Beiträge von Marcus Petronius Crispus

    Gemeinsam mit Marcus Carteius Nerva, dem jungen Architectus vom Bauhof der Legio machte sich Crispus auf, die Rhenus-Brücke zu inspizieren. Dazu mussten sie allerdings die gesamte Stadt durchqueren, was nach wie vor zu Fuß erledigt werden musste (Crispus ritt ungern und hatte sich noch immer keine Sänfte zugelegt). Nachdem sie die Principia verlassen hatten, hatten sie allerdings wieder den gesamten Stab des Magistratus bei sich, angefangen bei den Vigiles, die liktorengleich mitmarschierten, über die Schreiber bis hin zu dem Boten, der schnell Nachrichten übermitteln konnte (was Crispus allerdings kaum brauchen würde, wie er annahm).


    Endlich erreichten die Brücke: Wie üblich wurde sie um diese Tageszeit wenig genutzt: Die Händler kamen morgens in die Stadt und verließen sie am späten Nachmittag, ansonsten herrschte eher wenig Betrieb in Richtung freies Germanien. Umso besser, denn so konnte der Architekt sich die Brücke in aller Ruhe ansehen.


    "Schau' dir alles an. Ich muss wissen, wie lang die Renovierung dauert und was man ungefähr dafür braucht. Das ganze muss zügig gehen."


    Der Architekt nickte und begann am Hang zum Wasser hinabzuklettern, um sich die Pfeiler aus nächster Nähe anzusehen. Crispus folgte ihm und bemerkte dabei wieder einmal, dass er älter geworden war. Das Ufer war mit Spundbohlen befestigt, sodass der Fluss nicht ständig neues Material abtragen konnte (es sei denn, er trat über die Ufer). Nach kurzem Verschnaufen konnte er sich ebenfalls an die Betrachtung der Brücke machen. Sie war mehr als drei Stadien lang und ruhte auf einundzwanzig mächtigen Steinpfeilern, die jeweils die Fluten zu teilen schienen, jeweils gute zwei Ruten breit und sechs Ruten lang. Darauf lag eine Holzkonstruktion aus Eichenstämme, die eine 4 Ruten breite Fahrbahn trugen. Und diese Holzkonstruktion war das Problem, wie Crispus rasch feststellte. Die Steinpfeiler ruhten im Wasser, hatten zwar hier und da ein paar Abnutzungserscheinungen durch Treibeis des vergangenen Winters, sahen aber nicht ernstlich beschädigt aus.


    "Da muss man ein bisschen Mörtel reinschmieren, dann hält das wieder - kein großes Problem!"


    erklärte Nerva, als er den Blick des Petroniers erkannte. Dann deutete er auf das Brückengestell, das deutliche Schäden aufwies.


    "Da müssen wir aber bisschen mehr machen - ich denke, dass die ganze Konstruktion nach und nach erneuert werden muss, damit es wieder ordentlich hält. Wir brauchen Baumstämme - eine ganze Menge davon sogar!"


    "Müssen wir die Brücke sperren?"


    fragte Crispus, denn wenn die Brücke geschlossen wurde, war dies ein großes Problem für die Stadt - die Händler kamen nicht hinein, wenn man nicht ausreichend Flößer einstellte, was zusätzliche Kosten verursachen würde. Auch Nerva schien dies zu kommen, denn er legte seine Stirn in Falten und dachte nach.


    "Man könnte vielleicht in Abschnitten vorgehen. Zuerst die eine Seite, dann die andere. Macht die Sache aber bisschen komplizierter."


    Das hatte Crispus sich fast gedacht. Nunja, ein notwendiges Übel, wenn man die Stadt nicht unnötig schädigen wollte. Dennoch fehlten ihm noch immer Informationen.


    "Wann können wir anfangen? Und was würde der Spaß kosten? Und wie lange dauert das ganze?"


    Der Architectus lachte kurz auf ob der Ungeduld des alten Magistraten. Beschwichtigend hob er die Hände.


    "Ruhig, ruhig! Ich muss mir das ganze genauer anschauen, damit ich es auch wieder so hinkriege! Dann muss ich ermitteln, wie viel Holz ich brauche und was ich wiederverwenden kann. Und dann hängt es natürlich davon ab, wie viel ihr bezahlen könnt, also wie viele Leute wir einstellen können - ihr nehmt Legionäre? Die dürften billig sein, wenn ihr mit dem Legaten verhandelt!"


    Diese Antworten stellten Crispus zwar nicht ganz zufrieden (er hatte gehofft, sofort klare Einschätzungen zu bekommen), dennoch musste er die Sache wohl oder übel akzeptieren. Gedankenverloren blickte er auf den Rhein hinaus, der träge vor sich hinfloss - bald schon würde das Wasser steigen und Eisschollen mit sich bringen - wenn es besonders kalt werden würde.

    Nachdenklich kratzte sich Crispus am Kopf. Eine Societas...gegen die Duccier, die ja alle in ihrer eigenen Vereinigung steckten? Das war einerseits sinnvoll, andererseits aber auch gefährlich: Würden sie ihre Konkurrenten ausschalten, indem sie sie diskreditierten? Und welche Auswirkungen hatte das auf seine politische Karriere? Das war eine Sache, die man nicht so leichtfertig entscheiden konnte!


    "Hm, hm, hmm...ich weiß nicht, Reatinus. Was meinst du, Terentius? Wärst du dabei?"


    Er sah zu dem Decurio hinüber, der ja auch Betriebe unterhielt und sicherlich auch Rücklagen seines Soldes hatte, um sich auch finanziell zu beteiligen.


    "Oder wüsstet ihr noch mehr Leute, die mitmachen?"


    Wenn es mehr Unternehmer waren, würde die ganze Sache von Anfang an ernster genommen werden und vielleicht konnte man den Freya-Leuten damit sogar Respekt einflößen oder sie zur Zusammenarbeit zwingen! Oder zumindest zu Absprachen...

    Crispus musste kurz husten, als er hörte, wie viele Vigiles im Augenblick in der Stadt arbeiteten. Das waren also die Zahlen dazu gewesen, was im Augenblick für die Stadt arbeitete - wenn er gewusst hätte, dass es ohnehin nur so wenige Männer waren, hätte er nicht so vehement gekämpft! Dennoch fragte er sich noch immer, was eine Aufstockung sollte.


    "Ich glaub', unsere Vigiles reichen völlig aus. Acht Leute zum Feuerlöschen sind ein Tropfen auf dem heißen Stein - wir sollten höchstens wieder einmal eine Feuerübung durchführen und ausprobieren, ob die Handwerkerverbünde die Sache beherrschen. Von mir aus kann man für sie auch bisschen Material anschaffen, aber eine Verdreifachung der Wache ist doch unnötig! Die Leute haben wir dann am Ende an der Backe und müssen sie bezahlen - was habt ihr gegen Legionäre? Die sind nicht schlechter als Vigiles - sogar noch besser ausgebildet!"


    Immer diese Angst vor den Legionen! Wofür standen den ein paar Tausend Mann im Lager nebenan, wenn nicht für die Sicherheit der Bewohner des Reiches?

    Nach der Sitzung der Magistrate und seinem Rundgang machte sich Crispus langsam daran, seine Vorhaben zu planen. Er hatte mit einem Architekten gesprochen und sich informiert, außerdem hatte Willigis ihm goldwerte Tipps gegeben.


    - Renovierung der Brücke
    - - Legion - Preis fraglich


    - Curia Mogontiaci: Aufstellen einer Statue
    - - Kosten: 600 Sz


    - Forum: Ausbesserung des Pflasters
    - - Kosten: 1500 Sz


    - Thermae: Renovierung des Beckens
    - - Kosten: 2000 Sz


    - Hafen: Lager in einwandfreiem Zustand


    - Straßen: nicht akuter Handlungsbedarf


    - Tempelbezirk: evtl. versch. Tempelrenovierungen
    - - Kosten fraglich, aber pro Tempel ca. 2000 Sz


    - Theater: Generalsanierung
    - - Kosten: 5000 Sz
    - - Finanzierung: evtl. Abhalten v. Spielen


    Summa: ca. 10 000 Sz


    Nachdenklich betrachtete Crispus das Ergebnis seiner Rechnung: 10 000 Sesterzen waren kein Pappenstiel und ein Vermögen, das genügte, um in den Senat aufgenommen zu werden, soweit man es in Landbesitz vorweisen konnte. Die Decurionen würden mit großer Sicherheit nicht bereit sein, diese Mengen zu zahlen. Die Stadtkasse verfügte wohl etwa über die gewünschte Summe, dennoch war es wohl nicht ratsam, die gesamte Kasse zu plündern!


    Also war es vielleicht besser, Prioritäten zu setzen: An vielen Stellen konnten kleine Einsätze große Erfolge bringen, andere Dinge waren wohl eher Luxus: Die Brücke genoss erste Priorität: Sie würde im Frühjahr einstürzen und nur mit ihrer Hilfe ließ sich der Handel mit dem freien Germanien aufrecht erhalten, der so viel Geld in die Kassen der Händler spülte. Das Becken der Thermen war ebenfalls wichtig, da die Thermen gern besucht wurden und das wohl kaum weiter der Fall wäre, wenn man nicht die klassische römische Badeweise durchführen konnte. Der größte Brocken war aber wohl das Theater: Hier sah Crispus größeren Bedarf, wenn man wirklich eine Wiedereinführung der Feiern wollte. Und diese Feiern würden wohl eine gewaltige wirtschaftliche Kraft haben: In früheren Zeiten waren Vertreter aller gallischen Civitates in Mogontiacum erschienen, gewöhnlich auch ganze Delegationen pro Gemeinde. Dazu hatte das germanische Heer eine Feier veranstaltet - es würde Unmengen an Konsumenten in die Stadt kommen!


    Ja, das war eine Sache, die dem Ordo unbedingt vorgelegt werden musste - vielleicht konnte man ja bei den Honoratoren Kredit erhalten, wenn man ihnen versprach, das ganze am Ende zurückzuzahlen aus den Standgebühren und Zöllen, die man zu diesem Anlass einziehen konnte! Nein, für Crispus genoss diese Angelegenheit höchste Priorität!

    Zuletzt marschierte Crispus mit seinem Anhang zum Theatrum Germanica venustrus artis Moguntiaci. Das Theater war gewaltig: Erst wenn man es betrat, konnte man die unzähligen Reihen sehen (10 000 Plätze gab es hier) und war beeindruckt. Ursprünglich war es wohl errichtet worden, um den Gedenkfeiern zu Ehren des Drusus Germanicus eine Kulisse zu geben, doch diese Tradition war wohl in den Bürgerkriegen vor Regierungsantritt des Iulianus verloren gegangen. Seitdem floss relativ wenig Geld in das Bauwerk, was man deutlich erkennen konnte: Selten fanden hier noch Veranstaltungen statt, zuletzt, als der göttliche Iulianus geehrt worden war. Es tat dem Petronier fast leid, dass dieses wunderbare Bauwerk so wenig genutzt wurde und nahm sich vor, etwas dafür zu überlegen.


    "Arminianus, schreib auf: Veranstaltung im Theater planen. Geld locker machen!"


    Der Scriba notierte und Crispus trat ein. Die Szene war verwaist, hier und da waren bereits erste Spuren von Verwitterung zu erkennen - wenn man hier etwas machen wollte, musste man bald damit beginnen, das Theater vorzubereiten!


    Doch langsam wurde dem Magistratus klar, dass seine Pläne eine gewaltige Summe verschlingen würden und es wohl schwierig werden würde, all das zu aufzubringen - die erste finanzielle Hürde für den Ordo Decurionum stand bevor!

    Crispus war ziemlich erstaunt - offensichtlich war der Fernhandel doch gar nicht so kompliziert - vielleicht sollte auch er einmal damit anfangen...andererseits war ihm das Risiko doch zu hoch.


    Die nächste Bemerkung erstaunte den Petronier weiter: Die Freya war zu mächtig? Das war ihm tatsächlich ebenfalls klar - auf dem Markt gab es kaum Abnehmer, die nicht vom gewaltigen Waren-Angebot der Freya bedient wurden. Und sie diktierten natürlich auch die Preise...


    "Die Freya Mercurioque ist tatsächlich ein großer Komplex, der uns kleinere Händler gefährdet - aber meinst du wirklich..."


    Erst während er sprach, kam ihm, worauf Reatinus hinaus wollte: Er wollte wohl eine Gegenveranstaltung eröffnen: Eine eigene Handelsvereinigung aus Reatinus und ihm - und Terentius? Ob sie überhaupt eine Chance hatten?


    "...dass wir etwas dagegen unternehmen können? Zum Beispiel eine eigene Societas gründen?"


    Hm, was war wirklich eine schwierige Frage: Im Augenblick war Crispus noch finanziell schwach gestellt - der Wahlkampf war teuer gewesen. Andererseits konnte er möglicherweise kommunale Aufträge weitergeben, sodass sie hier vielleicht eine gute Einkommensquelle finden würden. Außerdem hatten sie ja ganz gute Verbindungen zur Legion, sowie zum Statthalter!

    Für seine ehrgeizigen Bauvorhaben hatte Crispus sich überlegt, seinen eigenen Steinbruch einzubeziehen: Er konnte dadurch zum einen ein wenig Geld mit öffentlichen Aufträgen verdienen, zum anderen das Nachschubproblem rasch lösen. Aus diesem Grunde hatte er sich mit Willigis in Verbindung gesetzt und sich erkundigt, wie viel der Steinbruch hergeben konnte und welche Kosten das in etwa verursachen würde.


    Dennoch kam er noch einmal selbst, um sich zu vergewissern, dass alles wie geplant verlaufen konnte. Er war allein gekommen und hatte sein neues Pferd, Asulf, als Transportmittel verwendet. Inzwischen ließ sich der Hengst schon ganz gut reiten, denn der Petronier hatte den Vorschlag von Primus berücksichtigt und regelmäßige Ausritte durchgeführt, wobei ihm auch gute Ideen für die Regierung der Stadt kamen.


    Als er endlich ankam, war der Abbau wie üblich in vollem Gange. Willigis war vor seiner Hütte damit beschäftigt, einen Gesellen zusammenzustauchen, der offensichtlich etwas kaputt gemacht hatte. Als er Crispus erblickte, unterbrach er seine Tätigkeit und kam auf seinen Arbeitgeber zu.


    "Heile, Willigis! Wie läuft's?"


    "Heile, Chef! Bei uns geht alles soweit ganz gut!"


    "Also könntet ihr schnell liefern, wenn wir 'was brauchen?"


    "Hm, kommt d'rauf an, wie viel. Grundsätzlich ging' das schon! Aber komm' mit, ich zeig' dir, was wir haben!"


    Crispus stieg von seinem Pferd und gab die Zügel dem Gesellen, der offensichtlich ganz froh war, der Schelte doch noch entgangen zu sein. Dann folgte der Magistratus dem Meister in die Steinmetzhütte.

    In den fernen Osten? Crispus war beeindruckt - Seide wurde doch nur über wenige Händler aus einem sehr, sehr fernen Land importiert! Und sicher war das ganze auch sehr riskant, denn Crispus hatte in seiner Jugend von den Seeleuten in Tarraco gehört, dass die Meere sehr, sehr unsicher waren: Nicht selten kamen Schiffe nicht an, weil Stürme sie zerrissen oder Piraten sie enterten und die Besatzungen in die Sklaverei verkauften oder massakrierten! Auch sein Vater war einstmals auf den Meeren geblieben...oder zumindest niemals zurückgekehrt.


    "Und von wo kaufst du die Waren ein? Auf dem heimischen Markt? Oder wie funktioniert das - ich habe noch nie länger mit einem Händler gesprochen!"


    Noch hatte er keine speziellen Hintergedanken - nur reines Interesse!

    Zitat

    Original von Marcus Carteius Nerva
    Nerva grinste verlegen, als der Petronier auflachte. Er konnte es ja nicht wissen, dass der Magistratus schon so viel Ahnung hatte. Normalerweise war er es gewohnt, überschwängliche Ahnungslose über die Tatsächlichkeit aufzuklären. Das war hier wohl nicht nötig!


    "Natürlich kenne ich sie. Ich habe sie schon als kleiner Junge einmal passiert, aber da war sie wohl in einem besseren Zustand!", schwelgte Nerva, kam jedoch wieder zum Geschäftlichen, "Wir können uns die Brücke jederzeit ansehen, Magistratus. Sofern mich der Preafectus abstellen kann...".


    Dieser Preafectus nickte bestätigend.


    Crispus war zufrieden - der Junge war offensichtlich geeignet und das beste war, dass er ihn scheinbar sofort mitnehmen konnte.


    "Gut, dann gehen wir gleich!"


    antwortete er daher und sah zu Arminianus, der seinen Stylus gesenkt hatte und wohl nicht mehr davon ausging, dass es noch weitere Dinge aufzuzeichnen gab - zumindest nicht in diesem Officium!

    "Einen Fernhandel? Mit wem handelst du denn? Nach Italia? Oder weiter bis in den Osten?"


    fragte Crispus interessiert. Er hatte nicht gewusst, dass sein Freund auch in den Handel eingestiegen war! Vielleicht konnte er ihn ja engagieren, um die Erzeugnisse seines Steinbruchs im Imperium zu verbreiten!

    Als nächstes rückte Crispus über das Forum auf den Tempelbezirk vor. Dort befanden sich einige Tempel, die der Petronier schon öfter besucht hatte. Zu den größten Bauten gehörte der Tempel des Apollo Mogon, einer Gottheit, die Crispus nur als Apoll verehrte. Er hatte gehört, dass Mogon eine gallische Gottheit war, die wohl auch für Licht stand, wie es Apoll tat. Im Grunde kannte Crispus bei allen Göttern nur die römischen Namen und er fragte sich, warum die Götter sich in verschiedenen Landstrichen unter verschiedenen Namen bekannt machten - oder bedeuteten die Namen letztendlich das gleiche?


    In jedem Falle waren die Tempel in nicht so gutem Zustand wie die Straßen der Stadt: Besonders am Tempel des Apollon bemerkte Crispus Schäden im Bau - nur der Tempel des Mars war in gutem Zustand. Das Isis und Magna Mater-Heiligtum war hingegen auch etwas verwaist. Im Hof des Tempels befanden sich zwar noch wenige Weihegaben, doch Crispus erinnerte sich, dass bei seiner Versetzung nach Mogontiacum wesentlich mehr Anziehungskraft von dem Tempel ausgegangen war. Vielleicht war es wirklich sinnvoll, auch hier etwas zu unternehmen.


    "Besichtigung des Tempelbezirks mit einem Architekten - schreib' auf, Arminius!"


    befahl er. Sein Augenmaß genügte bei derartigen Bauten wirklich nicht!

    Auf dem Weg zurück zu Forum (das Theater und der Tempelbezirk standen noch auf Crispus' Plan) begutachtete der Petronier die Straßen, auf denen sie wandelten. Als Soldat hatte er selbst Straßen gebaut (allerdings waren das Landstraßen gewesen), sodass er wusste, wie sie aufgebaut waren: Zuerst musste eine Art Graben gegraben werden, den man mit verschiedenen Steinen und Mörtel aufgoss, sodass die Fahrbahnsteine ganz oben schön eben lagen. Außerdem war eine leichte Wölbung sinnvoll, damit sich keine Pfützen bildeten. In der Stadt war dies allerdings zeitweise nicht eingehalten worden: Nur die Hauptstraßen waren gepflastert, wenn man eine Insula betrat, hatte man es häufig mit festgestampftem Boden zu tun. Doch dies war auch nicht die Aufgabe der Stadt, sondern der Grundstückseigner.


    Leider hatte auch die Straßen hier und da ihre Fehler, die jedoch nicht akut wirkten: Die Via Drusa Germanica war sogar in hervorragendem Zustand, da sie erst vor kurzem erneuert worden war. So musste er hier nicht viel notieren lassen und konnte zufrieden, dass es auch Dinge gab, die bereits einwandfrei waren, auf das Forum zurückkehren.

    Da musste Crispus nicken: Viele Soldaten waren Großmäuler, das schien eine Art Berufskrankheit für Langzeitsoldaten (nunja, die meisten konnten ja auch wenig mit ihrer Bildung oder Intelligenz angeben). Aber diese Haudegen, von denen die erste Centuria ja voll war, waren genau diejenigen, die man brauchte, wenn es drauf ankam. Als Probatus hatte er das auch noch für nervig gehalten, doch inzwischen wusste er, dass Probati sich diesen Männern wirklich unterordnen sollten und zusehen, dass sie etwas lernten.


    "Ich hab' gehört, du hast dir ein paar Betriebe gekauft, Reatinus?"


    wechselte er dann spontan das Thema. Er selbst besaß nun ja seinen Steinbruch, der wieder funktionierte, nachdem er die Arbeiter zur Vernunft gebracht hatte.

    Crispus grinste und dachte sich, dass die Duccii wohl eine ältere Köchin hatten als er selbst: Gunda war zwar nicht mehr die jüngste, doch Falten hatten sich seiner Meinung nach noch nicht bemerkbar gemacht. Doch es war wirklich Zeit - angeblich war es nicht gut, zu lange im Wasser zu sitzen.


    "Naja, dann geh'n wir lieber 'raus."


    Mit einem Ächzen erhob er sich. Jetzt erst bemerkte er den blauen Hintern von Rufus und musste grinsen. Das war also der Denkzettel vom Pferd. Daran würde der Junge sicher noch länger denken, wenn er sich setzte.


    Auf die Idee, mit dem Jungen etwas zu essen, kam Crispus nicht - er hatte keinen großen Hunger und war es nicht gewohnt, Leute spontan zu Essen zu laden (wobei er gar nicht wusste, dass Rufus das vorhatte).


    "Gehst du öfter hier her?"


    fragte er jedoch, denn es war sehr viel besser, gemeinsam baden zu gehen als allein.





    DECURIO - MOGONTIACUM

    Diese Seite des Forums war nun abgearbeitet, doch nun war es Zeit, den Hauptplatz der Stadt zu verlassen. Crispus wählte die Via Praetoria zum Rhenus hinunter. Ein Blick zurück ließ ihn seufzen: In einiger Entfernung thronte die stolze Pforte zum Legionslager - wie einfach doch alles wäre, wenn er noch dort wäre!


    Doch dann richtete er seine Gedanken wieder auf seine Arbeit und sprach Arminianus Rufus an.


    "Sag' mal, Arminianus: Seit wann arbeitest du denn bei der Stadt?"


    "Seit fünf Jahren, Magistratus!"


    erwiderte dieser. Crispus konnte sich nicht genau erinnern, aber Arminius, jener Decurio von Mogontiacum, konnte möglicherweise wirklich seinen Posten vor dieser Zeit bekleidet haben.


    "Und gefällt dir deine Arbeit? Oder willst du höher hinaus?"


    In letzter Zeit hörte man ja immer wieder, dass Leute vom einfachen Scriba bis zum Duumvirat einer Stadt gelangten! Für Crispus war das zwar völliger Humbug - Duumviri sollten aus dem Stadtadel stammen, der am besten seit Jahren Tradition in der Führung von Städten hatte - doch vielleicht hatte ja auch Rufus vor, eine solche Karriere anzutreten.


    "Wie denn? Ich bin Freigelassener! Die Leute wählen mich sowieso nicht!"


    Hm, diesen Aspekt hatte Crispus gar nicht beachtet! Freigelassene waren zwar oft tüchtigere Leute als die alten Adligen, dennoch haftete ihnen etwas unreines, sklavisches an - und solche Leute wollte man nicht in der Politik! Dort zählte Erfolg und ein guter Stammbaum!


    "Hm, und hast du dir ein bisschen Geld beiseite gelegt? Oder hat dir der alte Arminius nichts gegeben?"


    Soweit Crispus wusste, stammte Arminius aus einem Dorf im Umland der Stadt. Der Vater des Arminius war ein germanischer Adliger gewesen, der im Dienste Roms das Bürgerrecht und fürstliche Summen erhalten hatte. Nun herrschte sein Sohn wie ein kleiner König über das Dorf, während er zugleich in der Stadt darauf achtete, dass ihm niemand seinen Rang streitig machte und sein Vermögen weiter wuchs.


    "Naja, doch, schon ein wenig. Aber es genügt lange nicht, um davon zu leben."


    *Armer Hund*, dachte sich Crispus, während sie weitergingen. Viele Freigelassene hatten sich schon während ihrer Unfreiheit ein kleines Vermögen zusammengespart und legten es nach ihrer Freilassung gewinnbringend an, sodass viele Großhändler ehemalige Sklaven waren. Aber das war wohl ausgleichende Gerechtigkeit...


    Crispus plauderte weiter mit Rufus, während sie nun auf den Hafen zuhielten. Dort besaß die Stadt einen Kornspeicher, den Crispus begutachten wollte. Mit derlei Dingen kannte er sich aus, denn auch die Legion verfügte über Horrea. Zuvor galt es jedoch, sich einen Weg durch die Hafenarbeiter, die gerade ein Flussschiff entluden, zu bahnen, was die beiden Vigiles hervorragend erledigten.


    "Platz da für den ehrenwerten Magistratus! Platz da für den ehrenwerten Magistratus!"


    Mit diesen Worten stießen die beiden Vigiles und Amtsdiener die Arbeiter zur Seite, wobei sie ihre Schlagstöcke einsetzten, sodass Crispus bequem durch die Gruppe schlendern konnte und von allen Seiten ehrfürchtige Blicke erntete. Endlich erreichten sie das Lagerhaus, das auf Stelzen gebaut war (vor allem, weil der Rhenus ja häufiger über die Ufer zu treten pflegte). Crispus besah sich das ganze, doch er konnte keinen Makel finden: Das Lager schien erst vor kurzem erneuert und das Holz war noch relativ frisch und stabil. Auch ein Gespräch mit dem Verwalter des Lagers erbrachte keine Mängel, sodass Crispus unverrichteter Dinge wieder in Richtung Innenstadt aufbrach...

    Beinahe hätte Crispus etwas gesagt, dass er mit Maecilianus sprach, doch dann hatte er doch Skrupel, dermaßen unverschämt zu sein - einem jungen Tribun hatte er ja auch gehorcht, selbst wenn er ihn dabei verachtete. Aber was Marsus da ansprach, klang doch interessant - was wollte denn der Comes schon wieder? Immer diese Regiones mit ihrer Einmischung in städtische Angelegenheiten! Offensichtlich hatten die Verwaltungsbeamten Mogontiacum zu ihrem Lieblingsopfer erkoren! Hoffentlich unternahm sein Patron bald etwas...

    Crispus war froh, dass der ältere Duumvir ihn unterstützte und fühlte sich wieder einmal bestätigt, dass Marsus zu jung für diesen Job war. Das machte ihn fast wieder ein wenig ärgerlich und er brummte


    "Natürlich."


    Allerdings war ihm auch bewusst, dass diese ganzen Sanierungsmaßnahmen eine Menge Geld kosten würden und somit kaum alles umgesetzt werden konnte. Er blickte Maecilianus an und fragte daher


    "Sollten wir vielleicht den Ordo Decurionum einberufen, damit wir Geld für die Sanierung der ganzen Sachen auftreiben?"

    Nachdem das Forum schon fast aufgearbeitet war, bewegte sich Crispus mit seinen Begleitern auf die Thermen des Iulianus zu. Dort angekommen betrat der Magistratus das Bauwerk und sah sich um. Es dauerte nicht lange, bis der Bademeister erschien - ein Bademeister auftauchte und Crispus begrüßte. Dem Petronier schmeichelte die Unterwürfigkeit des städtischen Angestellten, dennoch erkundigte er sich nach kurzer Plauderei über den Zustand des Bades. Im Grunde schien alles zu funktionieren (wie Crispus sich ja schon mehrfach selbst überzeugt hatte), doch auch hier gab es kleine Sanierungsfälle, insbesondere das Becken des Heißbades schien zu lecken. Auch dies ließ der Magistratus notieren, dann verbaschiedete er sich und ging weiter...

    Crispus war etwas verwirrt - warum wurde denn die Bauaufsicht auf die verschiedenen Tätigkeitsbereiche aufgeteilt? Und überhaupt, irgendwie hatte er sich nicht unbedingt als der Lakai der Duumvirn betrachtet, die alles zuteilten, am Ende einen Bericht wollten und jegliche Entscheidungsgewalt an sich rissen! Er meldete sich zu Wort.


    "Ist die Instandhaltung der öffentlichen Gebäude und Straßen nicht auch in meinem Aufgabenbereich? Ich dachte, ich bin für die Bauarbeiten zuständig."


    Sonst war er ja nur mit der Brücke beschäftigt, während die anderen neben der Marktaufsicht, die sicher ebenfalls eine Menge Arbeit war, auch noch die Straßen kontrollieren mussten, was gar nichts damit zu tun hatte!

    Crispus lachte kurz auf. Solch eine Frage konnte nur von einem Frischling kommen, wie es Nerva offensichtlich war. In Mogontiacum gab es doch nur eine Rhenus-Brücke und so viel Ahnung, dass die Brücke stabil sein musste, hatte er auch.


    "Kennst du die Brücke nicht? Ich würde sie mit dir zusammen anschaun, dann bräuchte ich von dir einen groben Plan, wie lange die Renovierung dauert, damit ich kalkulieren kann."


    erklärte er schließlich.