Beiträge von Marcus Petronius Crispus

    Als das Tuch hinweggerissen wurde, stutzte Crispus. Er erinnerte sich noch gut an den Entwurf, den Willigis für die Statue gemacht hatte - es war ein kleiner Valerianus gewesen. Und nun, als er den Unterschied erkannte, fiel ihm die Kinnlade herunter. Die Sache war ziemlich lange verschleppt worden und ihm selbst war es bis jetzt ebenso entgangen. Doch nun erinnerte er sich wieder! Man hatte vereinbahrt, dem neuen Kaiser eine Statue zu errichten, nicht dem alten! Zwar hatte er nichts gegen Divus Iulianus, aber wieder einmal hatten die Duccier klar die Abmachungen der Decuriones in den Wind geschrieben!


    Sein Kiefer ging wieder zurück, doch nun biss der alte Petronier die Zähne zusammen und schluckte. Das würde er diesen Barbaren aber ganz sicher auf die Nase binden. Aber es konnte kein Fehler sein: Lando hatte die Statue ja selbst anfertigen lassen! Lucius, der ja den Namen des abgebildeten Kaisers trug, schien all das wenig zu berühren. Er hatte wohl schon öfter Statuen Iulians gesehen und schenkte dem Publikum mehr Aufmerksamkeit als dem Geschehen auf der Bühne.

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    S Artorius Reatinus - Legio I Traiana - Mantua



    Crispus Reatino s. p. d.


    Leider hat es etwas gedauert, bis ich mich jetzt wieder bei dir melde. Du weißt ja, wie das immer so ist: Geschäfte, Arbeit und dann vergisst man es wieder! Jetzt jedenfalls habe ich es endlich geschafft.


    Hier in Mogontiacum läuft es nicht so gut, wie ich es gerne hätte. Diese Duccier beherrschen wirklich alles: Ein Duccius Marsus glaubt, er kann machen, was er will und nicht einmal seine Amtszeit vollenden muss. Aber dem habe ich es gezeigt: Der Statthalter hat dafür gesorgt, dass es wieder einigermaßen nach der Tradition und den Regeln läuft. Auch sonst schicken sie jetzt jedes Jahr irgendjemanden unter die Magistrate und haben sowieso den halben Ordo Decurionum gekauft. Hadrianus Iustus meint, dass wir etwas tun müssen - aber wir wissen nicht so recht, was!


    Bei den Geschäften läuft es dafür ganz gut. Meine Schneiderei war eine gute Idee: Sie läuft hervorragend! Leider ist der Statthalter auch abberufen worden, sodass wir nicht genügend Männer sind, um unsere Societas zu gründen. Hadrianus Iustus scheint noch jemanden zu kennen - ich melde mich, wenn wir etwas gefunden haben.


    Ich hoffe, bei dir läuft es auch gut! Du bist ja schon eine Weile da und machst sicher gute Arbeit! Vielleicht solltest du schauen, etwas Kontakt nach Rom zu bekommen. Bestimmt wartet irgendwo noch eine Kohorte oder so darauf, dich zum Kommandeur zu kriegen!


    Dein Crispus

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    Ein junger Sklave, der wohl beinahe schon das Erwachsenenalter erreicht hatte, gab den Brief ab und bezahlte sofort.

    Wieder einmal saß Petronius Crispus gemeinsam mit Privatus in seinem Tablinium und rechnete ab. Die Officina hatte ganz gute Gewinne abgeworfen, wie er feststellte. Vielleicht sollte man sogar expandieren? Beim Steinbruch sah es düsterer aus: Wieder einmal fehlte es Willigis an Werkzeug, das sich durch den Stein ständig abnutzte. Und wieder ärgerte Crispus sich darüber, dass dieser Caecilius nur sehr unzuverlässig lieferte. Er erinnerte sich dunkel, dass man etwas von Ausschließlichkeit ausgemacht hatte, doch als Privatus den damaligen Vertrag vorgelesen hatte, musste der Petronier sich weiter ärgern: Im Grunde war nur der Preis festgelegt worden!


    "Dieser verdammte Caecilius! Warum haben wir nur keine Klausel in den Vertrag eingebaut damals? Dann wäre ich jetzt ein reicher Mann! Und so muss Willigis seine Zeit damit verplempern, nach Schmieden zu suchen! Am besten wäre es, wenn man alles selber herstellt!"


    "Nein, Herr, man müsste sich um zahlreiche Geschäftsbereiche zugleich kümmern. Du solltest dir einen neuen Anbieter suchen! Abgesehen davon benötigt man keinen Vertrag, um Werkzeug zu diesem Preis zu bekommen - es gibt Händler, die am Straßenverkauf billiger sind!"


    Crispus war schlecht gelaunt und die Verbesserung seines Sklaven, der wie üblich alles besser wusste, ärgerte ihn noch mehr. Natürlich hatte er recht, aber musste er alles immer in einem Ton sagen, der dazu führte, dass Crispus sich wie ein dummer Bauer vorkam?


    "Hm, du hast ja recht. Aber wer hat die Kapazitäten für mich?"


    fragte er daher - sicher, dass Privatus bereits einen Plan hatte. Und tatsächlich:


    "Was ist mit diesem Reatinus? Er wollte doch auch in die Societas hinein...vielleicht ist er dir entgegenkommend - er ist doch auch so etwas wie dein Freund, nicht wahr?"


    Reatinus? Natürlich, Reatinus! Wieder einmal kam der Alte sich dumm vor: Wie hatte er Reatinus vergessen können? Der hatte doch auch eine Schmiede und produzierte scheinbar passables Werkzeug! Und er war nicht auf jedes As angewiesen, da er sowieso Offizier war!


    "Na dann schreib diesem Comes einen Brief, dass der Vertrag beendet ist! Und Reatinus schreibe ich selber."


    "Es wäre unklug, den Vertrag zu kündigen, Herr. Es liegt keine Klausel vor, die ausschließt, das Werkzeug aus anderen Quellen zu beziehen. Und im Zweifel hast du dadurch stets ein Anrecht darauf, Werkzeug zu diesem Preis zu erhalten...soweit es angeboten wird."


    Einen Moment sah Crispus seinen Sklaven verdutzt an. Er hatte doch nun einen neuen Lieferanten...hoffentlich zumindest. Wofür Metellus? Aber Privatus hatte bisher immer größeres geschäftliches Geschick bewiesen als Crispus selbst, also beschloss er, seinem Sklaven zu vertrauen.


    "Na gut. Dann schreib ihm nicht. Aber ich diktiere dir meinen Brief. Also 'raus mit Stylus und Tabula!"

    Nach der allgemeinen Begrüßung kam es nun zum eigentlichen Höhepunkt, der Enthüllung der Statue. Crispus war noch immer etwas eingeschnappt und hoffte, dass man wenigstens vergessen hatte, ein Opfer für den Genius des Kaisers vorzubereiten (damit wenigstens irgendein schlechtes Licht auf den duccischen Duumvir mit seinem duccischen Magistraten fiel) - zumindest sah er nicht den Flamen Valeriani (was allerdings nicht bedeutete, dass er nicht anwesend war).


    Dann kam endlich die Rede des Duumvirn. Dieser Marsus war einfach zu jung für dieses Amt, wie er wieder einmal feststellte. Als er erwähnte, dass es die Idee der Decuriones gewesen war, dieses Statue aufzustellen, musste er vor Ärger den Boden anstarren - es war seine Idee gewesen und man hatte sie ihm geklaut! Und sie hätte in seiner Werkstatt geschaffen werden sollen und nicht in der duccischen! Damals hatte sein Hass so richtig begonnen...


    Als Marsus fortfuhr, blieb ihm zumindest ein Wermutstropfen: Er verwechselte den neuen Statthalter mit dem alten! Vor hämischer Freude über diesen Fehler, lachte er kurz auf und wollte schon eine Bemerkung machen wie 'Oh, der ist wohl nicht da!', als ihm gerade noch rechtzeitig einfiel, dass dies wohl mehr als unpassend war. So hoffte er, dass er sich wenigstens noch einmal versprechen würde, damit es alle merkten. Für ihn war es jedenfalls eine Bestätigung, dass der Bursche noch nicht reif für so ein wichtiges Amt war!

    [Blockierte Grafik: http://img14.imageshack.us/img14/7499/luciusgrer.jpg]| Lucius Petronius Crispus


    Wieder einmal stand das entwürdigende Ritual an, das der alte Crispus im Hof des Hauses veranstaltete. Lucius hasste die Trainingseinheiten, die sein Vater seit neuestem mit ihm und Armin veranstaltete. Das lag jedoch vor allem daran, dass er stets gegen den drei Jahre älteren Sklaven antreten musste, dem er körperlich in keinster Weise ebenbürtig war. So war er beim Ringen immer wieder im Staub gelegen. Beim ersten Mal hatte er geglaubt, dass sein Vater eine fixe Idee gehabt hatte, die er ebenso schnell vergessen würde. Doch er hatte sich geirrt: Jeden zweiten Tag musste Lucius nach der Schule antreten, ebenso Armin, dem dies ebenso auf die Nerven ging wie Lucius. Zwei Wochen lang hatten sie dann gerungen, der alte Crispus hatte sie angeschrieen wie Rekruten, ihnen aber auch die ein oder andere Technik beigebracht, sodass der junge Petronius nun immerhin gewisse Chancen gegen den ebenfalls körperlich überlegenen Caius aus der Schule hatte. Zu Hause jedoch fraß er Staub - immer wieder. Und anstatt ihn zu ermuntern, hatte sein Vater nichts besseres zu tun, als ihn dann auch noch anzuschreien oder gar zu verhöhnen! Wenn er zu Weinen begann, konnte er auch nur mit Schlägen rechnen! Lucius hasste seinen Vater - und dennoch war er von dem Wunsch beseelt, seine Erwartung endlich auch einmal erfüllen zu können! Er wollte es ihm zeigen, wollte beweisen, dass er auch ein ganzer Römer war!


    Am Vortag aber war etwas geschehen, was Lucius überrascht hatte: Er hatte herausgefunden, was Armin immer so schrieb, warum er ständig so lange in der Stadt blieb und auch sonst völlig abwesend war: Er hatte ein Mädchen! Lucius fand Mädchen dumm, sie redeten dauernd, kicherten, sodass er das Gefühl hatte, sie lachten ihn aus und steckten immer ihre Köpfe zusammen! Doch Armin scheinbar nicht - Lucius hatte ihn genau gesehen: Zusammen mit diesem Mädchen war er in einer schattigen Nische der Basilica gestanden und zum Abschied hatte das Mädchen Armin auf den Mund geküsst!


    Langsam trat er an den Sklaven heran, der wie üblich auf der Steinbank im Hof saß, eine Tabula auf dem Schoß und die Stirn nachdenklich in Falten gelegt. Ohne etwas zu sagen lehnte er sich vor und schaute auf die Tafel, woraufhin Armin diese sofort an seinen Leib zog und den Jungen feindselig anstarrte.


    "Hey, das geht dich nix an!"


    "Warum, was schreibst du denn so tolles?"


    fragte Lucius mit leicht spöttischem Unterton. Er freute sich bereits, sein Wissen zu offenbaren. Da würde Armin aber schauen! So fragte er ironisch


    "Was schreibst du denn da? Schreibst du wieder deiner Knutsch-Freundin?"


    Zuerst hatte es so ausgesehen, als wolle Armin ihn einfach wegschubsen, doch beim letzten Wort erstarrte er. Doch nur für einen Augenblick, denn dann setzte er ein überlegenes Grinsen auf, was Lucius ein wenig ärgerte.


    "Du spinnst, Lucius! Geh spielen!"


    "Ich hab' euch gesehen! In der Basilica - ihr habt ja richtig herumgeknutscht!"


    Nun konnte Armin seine Überraschung nicht mehr verbergen. Etwas entgeistert blickte er Lucius an, ließ sogar seine Tabula sinken. Mit einem genüsslichen Grinsen fügte Lucius jedoch noch an


    "Wenn das Papa erfährt..."


    Es war wohl nicht schwierig sich auszumalen, was der alte Petronier zu so einem Techtelmechtel sagen würde. Er war stets darauf bedacht, alles innerhalb der Domus zu kontrollieren. Und eine solche Beziehung würde ihm zweifelsohne als nutzlos erscheinen, sodass sie wohl sehr schnell unterbunden sein würde. Dazu würde Armin sicherlich eine ordentliche Tracht Prügel bekommen!


    Und tatsächlich wirkte es. Armin wurde sichtlich nervös...oder sogar ängstlich? Was immer es war, es war eine Regung bei seinem Gegenüber, die Lucius gefiel. Sie verlieh ihm das Gefühl von Macht - noch nie hatte jemand vor ihm Angst gehabt! Doch dann erhielt seine Freude einen Dämpfer, denn Armin schien plötzlich zornig zu werden.


    "Das glaubt der Alte dir doch nie! Wahrscheinlich kriegst du noch ein paar Schläge!"


    Lucius hatte schon befürchtet, dass Armin ihn schlagen würde, doch dieser Einwand war natürlich auch berechtigt. Er hatte tatsächlich manchmal das Gefühl, dass sein Vater Armin ihm vorzog und jenem mehr glaubte als ihm. Rasch überlegte er, dann kam ihm etwas und seine Hochstimmung kehrte zurück!


    "Ich hab's genau geseh'n! Ich weiß sogar, wie sie aussieht! Und Papa kann ja 'mal bei ihr fragen..."


    Dies war ein kleiner Bluff, denn Lucius wusste zwar, wie sie aussah, doch nicht, wer sie war und wohin sie gehörte. Aber das konnte Armin ja nicht wissen und die ängstliche Reaktion, die seine Bemerkung auslöste, zeigte ihm, dass Armin den Köder geschluckt hatte. Nun zappelte er am Haken!


    "Aber er wird mich verprügeln und einsperren, Lucius! Bitte, sag's ihm nicht!"


    Voller Genuss sah Lucius die Angst in den Augen seines Gegenübers. Es schien fast so, als würde er jeden Augenblick anfangen zu weinen. Und Lucius kannte dieses Gefühl - allzu oft hatte er es im Angesicht seines Vaters, von Xanthippus oder auch Caius...doch diesmal stand er auf der anderen Seite! Und das gefiel ihm! Mit ironischem Bedauern, das er so oft bei Caius gesehen hatte, antwortete er daher


    "Aber ich muss es ihm sagen! Er ist mein Vater und du gehörst ihm! Ich würde ihn ja anlügen, wenn ich es verheimliche!"


    Diese Worte verfehlten ebenfalls ihre Wirkung nicht, denn Armin schien noch ängstlicher zu werden und ergriff zitternd Lucius' Arme.


    "Aber der Herr von Lynn wird sie auch verprügeln oder schlimmer! Tu's für sie!"


    Das Wohlgefühl in Lucius verbesserte sich weiter. Jetzt wusste er auch noch, dass sie eine Sklavin war und Lynn hieß. Er brauchte also nicht mehr zu bluffen - damit würde er sicherlich herausfinden, wo sie wohnte!


    "Davon hab' ich auch nix! Ich kenne sie nicht 'mal!"


    "Bitte, sie ist so lieb und...und...bitte, du kriegst alles, was du willst!"


    Armin wurde nun immer nervöser und ängstlicher, seine Augen waren bereits ganz glasig - gleich würde er zu weinen beginnen! Einen Augenblick lang spielte Lucius mit dem Gedanken, es bis zum Letzten auszureitzen, ihn vielleicht sogar wirklich zu verpetzen - es wäre eine schöne Genugtuung, endlich jemanden anderes als sich selbst leiden zu sehen! Doch dann besann er sich - er hatte ja einen Plan und den musste er umsetzen!


    "Hmmm...na guut. Ich sag's nicht - aber nur, wenn du mich das nächste Mal beim Training gewinnen lässt! Und zwar immer!"


    Es schien, als wäre alle Angst innerhalb eines Augenblicks von Armin abgefallen, er wirkte sprichwörtlich erleichtert, völlig überrascht über Güte des Angebots! Und das wiederum ärgerte Lucius. Für ihn waren die ständigen Niederlagen absolut demütigend, daher war er davon ausgegangen, dass Armin dies ebenso empfand. Ihm war nicht klar gewesen, dass es dem Sklaven relativ egal war, ob er gewann oder verlor - zumindest beim Training. So legte er rasch nach:


    "Und ich kriege dein Messer!"




    Der Abend wurde langsam spät und der Weinbecher neigte sich zur Leere, während die Gesichtsfarbe des Petroniers immer intensiver wurde. Zweifelsohne hatte er heute einen oder drei Becher zu viel erwischt, doch dafür konnte er sich in dieser Stimmung besser in das Gespräch hineinsteigern. Dennoch musste auch dieses Gespräch irgendwann zu einem Ende kommen und Reatinus verabschiedete sich. Auch Crispus wurde langsam schläfrig, sodass er sagte


    "Ich möchte dich nicht hinauswerfen, Hadrianus, aber morgen habe ich wieder wichtige Geschäfte. Wegen der Societas melde ich mich noch einmal, ansonsten sehen wir uns in Zukunft ja sicher öfter!"


    Sim-Off:

    Ich dachte, wir kommen hier mal zu einem Schluss, nachdem sich das Treffen schon sehr lange hinzieht.

    [Blockierte Grafik: http://img14.imageshack.us/img14/7499/luciusgrer.jpg]| Lucius Petronius Crispus


    Der gar nicht mehr so kleine Lucius (zumindest mochte er das überhaupt nicht mehr, wenn man ihn als 'klein' titulierte, war den Weg von der Domus bis hier her schweigend neben seinem Vater hergetrottet. Zuerst hatte er versucht, sich vor diesem unangenehmen Termin zu drücken und sich in seinem Zimmer versteckt. Doch natürlich hatte sein Vater ihn gefunden, ihm eine Ohrfeige gegeben und dann dafür gesorgt, dass Gunda ihm seine Toga anlegte. Lucius hasste dieses Staatsgewand, in dem man weder rennen, noch springen oder sich sonst ruckartig bewegen durfte. Doch er hatte sich - wie üblich - seinem Schicksal ergeben und immerhin musste Armin auch mit (allerdings musste er keine unbequeme Toga tragen). Crispina hatte er allerdings zu Hause gelassen - wahrscheinlich, weil er ihr immer noch böse war, dass sie sich ständig so aufmüpfig gab.


    Nun war auch alles übrige so gekommen, wie er es befürchtet hatte. Er stand wie üblich neben seinem Vater, der mit ihm unzählige 'Freunde' abklapperte, die entweder geschäftlich oder politisch mit dem alten Griesgram zu tun hatten. Lucius hasste es, wenn diese großen, dicken Männer so taten, als wäre er nicht hier oder aber ihn mit aufgesetztem Wohlwollen betrachteten, als wäre er ein kleines Äffchen! Dennoch war er erstaunt gewesen, dem Statthalter persönlich vorgestellt zu werden. Obwohl dieser seinen Vater scheinbar abgekanzelt hatte, hatte dieser kein wirklich böses Wort über ihn verloren, sondern nur etwas von Überlastung geredet. Sein Vater hatte wirklich viel Respekt vor ihm und wenn der alte Crispus Respekt vor jemandem hatte, dann hatte der junge Crispus ebenfalls Respekt vor ihm. Vor der Frau allerdings musste man wieder weniger Respekt haben, zumal sie ihn eindeutig in die Äffchen-Fraktion einordnete. Einen Augenblick war er versucht so zu tun, als habe er die Frau mit der seltsamen Frisur nicht gehört, dann jedoch verstärkte sein Vater den Druck seiner Hand, was unmissverständlich als Befehl zu werten war, sich brav zu verhalten.


    "Zehn Jahre, Domina."


    erwiderte er daher. Er wusste nicht, was er noch sagen sollte, daher blickte er die Frau einfach an, wobei er seinen interessiert-neutralen Gesichtsausdruck aufsetzte, den er so oft in der Schule verwendete um zu verhindern, das Xanthippus seine geistige Abschweifung bemerkte.




    Natürlich war auch Petronius Crispus samt Familie gekommen - immerhin war es damals seine Idee gewesen, diese Statue anzufertigen. Und wenn diese Duccier ihm nicht wieder die Butter vom Brot genommen hätten, hätte wohl auch Willigis dieses Projekt durchgeführt. So war es nun aber aus der Werkstatt der Duccier gekommen - wie sehr es dem alten Petronier aufstieß, diesen Namen allerorts zu hören! Dass die Enthüllung erst im folgenden Jahr hatte stattfinden können, war ein schwacher Trost.


    So stand er mit versteinerter Miene etwas abseits, seine Hand mit dem Armreif, den er als Abschiedsgeschenk von der Legion erhalten hatte, ruhte auf der Schulter des kleinen Lucius - natürlich hatte er ebenfalls erscheinen müssen, damit er sich langsam an solche Zeremonien gewöhnte! Der Junge schien dies allerdings nicht einzusehen, denn er sah sehr gelangweilt drein, ebenso wie Armin, den Crispus als Begleiter mitgenommen hatte. Der Sklave war inzwischen zu einem stattlichen Jüngling herangewachsen, dem nur noch wenige Jahre zum Erwachsenenalter fehlten. Er machte den Alten sogar genaugenommen etwas stolzer als sein leiblicher Sohn.


    Als der Statthalter erschien, straffte sich der Veteran instinktiv. Dann trat er auf ihn zu - natürlich musste er sofort an die Audienz denken, bei der Hungaricus ihm prinzipiell Recht gegeben hatte. Nachdem die Duccier - sie hatten sich herausgeputzt, als wären sie die römischsten aller Römer (zumindest kam es Crispus so vor) - den Legaten begrüßt hatten, trat auch Crispus vor, seinen Sohn mitziehend. Er begrüßte zuerst den Vinicier, dann seine Gattin:


    "Salve, Legatus! Salve, Licinia. Du bist ja noch schöner, als es die Gerüchte sagen! Mein Name ist Marcus Petronius Crispus. Und das hier ist Lucius Petronius Crispus - nach dem göttlichen Kaiser Lucius Iulianus!"


    "Salvete!"


    grüßte Lucius ebenfalls mechanisch. Inzwischen hatte er sich daran gewöhnt, von seinem Vater vorgezeigt zu werden und grüßte selbstständig. Den Ducciern nickte Crispus nur knapp zu. Solange noch ein gewisser Groll zwischen ihnen hing, konnte er auch keine Freundlichkeit vorspielen.

    "Ich glaub' nicht, dass Lucianus einen Bürgerkrieg haben will - wir müssen schon ein bisschen subtiler machen...was natürlich nicht heißt, dass ich nicht auch was bei den Soldaten drehen könnte."


    Ob man sie von einem Boykott überzeugen konnte? Aber das würde der Staat ebenfalls nicht sehr gern sehen...vermutlich.

    Die Erwiderung zeigte Crispus, dass er übertrieben hatte. Hoffentlich hatte er den Statthalter nicht so sehr verärgert, dass er seine Pflichten bei der Regelung des Stadtrates überhaupt nicht wahrnahm. Aber nun war nichts mehr zu ändern, daher verabschiedete er sich in militärischem Tonfall, wie er es jahrelang nach jeder Besprechung getan hatte:


    "Jawohl, Legatus. Vale!"


    Damit schlich er davon und bangte, was nun geschehen würde.

    Der Ausruf des Legaten ließ Crispus zusammenzucken. Da hatte er sich wohl wieder einmal selbst nicht im Griff gehabt! Mit wachsendem Unglauben hörte er dann jedoch die weiteren Ausführungen. Er wollte sich die Sitzung einmal ansehen - nun gut, vielleicht würde dieser Lando dann nicht ganz so frech sein. Dass Caecilius jedoch an einer Reform der Provinzen arbeitete, klang arg nach juristischen Spielereien auf dem Elfenbeinturm. Und dass dies die Stadtverwaltung beeinflusste, bedeutete ja noch lange nicht, dass man damit den Decuriones mehr Respekt entgegenbrachte. Im Gegenteil: Lando war doch der Magister Scriniorum dieses Comes gewesen und hatte immer besonders eifrig darauf gepocht, wie unbedeutend der Ordo war!


    Aber selbst wenn: Ein Gesetz nach Rom, dann eine ewige Diskussion, dann auch noch eine so umfassende Reform wie die von allen Provinzen: Bis ein solches Gesetz geschafft war, würde Crispus vermutlich die Radieschen von unten ansehen!


    "Ich bitte Dich, Dir die Gesetze anzusehen und ein Mandatum zu erlassen. Jede Stadt braucht doch seine eigenen Statuten und wenn niemand dem Ordo Decurionum erlaubt, so etwas zu machen, dann muss es eben der Statthalter machen!"

    "Am besten, wir halten beide die Augen offen. Irgendwas werden wir schon finden! Entweder wir arrangieren uns oder es gibt Krieg."


    erklärte der Petronier freiheraus und betrachtete wieder seinen Becher. Unterdessen erhob sich Reatinus und verabschiedete sich, sodass die beiden nun allein waren.

    Schon wieder versuchte er seine Schlinge aus dem Kopf zu ziehen! Was war das nur für ein Feigling! Ein wahrer Römer hätte erhobenen Hauptes zu seinen Taten gestanden, doch dieser Bursche hier war eben doch ein feiger Barbar - obwohl Crispus immer eher die Griechen wegen Feigheit in Verdacht gehabt hatte. Naja, vielleicht floss ja griechisches Blut in den Adern des Ducciers. Die kamen ja überall herum.


    Bei den letzten Worten hatte er jedoch endgültig genug. Dieses Bürschchen glaubte wohl, es hatte die Weisheit mit Löffeln gefressen!


    "Es ist eine Unverschämtheit, wie man mit den angesehensten Männern der Stadt umgeht! Gerade in deinem Alter sollte man vielleicht lieber einmal annehmen, was ältere Leute sagen! Wir sind nicht die Verwaltung der Stadt - wir sind die Stadt!"


    Zumindest nach Auffassung des Petroniers, denn das Ideal sah es ja vor, dass die besten und einflussreichsten Männer einer Stadt im Ordo Decurionum zusammengefasst wurden.

    "Die Duccier müssen wir so oder so fürchten - wir haben absolut nix zu verlieren, meine ich."


    erklärte Crispus und musste sich kurz die Hand vor den Mund halten, als er aufstieß. Vielleicht hatte er nun doch ein wenig viel Wein erwischt?


    "Ansonsten kannst du ihnen ja trotzdem mal auf den Zahn fühlen, denk' ich."

    Sim-Off:

    Ja, ich hatte ne Hausarbeit über die Lex Irnitana (römische Verfassung eines Municipium). Hab meine Erkenntnisse von dort mal in unseren Artikel eingebunden - für Civitates ist aber natürlich nichts überliefert.


    Natürlich sprach Crispus von den Rechten eines Ordo Decurionum in seiner hispanischen Heimat, wo er allerdings auch vom mindesten Rechtsstatus eines Municipium ausging, den Mogontiacum nicht besaß. Aber immerhin waren bisher alle Decuriones von Mogontiacum auch römische Bürger!


    "Der Duumvir hat alles eigentlich allein entschieden und wenn ihm danach war, den Decuriones verraten, was er vorhat. Wenn dann Gegenstimmen kamen, wurde die Diskussion abgebrochen und wenn jemand was gesagt hat, hat man ihn darauf hingewiesen, dass es kein Gesetz gibt, das die Macht des Ordo festlegt."


    erklärte Crispus auf den Wutausbruch des Statthalters. Vielleicht war es etwas übertrieben, doch seine Schilderungen trafen auf manche Sitzungen durchaus zu, wie er sich erinnerte.

    Der alte Magister Officiorum? Das war Hadrianus Iustus, wenn Crispus sich recht entsann. Ach richtig, der hatte die letzte Sitzung ebenfalls verlassen - vor Crispus. Offenbar wollte Marsus nun auch ihn anschwärzen, vermutlich, weil auch er den Ducciern die Stirn bot. Oder wollte er damit nur noch einmal seinen Kopf aus der Schlinge ziehen? Plötzlich fragte sich Crispus, woher eigentlich das Gerücht vom aufrechten und stolzen Germanen kam...


    Wenigstens konnte er Marsus in einer Sache zustimmen: Auch er freute sich darauf, wenn der Duccier wieder ganztäglich den Posten des Magister Officiorums bekleidete - dann war er nämlich wenigstens nicht mehr der Vorsitzende des Ordo (obwohl es dem Petronier bereits davor graute, welche neue Teufelei sich die Duccier dann ausdachten).


    "Ich weiß, dass es Dich stört, aber trotzdem möchte ich Dich noch einmal bitten, Dich in die Angelegenheiten der Civitates einzumischen, Legatus Vinicius:


    Das Gesetz aus Rom schreibt wenig über die Verwaltung der Städte in den Provinzen vor, wahrscheinlich, weil man denkt, dass jedem klar ist, wie die Stadtverwaltung gemeint ist. Deswegen haben wir im Ordo Decurionum auch gestritten, weil manche scheinbar nicht wissen, was das Kollegialitätsprinzip bedeutet. Deswegen möchte ich dich bitten, ein Mandatum zu erlassen, das die genauen Kompetenzen und Verpflichtungen der Magistrate und Duumvirn festlegt und vor allem den Einfluss des Ordo Decurionum.


    Soweit ich weiß, ist es üblich, dass er zum Beispiel größeren Ausgaben zustimmen muss, Entscheidungen von Magistraten ungültig machen kann, die Stadtkasse prüft, Gesandtschaften stellt und außerdem eigene für die Gemeinde bindende Gesetze erlassen kann. Der Ordo Decurionum ist doch nicht nur ein Haufen Leute, die ab und zu zahlen und dafür nichts zu sagen haben, oder?"


    Als er all das vorgebracht hatte, war er fast ein wenig stolz. Er glaubte nichts vergessen zu haben und hatte alles einigermaßen vernünftig geordnet vorgetragen!

    Komplett auf den Kopf stellen - das klang so, als würde Iustus nicht an seinen Erfolg glauben. Ob er sich nicht doch zu viel zutraute? Aber andererseits hatte er schon das Gefühl, dass dieser Rufus ihn mochte. Und wenn er diese Freundschaft pflegte, würde er doch zumindest einen Verbündeten haben...vielleicht.


    Auf die Warnung des Hadrianers musste er unvermittelt loslachen.


    "Keine Angst, ich werde kein Germane - nein, Spaß beiseite: Wenn's nicht klappt, dann klappt's eben nicht - es kommt auf einen Versuch an!"


    Er nahm noch einen Schluck Wein.

    Natürlich war es für Crispus weiterhin klar, dass die Duccier hinter dieser groben Verletzung der Tradition steckten, denn der Legat war für ihn als Senator eine geradezu unantastbare Person. So freute er sich, als der neue Legat seine Entscheidung bekannt gab: Seinem Einspruch war stattgegeben worden. So nickte er zufrieden.


    Als dann Marsus bekannt gab, dass er es vorzog, seine Amtszeit als Duumvir zu beenden und dann auf den neuen Posten zurückzukehren, war er überrascht: Als jungen, aufstiegsbegierigen Burschen hatte er ihn eingeschätzt, doch nun wollte er lieber seinen Posten mit niedrigerem Prestige zu Ende führen? Wahrscheinlich lag darin aber auch nur eiskalte Kalkulation: Wahrscheinlich wollte er verhindern, dass ein Nicht-Duccier dem Ordo Decurionum vorsaß...


    So sagte er nichts, sondern setzte einen neutralen Gesichtsausdruck auf, wie er ihn als Soldat tausende Male in Besprechungen gewahrt hatte. Der Legat hatte das Möglichste getan, um die Sache gemäß der römischen Sitten zu lösen.

    "Keine Ahnung, wir könnten ihn einladen, mit ihm in die Thermen gehen und so weiter. Ich glaube schon, dass diese ganzen Reisen sie etwas verändern. Nur kommen sie dann zurück und bleiben wieder in ihrer Sippe gefangen, dass all die schönen Änderungen wieder kaputt gehen."


    versuchte Crispus, seine Idee etwas klarer zu machen. Dies war seine letzte Hoffnung, denn wenn man diesen Feind nicht von innen heraus bezwang, würde es wohl nie etwas werden. Er kannte römische Klientelbeziehungen, die allerlei Schaden ausgehalten hatten, doch die Gefolgschaft der Germanen war angeblich noch stärker.