Beiträge von Marcus Petronius Crispus

    Damit war die Frage des Handelskonsortiums wohl vorerst vom Tisch und Crispus konnte sich weiter an seinem Essen bedienen. Die Jungs schienen gar nicht mitbekommen zu haben, über welch wichtige Themen ihr Herr und Vater diskutierte. Stattdessen erzählte Lucius irgendeine Geschichte von einem toten Legionär - Kinder!


    Als Reatinus das Thema wechselte, grinste der Petronier.


    "Reatinus, ich habe heute erst angefangen! Keine Ahnung! Aber ich denk', da muss man noch einiges auf Vordermann zu bringen. Ganz unter uns: der alte Duumvir ist mir nicht grade als Kompetenzexplosion vorgekommen!"


    Crispus hatte nie einen Hehl daraus gemacht, dass er mit der aktuellen Form der Stadtregierung wenig zufrieden war, insbesondere bei den Sitzungen der Curia hatte er häufig Kritik geäußert. Das hatte ihm wahrscheinlich auch den übergroßen Wahlerfolg gekostet - aber so war Crispus: Immer freiheraus!

    Crispus hatte eine triumphierende Miene aufgesetzt, als Lando klein beigab. Seiner Meinung nach hatte er gewonnen und die Rechte des Ordo verteidigt. Es war ja noch schöner, wenn jeder dahergelaufene Regionalbeamte sich in die Belange der Stadt einmischen konnte und sein Gebiet so zentralistisch führte, als wäre er der Besitzer der Bevölkerung!


    Das nächste Thema war auch seine Aufgabe, daher durfte er sich gleich wieder erheben, was er jedoch ein wenig langsamer und dramatischer tat, als es notwendig war.


    "Wegen der Rhenus-Brücke habe ich mich mit dem Praefectus Castrorum der Legio II in Verbindung gesetzt. Dieser hat mir einen Baumeister, sowie zwei Centuriae an Arbeitern zugesagt.


    Der Architectus hat sich die Brücke auch schon angesehen und gemeint, dass die Fahrbahn komplett saniert werden müsste, genauso die zehn mittleren Halterungen der Fahrbahn - mehr oder weniger. Die Pfeiler selber scheinen noch ganz gut in Schuss zu sein - wir können also eigentlich sofort anfangen. Die Finanzierung ist eben noch die Frage.


    Wegen des Preises stehen wir noch in Verhandlungen mit der Legion, es sollte aber nicht allzu teuer werden. Was wir bräuchten, wäre allerdings Holz - ich weiß nicht, ob die Stadt über Waldgrund verfügt?"


    Er sah zu Marsus, da dieser ja für die Stadtkasse zuständig war. Und da er mit dieser so knausrig war, hatte Crispus niemals erfahren, über welche Immobilienwerte die Stadt verfügte.


    "Ansonsten müssten wir das ganze Holz kaufen, was ein stolze Summe ergeben würde. Je nach Angebot wären wir da mit ungefähr 2000 bis 2500 Sesterzen dabei. Dazu eben noch die Kosten, die die Legion für die Arbeiter verlangt - was aber bestimmt billiger wird, als wenn wir normale Arbeiter, die wahrscheinlich auch weniger drauf haben, nehmen."


    Damit hatte er die aktuelle Situation grob umrissen und wartete auf Reaktionen.

    Petronius Crispus hatte zwar bereits die städtischen Immobilien inspiziert - die Stadtmauer war ihm dabei aber aus irgendeinem Grund nicht in den Sinn gekommen - vielleicht, weil sie noch nicht sehr lange existierte (Crispus fragte sich sowieso, wofür sie in diesen Zeiten gut war). Neben der üblichen Begleitung aus zwei Vigiles und seinem Scriba (den übrigen Anhang hatte er inzwischen davon überzeugen können, dass er ihn nicht brauchte) begleitete ihn auch der Accensus, den Duccius Marsus ihm für Bauarbeiten überlassen hatte. Außerdem hatte Crispus seinen Steinmetz Willigis gebeten, ihm bei der Inspektion der Mauer zu helfen.


    Als er am Tor ankam, von wo aus er seine Inspektion beginnen wollte, kam ihm ein Optio entgegen, den er von seiner Zeit bei der Legio II kannte.


    "Primus...äh, Magistratus! Melde Contubernium II und III der Centuria IV der X. Cohors bei der Wache!"


    "Sehr gut, weitermachen!"


    gab Crispus zurück und sah zu Willigis, der das Bauwerk bereits fachmännisch betrachtete. Der Optio machte sich hingegen wieder an seine Arbeit (einreisende Leute betrachten), während seine Männer im Torbogen saßen und ihre Mäntel eng um die Leiber schlangen.
    Nach einer Weile wurde Crispus etwas ungeduldig und fragte Willigis


    "Und, wie sieht's aus? Wird's wieder 'mal teuer?"


    Willigis grinste kurz, dann jedoch meinte er nur


    "Alles in Ordnung, da muss man nix machen - zumindest, solange keine Banditenhorden Mogontiacum belagern!"


    "Das sollen die Götter verhüten!"


    erwiderte Crispus und betrat das Torhaus. Im Inneren befand sich erwartungsgemäß ein Ofen, an dem einige der Wachhabenden saßen und sich wärmten. Eine Leiter führte nach oben, von wo aus man den Wehrgang der Stadtmauer betreten konnte (auch wenn dieser nicht besonders breit war).


    "Salvete!"


    grüßte Crispus die Anwesenden, die sofort aufsprangen (ein Magistratus war immerhin eine respektable Persönlichkeit - zumindest in seiner eigenen Stadt), doch als sie bemerkten, dass er nur nach oben wollte, entspannten sie sich wieder ein wenig.


    Der Petronier kletterte nun die Leiter hinauf, dicht gefolgt von seinen Begleitern, allen voran Willigis, der sich interessiert umsah. Wahrscheinlich hatte er dieses Häuschen noch nie von innen gesehen!


    Endlich waren sie oben in einem die ganze Grundfläche des Torhauses einnehmenden Raum angekommen. Hier sah es aus, als wäre lange niemand mehr da gewesen, denn es befand sich sogar ein Spinnennetz in einer der Fensteröffnungen. Zumindest war der Raum nicht mit Abfällen oder Sperrmüll vollgestellt (was sonst häufig mit ungenutztem Raum geschah). Nur die Arbeitsmittel der freiwilligen Feuerwehr Mogontiacums (speziell für das anliegende Stadtviertel) waren hier untergebracht. Offenbar waren sie lange nicht mehr benutzt worden, denn die Löschdecken schienen bereits ein wenig mottenbefallen und der Siphon hatte den ein oder anderen Rostflecken. Vielleicht sollte man dies dem Duumvir melden, dachte sich Crispus, vergaß es jedoch bereits wieder, als er die Tür zum Wehrgang öffnete und ihm ein kalter Wind entgegenwehte.


    "So, dann machen wir uns mal auf!"


    meinte er und wickelte seinen alten Soldatenmantel, den er wegen des Wetters trug, ein wenig enger um den Leib. Erst danach trat er nach draußen und machte sich, gefolgt von all seinen Begleitern, an die Inspektion der gesamten Stadtmauer.

    Achso! Dann hatte also Hadrianus Capitolinus die Fehler gemacht! Und da war die Kritik des Comes vielleicht berechtigt - wenn Crispus auch der Meinung war, dass es eigentlich sinnlos war, den ganzen Pöbel wählen zu lassen, wenn man das auch die Leute entscheiden lassen konnte, für die auch wirklich etwas auf dem Spiel stand, weil sie viele Steuern zahlten und damit die Stadtverwaltung finanzierten. Aber irgendwie war das für Crispus ein Themawechsel, denn das hatte nichts mit Kompetenzen der Stadtverwaltung zu tun!


    Und überhaupt sah es Crispus gar nicht ein, klein beizugeben, bloß weil der Herr Magister Scriniorum seine Vorrechte in Gefahr sah.


    "Wahlen sind bisher keine Befugnisse der Stadtverwaltung - das hat sich also die alte Stadtverwaltung angemaßt, die uns das vorgelegt hat, und nicht der Ordo. Und das geht uns dann ja wohl nichts an, wie du schon gesagt hast. Wobei ich finde, dass eine Stadt ruhig selbst Wahlen durchführen können sollte, aber das Gesetz ist nunmal hart - genauso wie bei der Ämterlaufbahn. Da hat man ja auch den Duumvir vor den Comes gesetzt."


    Beim Besuch der Bibliothek und dem Studium der Lex Provincialis war ihm der Passus bei der Ämterlaufbahn tatsächlich aufgefallen und Crispus wusste sehr wohl, dass weder Lando, noch Metellus selbst jemals das Duumvirat ausgeübt hatten. Die sollten sich also gar nicht so aufblasen, die alten Rechtsbeuger!


    Und natürlich hatte Crispus diese Streitkultur nicht aus der Legio - aber für Crispus war ein politisches Gremium (für das er den Ordo trotz fehlender gesetzlicher Legitimation hielt) auch grundsätzlich verschieden zu einer Militäreinheit - wenn jenes war eine strikte Hierarchie mit Befehl und Gehorsam sogar bestandsgefährdend!


    "Aber da wir aneinander vorbeireden, kann der Duumvir jetzt gern mit der Tagesordnung fortfahren."


    Den Duumvir hob er besonders hervor, da er sich nicht von einem einfachen Ordo-Mitglied die Sitzung leiten lassen wollte. Zumal er ein 'Spitzel' der Regio-Verwaltung war!

    "Was haben wir denn verboten, Duccius?"


    fragte Crispus, während er sich insgeheim selbst fragte, worauf Lando eigentlich anspielte - er erinnerte sich nur daran, dass der jetzige Duumvir Duccius abgekanzelt worden war und, dass Capitolinus gewollt hatte, dass der Ordo die Aufstockung der Vigiles bezahlt hatte - was an dessen Ablehnung falsch war, war ihm noch immer nicht klar!

    Crispus hatte keine Ahnung, warum er sich von einem Germanen, der Gerüchten zufolge erst wenige Jahre in der Zivilisation lebte, erklären lassen musste, wie traditionelle römische Einrichtungen wie der Ordo Decurionum zu funktionieren hatten. Er hatte immer gedacht, Römer hätten den Hang dazu, alles haarklein durch Gesetze zu regeln, doch offensichtlich akzeptierten Germanen die Begründung 'Das gehört sich einfach so!' noch weniger. Dennoch beschloss Crispus, sich weiter zu verteidigen.


    "Ich will der Stadt gutes tun, jawohl. Deswegen bin ich Decurio und deswegen habe ich mich zum Magistraten wählen lassen. Aber wenn ich als Decurio für irgendwelche Projekte spenden soll, dann will ich das schon selber entscheiden können! Und ich halte es für sehr, sehr angemessen, die angesehensten Bürger zu fragen, was sie zu meinen Plänen sagen. Das steht in keinem Gesetz, aber das ist Tradition und guter Umgang miteinander."


    Wahrscheinlich verstanden Germanen doch nur Regeln, die mit Waffengewalt durchsetzbar waren...

    Den Legaten? Das war schon eine überraschende Möglichkeit - Crispus selbst hätte es wohl nie gewagt, den Statthalter selbst um Teilnahme an einer wirtschaftlichen Unternehmung zu bitten. Doch andererseits - warum nicht? Damit würden sie die größte wirtschaftliche Potenz haben und außerdem wohl alle Staatsaufträge erhalten, die es gab!


    "Klar, mach das! Ich kann mich auch nochmal umhör'n!"


    Vielleicht war ja irgendjemand der Väter von Lucius' Schulfreunden daran interessiert, sein Geld sinnvoll zu investieren! Oder ein anderer seiner Veteranen-Kumpels? Naja, er würde sicher noch irgendjemanden finden...

    Natürlich konnte Marsus nicht wissen, was Crispus wusste: Er hatte ja bereits die Stadt untersucht und bauliche Mängel festgestellt! Folglich konnte er nun seine Liste hervorholen und beginnen


    "Also am wichtigsten sind wahrscheinlich die Thermen - da ist ein Becken etwas kaputt und müsste dringend repariert werden. Auf dem Forum könnte man auch etwas an der Pflasterung übernehmen - aber das ist nicht so wichtig. Die Tempel könnte man sich auch nochmal anschaun."


    Er unterließ es, die Straßen zu erwähnen, da sie ja nicht unbedingt einer Renovierung bedurften.

    Crispus horchte verwundert auf, als er die eröffnenden Worte des Duumvirn hörte: Wollte dieses Bürschchen nun erzählen, dass der Ordo dazu einberufen wurde, um alles kommentarlos abzunicken? Gab es denn nicht mehr so etwas wie Respekt vor den Honoratoren einer Stadt? Das war doch wohl eine bodenlose Frechheit!


    "Wozu wurde der Ordo dann einberufen, Duccius? Wenn du die Meinung des Ordos nicht hören willst, kannst du sie ja auch brieflich um Geld bitten!"


    Er sah in die Runde, was die anderen Anwesenden wohl davon hielten.

    Der Cursor des Magistratus Mogontiaci gab einen Brief für den Praefectus Castrorum ab, der angeblich von größter Wichtigkeit war.

    Epistula Magistrati Mogontiaci


    An den Praefectus Castrorum Ser Artorius Reatinus,


    nach Absprache mit dem von Dir zur Verfügung gestellten Architectus M Carteius Nerva habe ich beschlossen, zwei Centuriae für die Renovierung der Rhenus-Brücke anzufordern.


    Aus diesem Grund möchte ich anfragen, wie hoch die Entleih-Gebühren für diese Menge an Soldaten wäre. Ich würde sie vermutlich bis December benötigen, da die Brücke rasch fertig werden sollte.


    Ich bitte um rasche Antwort.



    M Petronius Crispus - Magistratus Mogontiaci

    Tage, nachdem Crispus Carteius Nerva an der Brücke allein gelassen hatte, saß er wieder einmal in seinem Officium, wo er mit dem Accensus sprach, den er zusätzlich erhalten hatte.


    "Und du kennst dich aus mit Bauarbeiten?"


    "Ja, ich hab' mich schon letztes Jahr um die Gebäude gekümmert, wenn der Magistratus keine Zeit gehabt hat."


    Der Mann hieß Alrik und stammte aus der Gegend. Im Dienste der Stadt hatte er sich vom kleinen Aushilfsscriba zum Accensus hochgearbeitet, der in der Regel selbstständig arbeiten durfte und vom Magistraten nur beaufsichtigt wurde. Und das Baugeschäft war sein Kerngebiet.


    "Ich kenne auch ein paar fähige Handwerker hier - wenn du nicht sowieso alles mit der Legion machen willst."


    Er grinste - offensichtlich hatte sich herumgesprochen, dass Crispus ein Veteran war, der seine Legion noch immer sehr liebte und am liebsten immer mit ihr zusammenarbeitete.


    "Nene, wir haben ja 'ne ganze Menge an Projekten, da würde ich das aufteilen. Haben von den Handwerkern schon welche für uns gearbeitet?"


    "Klar! Ich kann eine Liste zusammenstellen, was bisher schon getan wurde und von wem, dann kannst du sie dir aussuchen - ich kann dir auch sagen, wer besonders gut gearbeitet hat und was das circa gekostet hat."


    Crispus war einigermaßen beeindruckt: Er hatte gedacht, mit dem Accensus einen weiteren Lakaien zu erhalten, der ihm hinterherlief und seine Worte mitaufzeichnete, sie dann in der Curia ins Reine schrieb und ihm auf den Tisch legte, damit er sie nicht vergaß. Aber offensichtlich war Alrik ein schlaues Bürschchen, der durchaus selbstständig arbeiten konnte! Vielleicht würde er dem Accensus sogar die Bauaufsicht von ein paar Projekten überlassen...


    In diesem Augenblick kam sein zweiter Scriba herein, in der Hand eine große Wachstafel, die zusammengeklappt war. Crispus nahm sie entgegen und schlug sie auf. Es war der Bericht des Carteius - offensichtlich hatte er endlich alles passend organisiert. Crispus begann zu lesen...die Fahrbahn musste komplett erneuert werden, der Holz-Unterbau an den mittleren zehn Pfeilern war wohl auch mehr oder weniger erneuerungsbedürftig. Auch hatte Nerva die Kosten für Holz (orientiert am Regelpreis) und Nägel errechnet. Ganz unten fanden sich sogar ein paar Sätze zum Arbeiter-Einsatz:


    Die Zahl der Bauarbeiter hängt von den finanziellen Ressourcen des Bauherrn ab. Eine Zahl von mehr als zweihundert Mann ist jedoch nicht effektiv, da sich die Arbeiter sonst gegenseitig im Wege herumstehen würden. Aus diesem Grund empfehle ich keine größere Zahl. Um noch in diesem Jahr fertig zu werden, empfehle ich die Nutzung von zweihundert Mann für die Renovierung.


    Bei weiteren Fragen wende Dich an Marcus Carteius Nerva, Bauhof der Legio II Germanica, Mogontiacum, Germania Superior. Die Planung für eine konkrete Umsetzung der Renovierungsarbeiten ist im Gange, jedoch benötige ich dafür die zur Verfügung stehende Arbeiterzahl, sowie die Quellen für Ressourcen.



    M Carteius Nerva

    ARCHITECTUS - LEGIO II GERMANICA


    Crispus klappte die Tafel zu und sah zu Alrik.


    "Der Architekt hat die Brücke analysiert - hängt jetzt von den Arbeitern ab. Wir brauchen zweihundert Mann - ich will Legionäre.


    Den Brückenbau beaufsichtige ich - das Theater könntest du kontrollieren, wenn es wirklich bis Winter fertig werden muss. Dann kannst du dir da Leute nehmen, wo du willst."


    "In Ordnung, Magistratus!"


    bestätigte Alrik, womit die Audienz beendet war. Crispus bedankte sich bei dem Accensus für seine Hilfe und entließ ihn, während er selbst sich daran machte, einen Brief für den Praefectus Castrorum an Arminianus zu diktieren.

    Langsam stieg Crispus aus dem Becken und hörte sich dabei die Antwort des Ducciers an. Diese Familie war offensichtlich wirklich reich - hier in Mogontiacum war es gar nicht so einfach, einen Mann zu finden, der ein römisches Bad anlegen konnte! Im Grunde hatte Crispus gedacht, dass es sowas in Germanien generell nur bei der Armee gab.


    "Vielleicht sieht man sich ja dann wieder 'mal! Ich hab' kein Bad daheim, aber bei der Legion hab' ich's mir irgendwie angewöhnt, regelmäßig baden zu geh'n."


    Als er das Becken verlassen hatte, griff er nach seinem Handtuch, mit dem er begann, den Rücken trocken zu reiben. Unterdessen machte er sich in Richtung Umkleide auf, in der Hoffnung, Rufus würde ihm folgen.


    "Hast du mir jetzt eigentlich schon gesagt, wie du mit den Ducciern verwandt bist?"


    Er kannte ja inzwischen ein paar von ihnen, insbesondere Lando aus dem Ordo. Vielleicht gab der Junge ja Anlass für ein kleines, nettes Gespräch (obwohl er Lando aus irgendeinem Grund nicht über den Weg traute).





    DECURIO - MOGONTIACUM

    Selbstverständlich folgte Crispus den Erwartungen des Duumvirs - die Kompetenzen des Ordos waren nicht klar geregelt, doch nun wollte er doch wissen, was der kleine Duumvir, der nicht einmal durch Freiwilligkeit Mitgliedschaft in diesem erlangt hatte, ihnen erklären wollte. Oder stand doch wieder diese verdammte Regio dahinter? Erwartungsvoll blickte der Petronier zu Lando hinüber, der ja zu den Lakaien des Comes zählte.


    Die anderen Punkte überraschten Crispus hingegen wenig, zumal sie bereits bei der Sitzung der Magistrate erwähnt worden waren. Dass zum letzten Punkt noch eine ganze Menge dazukam, wusste der Duumvir nicht, doch Crispus hatte einige Pläne, was er noch sagen wollte.

    Gegen die Saturnalia hatte Crispus nichts einzuwenden, solange es jemand bezahlte. Allerdings hatte er langsam die Befürchtung, dass dieses Jahr für den Ordo verdammt teuer kommen würde und von der Stadtkasse am Ende nicht viel übrig sein würde. Als die Aufgaben verteilt wurden, staunte er allerdings nicht schlecht - offensichtlich hatte der Duumvir sich keine Gedanken gemacht, was er da forderte - wieder einmal fühlte Crispus sich in seinem Vorurteil gegenüber jungen Menschen bestätigt!


    "Siebzehnter December, meinst du wohl, Duumvir! Und ich weiß nicht, ob das was wird - das Theater ist ziemlich groß und eine Sanierung wird verdammt teuer und lang andauernd - ich weiß nicht, ob wir uns das neben den ganzen anderen Sachen leisten können!"


    Vorerst verschwieg er, dass es wohl an die 5000 Sesterzen kosten würde, das Theater wieder komplett auf Vordermann zu bringen.


    "Ich würde das Theater höchstens teilweise renovieren - voll kriegen wir's sowieso nicht!"


    Das Theater war eines der größten außerhalb Italias, da es dafür ausgelegt gewesen war, Vertreter aller gallischen Gemeinden zu fassen, wenn sie zu den Feierlichkeiten des Drusus nach Mogontiacum kamen - leider kamen sie schon längere Zeit nicht mehr, was Anlass dazu gab, darüber nachzudenken, diese schöne Tradition wiederzubeleben (eine Sache, die Crispus im Ordo ansprechen wollte - hier wurde sie sowieso nur totgeplaudert und ohne Geld brauchte man gar nicht darüber zu reden!).

    Carteius Nerva fuhr unterdessen ungestört mit seinen Untersuchungen fort. Nach einiger Zeit kletterte er den Abhang wieder hinauf und begann, die Brücke von oben zu inspizieren, die Länge von Brettern mit seinen Schritten abzumessen und durch das Klopfen auf die Oberfläche den Zustand der Stämme zu kontrollieren. Crispus hatte sich inzwischen ein wenig zurückgezogen, da er wenig beisteuern konnte und dem Architekten nur im Wege stand.


    Schließlich beschloss er, dass er mit dem Herumgestehe seine Zeit verschwendete und rief dem Architekten, der gerade über das Geländer der Brücke kletterte, um den Unterbau der Fahrbahn zu betrachten, zu


    "Ich geh' wieder! Schreib' mir einen Bericht mit Kostenvoranschlag, erwarteten Ressourcen und Arbeiterbedarf! In die Curia!"


    Der Architekt gab Zeichen, dass er verstanden hatte und Crispus verließ die Brücke, um in sein Officium zurückzukehren.

    Offensichtlich fühlte sich der Duccier angegriffen - kein Wunder! Was er allerdings damit meinte, dass er Crispus das Problem überließ, verstand er nicht. Falls er sich darum kümmern musste, würde er es mit Sicherheit verschleppen in der Hoffnung, dass es im Alltag unterging. Aber so dumm würde doch nicht einmal ein (in Crispus' Augen) so unerfahrener junger Mann sein, dem größten Gegner die Aufgabe in die Hand zu geben.


    Zu den Saturnalien konnte Crispus wenig sagen - er hatte sie seit er sich erinnern konnte im Lager gefeiert. Nur gelegentlich hatte er sich in die Stadt begeben, wo er allerdings direkt in die Taverne eingekehrt war - dort war ebenfalls gefeiert worden, soweit er sich erinnerte. Glücklicherweise half aber Vedia aus:


    "Bisher wurde diese Feier nur im privaten Rahmen begangen, besonders von der Legion. Ein Staatsopfer der Stadt hat bisher nicht stattgefunden - vielleicht, weil das Fest den Germanen nicht so geläufig ist."


    Crispus hätte einwenden können, dass der Wirt schon gefeiert hatte, doch er war zu beleidigt, um weiter konstruktiv an der Sitzung mitzuwirken.

    Crispus war es irgendwie nicht einleuchtend, warum es zur städtischen Verwaltung gehörte, dass man Geld für Hilfspolizisten ausgab, während man auch ausgebildete Legionäre haben konnte - auch eine professionelle Feuerwehr hielt er für überzogen! Dass er dann allerdings auch noch nur mit dem Cognomen angesprochen wurde, was man eher unter Vertrauten tat, beleidigte ihn sogar ein wenig. Dazu ärgerte ihn natürlich auch wieder diese hochmütige Art, sowieso keine Wahl zu stellen - genau das hatte er bei diesem jungen Burschen befürchtet!


    "Petronius genügt, danke."


    setzte er daher seiner Erwiderung voraus und antwortete erst danach.


    "Ihr wollt doch nicht im Ernst die Ausbildung von Vigiles mit der von römischen Legionären vergleichen! Legionäre sind die Elite des Reiches!"


    Dies störte ihn besonders - hatte er doch selbst Legionäre ausgebildet und war sogar einer gewesen! Für ihn waren die Legionen die besten Soldaten der Welt, weder durch Hilfstruppen, noch durch Feinde erreichbar! Da konnte der Optio Vigilum ein noch so toller Soldat gewesen sein!


    "Warum brauchen wir denn für zehn Mann einen Centurio, wenn ich bei der Gelegenheit fragen darf?"


    Wenn er so darüber nachdachte, hielt er auch das für überzogen. Beleidigt verschränkte er die Arme vor dem Bauch und blickte feindselig in die Runde.

    "Caecilius Metellus? Das ist eine Möglichkeit!"


    meinte Crispus und erfuhr kurz darauf, dass mit Primus nicht zu rechnen war. Damit waren Reatinus und er nur zu zweit. Zwar hatten sie tatsächlich Kontakte, aber beiweitem nicht genügend wirtschaftliche Potenz, um der Freya die Stirn zu bieten. Wenn sie den Comes ins Boot holen konnten, wäre das sicher eine gute Idee...


    "Ich würde nur mitmachen, wenn wir mindestens drei Leute beisammen hätten, lieber vier. Und ich meine Leute, die auch ein bisschen was springen lassen können!"


    meinte er dann schließlich. Zu dritt konnte man außerdem besser Entscheidungen nach dem Mehrheitsprinzip treffen! Ja, das war eine gute Bedingung! Crispus belohnte sich mit einem Schluck Wein.

    Marcus Petronius Crispus erschien mit einer ganzen Menge an Notizen und Plänen im großen Saal der Curia, in dem die Sitzung des Ordo stattfinden sollte. Er nahm auch nicht seinen üblichen Platz inmitten der Decuriones ein, sondern setzte sich an den Kopf des Raumes, wo üblicherweise die Duumvirn und Magistrate saßen. Als er eintrat, war Vedia bereits da und unterhielt sich mit ihrem Scriba.


    Crispus setzte sich daneben und wies Arminianus an, seine Sachen an sich zu nehmen, während er mit seinen nun freien Händen die Toga glattstrich. Er hatte erwartet, dass die Sitzung früher begann, doch offensichtlich waren sie unter den ersten, die eintrafen!


    "In Ordnung!"


    meinte Crispus und verabschiedete sich mit einem freundlichen


    "Vale, Reatinus! Wir hören voneinander!"


    Damit machte er sich gemeinsam mit Nerva aus dem Officium. Vor der Tür erwarteten ihn seine Leibwächter und kurz darauf hatte er wieder seine ganze Schar beisammen, mit der er sich direkt zur Rhenus-Brücke aufmachte...