane hier war, hieß das wohl, dass das Verladen der Schiffe einwandfrei geklappt hatte und sie gut vorbereitet waren. Zu einem Gespräch kam er allerdings nicht mehr, denn die Menge wurde nun weitergeschoben, um wieder ihren Platz in der Prozession einzunehmen, während die Gesandten bis zuletzt warten mussten.


    Dann ging es weiter: Im Vorbeigehen bestaunte Crispus bereits das Capitolium, das als Endpunkt der Prozession besonders herausgeputzt worden war. Die Fassade war mit Girlanden behängt und die Tore des Tempels weit geöffnet, sodass man leicht den thronenden Göttervater erkennen konnte, dem Crispus später als Höhepunkt der Veranstaltung opfern würde. Zuerst ging es aber weiter bis zum Tempel des Apoll, der als Stadtgott natürlich auch ein geeigneter Adressat ihrer Bitten war.


    Wie zuvor auch kam man im Innenhof des Tempels zum Stehen, der lediglich die Decurionen und Ehrengäste aufnehmen konnte, während die Zuschauer draußen warten mussten. Wieder trat einer der Gesandten - diesmal Patulcius Merula, der als ehemaliger Duumvir für dieses prestigeträchtige Opfer ausgewählt worden war. Wie Lucius und Sabinus auch den Tempel - diesmal wieder einen Umgangstempel - während die Menge wartete. Crispus nutzte die Wartezeit, indem er aus der Ferne noch einmal einen genaueren Blick auf das Opfertier - diesmal einen Eber - warf und sich fragte, ob sein Junge das Tier auch gut kontrolliert hatte. Irgendwie hatte er auf dem Weg das Gefühl gehabt, dass es ab und an ein Bein etwas nachgezogen hatte...

    Nachdem die Litatio verkündet worden war, begann die Prozession endlich tatsächlich: Angeführt von den Flötenspielern, die auch die Opfer begleiteten, begann sich ein Zug zu formieren. Zuerst waren die Zuschauer an der Reihe, danach waren die Opfergaben an der Reihe, die von lorbeerbekränzten Opferdienern getragen (bzw. geführt) wurden, dann folgten Bilder der heute verehrten Götter auf Tragegestellen, flankiert von Weihrauchträgern: Zuerst Mercurius und Rosmerta (jeweils mit ihren ortsüblichen Atributen), dann eine Statue des Divus Augustus in seiner typischen Geste, dann Apollo Grannus Mogon und zuletzt Iuppiter Optimus Maximus, thronend wie auf dem Capitol in Rom. Zuletzt waren die Decurionen an der Reihe, dann die Pontifices, die Magistrate und zuletzt die Gesandten, angeführt von Crispus selbst.


    So betrat man die Stadt durch den Erdwall, der den Vicus Apollinensis noch umfasste - bald schon würde es hoffentlich eine Steinmauer sein - passierte die Thermae Iuliani und machte schließlich vor dem Tempel des Augustus Halt. Hier platzierte man nun Augustus in die Mitte, die übrigen Götterstatuen daneben. Ovinius Sabinus war nun an der Reihe, die Toga über den Kopf zu ziehen und in den Tempel zu gehen, wo das zweite Voropfer seinen Lauf nehmen würde. Kurz darauf kam er wieder hervor und begann mit dem blutigen Teil des Opfers.


    "O Divus Augustus und alle Divi Imperatores,
    ihr schützt das Imperium mit Eurer huldvollen Gnade und schenkt den Imperatores Caesares Augusti Tag um Tag Weisheit und Kraft, den Staat gerecht zu regieren. Wie Ihr zu Lebzeiten den Ruhm und Reichtum des Imperiums gemehrt habt, so segnet Ihr es nun aus den Gefilden der Seligen gleichermaßen.
    Dafür geben wir Euch gerechte Gaben, opfern Eure Feiertage und erhalten Euch diesen Tempel als Eure Wohnung!
    Bedenkt auch weiter Imperator Caesar Appius Cornelius Palma Augustus mit Eurem Segen! Schenkt ihm die Entschlusskraft, diese Stadt zum Wohl ihrer Bürger, der Provinz und des ganzen Imperiums zum Municipium zu erheben, und die Weisheit und Kraft, den Staat gerecht zu regieren.
    Nehmt an diesen makellosen Schafbock, unsere gerechte Gabe für Eure Hilfe! Wir geloben Euch ein weiteres Opfertier, wenn unser Unternehmen Erfolg hat!"


    betete er das Opfergebet herunter und die Opferung erfolgte. Diesmal dauerte es nicht ganz so lange, bis der Haruspex auch hier die Litatio verkündete. Überhaupt fragte sich der Alte, was da falsch gelaufen war - er kannte den Haruspex als nicht so zögerlich (wie er auch hier schnell und routiniert zum Ergebnis kam). Was war bei der Ziege für Mercurius nur falsch gelaufen?

    Der alte Petronier sah glücklicherweise nicht, was für ein säuerliches Gesicht sein Sohn machte - sonst hätte er sich wohl geschämt. Dass dieser die Existenz der Götter sogar rundherum bestritt, wusste er ebenfalls nicht - immerhin hatte sein Sohn ja eine gewisse Begeisterung für die Assistenz bei blutigen Opfern gezeigt, die auch seinen Widerstand gegen Opferaufgaben etwas gemindert hatte (den der Alte übrigens als pubertäres Austesten der eigenen Grenzen gedeutet hatte).


    Gemeinsam mit den anderen wartete er deshalb nicht ohne Stolz vor dem Tempel, der hübsch mit Girlanden geschmückt worden war. Nicht nur, weil er es geschafft hatte, seinem Sohn die ehrenvolle Aufgabe als Opferherr zuzuschachern, sondern auch, weil Lucius bald schon ein Eques sein würde. Der Junge hatte alles zu seiner Vorbereitung getan, was in der Provinz möglich war - alles andere lag nun an seinem Geschick und dem guten Patron, den sie noch suchen mussten. Vielleicht war Germanicus Avarus, der Patron Mogontiacums eine gute Wahl - oder Germanicus Sedulus, sein Neffe (immerhin hatte Avarus sich nicht gerade durch zuvorkommendes Engagement ausgezeichnet - noch immer gab es keine Antwort wegen der Unterbringung der Gesandtschaft)? Letztlich würde er sich vor Ort informieren müssen...


    Mit diesen Gedanken war auch er nicht ganz bei der Sache, während sein Junge das Opfer vollzog. Erst als der Ziegenbock sein Leben aushauchte, wurde er wieder aus seinen Überlegungen gerissen. Vielleicht sollte er noch einmal überlegen, welche Gottheit ihm bei dieser Entscheidung helfen konnte...

    Der Tag der Abreise der Gesandtschaft war gekommen - aber ehe die Decurionen das Schiff besteigen würden, auf dem sie den Rhenus hinabfahren würden, musste noch der Segen der Götter auf sie herabgerufen werden. Auch an den Vorbereitungen für diesen Programmpunkt war Crispus beteiligt, denn als Pontifex gehörte natürlich auch das zu seinem Aufgabenbereich. Das war auch der Grund, warum er das wichtigste und ehrenvollste Opfer des Tages vollziehen würde. Außerdem hatte er dafür gesorgt, dass Lucius auch seinen Anteil an diesem öffentlichen Spektakel haben würde - wenn auch in weniger tragender, aber dennoch unverzichtbarer Rolle.


    Da verschiedene Götter für die verschiedenen Aspekte der Reise zuständig waren, hatte das Collegium der Pontifices sich für eine Prozession entschieden, die von einem zum nächsten Tempel gehen würde und an den Kaianlagen sein Ende finden würde, wo die Gesandten dann gemeinsam mehrere Boote bestiegen, die der alte Petronier angeheuert hatte. Im Vorfeld hatte Crispus' Personal natürlich schon alles Reisegepäck auf die Kähne verfrachtet, sodass nun eigentlich nur noch diese Zeremonie hinter sich gebracht werden musste.


    Und so stand der Alte zusammen mit Ovinius Sabinus, Orchius Duilianus, Tongilius Strabo, Scantinius Amulianus Lyso, Paeonius Silio, Iturius Tubero, seinem Sohn und natürlich Patulcius Merula, dem zweiten Anführer der Gesandtschaft, vor dem Tempel des Mercur und der Rosmerta, wo der erste Teil des Opfers und danach die Prozession beginnen würde...

    Ah, sehr interessant - gute Idee!


    Also prinzipiell sind wir nicht abgeneigt, wir diskutieren aber noch, ob/wie wir das am besten machen können.


    Was ich allerdings einschränkend anmerken muss: Da du der Stadt gehörst und nicht ständig Magistraturen besetzt sind, wirst du gelegentlich relativ selbstständig arbeiten bzw. uns zur Belebung von NSCs anstupsen müssen. Das muss dir klar sein.


    Außerdem kann ein Freigelassener aus dem provinziellen Mogontiacum wahrscheinlich nur schwer so einflussreich werden wie die kaiserlichen Freigelassenen des 1. Jahrhunderts (Narcissus, Pallas). Wenn du tatsächlich so hoch hinaus wolltest, wäre wahrscheinlich eher eine Anstellung am Kaiserhof sinnvoll (vom Cubicularius oder auch dort in der Verwaltung?). Aber auch in den Kommunen des Imperiums spielten Freigelassene natürlich eine wichtige Rolle und kamen zu einigem Ansehen (und wenn du feststellst, dass es dir in Mogontiacum zu provinziell ist, kann man dich sicherlich auch weitervermitteln...).


    Wärst du angesichts dessen also weiterhin interessiert?

    Dann melde ich mich mal...


    Bevor wir uns entscheiden, würden wir gern wissen, wie du dir deine Aufgabe/Position vorstellst. Als Staatssklave gibt es da ja doch eine gewisse Bandbreite vom Straßenbau bis zur qualifizierten Verwaltungstätigkeit...

    Nachdem nun alles geklärt worden war, begann Crispus fieberhaft mit den Vorbereitungen für seine Gesandtschaftsreise. Nachdem er die ganze Sache angeleiert und sich sogar freiwillig für die Legation gemeldet hatte, war ihm die Leitung der ganzen Operation aufgetragen worden - eine Sache, bei der der alte Haudegen sich sofort in seinem Element fühlte. Wie damals, als er die Jagd der Banditen von Borbetomagus geplant hatte, musste er nun alles selbst entscheiden: Haakon würde die Bewachung übernehmen, aber auch eine Route musste geplant werden, es war für Proviant zu sorgen, er musste Händler wegen der Übernachtungsoptionen und der Sicherheit einzelner Straßen befragen (gerade jetzt am Ende des Bürgerkriegs!). Alles in allem gab es eine ganze Menge zu tun und so vergrub sich der Alte den ganzen Tag in seinem Tablinium, um gemeinsam mit Privatus alles vorzubereiten.


    Nach einigen Tagen, vielen Gesprächen und ein paar Überlegungen stand die Route schließlich fest: Sie würden zuerst den Rhenus hinauf fahren bis Augusta Raurica, um von dort per Wagen nach Massilia zu reisen. Von dort ging es dann wieder per Schiff bis Ostia und von dort nach Rom. Der Weg war etwas anders als damals, als er zu Onkel Varus' Hochzeit gereist war - allerdings war er damals auch allein und ohne großes Gepäck gereist. Dazu hatte er sich die teuren Schiffspassagen gespart. Mit der Goldladung war es aber doch zu gefährlich über die Alpen, außerdem gab es Gerüchte, dass der Padus dank der Zerstörung der Dämme im Bürgerkrieg noch immer nicht zur Ruhe gekommen war.
    Für den Transport des Goldes (das momentan nach und nach aufgekauft wurde) würde man in Augusta Raurica Fuhrwerke kaufen - sie auf dem Schiff den Rhenus hinunterzufahren machte eigentlich wenig Sinn und Augusta war eine Handelsstadt - da würde sich etwas organisieren lassen.


    Im Grunde waren damit die wichtigsten Punkte geklärt - jetzt konnte es jederzeit losgehen!

    45 000 Sesterzen??? Crispus riss erstaunt die Augen auf - das war eine Summe, die er noch nie auf einem Haufen gesehen hatte und die er sich eigentlich auch gar nicht vorstellen konnte. Und in der Stadtkasse gab es so viel Geld schon gar nicht...


    "Die Stadtkasse hat momentan gerade einmal 30 000 Sesterzen - wir können uns so ein Projekt also auf keinen Fall leisten."


    warf er deshalb spontan ein, ehe Pacatus weitersprach. Die Sklaven-Lösung erschien ihm auch problematisch, denn woher sollte man die Sklaven nehmen? Die Civitas beschäftigte nur eine Handvoll - oder gab es eine Möglichkeit, große Mengen an Bausklaven zu mieten? Vielleicht Kriegsgefangene aus dem Bürgerkrieg?


    Blieb die Idee mit der anderen Straße...


    "Naja, bei der hinteren Straße gibt's ja das gleiche Problem, da stehen ja auch Häuser. An der Wallseite könnte man höchstens das ganze Bodenniveau anheben... Aber warum wäre die Kaimauer so viel teurer?"