Beiträge von Marcus Petronius Crispus

    Etwas unschlüssig blickte Crispus sich in seinem Ärger um. Er konnte sehen, dass der Statthalter dem Duumvir etwas zuflüsterte - allerdings nicht, was! So blieb er weiter in dem Glauben, es handle sich hier um Landos Statue, die man im Ordo Decurionum besprochen hatte. Dass sie ein Geschenk des Statthalters war, konnte er sich nicht vorstellen - bisher hatte dies ja auch noch niemand erwägt.


    Doch nun ging es irgendwie nicht mehr weiter! Mussten nicht Worte folgen? Oder zumindest ein Opfer an den göttlichen Iulianus (jetzt, wo die Statue schon ihm gewidmet war)?

    [Blockierte Grafik: http://img14.imageshack.us/img14/7499/luciusgrer.jpg]| Lucius Petronius Crispus


    Inzwischen besuchte Lucius die Schule des Xanthos schon mehrere Jahre. Alles hatte sich so entwickelt, wie es angefangen hatte: Beim Diktat, in der Grammatik und allen sprachlichen Dingen war Lucius geradezu unterirdisch, in allem mathematischen - besonders der Geometrie - hingegen sehr gut, weitaus über dem Klassendurchschnitt. Doch leider war diese Kunst im Lehrplan des Grammatikers Xanthippus nur eine Randnotiz und so litt der junge Petronier jeden Tag unter den Qualen der Literatur, seit neuestem auch in griechischer Sprache! In diesem Fall hatte Lucius allerdings noch weniger Verständnis als in der lateinischen Literatur. Natürlich hatte Xanthos ihnen erklärt, dass Griechisch die Sprache der Gebildeten war, zu denen sie einst gehören wollten. Doch Lucius hatte andererseits noch nie jemanden Griechisch sprechen hören - selbst sein Vater sprach kein Wort in dieser Sprache von Philosophen und Wirrköpfen. Nicht einmal die Aussicht des Lehrers, dass Euklid und die großen Mathematiker allesamt Griechen waren, konnte den Jungen motivieren - Geometrie musste man nicht lesen, sondern sehen und verstehen!


    Heute hatte man ein weiteres Werk des unsäglichen Homer aufgerissen: Die Ilias! Natürlich durfte Iulius, der Klassenprimus, die ersten Verse dieses Werkes vorlesen, was er wie üblich in tadellosem Griechisch tat (sein Vater hatte ihm bereits als kleiner Junge ein wenig von der Sprache der Gebildeten eingetrichtert und natürlich hatte er sie behalten!).


    "Singe den Zorn, o Göttin, des Peleiaden Achilleus,
    Ihn, der entbrannt den Achaiern unnennbaren Jammer erregte,
    Und viel tapfere Seelen der Heldensöhne zum Aïs
    Sendete, aber sie selbst zum Raub darstellte den Hunden,
    Und dem Gevögel umher. So ward Zeus Wille vollendet:
    Seit dem Tag, als erst durch bitteren Zank sich entzweiten
    Atreus Sohn, der Herrscher des Volks, und der edle Achilleus."


    Noch immer beherrschte Lucius das Griechische eher theoretisch als praktisch, daher machte er sich gar nicht die Mühe, genauer zuzuhören, sondern wendete seine Gedanken lieber seinem neuen Schwert zu, das er heute Nachmittag - wie jeden Tag - zu putzen gedachte. Seine Schulkameraden hatten ganz schön gestaunt, als er davon berichtet hatte! Ja, so ein Schwert flößte schon Respekt ein!


    "Dekliniere mir Kyon*, Lucius!"


    Verschreckt blickte Lucius auf. Kyon, der Hund - diese Vokabel hatte er sich glücklicherweise merken können! Doch welche Deklination war das verdammt noch mal? Erste? Nein, das war doch die mit dem -a! Dann also zweite...


    "Kyon, Kyou, Kyoi...ähm...Kyon, und...ähm...also...Kye-"


    Kaum hatte das Wort seinen Mund verlassen, fuhr ihm Xanthippus auch schon dazwischen. Ebenso, wie er sein mathematisches Talent schätzte, bekämpfte er unablässig seine mangelhafte Begabung für die Sprache. Und offenbar hatte er wieder einmal einen Fehler gemacht.


    "Kyon ist Neutrum, nicht Maskulinum! Der Vokativ lautet also?"


    Wieder einmal lief Lucius rot an. Er hasste es, blosgestellt zu werden - und genau das empfand er nun, zumal der dämliche Caius gleich wieder böse zu grinsen begann - obwohl er es wahrscheinlich selbst nicht besser wusste! Aber was war der Vokativ Neutrum der Zweiten Deklination? -a? Aber nein, -a war ja immer weiblich! Andererseits glaubte er sich auch an ein -a im Neutrum zu erinnern...aber war das nicht Plural? Oder doch nicht?


    "Ähm...also...ky..."


    Weiter kam er nicht, denn Xanthippus hatte bereits wieder von ihm abgelassen und sich seinem nächsten Opfer, Antonius zugewandt. Mit seinem Stock deutete er unnachgiebig auf diesen, der ebenfalls geradezu in Panik geriet - in Griechisch war er nur unbedeutend besser als Lucius!


    "Ja...Vokativ, Neutrum...also...kyon, genau!"


    Der Bursche lächelte selbst erleichtert, als er den zufriedenen Blick des Magisters entdeckte. Wieder einmal hatte er seinen Kopf aus der Schlinge gezogen - und das Strafgericht traf einzig den kleinen Petronier:


    "Sehr richtig! Lucius, du musst mehr lernen! Für morgen bringst du mir sämtliche Deklinationen mit je drei Beispielen! Denke daran - es ist vollkommen logisch! Wenn Neutrum und Vokativ, dann die und die Endung!"


    Lucius ließ den Kopf hängen. Diese Strafarbeit würde ihn Stunden kosten - Zeit, die ihm dann beim Training mit dem Schwert fehlte! Was nützte all dieses Geschwafel von Hunden und Helden, wenn er selbst ein Held werden konnte! Achill hatte zumindest wenig Grammatik gepaukt, da war er sich sicher! Das Imperium war mit dem Schwert erobert worden, die Unterwerfung der Griechen hatte doch gezeigt, wie wirkungsvoll ihre sogenannte Kultur war! Das Leben war so ungerecht!

    Sim-Off:

    * gr.: Hund




    Der Sklave des Petronius Crispus gab einen Brief für Terentius Primus und seine Frau ab.


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    Terentius Primus - Casa Terentia - Mogontiacum



    M Petronius Crispus Terentio Primo et contubernali sui s. p. d.


    Hadrianus Iustus hat Euer Interesse an einer Societas zu Handelszwecken erwähnt, sowie die Bereitschaft, sich gemeinsam mit Servius Artorius Reatinus, Hadrianus Iustus, Vinicius Lucianus und mir in eine solche zu begeben.


    Ich danke Euch besonders für das Angebot, Eure Taberna als Treffpunkt zu nutzen. Sicherlich werden wir bisweilen darauf zurückkommen. Genaueres kann jedoch auf dem ersten Treffen der Societas besprochen werden.


    Inzwischen sind sämtliche Vorbereitungen abgeschlossen und wir haben einen Vertrag aufgesetzt, den Ihr bitte beide unterschreibt und mir zurücksendet, sodass er nach Italia zur Unterzeichnung durch Artorius und Vinicius gesendet werden kann. Über den weiteren Fortgang werde ich selbstverständlich informieren. Als Socius res gerens schlage ich vorerst mich selbst vor, jedoch kann dies beim nächsten Treffen gern geändert werden.



    Vale

    [/FONT]


    Societas Commercii Mogontiaciensis


    (1) Die Societas Commercii Mogontiaciensis ist eine Gesellschaft zur Erhöhung der Gewinne seiner Socii. Tätigkeiten der Socii außerhalb der Societas werden nicht berührt.
    (2) Entscheidungen dürfen nur mit der Zustimmung aller Socii getroffen werden. Jede Handlung kann durch das Veto eines Socius unterbunden werden.
    (3) Für die Investitionen der Societas hat jeder Socius 500 Sesterzen vorzuhalten, die auf gemeinsamen Beschluss verwendet werden können.
    (4) Die Gewinne und Verluste der Socii werden entsprechend ihrem Anteil an den gesamten Einlagen geteilt. Niemand ist jedoch verpflichtet, mehr als 500 Sesterzen zu investieren.
    (5) Die Aufnahme neuer Mitglieder erfolgt nur durch einstimmigen Beschluss aller Socii. Ebenso können einzelne Socii durch einstimmigen Beschluss der übrigen Socii ausgeschlossen werden. In diesem Fall ist dem ausgeschlossenen Socius jedoch auch sein Anteil am Gesellschaftskapital auszuzahlen.
    (6) Jeder Socius ist zu jeder Zeit berechtigt, seine Mitgliedschaft zu beenden und seinen Anteil am Gesellschaftskapital einzufordern.
    (7) Zur Verwaltung einzelner Geschäfte können Procuratores bestimmt werden. Diese sind allen Socii weisungsgebunden und haben, sofern sie nicht zugleich Socii sind, keinerlei Mitspracherecht innerhalb der Societas. Ihre Bestimmung erfolgt durch einstimmigen Beschluss aller Socii.
    (8) Als Vorsitzender entsprechend der Lex Communitatis § 2 (3) fungiert ein Socius res gerens. Er vertritt die Societas gegenüber dem Staat. Allgemein haften jedoch sämtliche Socii juristisch entsprechend ihrem Anteil am Gesellschaftskapital. Darüber hinaus besitzt der Socius res gerens keine Sonderrechte, sondern hat die übrigen Socii jederzeit über alle Entwicklungen der Societas zu informieren.


    [Blockierte Grafik: http://img372.imageshack.us/img372/5986/siegelmpctabulaxm1.gif] [FONT=cataneo bt, amaze]M Petronius Crispus[/FONT]



    Lucius Hadrianus Iustus











    "Genau. Sehr gut."


    bestätigte Crispus daher und erhob sich, wobei sein Bauch gegen den Schreibtisch stieß. Er hatte es sich in letzter Zeit doch etwas sehr gutgehen lassen...


    "Dann wünsche ich dir noch einen schönen Tag! Wir sehen uns!"


    Er begleitete den Hadrianer in Ermangelung eines Sklaven für diese Aufgabe zur Tür. Danach kehrte er zurück und meinte


    "Privatus, kümmere dich um alles."

    Etwas nachdenklich kratzte Crispus sich am Hals. Offenbar musste man Tullia inkauf nehmen. Wahrscheinlich war Primus in seinem Privatleben nicht minder ungewöhnlich als als Offizier.


    "Na gut, dann machen wir es eben so. Ich schreibe Reatinus und der dann an Vinicius. Und der in Roma, dann kann er den Antrag gleich bei der kaiserlichen Kanzlei abgeben und uns Bescheid sagen, wenn alles klappt."


    fasste Crispus noch einmal zusammen.


    "Sonst alles klar?"


    fragte er noch, um das Gespräch damit zu beenden. Er musste schließlich bei seinen Geschäften weiterarbeiten!


    Nachdem Crispus ein wenig gewartet hatte, beschloss er, dass sein Scherz wohl nicht so gut angekommen war und machte eine wegwerfende Handbewegung.


    "Scheinbar nicht. Dann schlage ich vor, ich schreibe an unsere Herren Geschäftspartner und melde mich dann wieder, wenn wir die Sache unter Dach und Fach haben, nicht wahr?


    Achja: Meinst du, Terentius' Frau muss unbedingt als Socius beteiligt werden? Immerhin führt sie ja nur die Geschäfte für ihren Mann, oder nicht?"


    Seine Stimme klang vorsichtig - er wusste weder, welche Art von Frau diese Tullia war, noch, wie Iustus zu ihr stand. Dennoch musste er dies loswerden: Er wollte die Zahl der Socii so gering wie möglich halten, damit es etwas einfacher wurde Entscheidungen zu treffen. Und wenn die beiden sowieso ein Paar waren, genügte es doch, wenn einer von ihnen stimmberechtigt war!

    [Blockierte Grafik: http://img14.imageshack.us/img14/7499/luciusgrer.jpg]| Lucius Petronius Crispus


    Heute war der große Tag: Lucius würde seinen zwölften Geburtstag feiern. Doch seit Tagen war der Junge niedergeschlagen und unglücklich: Crispina war davongelaufen, seine schulischen Leistungen ließen sehr zu wünschen übrig, sein Vater war griesgrämig wie eh und je und quälte sie mehr denn je zuvor mit seiner kranken Grundausbildung. Außerdem hatte Armin inzwischen auch mehr Abstand von ihm genommen - sein kleiner Erpressungsversuch hatte sich negativ ausgewirkt! Doch Lucius dachte nicht daran, deswegen klein beizugeben! Ein Römer weinte nicht, ein Römer musste sich nicht bei einem Sklaven entschuldigen! Und so ließ er seinen Ärger an dem wehrlosen Sklaven aus, indem er unnötig hart zuschlug, wenn dieser am Boden lag. Überhaupt war er zur Zeit äußerst verbittert und reizbar. Es gab also keinen Grund sich auf das nächste Lebensjahr zu freuen, das zweifellos noch trostloser werden würde als das letzte...Crispina war ja nicht mehr da!


    Am Morgen hätte er fast nicht daran gedacht, doch als seine gute, strahlend weiße Tunica auf seinem Platz lag, erinnerte er sich. Widerwillig zog er das Festgewand an, dann schlurfte er ins Triclinium, wo bereits die gesamte Familia versammelt war. Sein Vater schien heute ausnahmsweise glücklich - er hatte sich gut von seinem Anfall erholt. Kaum hatte Lucius sich gesetzt, stimmte sein Vater das unsägliche Geburtstagslied an, das jedes Jahr gesungen wurde und das Lucius inzwischen gehörig auf die Nerven ging:


    "Gratulamur tibi,
    gratulamur tibi,
    gratulamur caro Lucio*,
    gratulamur tibi!"


    Dann erhob sich der Alte ächzend und auch Lucius musste sich aufrappeln, um eine feste Umarmung seines Vaters hinzunehmen. Dazu küsste er ihn auch noch auf beide Wangen - die Lippen fühlten sich feucht und ekelhaft an!


    "Was ist denn los, Lucius? Freust du dich gar nicht?"


    fragte Crispus verwundert, doch sein Sohn winkte ab. Ihm war all das schon wieder viel zu viel. Und er musste auch noch in die Schule heute - bestimmt gab es ein Diktat!


    "Doch, doch. Welches Geschenk gibt's denn?"


    Sein Vater schien mächtig stolz auf sein Geschenk zu sein, denn er grinste bis über beide Ohren. Dann bückte er sich mit einem vernehmlichen Ächzen und holte etwas unter der Kline hervor. Unter der Kline! Was für ein Versteck! Was mochte das schon sein?


    "Ich habe mir gedacht, ich schenke etwas für einen großen Soldaten!"


    Offenbahrte er und zog das Geschenk hervor. Lucius wurde der Mund trocken: Was sein Vater in der Hand hielt, war eine sauber polierte, lederne Scheide, sorgsam mit Metallbeschlägen versehen, auf denen dem jungen Petronier ein Stierkopf entgegenbrüllte. Und darin steckte ein echter römischer Gladius. Wie magisch angezogen fuhr die Hand des Jungen zu dem hölzernen Griff, der mit Leder umwickelt war. Seine Finger schlossen sich und plötzlich spürte Lucius eine Kraft durch seinen Arm schießen, sodass er die Waffe herausriss und gebannt auf die schimmernde Klinge blickte. Ein richtiges Schwert! Und zwar seines! Er hörte kaum, wie sein Vater ein paar Erklärungen abgab:


    "Der Stier ist wie der auf meinen Beinschienen. Eine Erinnerung an deine Herkunft! Gefällt er dir?"


    Noch immer starrte Lucius wie gebannt die Klinge an, die in seinen Händen war. Sie war ein echtes Zeichen von Macht! Wenn er die Hand bewegte, zog die Klinge mit. Wenn er zustoßen würde, würde sie seinen Feind vernichten! Etwas abwesend murmelte er ein


    "Ja, sicher."


    "Du musst natürlich gut darauf aufpassen - und es jeden Tag pflegen, sonst rostet es!"


    erklärte Crispus weiter und Lucius nahm sich sofort vor, diesen Rat zu befolgen. Er wollte niemals, dass diese wundervolle Waffe in irgendeiner Weise beschädigt wurde. Fortan würde er sie hüten wie einen Schatz.


    "So, jetzt leg' das Ding aber 'mal weg und iss deinen Geburtstagskuchen! Gunda hat ihn extra gebacken!"


    fuhr der Alte, der sich ebenso freute, dass er ein passendes Geschenk gefunden hatte, gut gelaunt fort. Einen Moment war Lucius verärgert - das war sein Schwert! Niemand gab einem Mann mit einem Schwer Befehle! Er konnte seinen wehrlosen Vater jetzt einfach niederstrecken! Doch dann kehrte langsam die Realität zurück: Er musste etwas essen! Und sein Vater mochte ein Fettsack sein - er würde sicherlich keine Mühe haben, den ungeübten Lucius niederzuringen, und selbst wenn nicht, würden die Götter ihm sicherlich zürnen! Also schob er das Schwert in die Scheide zurück und legte sich widerwillig auf seine Kline, um sich ein Stück von dem vor Honig triefenden Kuchen zu nehmen. Für Gunda, die ihn freudig-erwartungsvoll anblickte, würde er sogar so tun, als ob er ihr schmeckte!



    Sim-Off:

    * "Wir gratulieren dir,
    Wir gratulieren dir,
    Wir gratulieren dem lieben Lucius,
    Wir gratulieren dir!"




    "Ja, ich denke, das passt schon in eine Kiste, oder nicht? Zumindest erstmal. Später können wir ja noch weitersehen. Und solange es eine Kiste ist, kann jeder ja seine eigenen Briefe sammeln. Wenn es dann doch einmal größer werden sollte, können wir das ja noch ändern."


    meinte Crispus schulterzuckend. Er sah sich durch das Argument wenig beeindruckt, denn seine bisherigen Geschäfte brauchten ja auch noch kein eigenes Tabularium (obwohl er im Nebenraum ein kleines Archiv unterhielt, das aber beiweitem nicht voll war!).


    "Wenn du natürlich in deinem Haus viele Zimmer frei hast, kannst du dort gern ein zentrales Archiv einrichten."


    fügte er an.

    "Ich denke nicht, dass das nötig ist: Wir sind alle gleichberechtigt und sollten alle Bescheid wissen. Also kann man sich auch an jeden von uns wenden und der informiert dann alle. Ich finde sowieso, dass wir uns oft treffen sollten.


    Und Lager brauchen wir ja nicht: Jeder hat seine und wir wollen ja keine gemeinsamen Betriebe oder so."


    meinte Crispus schulterzuckend. Es gab vor allem einen Grund, der für ihn gegen ein solches Gebäude sprach:


    "Kostet nur Geld!"

    Zitat

    Original von Lucius Petronius Crispus
    ...


    Crispus kam von einem Treffen mit einem Geschäftsfreund nach Hause. Vorerst bemerkte er nichts von Crispinas Fehlen, denn er hatte sich praktisch daran gewöhnt, dass man sie nicht sah (da sie ja eingesperrt gewesen war). Erst nachdem er eine Siesta im Garten gemacht hatte, kam ihm der Gedanke, mit Crispina zu reden: Ein Opfer an Mercurius war zu organisieren! Außerdem musste sie ja eine neue Statue kaufen! So ging er zu Gunda und fragte dort nach.


    "Crispina ist in der Stadt gewesen...aber eigentlich müsste sie schon wieder zu Hause sein. Aber Lucius hat gefragt! Vielleicht macht sie 'was mit ihm?"


    Crispus zuckte mit den Schultern. Lucius sollte lieber Lesen üben! Nun war er schon so lange in der Schule, würde bald zum Grammaticus kommen - dennoch tat er sich noch immer schwer mit dem Lesen! Und dann beraubte er damit auch noch Gunda ihrer Küchenhilfe!


    Als er in Lucius' Zimmer trat, war er erstaunt: Sein Sohn lag auf dem Bett, das Gesicht verschwollen und die Augen gerötet, als habe er geweint! Was brachte so einen großen Jungen zum Heulen? Ein Römer weinte doch nicht!


    "Lucius, was ist hier los? Und warum heulst du?"


    Unwillig blickte der Junge auf und sah seinen Vater an. Dann deutete er wortlos auf ein zusammengeknülltes Stück Papyrus, das in einer Ecke lag. Das gute Papyrus! Crispus zahlte ein halbes Vermögen für das Schreibmaterial aus dem fernen Aegyptus! Und Lucius knüllte es achtlos zusammen, obwohl man es doch oft noch abschaben konnte! Hatte er wohl wieder einmal schlechte Neuigkeiten von seinem Lehrer erhalten?


    "Was ist los?"


    fuhr Crispus seinen Sohn noch einmal an, doch dieser hatte sich wieder seinem Kissen zugewandt. Lächerlich! Doch vorerst siegte die Neugier, also bückte er sich ächzend und hob das Knäuel auf. Vorsichtig entfaltete er es, erst dann konnte er erkennen, dass es die Schrift von Crispina trug.


    Langsam begann er zu lesen...wie redete sie denn mit Lucius? So gesäuselt hatte er ja nicht einmal mit Heila! Hatte sie den Jungen doch verzogen, wie er es befürchtet hatte...und belogen hatte sie ihn? Beinahe wäre er sofort davongesprungen um dem Mädchen den Hals umzudrehen! Doch es kam noch schlimmer: Sie war davongelaufen! Zu irgendeiner Liebschaft wahrscheinlich - hatte sie denn gar keinen Anstand im Leib? Noch einmal überflog er den Brief um zu erkennen, dass er sich nicht verlesen hatte - doch es stimmte!


    Sein Kopf war inzwischen wieder hochrot, als Crispus das Schreiben fallenließ und sich auf seinen Sohn stürzte. Er riss ihn herum und hielt ihn fest. Wenn sie so vertraut mit ihm war, musste Lucius wissen, wer ihr Liebhaber war! Und er hatte ihnen vertraut!


    "Wer ist es? Wer f***t verdammt noch mal meine Nichte?"


    brüllte er ihn in seinem grenzenlosen Zorn an. Wenn er das Bürschchen finden würde, dann würde er ihm den Hals umdrehen - und zwar eine ganze Umdrehung! Doch Lucius blickte ihn mit angstvoll geweiteten, panisch leuchtenden Augen an.


    "Wer?"


    brüllte Crispus nochmal und griff nach dem Hals des Jungen. Dann - ganz plötzlich - durchfuhr ihn jedoch ein stechender Schmerz, als hätte eine glühende Lanze sein Herz durchbohrt. Zuerst war der alte Petronier überrascht, dann jedoch verzerrte sich sein Gesicht vor Schmerz und seine Hand fuhr zur Brust. Sein Herz raste! Beinahe wäre er auf seinen Sohn gestürzt, denn seine freie Hand drohte ihm den Dienst zu versagen. Doch es gelang ihm sich aufzurichten, ehe er vor Schmerz zusammensank und in der Ecke zwischen Wand und Bett sitzen blieb. Er zwang sich, langsamer und ruhiger zu atmen, doch vor seinen Augen tanzten Sterne und jeder Atemzug fühlte sich an, als atme er flüssiges Metall.


    Als er wieder zu sich kam, hockte sein Sohn vor ihm. Er hatte sich die Tränen abgewischt, blickte ihn hart und verschlossen an, geradezu trotzig.


    "Crispina ist weg, Papa. Sie hat uns verlassen."


    Er streckte den Arm aus und half seinem Vater auf die Füße zu kommen. Vorsichtig klopfte er den Dreck von dessen Tunica, dann meinte er


    "Du musst dich ausruhen!"


    Crispus war ein wenig verdattert und noch immer leicht benommen. Was war denn mit Lucius los? Offenbar war er mindestens genauso wütend wie er selbst, dass sie das Weite gesucht hatte. Irgendwie war er auch zufrieden, dass sein Sohn es nun doch so männlich sah.


    "Wir...wir müssen Crispina finden!"


    meinte er, doch er spürte, dass er dafür nicht genügend Kraft hatte. Langsam erinnerte er sich, dass sie etwas von jemandem erwähnt hatte, der sie liebte...oder so ähnlich. Und musste Lucius das nicht wissen? Doch er schüttelte den Kopf.


    "Sie ist weg, Papa. Weg aus dem Haus, weg aus Mogontiacum. Ich weiß es. Glaube mir!"


    Der Junge sagte dies mit einer Bestimmtheit, als würden die Götter selbst aus ihm sprechen. Einerseits ängstigte es den Alten, doch andererseits konnte er den Worten nicht widersprechen. So ging er langsam vorwärts, verließ das Zimmer seines Sohnes und ging zu seinem eigenen Schlafgemach, um sich auszuruhen.


    Crispina war fort und nur die Götter wussten, wo sie sich herumtreiben würde.

    Crispus hoffte, dass die Frau von Primus keine allzu große Xanthippe war, denn eigentlich sollte sie ja nur als Strohfrau dienen, während die Entscheidungen von Primus getroffen wurden.


    "Ja, ich werde Reatinus schreiben - und Lucianus! Dann können wir endlich zur Gründung schreiten! Privatus hier hat eine Satzung aufgesetzt, der wir noch alle zustimmen müssten - dann wäre die Sache geritzt!"


    Er wandte sich einem Stapel mit Tabulae und begann zu suchen. Doch Privatus rasch eine Tabula hervor und reichte sie seinem Herrn, der etwas beschämt lächelte und sie Iustus hinlegte.


    Societas Commercii Mogontiaciensis


    (1) Die Societas Commercii Mogontiaciensis ist eine Gesellschaft zur Erhöhung der Gewinne seiner Socii. Tätigkeiten der Socii außerhalb der Societas werden nicht berührt.
    (2) Entscheidungen dürfen nur mit der Zustimmung aller Socii getroffen werden. Jede Handlung kann durch das Veto eines Socius unterbunden werden.
    (3) Für die Investitionen der Societas hat jeder Socius 500 Sesterzen vorzuhalten, die auf gemeinsamen Beschluss verwendet werden können.
    (4) Die Gewinne und Verluste der Socii werden entsprechend ihrem Anteil an den gesamten Einlagen geteilt. Niemand ist jedoch verpflichtet, mehr als 500 Sesterzen zu investieren.
    (5) Die Aufnahme neuer Mitglieder erfolgt nur durch einstimmigen Beschluss aller Socii. Ebenso können einzelne Socii durch einstimmigen Beschluss der übrigen Socii ausgeschlossen werden. In diesem Fall ist dem ausgeschlossenen Socius jedoch auch sein Anteil am Gesellschaftskapital auszuzahlen.
    (6) Jeder Socius ist zu jeder Zeit berechtigt, seine Mitgliedschaft zu beenden und seinen Anteil am Gesellschaftskapital einzufordern.
    (7) Zur Verwaltung einzelner Geschäfte können Procuratores bestimmt werden. Diese sind allen Socii weisungsgebunden und haben, sofern sie nicht zugleich Socii sind, keinerlei Mitspracherecht innerhalb der Societas. Ihre Bestimmung erfolgt durch einstimmigen Beschluss aller Socii.
    (8) Als Vorsitzender entsprechend der Lex Communitatis § 2 (3) fungiert ein Socius res gerens. Er vertritt die Societas gegenüber dem Staat. Allgemein haften jedoch sämtliche Socii juristisch entsprechend ihrem Anteil am Gesellschaftskapital. Darüber hinaus besitzt der Socius res gerens keine Sonderrechte, sondern hat die übrigen Socii jederzeit über alle Entwicklungen der Societas zu informieren.


    [Blockierte Grafik: http://img372.imageshack.us/img372/5986/siegelmpctabulaxm1.gif] [FONT=cataneo bt, amaze]M Petronius Crispus[/FONT]















    "Lies es dir durch. Wenn du zufrieden bist, kannst du unter mir unterschreiben. Ich würde das Ding dann bei Primus vorbeibringen und an Reatinus und Vinicius schicken. Die können es dann auch gleich einreichen."


    erklärte er.

    Crispus lehnte sich zurück und hörte interessiert zu. Primus und seine Frau? Was wollte er denn mit seiner Frau bei diesen Geschäften? Ach richtig, Primus war ja Soldat, wahrscheinlich diente seine Frau als Strohmann...oder besser Strohfrau. Wobei sich allerdings die Frage stellte, wie er eine Frau haben konnte...


    "Das ist schön. Dann sollten wir sie aufnehmen, wenn es der Beschluss aller ist. Also müssten wir uns noch einmal treffen - Reatinus und Vinicius sind ja nicht mehr hier, aber wir können ihnen ja schreiben. Und außerdem habe ich sowieso bemerkt, dass man eine Societas nur mit drei Mitgliedern in eine Provinz gründen kann. Wenn die beiden dabei wären, ginge das ja."


    Dann die Frage der Taverne. Eigentlich überflüssig, wie Crispus fand - jeder hatte doch ein Haus!


    "Allerdings hätte ich gesagt, dass wir uns abwechselnd in den Privathäusern der Mitglieder treffen. Aber hin und wieder ist die Taverne sicherlich auch nicht schlecht."


    kommentierte er daher.

    [Blockierte Grafik: http://img14.imageshack.us/img14/7499/luciusgrer.jpg]| Lucius Petronius Crispus


    Am nächsten Tag hatte Lucius seine Enttäuschung über Crispina schon wieder vergessen. Er war ihr den ganzen Tag nicht begegnet, doch heute, als er von der Schule nach Hause kam, freute er sich bereits wieder darauf. Vielleicht würden sie ja wieder gemeinsam zu Fluss gehen! Im Hof war sie allerdings nicht und so ging er zuerst in sein Zimmer, wo er seine Schulsachen einfach auf den Boden warf - Hausaufgaben hatte er schließlich keine! Dann ging er jedoch gleich wieder nach draußen um Crispina zu finden. Zuerst suchte er in der Küche - vielleicht half sie Gunda?


    Doch als er die Tür öffnete, sah er dort nur die alte Sklavin, die dabei war, das Abendessen zu kochen. Sie schien etwas gedankenverloren aus dem kleinen, vergitterten Fenster zu sehen, doch als sie Lucius hörte, wandte sie sich rasch um.


    "Ach, Lucius, du bist es! Ich dachte vielleicht käme Crispina zurück."


    "Wo ist sie denn? Ist sie nicht da?"


    fragte der Knabe verwirrt - um diese Zeit ging man doch normalerweise nicht Einkaufen!


    "Ich glaube, sie wollte in die Stadt. Sah zumindest so aus."


    Die Antwort enttäuschte Lucius ein wenig: Er hatte sich so darauf gefreut, etwas mit seiner Cousine zu unternehmen und nun war sie nicht da! Vielleicht sollte er einfach allein losziehen und sie suchen? Aber dann würde ihm vielleicht Caius auflauern...dieser Idiot gab einfach nie auf - bloß weil Lucius ihm heute zum Abschied eine ordentliche Abreibung verpasst hatte! Und jetzt hatte er wirklich keine Lust auf Schlägereien - eigentlich mochte er grundsätzlich keine Schlägereien, nur Caius zwang sie ihm immer auf!


    Mit hängenden Schultern trottete zurück zu seinem Zimmer. Vielleicht würde er ein bisschen Geometrie machen. Bei dieser Beschäftigung, dem Zeichnen gerader Linien, dem Errechnen von Winkeln und Konstruieren von Kreisen beruhigte er sich immer. Und glücklicherweise war Xanthippus ein großer Mathematiker, weshalb Lucius bei Fragen immer an ihn herantreten konnte. Das rettete ihn ein wenig, denn in Grammatik war er dafür noch immer schrecklich.


    Als er in seinem Zimmer angekommen war, wollte er gerade das Kästchen mit dem Sand hervorholen, in dem er zu konstruieren pflegte, als ihm ein gefalteteter Zettel auf seinem Bett entdeckte. Was mochte das sein? Langsam ging er näher und faltete ihn auseinander. Zwar machte ihm das Lesen noch immer Mühe, doch langsam arbeitete er sich durch den Text.


    Mein lieber Lucius,


    bitte sei mir nicht böse wenn Du diese Zeilen gelesen hast. Ich hoffe sehr, dass Du mich verstehen wirst oder es eines Tages verstehst.
    Dein Vater und ich verstehen uns einfach nicht und ich schaffe es nicht mehr mich gegen ihn zu behaupten. Sicherlich hast Du mitbekommen, dass er mich nun seit so langer Zeit gefangen gehalten hat nur weil ich mich für etwas entschuldigen sollte. Ich sehe mich noch heute im Recht, aber das spielt keine Rolle mehr. Ich habe ihn belogen und mich bei ihm entschuldigt damit er mich wieder gehen lässt.


    Lange habe ich mir Gedanken darüber gemacht was ich machen soll und ich bin zu dem Entschluss gekommen, dass es besser ist zu verschwinden. Ich bin hier nicht erwünscht, das war ich leider von Anfang an nicht. Es tut mir leid, dass ich Dich im Stich lasse, denn ich hätte Dich zu gerne mitgenommen, aber ich weiß, dass ich das nicht darf, denn Dein Vater würde mich sonst umbringen.


    Lieber Lucius, ich werde Dich niemals vergessen und ich werde Dir versprechen zu schreiben wenn ich dort ankomme wo ich hin möchte. Ich hoffe sehr, dass Dein Vater Dich nicht all zu schlecht und gemein behandeln wird. Mein Weg führt mich zu jemanden der mich versteht und der mich mag wie ich bin. Ich werde Dir nicht schreiben wer es ist, denn ich habe Angst, dass Dein Vater diese Zeilen liest und mich dann einfangen könnte bevor ich dort ankomme. Bitte verzeih mir mein kleiner, großer Lucius.


    Mögen die Götter Deinen Weg auf immer schützen.


    Deine Crispina




    Anfangs fühlte Lucius sich ein klein wenig stolz, dass Crispina seinem Vater ins Gesicht gelogen hatte und zumindest im Geiste ungebrochen war. Doch dann ging es weiter: Sie war geflohen! Einfach weg! Während er den Brief weiterlas, begann er zu zwinkern, dann füllten sich die Augen mit Tränen. Er hatte Crispina geliebt, sie war das Symbol seines Widerstands gegen den Vater gewesen! Und nun war sie einfach geflohen! Wie konnte sie ihn hier allein lassen? Bei wem konnte er sich nun ausheulen, wenn Vater wieder besonders streng gewesen war? Wem konnte er nun seine Geheimnisse anvertrauen? Und überhaupt, wer würde nun seinem Vater zeigen, dass er nicht der uneingeschränkte Herrscher in diesem Haus war? Hatte sie ihn so wenig lieb, dass sie ihn hier im Stich ließ?


    Als er geendet hatte, waren auch seine Wangen feucht und er zerknüllte den Brief langsam in seiner Hand. Seine Gefühle begannen sich zu wandeln: Aus dem Gefühl der Trauer und Hilflosigkeit wurde etwas anderes, etwas mächtiges: Das war...das war Fahnenflucht im Angesicht des Feindes! Sein Vater hatte ihm erzählt, welche Strafe darauf stand: Der Tod! Er verachtete sie! Eine echte Römerin wäre nicht einfach davongelaufen aus ihrer Familie! Man konnte sich seinen Herrn nicht aussuchen - man musste sich damit abfinden! Hatte sein Vater nicht auch die Geschichte von dem Römer erzählt, der lieber seine Hand verloren hatte als seinen Vater zu verraten? Nein, sein Vaterland, aber das war ja egal! Sie hatte nicht nur ihn verraten, sondern auch ihre Familie! Eigentlich wollte er sie gar nicht zurück!


    Vor lauter ohnmächtiger Wut warf er den zusammengeknüllten Brief gegen die Wand, dann umklammerte er sein Kissen und begann vor ohnmächtiger Wut in das Kissen zu heulen. Er hatte ihr sein Herz geschenkt, doch sie hatte es einfach achtlos fallen lassen!





    Einen Moment fragte Crispus sich, ob er tatsächlich so gestört aussah, dann jedoch lächelte er und machte eine wegwerfende Handbewegung. Dann deutete er auf den Hocker vor seinem Tisch.


    "Nein, nein, nimm Platz, sprich! Was hast du für Neuigkeiten?"


    Sicherlich würde es um die Societas gehen - oder doch um die Duccier?

    | Morag


    An diesem Tag, der stark jedem anderen im Jahr ähnelte, war auch Morag gewöhnlich beschäftigt: Er musste Feuerholz für den Winter klein machen, wozu er ein Handbeil benutzte. Die Arbeit war ziemlich anstrengend, sodass er äußerst verschwitzt war, als er Iustus die Tür öffnete.


    Er erinnerte sich noch an den Mann und meinte:


    "Du möchtest Petronius Crispus sprechen? Ich führe Dich zu ihm!"


    Er zog die Tür ganz auf und führte den Hadrianer ins Tablinium, wo der Alte gemeinsam mit Privatus über irgendetwas zu sprechen schien. Das Gespräch wurde jedoch unterbrochen, als Morag die Tür öffnete. Crispus schien etwas überrascht, sagte jedoch vorerst nichts.





    SKLAVE - MARCUS PETRONIUS CRISPUS

    [Blockierte Grafik: http://img14.imageshack.us/img14/7499/luciusgrer.jpg]| Lucius Petronius Crispus


    Als Lucius nach Hause kam, stellte er überrascht fest, dass die Tür, hinter der Crispina eingesperrt gewesen war, offen stand. Vorsichtig schlich er sich an (sein Vater hatte ihm strengstens verboten den Riegel zu bewegen und es in einem Ton gesagt, der den kleinen Petronier sehr verängstigt hatte). Doch als er vorsichtig hineinspähte, sah er - niemanden! Crispina war weg! Wahrscheinlich geflohen! Doch wie hatte sie das gemacht? Und wohin war sie geflohen? Und was sollte er jetzt tun?


    Eine Weile stand er unschlüssig herum, dann begann er zu laufen - hin zum Tablinium seines Vaters. Er musste das melden, denn wenn sein Vater erfuhr, dass er davon gewusst hatte, würde er sicherlich schwer bestraft werden! Was passierte, wenn sein Vater Crispina wieder einfing, wollte er sich zwar gar nicht vorstellen, doch letztendlich war es ihm sein Leben doch wichtiger...außerdem - vielleicht passierte Crispina etwas, wenn sie so ganz allein da draußen war! Und vielleicht würde sein Vater ihn ja loben, weil er so pflichtbewusst gehandelt hatte!


    Aufgeregt riss er die Tür auf und erblickte seinen Vater, der überrascht aufsah. Er schien nichts zu ahnen, denn er war ehrlich überrascht, seinen Sohn in solcher Aufregung zu sehen.


    "Papa, Crispina ist weg! Die Tür...sie ist offen!"


    rief der Junge aufgeregt und wusste gar nicht, wo er zuerst anfangen sollte. Doch sein Vater teilte die Aufregung nicht, sondern sah ihn zuerst verständnislos an...und lachte dann herzhaft. Nun war es an Lucius, seinen Vater voller Unverständnis anzusehen. Was ging hier vor? War sein Vater verrückt geworden? Er musste doch wütend werden! Oder zumindest aufgeregt! Doch er...war einfach nur amüsiert! Er wollte gerade zu einer genaueren Erklärung ansetzen, damit sein Vater den Ernst der Lage doch noch verstand, doch dieser winkte ab.


    "Lucius, mein Lieber! Ganz ruhig, ich habe Crispina freigelassen! Sie hat sich entschuldigt!"


    Entschuldigt? Lucius glaubte, sich verhört zu haben! Die ganze Zeit hatte sie sich geweigert, was Lucius sehr beeindruckt hatte. Im Stillen hatte er sie dafür sogar geliebt, denn wer sonst bot seinem Vater die Stirn? Doch nun war sie doch eingeknickt, hatte aufgegeben! Er wusste gar nicht, wie ihm geschah, doch...irgendwie war er enttäuscht! Da sein Vater ihn erwartungsvoll und noch immer belustigt ansah, meinte er nur


    "Achso."


    und drehte sich um um den Raum zu verlassen. Eigentlich sollte er sich ja freuen, dass Crispina wieder frei war, doch irgendwie kam keine Freude auf. Fast hatte er sich schon wieder daran gewöhnt, allein gegen seinen Vater zu stehen - und er hatte sich behauptet! Sogar Armin fürchtete ihn! Er ließ sich auf die steinerne Bank fallen und starrte gedankenverloren auf die Grünfläche in der Mitte des Hofes.




    Sie war verängstigt und das beruhigte Crispus ein wenig - es war ein Zeichen, dass sie ihm langsam nicht mehr ganz so trotzig und tollkühn die Stirn bot. Und dann - er wollte sich schon fast umdrehen und wieder gehen, sagte sie den Satz, den er schon seit Tagen und Wochen hören wollte. Einfach so!


    "Na also! Dann geh und richte dein Zimmer wieder ein. Unser Verwandter ist wieder weg, du kannst es wieder haben!"


    Damit drehte er sich um und ging davon, die Tür offen stehen lassend. Vor lauter Überraschung vergaß er ganz, Crispina noch weitere Vorhaltungen über ihr Verhalten zu machen und ihr Befehle über die Bereinigung ihrer Schuld zu geben. Er war einfach beruhigt, dass er diese Last losgeworden war. Ab jetzt würde sicher alles besser werden!

    Das Mädchen sah wirklich ungesund aus. Wenn er so weitermachte, dann würde sie noch verrückt werden...naja, eigentlich war sie das sowieso. Aber vielleicht nahm sich noch größeren Schaden - er hatte es schon gesehen, dass Gefangene verrückt wurden. Und mit diesem gespenstischen Summer fing alles an!


    "Du weißt, warum ich hier bin."


    meinte er nur und fuhr dann - wie üblich - fort:


    "Ich verlange, dass du dich entschuldigst und gelobst, ab jetzt gehorsam zu sein."

    Zitat

    Original von Petronia Crispina
    [...]


    Inzwischen war einige Zeit vergangen, seitdem Crispus seine Nichte "inhaftiert" hatte. Die erste Zeit war er häufiger gekommen um sie zu fragen, ob sie ihre Fehler nun endlich einsähe. Das Ritual lief im Grunde immer gleich ab: Er öffnete die Tür, blickte hinein, bekam manchmal leichte Gewissensbisse wenn er sah, wie abgerissen sie langsam aussah, schluckte das Mitgefühl jedoch herunter, fragte sie, ob sie nun endlich einsähe, warum er sie hier eingesperrt habe und ob sie sich entschuldige, sie hatte ihm giftige Worte und Blicke zugeworfen und er daraufhin wortlos die Tür. Der Trotz, der ihm hier entgegenschlug, hatte ihn jedes Mal nur wütender gemacht und so war er in letzter Zeit nicht einmal mehr täglich gekommen. Insgeheim bewunderte er sie jedoch auch, denn so viel Beharrlichkeit war ihm noch bei keinem seiner Rekruten untergekommen.


    Am heutigen Tage nun versuchte der alte Petronier es erneut, obwohl er inzwischen glaubte, dass sie es nie einsehen würde. Bei den letzten Versuchen hatte er bereits überlegt, ob er das Mädchen hinauswerfen sollte - wahrscheinlich hatte sowieso schon jeder, der Crispina kannte, bemerkt, dass sie verschwunden war!


    Langsam schob er die Tür auf und blickte in das Dunkel des verbarrikadierten Ladens.


    "Crispina?"

    [Blockierte Grafik: http://img5.imageshack.us/img5/1010/arminlter.jpg] | Armin


    Es war wieder einmal so weit: Der Alte hatte seinen Soldaten-Tick. Irgendwie war Armin früher, als der Petronier noch Soldat gewesen war, wesentlich lieber dessen Sklave gewesen. Auch die erste Zeit hier in diesem Haus war noch in Ordnung gewesen, doch irgendwie hatte der junge Germane das Gefühl, dass er seit dem Tod von Heila durchgedreht war. Und nun war er auch noch auf den Trichter gekommen, seinen Sohn und ihn zu Soldaten auszubilden! Inzwischen konnten die beiden Jungen den Aufbau einer Legion beschreiben, die Ausrüstungsgegenstände des Legionärs aus dem Gedächtnis aufzählen, wussten wie sie einen Gegner mit bloßen Händen umbrachten (theoretisch) und konnten Strammstehen wie ein Soldat. Armin hielt all das jedoch für völlig überflüssig: Er würde doch sowieso nie Soldat werden können - er war doch ein Sklave! Und gerade jetzt nahm er es seinem Herrn besonders übel, dass dieser ihn dazu gemacht hatte. Natürlich wusste er, dass er ein Waise war. Und er wusste auch, dass er das Kind von Aufständischen war. Doch gerade das erregte seinen Ärger, was jedoch weniger an dem dämlichen Soldaten-Training, sondern vielmehr an seinem Geheimnis lag, hinter das Lucius gekommen war!


    Er hatte Lynn beim Einkaufen kennen gelernt. Sie hatten sich regelmäßig am Stand des Bäckers getroffen und irgendwann waren sie darauf gekommen, dass sie gar nicht Lesen konnte. Deshalb hatte Armin es ihr beigebracht - heimlich. Er hatte sich bereits sehr früh zu ihr hingezogen gefühlt, mit der Zeit hatte sie diese Gefühle auch erwidert. Und nun waren sie ein Paar - ebenfalls heimlich. Oft hatte Armin davon geträumt, ein freier Mann zu sein (bald würde er tatsächlich das Mannesalter erreichen) und Lynn von ihrem Herrn freizukaufen. Dann konnten sie ein gemeinsames Leben beginnen, er konnte vielleicht eine Schreibstube aufmachen! Aber daran war nicht zu denken - der Alte würde ihn vielleicht freilassen, wenn er doppelt so alt wie Morag war! Und als ob dieser Umstand und das bescheuerte, sinnlose Training nicht genug gewesen wären, war Lucius auch noch hinter seine Liebschaft gekommen. Seitdem hatte er höllische Angst, dass sein kleiner Beinahe-Bruder ihn verpetzte. Er fürchtete sich nicht vor Schlägen - das war er gewohnt und außerdem war er ein stolzer Germane! Was ihn rasend machte, war die Angst um Lynn! Und dafür tat er alles!


    Und so ließ er nun wider besseren Wissens seine Deckung fahren und tat so, als versuche er Lucius mit seinem Schwert zu treffen. Kaum hatte er das triumphierende Funkeln in den Augen seines Gegners gesehen, da spürte er auch schon das harte Holz, das sich in seine Magengrube bohrte. Der Schmerz durchfuhr den jungen Germanen wie ein Blitz und für einen Augenblick hatte er das Gefühl, sein Mittagessen würde gleich auf dem Steinboden des Hofes verteilt liegen. Dieser blöde kleine Junge hätte doch wenigstens ein bisschen abbremsen können, wenn Armin ihm schon so eine Gelegenheit bot! Doch Lucius schien es geradezu Spaß zu machen, andere zu quälen! Abgesehen half es sowieso nichts. Er ließ sein Holzschwert fallen und hielt sich den Bauch.


    Er wurde nicht etwa durch einen weiteren Angriff vonseiten Lucius' aus seiner Schmerzstarre gerissen - nein, der Stock des Alten traf ihn auf den Rücken, zugleich drang die rauhe Soldatenstimme an sein Ohr.


    "Nimm dein Schwert! Die Deckung, verdammt nochmal! Gib dir etwas Mühe, Armin!"


    Wie sehr er all das hasste! Er sollte fliehen! Weg von diesen ganzen verdammten Petroniern, zusammen mit Lynn am besten! Doch die traute sich nicht. Und irgendwie hatte sie auch Recht: Wo wollten sie denn hin? Hier in Mogontiacum wusste jeder, wem sie gehörten. Und wo wollten sie denn hin? Armin hatte sogar seine Muttersprache verlernt und sprach auch nur den hiesigen germanischen Dialekt. Und Lynn sowieso.


    Er bemühte sich seinen Schmerz herunterzuschlucken und hob sein Schwert auf. Hoffentlich stiegen ihm keine Tränen in die Augen! Er wollte diesem ganzen Mist wie ein echter Germane begegnen - grimmig und ohne ein Anzeichen von Schmerz oder Angst! Es war unwürdig, dass er sich unter Wert verkaufen musste - für heute musste es genug Triumph für Lucius sein. Er würde es sicher einsehen, dass der Alte es schnell merken würde, wenn Lucius alle Kämpfe gewann!





    SKLAVE - MARCUS PETRONIUS CRISPUS