Beiträge von Marcus Petronius Crispus

    Nach dem Gespräch vor der Curia hatte Crispus eine Weile darüber nachgedacht, wie man das Thema Krieg am besten aufs Tableau brachte. Einerseits wollte er nicht riskieren, dass dem Ordo Decurionum Illoyalität zum Statthalter unterstellt wurde, andererseits lag ihm die Sicherheit seiner Heimat am Herzen - und wenn die Legionen abzogen, war diese nicht gewährleistet.


    Also ließ er sich unter dem Stichwort "Sicherheit" auf die Rednerliste setzen. Als er an der Reihe war, begann er ein bisschen nervös:


    "Decuriones,


    es tut sich einiges in Mogontiacum. Das dürfte jeder bemerkt haben. Die Ala II Numidia lagert hinter unserer Stadt und es herrscht Zwietracht im Reich. Wie ihr sicherlich auch wisst, haben die germanischen Provinzen dem Imperator in Rom die Treue aufgekündigt, während andere noch zu ihm stehen.


    Noch ist nichts bekannt, wie es weitergeht. Als Stadtväter müssen wir aber dafür sorgen, dass unsere Civitas nicht in Gefahr gerät, wenn es etwa zu einem Bürgerkrieg kommt. Deshalb müssen wir wissen, was als nächstes geschieht, um uns vorzubereiten. Gibt es dazu offizielle Informationen? Hat Annaeus Varus die Duumvirn ins Vertrauen gezogen? Oder sollten wir eine Gesandtschaft zur Regia schicken, damit unsere Position deutlich wird und wir den Statthalter an seine Schutzpflicht erinnern?"


    Er sah sich um - soweit er wusste, war der Statthalter derzeit sowieso so beschäftigt, dass er nicht bei den Sitzungen der Curia vorbeischaute. Aber vielleicht hatte man ihn auch informiert und er würde gleich hier Rede und Antwort stehen...

    Zitat

    Original von Mathayus Magonidas
    "Ach was... und wenn schon. Mit mir und deinem Sohn hast du doch schon mal quasi die beiden wichtigsten Vicus in der Tasche. Dann noch deine Verbindungen zur Legion die dir das Cannabae sichern sollten. So wie ich es bisher mitbekommen habe will auch kein Ducci nachrücken... bzw. eventuell bist du ja demnächst mit ihnen durch Heirat verbunden. Also wer sollte dich aufhalten?"


    "Naja, noch ist die Katze nicht im Sack!"


    erwiderte Crispus und lächelte geschmeichelt. Ein paar Verbindungen hatte er schon, aber ob es zum Duumvir reichen würde? Die Sache mit den Ducciern musste er aber unbedingt weiter verfolgen, weshalb er sich aufrappelte und meinte


    "Gehen wir auch 'mal hinunter zu den Ducciern? Sonst wird's ja nie etwas mit der Heirat!"


    Aus den Augenwinkeln bemerkte er, wie Lucius mit Sicca sprach und dabei ein bisschen herumstammelte - naja, in seiner Jugend war Crispus auch nicht gerade ein Abbild des Selbstbewusstseins gegenüber Frauen gewesen. Genaugenommen wunderte er sich, wie er damals Heila abbekommen hatte...

    "Naja, in Africa ist er zumindest aus dem Schneider."


    gab Crispus zu bedenken und überlegte, wie er sich wohl fühlen würde, wenn er monatelang nichts von seiner Familie hören würde.


    "Ehrlichgesagt weiß ich nicht, ob ich meinen Jungen ausgerechnet in einen Bürgerkrieg stoßen will. Das ist ja doch eine gefährliche Sache und das Römer-Abschlachten sollte er nicht unbedingt lernen."


    bemerkte der alte Petronier mit einem Lächeln - einerseits legte er großen Wert auf Härte und Zucht, andererseits liebte er Lucius aufrichtig. Ihn zu verlieren wie Heila, würde er kaum verkraften.


    "Aber ich will sowieso, dass er gleich als Offizier einsteigt. Dazu muss er aber zum Ritter gemacht werden und da weiß ich wieder nicht, wie das in der aktuellen Situation klappen soll - eigentlich kann nur der Kaiser Ritter ernennen..."


    Diese ganze Geschichte kam wirklcih verdammt ungünstig!

    Auch Crispus sah erwartungsvoll zu Massula. Natürlich hatte er einen gewissen Loyalitätskonflikt - einerseits sollte er seinem Vorgesetzten den Rücken freihalten (die Sicherung einer Stadt am Rhenus stand vermutlich ganz unten auf seiner Prioritätenliste), andererseits war er Decurio einer Stadt, die er nicht verlieren wollte. Oder würde er mit den Truppen wegziehen und Mogontiacum sich selbst überlassen?

    "Naja, ich würde jedenfalls vorschlagen, die Sache noch ein bisschen aufzuschieben. Lucius soll sowieso erstmal zum Militär, da ist er wahrscheinlich für ein paar Jährchen im ganzen Imperium unterwegs und kann sowieso keine Familie gründen. Aber wenn's bis dahin klappt, können wir deine Töchter ja mal im Auge behalten..."


    erklärte Crispus nach einer kurzen Pause - langsam war sie ihm ein wenig peinlich geworden.

    In keinster Weise wollte Crispus den Domitier aus der Reserve locken - er verstand nur nicht, warum er so überzeugt auf der Seite von Modestus stand. Für ihn selbst war es eben fragwürdig, dass wegen diesen Machtspielchen hunderte oder tausende Römer ihr Leben lassen mussten. Vermutlich erhoffte Massula sich, dass etwas für ihn heraussprang - und so unwahrscheinlich war es ja nicht, nachdem die halbe Armee Salinator die Treue verweigerte.


    "Naja, hätte mich eben interessiert... Ich versteh' nicht so viel von großer Politik..."

    Um nochmal klar zu machen, wovon wir reden: Bei "Die Aedile haben Verstöße gegen die öffentliche Ordnung und Vergehen am Municipium und dessen Eigentum aufzuklären und die Täter der Gerichtsbarkeit der Duumvirn zu überantworten" sehe ich nichts, was daran nicht verständlich ist. Obwohl ich lieber "im Municipium" statt "am Municipium" sagen würde."


    gab Crispus noch einmal hinzu.

    Während Crispus noch darüber nachdachte, was er dem Vinicier sagen würde, wenn er an Lucius' Stelle wäre, kam der kleine Tross plötzlich zum Stehen. Sein Sohn war plötzlich richtig aufgebracht - warum nur? Der Alte war sich keiner Schuld bewusst und dass er ihm bei seinen Amtspflichten half, war doch selbstverständlich...


    Kurz überlegte er, ihn über die Schwierigkeiten der kommenden Aufgabe zu belehren, dann erinnerte er sich aber an die Worte Massulas - junge Leute mussten eben manche Fehler selbst machen, um daraus zu lernen.


    "Hm, na gut. Dann warte ich zu Hause."


    antwortete er deshalb, zuckte mit den Schultern und bog ab.

    Natürlich war sich der alte Petronier sehr wohl darüber im Klaren, dass die hohen Würdenträger Roms genau die gleichen Spitzbuben waren, wie sie im Ordo Decurionum zu finden waren - nur auf höherem Niveau. Inwiefern der neue Kaiser oder Pseudo-Kaiser allerdings besonders hervorstach, war ihm nicht klar...


    "Und woher weißt du das? Für mich klingt es nicht abwegig, dass Valerianus seinen Stellvertreter auch formell als Kaiser bestimmt, wenn er und sein Sohn sterben. Es gibt ja keine anderen Verwandten mehr, oder?"


    Natürlich wusste er auch, dass der Statthalter und seine Freunde das anders sahen - allerdings nicht, woher sie diese Gewissheit nahmen. Für Crispus klang es jedenfalls stark danach, als wäre das ein Vorwand, um selbst die Macht zu ergreifen...

    Die zugeknöpfte Art Massulas lag also daran, dass er Redeverbot hatte. Dass sich irgendetwas zusammenbraute, war allerdings klar - die Ala lag in Mogontiacum und man zog Vorräte zusammen. Dass es dann noch geheim war, wie viele Truppenteile tatsächlich abmarschieren würden, fand der alte Petronier ein bisschen affig, aber er hatte Verständnis für die Reaktion des Domitiers - Befehl war Befehl!


    "Wir sollten wirklich eine Gesandtschaft der Stadt hinschicken. Zum Statthalter, meine ich..."


    wandte er ein und dachte bei dem Hinweis auf ihn noch einmal daran, wie es wohl wäre, noch einmal sein Gladius anzulegen. Wahrscheinlich würde eine "Bürgerwehr" keine Chance gegen plündernde Stämme haben, aber den Wall würde man vielleicht schützen können - oder die Bürger flüchteten sich in das verlassene Castellum.


    Die Bemerkung zu Salinator verstand der Alte aber ebenfalls nicht - was hatte Salinator denn anderes getan als alle anderen Kaiser? Crispus hatte er jedenfalls nicht belogen...


    "Was hat er denn gelogen? Glaubst du, er hat Valerianus umgebracht? Aber wieso? Er hatte doch scheinbar auch so die Macht, wenn man den Gerüchten glauben darf..."

    Der alte Petronier zuckte mit den Schultern - tatsächlich kannte er den Statthalter nur vom Sehen.


    "Ich habe noch nie mit ihm gesprochen. Und ich wüsste leider auch nicht, was man ihm anbieten sollte - ich habe ja doch wenig zu bieten..."


    Und wollte er dies wegen Sicca riskieren? Nicaea war ihm eigentlich doch die liebere Schwiegertochter... - oder konnte man vielleicht doch Mathayus zum römischen Bürger machen? Wenn das mit dem Municipium klappen sollte, war es ja nicht mehr völlig abwegig...

    "Vale!"


    verabschiedete der alte Petronier den Aedil und schüttelte leicht den Kopf - die Ermittlung in einer Mordsache - noch dazu beim Sohn eines Decurionen - hätte er niemals einem Jüngling wie seinem Sohn anvertraut. Aber vielleicht ging es ja wirklich nur um die Suche nach Zeugen und außerdem konnte er sich ja freuen, dass man Lucius so vertraute.


    "So, dann gehen wir mal!"


    wandte er sich an seinen Sohn - er ging fest davon aus, dass dieser nicht auf seine Hilfe verzichten konnte. Gerade das Überbringen einer Todesbotschaft war ja nicht unbedingt angenehm...

    Die Reaktion des Domitiers war ziemlich gereizt, wie auch Crispus feststellte. Da er nicht erkennen konnte, was er falsch gemacht hatte, schob er es allerdings einfach darauf, dass der Princeps Praetorii einen schlechten Tag hatte - wahrscheinlich hatte er viel zu tun und musste auch noch arbeiten heute Nachmittag.


    "Was ist denn das Problem mit ihm eigentlich? Ich habe gehört, er ist auch ein Homo Novus. Aber das ist ja kein Verbrechen, nicht wahr?"


    Zwar hatte er schon häufiger davon gehört, dass der Vescularier nicht sonderlich beliebt war - aber wirkliche Argumente hatte er bisher noch nicht gehört.


    Mathayus hatte dagegen scheinbar pragmatischere Fragen - die aber ebenfalls wichtig waren...

    "Das unterstütze ich alles!"


    stimmte der Petronier zu und sah dem Duccier. Kurz überlegte er, vorzuschlagen, den Quaestor zu begleiten. Dann besann er sich aber - es gab eigentlich keinen Grund und dem Quaestor musste man sowieso trauen. Was tat der eigentlich die ganze Zeit, wenn die Stadtkasse leer war?


    "Übrigens sollten wir dann auch überlegen, die Stadtkasse gleich den Göttern anzuvertrauen. Wurde da schon etwas unternommen?"


    Der Vorschlag, die Kasse in Zukunft im Tempel des Apollo unterzubringen war ja bereits vor längerer Zeit unterstützt worden - auch Marsus war dafür gewesen. Blieb die Frage, ob man den Tempel informiert bzw. baulich daran angepasst hatte...

    Zuerst war Crispus etwas verwirrt, als Marsus nachfragte - so hatte er das nicht gemeint. Aber das kam wohl von den langen Redebeiträgen, die die Decuriones abzugeben pflegten...


    "Nein, nein, ich meine, dass die Aedile den Ordo befragen müssen, wenn sie mehr Geld brauchen. Sei es für Apparitores, sei es für Kopfgelder oder sonst irgendwas. Aber wir brauchen ja nichts festzuhalten, was sowieso jeder tun kann. Wenn ich einen Spitzel engagiere, brauche ich dafür ja auch kein Gesetz..."


    erklärte er dann noch einmal sicherheitshalber.

    "Conubium ist das Recht, eine gültige Heirat einzugehen. Sie gilt zwischen allen römischen Bürgern, aber Ehen mit Peregrinae sind vor dem römischen Gesetz normalerweise nicht gültig. Auxiliares wie die Ala in Confluentes erteilen den ehrenvoll Entlassenen das Conubium für eine einzige Frau. Wenn sie also das Militär verlassen, können sie ihre Freundin heiraten und ihre Kinder werden römische Bürger. Normalerweise würden sie ja Peregrini werden, weil es keine gültige Ehe ist und damit die Frau den Status der Kinder bestimmt."


    erklärte der alte Petronier. Normalerweise interessierte er sich nicht so sehr für Rechtsthemen, aber damit hatte er sich vor einigen Jahren ausführlich beschäftigen müssen. Am Ende war immerhin die Anerkennung Lucius' als römischer Bürger gestanden. Um aber zu erklären, warum dies mit Sicca schwierig war - abgesehen davon, dass Crispus sich kaum vorstellen konnte, das Mädchen als Schwiegertochter zu bekommen - musste er noch etwas genauer werden:


    "Legionssoldaten erhalten kein Conubium. Wahrscheinlich will der Kaiser, dass sie nach Italia oder in ihre sonstige Heimat zurückkehren und Römerinnen heiraten. Ich hatte eine Ausnahmegenehmigung bekommen, weil ich ja Primus Pilus und so gewesen war. Nachdem Lucius wenig vorzuweisen hat, glaube ich aber nicht, dass der Statthalter hier schon wieder eine Ausnahme macht. Er wird wahrscheinlich sagen, dass Lucius sich eine Frau in Hispania suchen soll, wo unsere Familie herkommt. Oder in Rom."


    So ganz konnte er auch nicht verstehen, was genau der Kaiser mit dieser Politik bezweckte, aber so waren die Regeln.

    "Naja, viele haben auch genug von der Legion und machen ein Geschäft auf. Das können die Kinder ja auch erben."


    wandte Crispus ein. Bei ihm selbst war es kein Problem gewesen - er war immerhin Primus Pilus gewesen und hatte deshalb das Conubium von Lucianus erhalten. Ob ein einfacher Legionär diese Gunst erhielt, wusste er nicht... Für einen jungen Eques war es aber vermutlich nicht so einfach, denn der Kaiser wollte ja, dass römische Bürger römische Bürgerinnen heirateten, sonst würde man solche Dinge wie ein Conubium ja nicht benötigen, sondern jeder konnte jeden heiraten.


    "Oder man bittet den Statthalter um ein Conubium. Ein alter Centurio oder so könnte da vielleicht Chancen haben..."


    gab er deshalb zu.

    Scheinbar hatte man die Täter erst vor kurzem aufgetrieben - oder die Frumentarii hatten sich großzügig bedient. Auf jeden Fall war es wichtig, schnell etwas zu unternehmen.


    "Dann sollten wir das Geld schnell wieder hierher bringen. Ich denke, dafür sollten wir uns einen entsprechenden Befehl des Statthalters holen. Und wir müssen die Täter verklagen, damit sie ihre gerechte Strafe bekommen!"


    Endlich konnte die ganze Civitas wieder aktiv werden!

    Natürlich wollte Crispus als Patron seinem Klienten helfen und dachte eine ganze Weile nach, ob er noch irgendwelche heiratsfähigen jungen Männer in seinem Umfeld hatte - allerdings war dies nicht einfach, denn die meisten seiner Freunde waren in seinem Alter und als Veteranen schon verheiratet - aber da hatte er eine Idee!


    "Ich könnte mich mal umhören bei den Legionären, die bald aus der Legio ausscheiden. Die bekommen ja Entlassungsgeld bezahlt und sind froh, schnell eine Frau zu finden. Die Mitgift wird ihnen auch gefallen, wenn sie ein Geschäft aufmachen wollen. Und da gibt's genügend Kerle, die Frauen schnell unter Kontrolle bringen."


    Wenn er an die rauen Kerle aus der I. Centuria dachte, die er damals als Primus Pilus kommandiert hatte, konnte er sich keine Frau der Welt vorstellen, die diese vielschrötigen Typen zur Ruhe brachten.