Beiträge von Marcus Petronius Crispus

    Auch Crispus' Figur hatte ihre besten Jahre hinter sich - als Soldat war er noch geradezu athletisch gewesen und selbst als älterer Centurio ganz gut mitgehalten. Das Zivilleben hatte aber auch ihm ein kleines Wohlstandsbäuchlein wachsen lassen - andererseits war er langsam auch so alt, dass man sich das leisten konnte...


    "Soweit ich weiß, ist sie schon unterwegs. Zumindest hat mir gestern noch ein Händler aus Gallia erzählt, dass er von einem Kapitän aus Ostia gehört hat, dass die Truppen aus Rom alle abgezogen sind... oder so."


    Ganz genau hatte der Händler es auch nicht sagen können, denn scheinbar hatte er wenig Interesse an diesen Neuigkeiten gehabt - selbst drängendere Nachfragen hatten ihm nicht mehr entlocken können.


    "Aber wenn sie wieder da ist, ist sie bestimmt ein guter Arbeitgeber - aber du hast kein römisches Bürgerrecht, nicht wahr? Außerdem: sooo gut ist die Bezahlung dann auch nicht - besser als als Arbeiter, aber die Bauprojekte hab' ich nicht alle aus eigener Tasche gezahlt. Ich hab' zwar ordentlich was zugeschossen, aber die Stadtkasse musste schon auch ihren Anteil leisten. Außerdem hab' ich meine Kontakte genutzt und zum Beispiel die Legion für die Brückenrenovierung gewinnen können. Für Neubauten hat's aber nicht gereicht damals."


    ging er dann noch einmal genauer darauf ein - er spielte zwar prinzipiell schon gern den reichen Decurio, aber er wollte Haakon auch keine Illusionen machen.

    "Naja, wenn man sich Tongilius Strabo anschaut, hast du wohl recht."


    sagte Crispus spöttisch und sah hinüber zu dem wirklich ziemlich korpulenten Decurio, der auch auf dem "Flaggschiff" der Gesandtschafts-Flotte untergebracht war.


    "Naja, ich war Magistratus... also Aedil genaugenommen. Ich war damals ziemlich frisch aus der Legion ausgeschieden und hatte Land verliehen bekommen. Daneben hatte ich auch 'ne Menge Entlassungsgeld, von dem ich vorerst leben konnte. Ich war ja immerhin Primus Pilus, da hat man 'ne ganze Stange Sold und bekommt entsprechend Geld beim Ausscheiden.


    Ich hab' damals schon ziemlich was geschafft für die Civitas: Hab' einen Teil der Thermae Iuliani renoviert, das Forum neu gepflastert, die Rhenus-Brücke renoviert... viel davon aus eigener Tasche. Aber gedankt wurde es mir wenig damals - eine lumpige Diploma hab' ich bekommen. Woanders hätte ich dafür wahrscheinlich eine Statue auf dem Forum bekommen... aber naja, damals war ich eben mit den Ducciern überkreuz, da war nichts zu machen..."


    Er konnte sich noch gut erinnern, wie es ständig in der Curia zu Streit zwischen ihm und den "Germanen" gekommen war - damals war er selbst aber auch wenig kompromissbereit gewesen. Hatte wahrscheinlich am Militär gelegen, wo wenig diskutiert und gefeilscht wurde. Trotzdem ärgerlich - irgendeine öffentliche Ehrung hätte ihm schon gefallen...

    "Ja, Startkapital kann nich' schaden. Normalerweise kommen die Magistrate auch aus den reicheren Familien von Mogontiacum. Den Ducciern zum Beispiel, oder den anderen - du siehst hier auf dem Schiff ja genügend davon herumrennen. Die bringen schon eine Menge Geld mit - da kann ich teilweise nicht mithalten."


    Und das, obwohl er vom Kaiser persönlich ein Stück Land geschenkt bekommen hatte und ein paar ganz gut florierende Betriebe sein Eigen nannte! Gegen die Großhändler und Großgrundbesitzer konnte er aber auch damit nicht anstinken...


    "Die Alternative zu viel Geld ist natürlich, dass man einfach die richtigen Leute kennt und anderweitig überzeugt. Ich hatte zum Beispiel am Anfang schon einige Kontakte zu Veteranen der Legion, die sich auch in Mogontiacum angesiedelt hatten. Oder die Dorfältesten, die haben die Stimmen ihrer Leute oft auch so in der Tasche, denen müssen sie gar nichts groß bieten - wer würde schon seinen Häuptling abwählen?"


    Da Haakon ja selbst aus einer Adelsfamilie stammte, leuchtete ihm dieser Punkt sicherlich ein.


    "Aber ein einfacher Handwerker wird es normalerweise auch dann nicht, wenn er viele Leute kennt. Man muss ja auch überlegen, dass so ein Amt 'ne Menge Zeit wegnimmt, in der man nicht in der Werkstatt arbeiten kann. Außerdem sind Leute aus reichen, schon lange einflussreichen Familien für Leitungsaufgaben natürlich besser geeignet. Die wissen, wie man gut redet, wie man mit wichtigen Leuten wie dem Statthalter oder so umzugehen hat und so weiter... Außerdem glauben einige Kelten und Germanen ja auch daran, dass manche Familien von den Göttern einfach eher zum Herrschen bestimmt sind als andere. Ich weiß nich', was ich davon halten soll - aber dass jemand wie mein Lucius gleich zum Senator wird, käme mir auch ziemlich komisch vor, muss ich sagen..."

    "Richtig!"


    bestätigte Crispus die Feststellung seines Klienten. Beim nächsten Punkt musste er dagegen scheinbar noch einmal etwas genauer erklären:


    "Die Ämter werden jedes Jahr gewählt. Aber man kann sich natürlich jedes Jahr aufstellen lassen - Duccius Marsus war zum Beispiel gleich drei Jahre in Folge Duumvir. Und in manchen Dörfern gibt's eben so eine Art Häuptling, der das dann schlauerweise jedes Jahr tut. Im Vicus Britannicus zum Beispiel gibt's einen Dorfältesten namens Indutiomarus, der ist dort Magister Vici seit ich im Ordo Decurionum bin - aber warum nicht? Wenn er seine Sache gut macht..."


    Der letzte Punkt war natürlich auch noch interessant:


    "Und naja, wenn man alle Versprechen nicht hält, dann ist's natürlich schlecht, wenn man nochmal gewählt werden will. Deswegen zahlen viele Magistrate solche Projekte gleich aus eigener Tasche, dann haben die Decuriones auch nix dagegen. So'ne Brotspende oder so kriegt man ja normalerweise auch noch gerade so hin..."


    ...zumindest wenn man einigermaßen wohlhabend war. Und wer das nicht war, hatte im Ordo Decurionum ja sowieso nichts verloren.


    "Wieso, willst du auchmal in den Ordo Decurionum einsteigen?"

    "Naja, so eine Art Duumvir und Aedil in einem, könnte man sagen."


    konkretisierte er Haakons Nachfrage ein bisschen.


    "Aber ja genau, die Idee ist quasi, dass man die Kommunalpolitik auf niedrigerer Stufe übt. Naja, zumindest wenn man kein Unterhäuptling eines Dorfes ist und das Amt permanent besetzt."


    Ihm fiel auch der Vergleich zwischen Tesserarius und Optio ein, aber der hinkte ein bisschen und half Haakon als Nicht-Gedientem wahrscheinlich auch wenig. Zumindest zu letzterem konnte er aber etwas mehr sagen, denn alles was der Junge gemacht hatte, war letztlich auf seinen Mist gewachsen:


    "Und um an das Amt zu kommen, muss man quasi dasselbe machen wie für alle Magistraturen: die Wähler überzeugen. In dem Fall eben nur die des eigenen Vicus. Normalerweise halten die Kandidaten dafür Reden, versprechen den Vicani dies und das - zum Beispiel die Renovierung öffentlicher Gebäude oder Straßen, Brotspenden für Bedürftige oder sowas - oder bestechen ihre Leute direkt mit Spenden aller Art. Wichtig ist dabei vor allem, die großen Patrone auf die eigene Seite zu ziehen, also zum Beispiel die Duccier oder... naja, mich zum Beispiel."


    Inzwischen war Crispus ja durchaus auch eine feste Größe in Mogontiacum und hatte eine beträchtliche Klientel aufgebaut - vor allem natürlich Veteranen.

    Crispus nickte. Er musste allerdings kurz überlegen, bevor er sich wieder erinnerte, wie die Borchter normalerweise genannt wurden - Brukterer, genau. Und die waren ein recht kriegerisches Häufchen, soweit er wusste. Als er damals bei den Adlern angefangen hatte, hatte es noch Veteranen aus dem Aufstand der Veleda gegeben...


    Dann wurde das Thema aber noch einmal gewechselt - zu einer ebenfalls sehr wichtigen Sache: der Gemeindepolitik. Und da kannte der alte Petronier sich inzwischen wirklich ein wenig aus, weshalb er sofort loslegte:


    "Ein Magister Vici ist der Sprecher seines Vicus. Du weißt ja, dass Mogontiacum aus mehreren Vici besteht und jeder Vicus hat eben einen Magister Vici. Er vertritt die Bewohner gegenüber den Decurionen, aber auch in anderen Belangen. Zum Beispiel opfert er den Göttern und den Lares Vicani im Namen des ganzen Vicus. Andererseits unterstützt er aber die anderen Magistrate im Vicus, zum Beispiel hilft er dabei, dass die Gesetze und Verordnungen im Vicus eingehalten werden. Und er ist eben auch ein Ansprechpartner für die Vicani, zum Beispiel wenn es Streit gibt.
    Ich selbst hab' das nie gemacht. Manchmal sind es - gerade auf dem Land - so eine Art Häuptlinge, also ältere, angesehene Männer im Vicus. Aber heutzutage fangen viele junge Leute auch damit an, wenn sie in die Kommunalpolitik gehen. Lucius hat das auch vor kurzem hinter sich gebracht."


    Über den Erfolg seines Sohnes konnte man allerdings streiten - seine Anträge wegen des Töpfer-Streites waren eher abgeschmettert worden und die Vicani waren generell auch eher unzufrieden gewesen. Aber immerhin hatte es gereicht, um ihn zum "Chefankläger" in der Diebesgeschichte zu machen...

    Da hatte Crispus irgendetwas durcheinander gebracht - aber germanische Totengötter waren nunmal auch nicht gerade sein Fachgebiet. Wobei sein Tipp so fern ja nicht lag, immerhin war Hel die Tochter Lokis. Ein listenreicher Clown war dagegen nicht ganz so passend für Duccius Lando - zumindest in Crispus' etwas eingefärbter Erinnerung.


    Als es dann weiter um die ziemlich aufmüpfige Dienerschaft der Duccier ging, nahm der Alte lieber noch einen Schluck Wein. Ein gut geführtes Haus musste in seinen Augen funktionieren wie eine Centurie: Der Hausherr befahl und die Sklaven gehorchten. Und wer nicht sofort spurte, bekam den Vitis zu spüren. Aber immerhin war er momentan im Territorium der Duccier, da konnte er schlecht mit Kritik kommen.


    Deshalb wandte er sich lieber dem Essen zu.


    "Also bei uns gibt's meistens zünftige Hausmannskost. Noch vom Militär ess' ich am liebsten Puls mit Einlage. Aber inzwischen gibt's da auch öfter 'mal Fleisch als früher!"


    Die Fleischrationen bei der Legion waren ja doch ziemlich limitiert. Meistens hatte es Gemüse oder auch gar nichts im Puls gegeben...

    Gemeinsam mit Callistus musste der alte Petronier nun zusehen, wie die beiden Brautleute ihre Ehe vollzogen. Nachdem die beiden entkleidet hatten (wobei ihm auffiel, dass Octavena tatsächlich auch unter ihrer Kleidung ein recht hübsches Mädchen war), ahnte er bereits, dass es etwas länger dauern würde. Deshalb setzte er sich in Ermangelung einer Sitzgelegenheit auf den Boden. Neben ihm schien der junge Duccier recht angetan von dem Geschehen, während Crispus das ganze eher entspannt beobachtete - es gab dank der Decke ja sowieso nicht sehr viel zu sehen. Während er so zusah, wurde er sogar fast etwas schläfrig - der Wein war doch etwas viel gewesen.


    Als Callistus sich dann meldete, war Octavena schließlich tatsächlich nicht der einzige Petronier, dem die Augen zugefallen waren. Er schreckte hoch, blickte kurz verwirrt um sich und stand dann etwas unsicher auf, als sie zur Begutachtung des Bettlakens herangeholt wurden. Er würdigte es eines kurzen Blickes (die Überreste von Octavenas Entjungferung zu begaffen war irgendwie genauso unangebracht wie sie beim Geschlechtsakt zu beobachten), dann nickte er und ließ sich von Callistus aus dem Zimmer bugsieren. Draußen angekommen überlegte er sich kurz, ob er sich nach Hause bringen lassen sollte. Die frische Luft belebte seine Glieder dann allerdings doch ein wenig und er ging noch einmal runter zum Fest.

    Das war gut - das letzte Mal, als Crispus ein Gebirge überquert hatte, war er weitaus jünger gewesen. Und trotzdem war es ziemlich anstrengend geworden damals...


    "Naja, die einzelnen Centuriae können schon auch recht eigenständig kämpfen - die Centurionen sind keine dumpfen Befehlsempfänger, die haben schon 'was auf dem Kasten! Und es gibt heutzutage auch "Antesignati", die einzeln kämpfen und zum Beispiel die Lücken zwischen den Centurien in großer Schlachtformation freihalten - aber im Kleinkrieg sind die germanischen Plänkler eben doch überlegen."


    Das hatte in den Augen des alten Petroniers aber weniger etwas mit eigenständigem Denken zu tun, sondern vielmehr damit, dass man die eigene Disziplin nicht ausspielen konnte.


    Auf die Herkunft Haakons ging Crispus dagegen lieber nicht ein - scheinbar hatte sein Klient wenig Interesse darüber zu reden. Und dass er nach dem Stamm gefragt hatte (er lebte immer hin schon lange genug in Germanien, dass er wusste, dass Germanen sich eher als Vangionen, Chauken oder sonstwas sahen als als Germanen), schob er auf den Wind, der über den Rhenus pfiff.


    "Keine Ahnung, ich bin schon ewig nicht mehr auf dem Rhenus unterwegs gewesen - schon gar nicht so weit südlich. Aber der Kapitän sagte, dass es wohl irgendwann am Nachmittag sein müsste - weit kann's also nicht mehr sein."


    Er sah hinauf zur Sonne, die tatsächlich schon relativ westlich stand.

    "Ja, schon. Aber ich weiß auch nicht so genau - ich hab' die Route auch noch nie genommen."


    Genaugenommen hatte er sich das ganze auf einer Karte angesehen, die keinen besonders kleinen Maßstab gehabt hatte. Und das Gebirge war dort als kleine "Dächlein" dargestellt gewesen, die ungefähr bei Geneva aufgehört hatten. Wie hoch oder flach das Land drumherum war, konnte er also beim besten Willen nicht sagen.


    "Aber wenn du es sagst, dann glaube ich dir das. Immerhin müssen wir aber nicht über die ganz hohen Pässe."


    Er sah wieder einen Moment der Liburne hinterher, die gerade um die nächste Flussbiegung verschwand.


    "Mir ist das zum Glück immer erspart geblieben, nach Germania Magna zu marschieren. Ein paar Kameraden von mir waren damals auch schon ab und an - da gibt's ja nicht 'mal vernünftige Straßen zum Marschieren! Da wundert's einen nicht, dass die Germanen keine vernünftigen Schlachtreihen bilden können. Hab' 'mal gegen einen Haufen Banditen gekämpft bei Borbetomagus. Vangionen war'n das - im Grunde arme Hunde, aber Ordnung muss nunmal sein.


    Aus welchem Stamm kommst du noch gleich? Du kommst sogar aus dem Stammesadel hattest du gesagt, oder?"


    Von der germanischen Gesellschaftsstruktur hatte der alte Petronier nur rudimentäre Kenntnisse - aber er wusste, dass es dort so eine Art Patrizier gab, die wiederum große Klientel hinter sich hatten - Gefolgschaften - und die sich auch die Häuptlingspositionen durchreichten. Und zu einer dieser Familien musste Haakon gehören, wenn er sich recht erinnerte...

    So viel hatte er gar nicht gesagt - wenn er überlegte, hatte er auch nur für etwas Ausgeglichenheit sorgen wollen, damit es zu keiner unüberlegten Entscheidung kam. Und offensichtlich gab es ja wirklich kein gutes Argument, das den Zoll so viel besser machte als die Steuer. Aber trotzdem musste man sich natürlich entscheiden - auch wenn Crispus nicht so genau wusste, was ihm besser gefiel.


    "Also..."


    sagte er deshalb und ging die beiden Möglichkeiten nochmals gedanklich durch: Die Steuer würde alle gleichmäßig treffen - also auch ihn. Der Zoll würde manche treffen - aber wieder auch ihn, denn sein Lagerhaus lag in dem Vicus. Andererseits würde er auch besonders davon profitieren, denn die Schneiderei von Boduus musste auch nach jedem Hochwasser renoviert werden und ein Teil des Lagerbestands war hinüber. Andererseits gingen Tunicae momentan sowieso nicht so gut, zumal die Armee momentan nichts abnahm...


    ".. äh...ich bin für eine allgemeine Steuer."


    Am Ende siegte doch sein Egoismus.


    "Ich glaube, so ein Zoll wird den Leuten im Vicus noch mehr schaden als die Großbaustelle es sowieso tut, denn die Händler, die eine Alternative haben, werden ihre Güter am Hafen in Vicus Salutaris verladen oder sonstwo. Außerdem sehe ich auch eine Gefahr für unseren Handel insgesamt."


    Er stellte sich kurz bildlich die Schlange am Hafentor vor. Dabei bemerkte er, dass dort ja oft auch viele germanische Händler standen.


    "Außerdem dürfte es auch die mattiakischen Händler treffen, weil die auch durchs Hafentor einziehen. Und die kleinen Handwerker dort und so weiter.
    Wir sind als Civitas eine Gemeinschaft und deshalb finde ich, dass wir solche Notwendigkeiten auch gemeinsam finanzieren sollten. Ich wäre also für eine Vermögenssteuer von... äh, das müsste der Quaestor ausrechnen. Das trifft vor allem die Reichen und schont die Armen."


    Er sah fordernd in die Runde.


    "Will nochmal jemand die Argumente für den Zoll zusammenfassen? Dann können wir ja einfach abstimmen, bevor wir hier ständig hin- und herdiskutieren!"


    Sim-Off:

    Ich will ja den Betrieb nicht ewig aufhalten ;)

    Hingehört hatte er schon, aber verstanden hatte er es immer noch nicht.


    "Tut mir leid, Domitius, aber ich vestehe das nicht so richtig: Wo ist der Unterschied, ob der Händler jetzt Abgaben auf seine Waren zahlen muss oder ob er und alle anderen Bewohner der Stadt auch zu gleichen Teilen zahlen? Wenn er es auf den Endpreis draufschlägt - fein! Aber wieso sollten wir es so kompliziert machen?


    Eine Steuer kann doch genauso zweckgebunden sein wie eine Güterabgabe, oder etwa nicht? Ob der Zöllner am Wall jetzt kassiert oder der Quaestor, wenn er sowieso überall Steuern einzieht, ist doch irgendwie kein großer Unterschied. Und der Quaestor kann genauso wieder damit aufhören wie der Zöllner..."

    Honigbrot und Vitis hatten sie damals unter den Centurionen gesagt - das Sprichwort war offensichtlich weiter verbreitet. Und auch die zweite Binsenweisheit konnte er bestätigen:


    "Jaja, es war immer wieder interessant zu sehen, wie sich Leute in der Schlachtreihe verhalten, wenn wirklich ein Feind gegenüber steht. Da musste man manchem so viel Angst einjagen, dass er mehr Angst vor dir als vor dem Feind hatte..."


    Zwar war es ihm nie passiert, dass jemand im Angesicht der Schlacht desertiert war - was auch das Fustuarium zur Folge gehabt hätte. Bei so einer Strafe hatte er einmal zusehen müssen - keine schöne Sache...


    "Aber so direkt müssen wir ja nicht über die Alpen, oder? Wir wollen ja nach Massilia und nicht nicht nach Mediolanum..."


    Die Alpenpassage hatte er am Anfang auch in Erwägung gezogen - erfahrene Händler hatten ihm allerdings davon abgeraten, schon wegen der Banditen auf den Pässen, die sich vor allem in Kriegszeiten wie die Karnickel vermehrten.

    Der alte Petronier nickte - als Kommandeur der Miliz kannte er einige der Männer persönlich. Allerdings war er nicht von jedem überzeugt, dass er geeignet für diese Aufgabe war - es waren einige Habenichtse dabei, die nur die spärliche Bezahlung bei Gehorsam hielt. Und wenn die sich gegen die Gesandtschaft verbündeten, würde das ganze Gold schnell den Besitzer wechseln...


    "Das hätte ich auch mindestens eingeplant."


    bestätigte er aber trotzdem.


    "Du solltest aber immer ein Auge auf die Männer haben - ein paar von ihnen brauchen das, glaube ich..."


    Nicht, dass Ovinius etwas von seinen teuren Gepäckstücken verlor...

    "Naja, aber warum ist denn eine Abgabe auf die Händler eigentlich besser als eine Steuer? Wir können das eine doch genauso schnell wieder abschaffen wie das andere. Und was hat ein Händler aus dem Vicus Salutaris davon, wenn im Vicus Navaliorum die Straße angehoben wird?"


    wandte Crispus ein, der natürlich keine Ahnung vom Warenumschlag im mogontiner Hafen hatte, aber die Einwände des Händlers auch nicht dumm fand.

    Hades? Ach richtig, das war ja Pluto - Crispus musste kurz überlegen, obwohl er als Pontifex wohl etwas genauer hätte Bescheid wissen müssen. Die Einwände des Matiniers waren aber nicht falsch und treffend. Dass es aber auch dagegen Einwände gab, war natürlich klar:


    "Wenn es sowieso auf den Verbraucher aufgeschlagen wird, können wir es doch auch gleich als Steuer einziehen. Dann sieht es wenigstens nicht so aus, als würden wir die Preise in die Höhe treiben!"


    Immerhin schien Sabinus das Maul gestopft worden zu sein.

    Wenn Gunda sich so aufführen würde, hätte Crispus ihr sicherlich selbst eins mit dem Kochlöffel gegeben - aber er musste auch zugeben, dass diese Marga wirklich ziemlich gut kochte, sodass man wohl ein paar Eigenheiten hinnehmen musste. Und wenn sie Duccius Lando eins übergegeben hatte, konnte ihm das nur recht sein, denn so gut er sich mit den Ducciern inzwischen verstand - an Duccius Lando hatte er keine guten Erinnerungen.


    "Is' Loki nich' euer Name für Pluto?"


    fragte der alte Petronier dazwischen. Was für ein passender Name für den ehemaligen Magister Scriniorum...

    Die Matrosen der Liburne mussten rudern, da der Wind heute nach Süden ging und damit für die Gesandtschaft günstiger stand. Allerdings winkte der Taktgeber im hinteren Bereich des Kriegsschiffes zurück, ehe das Schiff auch schon vorbei war.


    "Naja, wir werden das Schiff schon schaukeln... oder den Karren eher. Immerhin haben wir ja 'nen Haufen Wachpersonal dabei - wo hast du die Männer jetzt eigentlich alle her? Und wie viele sind es insgesamt?"


    Zwar glaubte der alte Petronier, dass Haakon ihm diese Informationen zumindest teilweise schon gegeben hatte, aber irgendwie hatte er es wieder vergessen...

    Heute war Argentoratum das Tagesziel, wo die Legio VIII bereits seit längerer Zeit wieder Quartier bezogen hatte. Das hatte ihnen zumindest der Wirt in der Herberge berichtet, aus der sie am Vortag aufgebrochen waren. Crispus war zufrieden: Sie kamen gut voran und wenn das Militär aus Italia zurück war, würde die Rhenusflotte auch wieder mehr Zeit haben, den Fluss piratenfrei zu halten. Und tatsächlich begegneten sie an diesem Tag einer der Liburne, der der Alte fröhlich winkte.


    "Sind die Wege wieder sicher, Haakon. Oder was meinst du?"


    fragte er seinen Organisator, der neben ihm auf dem Deck des Navis Actuaria stand.