Beiträge von Marcus Petronius Crispus

    Auch Crispus war heute auf dem Markt. Er hatte jedoch nicht die Zeit, einfach ein wenig herumzusehen - zwar kaufte Gunda die alltäglichen Dinge für den Haushalt ein, doch um Kleidung musste sich der alte Petronier schon selbst bemühen. So ging er heute über den Markt auf der Suche nach einem Schneider, als er plötzlich jemanden erblickte, der ihn bekannt vorkam.


    "Reatinus!"


    rief er ihn an. Sein alter Optio! Inzwischen war er zum Praefectus Castrorum aufgestiegen, wie Crispus erfahren hatte. Das war der zweite Mann im Lager - der Junge hatte sich sehr gut gemacht, wie Crispus es einst vermutet hatte.

    [Blockierte Grafik: http://img55.imageshack.us/img55/7766/luciuspetroniuscrispuskex5.jpg]| Lucius Petronius Crispus


    Auch Antonius warf einen prüfenden Blick auf Xanthos, dann wandte er sich wieder Lucius zu und begann.


    "Damals, als mein Großvater noch gelebt hat, gab es hier in Mogontiacum auch schon eine Garnison und dort lebte ein Legionär mit dem Namen Quintus. Er war ein rauher Bursche, der seinem Centurio immer Ärger machte und sich oft mit den Leuten in der Stadt prügelte. Dieser Quintus ging aber trotzdem oft in die Stadt, weil es ihm Spaß machte, sich mit kleinen Bauern anzulegen und ihnen die Nase einzudrücken. Besonders oft hat er sich mit einem jungen Mann angelegt, der Wigand hieß.


    Quintus war also eines Tages wieder in der Stadt unterwegs und legte sich in der Taberna Silva Nigra wieder einmal mit Wigand an. Aber Wigand war es langsam zu blöd und hatte sich schon was überlegt. Die beiden sind also zum Streiten vor die Tür gegangen und haben sich geprügelt, aber Wigand hat einen Dolch in seinem Schuh versteckt und ihn plötzlich herausgezogen und Quintus mitten ins Herz gerammt. Und Quintus ist sofort tot umgefallen.


    Da hat Wigand natürlich ganz schön Angst gekriegt - wenn man einen Römer umbringt, wird man auch umgebracht und der Statthalter war damals ein sehr strenger Mann! Aber Wigand hat den toten Quintus genommen und aus der Stadt geschafft. Er hat ihn irgendwo im Wald versteckt - unbeerdigt!


    Wenn ein Toter nicht beerdigt wird, dann kann er nicht in den Hades gehen. Und deswegen ist dem Quintus sein Geist - AH!"


    Antonius unterbrach seine Geschichte, als er von Xanthos am Ohr gepackt wurde. Auch Lucius schrie auf, denn mit der zweiten Hand hatte der Magister ihn ebenfalls am Ohr gepackt.


    "Was schwätzt ihr in meinem Unterricht? Wo sind meine 'qui's?"


    herrschte er die beiden Schüler an. Sein Gesicht war voller Missbilligung - er hasste es, wenn seine Knaben unaufmerksam waren. Dann konnte es leicht Strafen geben.


    "Ihr beide schreibt mir jeder hundert 'qui's - bis morgen!"


    Antonius und Lucius stöhnten auf. Eine Strafarbeit war ärgerlich und zusätzlich hasste es Lucius' Vater, wenn sein Sohn Strafen erhielt. Petronius Crispus konnte dann richtig wütend werden. Außerdem war dies natürlich ein großer Zeitverlust - er hatte ja schon den ganzen Tag Schule und dann auch noch Aufgaben für zu Hause? Schrecklich!


    Xanthos war inzwischen wieder zu seinem Stuhl gerauscht und fuhr mit seinem Unterricht fort. Erneut hielt er seine Tabula hoch und sagte


    "Jetzt möchte ich ein 'at'! Fünfmal bitte!"


    Einen Augenblick fixierte er die beiden Störenfriede mit mahnendem Blick, dann beugte er sich wieder über seine Geometrie, während Lucius rasch schrieb in der Hoffnung, alles richtig zu machen.




    "Gut."


    erwiderte Crispus knapp, dann erhob er sich und ging in Richtung Tür, von wo aus er das Anwesen verließ mit dem guten Gefühl, ein vernünftiges Geschäft abgeschlossen zu haben...


    Mit einem


    "Vale!"


    verabschiedete er sich noch, dann machte er sich nach Hause auf.

    Crispus erinnerte sich langsam. Er hatte sich das Gesicht des Knaben natürlich nicht gemerkt, doch nun glaubte er, ihn wiederzuerkennen. Offensichtlich war er etwas verstört, so angefahren worden zu sein.


    "Duccius Rufus...ich erinnere mich."


    antwortete er daher. Noch immer fragte er sich, was der Bursche von ihm wollte. Üblicherweise wurde er nicht aus Langeweile von Germanen angesprochen...


    "Und, hat er es sich anders überlegt und macht mir ein besseres Angebot?"


    fragte er dann, da dies seine erste Idee war.


    Sim-Off:

    Nicht abschrecken lassen :)

    [Blockierte Grafik: http://img55.imageshack.us/img55/7766/luciuspetroniuscrispuskex5.jpg]|Lucius Petronius Crispus


    Seit seiner Einschulung saß Lucius Petronius Crispus jeden Tag in der Schule des Xanthos - immer hinter Caius, der ihn öfter ärgerte, weil er größer und stärker als Lucius war. Doch dafür hatte Mucius ihn ein wenig unter seine Fittiche genommen und da Mucius der Anführer ihrer Bande war, musste Lucius wenig Angst vor den anderen haben.


    Vorn saß wie üblich Xanthos. Sie hatten in der letzten Woche das gesamte Alphabeth durchgenommen, nun waren sie zu den Silben vorgestoßen.


    "'qui' wie 'Quintus'! Ich möchte von jedem von euch ein 'qui' auf der Tabula sehen!"


    gab Xanthippus, wie die anderen Jungen ihn nannten, die Arbeitsanweisung. Dazu hob er eine Tabula hoch, auf der er die Silbe vorgeschrieben hatte.


    Lucius wusste nicht, warum sein Lehrer diesen seltsamen Spitznamen trug - kannte er doch nicht die Geschichte von dem unfreundlichen Weibe! Er hatte von seiner Mutter höchstens germanische Legenden gehört. Während er versuchte, ein schönes 'qui' auf seine Tabula zu bekommen, schweiften seine Gedanken ab zu Mama, die, wie ihm Gunda erklärt hatte, irgendwoanders war, wo es ihr gut ging.


    Plötzlich wurde er angestupst. Als er sich zur Seite wandte, saß dort Antonius und sah ihn unheilschwanger an.


    "Kennst du die Geschichte von Quintus, dem untoten Legionär?"


    flüsterte er ihm ins Ohr. Antonius liebte Geistergeschichten und hätte wohl zu jeder Silbe eine zu erzählen gehabt. Lucius sah auf: Xanthos hatte sich schon wieder einer Papyrus-Rolle zugewandt, die verdächtig nach Geometrie aussah.


    "Erzähl."


    antwortete Lucius und duckte sich ein wenig, als ob Xanthos ihn dann weniger hören würde. Eigentlich mochte er keine Geistergeschichten - davon bekam er schlechte Träume! Aber er wollte nicht als Angsthase dastehen, also harrte er der Dinge, die da kommen würden.




    Crispus hätte den jungen Germanen gar nicht registriert, wenn dieser ihn nicht angesprochen hätte. Üblicherweise sah er sich eher nach Gesprächspartnern in seinem Alter um und wenn er den blauen Hintern des Knaben gesehen hätte, hätte er ihn vermutlich in der Annahme, er hätte von seinem Vater den Hintern versohlt bekommen, ausgelacht.


    So überlegte er hingegen, woher der Bursche seinen Namen kannte. Die einleuchtendste Theorie wäre gewesen, dass er ihn als Decurio kannte. Doch andererseits war es selten, dass sich die Bürger einer Stadt die Namen von Decuriones merkten, die sie nicht anderweitig kannten. Ob er etwas wollte? Außerdem schienen sie sich ja schon einmal getroffen zu haben...


    "Wer bist du?"


    fragte er unwirsch. Er konnte sich nicht mehr an den Begleiter von Duccius Marsus erinnern - er hätte wohl Mühe gehabt, sich an den jungen Händler selbst zu erinnern!

    Crispus wartete noch auf eine Antwort, als endlich der Kellner vorbeikam und nach der Bestellung fragte. Crispus sah auf: Ein junger Bursche mit schwarzem Haar, der Größe nach aber ein Germane.


    "Bist du neu hier?"


    fragte Crispus, der glaubte, die Kellner hier zu kennen. Dann fügte er rasch seine Bestellung an.


    "Einen Rhenus-Wein für meinen Freund und mich."

    Als beide Männer zudrückten, war Crispus zufrieden. Sein Händedruck war recht fest, wie er es gewohnt war - Männer mit weichem Händedruck waren in der Armee verpöhnt gewesen!


    "Mein Haus befindet sich an der Via Borbetomagus, gleiche Insula wie die Taberna Silva Nigra. Du wirst es leicht finden."


    erklärte er dann. Einen Moment verharrte er noch, dann fragte er in alter Gewohnheit (der Römer versprühte eine ähnliche Autorität, wie sie sein ehemaliger Legat besessen hatte).


    "Gibt es noch etwas?"

    Noch einmal stellte sich Crispus die Frage, ob er sich umdrehen und gehen sollte, als Metellus endete. Scheinbar war er nicht bereit, ihm weiter entgegen zu kommen.


    Doch ehe er etwas erwidern musste, fuhr der Caecilier fort und bot ihm endlich einen vernünftigen Preis. Mit 15 Sesterzen konnte er leben - das war immer noch ein Sesterz weniger als das Angebot dieses Halsabschneiders von Ducciers.


    "Einverstanden. Fünfzehn Sesterzen."


    meinte er daher rasch und hielt Metellus die Hand hin, um den Vertrag zu besiegeln.


    "Wir sollten einen Vertrag aufsetzen - ich denke, das ist eher Deine Profession."


    Crispus hatte gehört, dass Metellus in Rom als Anwalt gearbeitet hatte, ehe er nach Germania gegangen war. Daher musste er sich nicht mit dem Aufsetzen eines Vertragstexts abmühen, wie der Petronier hoffte.

    Nachdem seine Frau nun schon eine Woche tot war, lief Crispus noch immer in einer dunkelgrauen Tunica umher - noch immer vermisste er seine Frau jeden Abend, wenn er zu Bett ging und musste enttäuscht feststellen, dass er am Morgen nicht ihre Wärme neben sich spüren konnte.


    Dennoch hatte er beschlossen, wieder ein wenig unter die Leute zu gehen, sodass er an diesem Tag nach seinen Geschäften die Thermen aufsuchte, um ein wenig zu plaudern - mit wem auch immer!


    Am Eingang kam ihm dabei noch die Idee, dass er eigentlich in der Curia anmerken sollte, dass Decuriones freien Eintritt in die öffentlichen Anlagen der Stadt erhalten sollten - wie es in anderen Städten auch üblich war! Dennoch zahlte er und betrat den Umkleidebereich, wo er seine triste Tunica ablegte und sich die Sandalen (noch immer Militärstiefel wie in früheren Zeiten) losband.


    Völlig nackt betrat er endlich das Kaltbad. Langsam ließ er sich ins Becken gleiten und dachte dabei an damals, als er mit Heila zusammen in einem Weiher vor den Toren Mogontiacums gebadet hatte. Und nun...er tauchte rasch unter, um die Erinnerungen zu verdrängen, dann tauchte er auf und sah sich nach Kontaktmöglichkeiten um...


    Sim-Off:

    Wer will?

    Crispus nickte langsam. Oktavianus war mit Sicherheit ein sehr engagierter Hilfsordnungshüter und erzählte die Wahrheit, wenn er vom Stress seiner Arbeit erzählte.


    "Wie funktioniert das eigentlich mit den Vigiles der Stadt? Arbeitest du mit denen zusammen?"


    Er erinnerte sich an den Scriba, der ihn zum Centurio Vigilum hatte machen wollen - sowas konnte man vielleicht mit einem pensionierten Legionär machen! Doch wie passte das mit den legionseigenen Polizisten zusammen? Wer war für was zuständig?

    Crispus entglitten seine Züge. Neunzehn Sesterzen als Durchschnitt? Das war nicht hoch gegriffen, das war...Wucher! Rasch fasste er sich jedoch und verschränkte die Arme.


    "Das ist lächerlich! Neunzehn Sesterzen sind nie und nimmer ein normaler Preis! Ich brauche hauptsächlich kein Präzisionswerkzeug wie ein Goldschmied, sondern einfach Hämmer, Meißel und so weiter! Bei diesem Preis müssen wir gar nicht diskutieren!"


    Von so einem Preis fühlte Crispus sich geradezu beleidigt! Er hatte das Gefühl, dass der so nobel aussehende Römer in Wirklichkeit versuchte, ihn übers Ohr zu hauen!

    Nachdem Heila tot war und Crispus und seine Familie einige Tage getrauert hatten, beschloss dieser, wieder nach vorn zu blicken. Zwar war Lucius fast etwas jung, dennoch hatte sein Vater beschlossen, den Jungen in die Schule zu schicken, damit dieser etwas lernte und später einmal in höheren Kreisen verkehren konnte, ohne sich lächerlich zu machen. Außerdem hatte er keine Zeit, dem Jungen das Schreiben beizubringen.


    So erschien er am Morgen bei Xanthos, der ihm von seinen Nachbarn als der beste Lehrer der Stadt angepriesen worden war. Vielleicht konnte sein Sohn ja dort auch Kontakte zur zukünftigen Elite der Stadt knüpfen!


    Als sie - begleitet von Armin - an der Schule erschienen, waren die anderen sieben Schüler bereits da. Sie wirkten noch ziemlich müde und lungerten auf ihren Hockern, während der Lehrer selbst offensichtlich ein geometrisches Problem, das er mit Kreide auf den Boden gezeichnet hatte, begutachtete.


    Lucius sah sich mit großen Augen um: Er hatte noch nie eine Schule von innen gesehen - ebenso Armin, der noch nie eine Schule gesehen hatte. Da der Lehrer ihn nicht zu bemerken schien, räusperte sich der Petronier und meinte


    "Ave, Meister Xanthos!"


    Xanthos sah auf. Crispus fiel auf, dass sein Bart sauber gestutzt war, er jedoch ein unfreundliches Gesicht machte, als ob er sich über die Störung sehr ärgern würde.


    "Ich bin Marcus Petronius Crispus und das hier ist mein Sohn Lucius. Ich würde ihn gerne in deiner Schule anmelden."


    erklärte Crispus dennoch selbstbewusst. Er gehörte zur Oberschicht der Stadt und Xanthos war zwar angeblich wählerisch, würde aber sicher nicht solch einen Schüler verweigern.


    "Lucius, soso..."


    sagte der Meister und erhob sich, um den Knaben genauer anzusehen. Langsam ging er auf ihn zu und betrachtete ihn.


    "Er ist ziemlich jung, nicht wahr?"


    "Er ist fast sieben und sehr aufgeweckt. Ich bin sicher, dass er mitkommen wird."


    erwiderte Crispus. Doch Xanthos schien nicht überzeugt zu sein. Er beugte sich zu Lucius hinunter und fragte ihn plötzlich


    "Was ist sieben und vier?"


    Lucius war ganz erschrocken. Dann malte sich jedoch Nachdenklichkeit auf das Gesicht des Knaben und kurz darauf lächelte er.


    "Das ist leicht! Elf!"


    Xanthos strich sich den Bart glatt und richtete sich wieder auf.


    "Richtig. Er darf gleich bleiben - den Sklaven nimmst Du aber wieder mit! Er lenkt den Jungen nur ab!"


    Crispus atmete auf - für einen Augenblick hatte er befürchtet, sein Sohn würde nicht angenommen werden. Nun jedoch schickte er Lucius zu seinen neuen Klassenkameraden und einigte sich mit Xanthos über den Preis. Er war ordentlich, doch für Lucius wollte der Petronier nur das Beste!


    Schließlich packte er Armin ein und verließ die Schule, während Lucius seinen ersten Schultag begann.

    Die Xanthosschule


    Am Forum von Mogontiacum besitzt der angesehene Schulmeister Xanthos, ein Grieche und freigelassener Sklave, eine berühmte Schule, die die meisten Söhne der städtischen Oberschicht besuchen.


    Es ist eine kleine Taberna, die nur mit dem Notwendigsten ausgestattet ist: Es gibt für jeden Schüler einen Hocker, einen großen Stuhl für Xanthos selbst und eine Karte des Römischen Reiches, die an der Wand hängt.


    Xanthos unterrichtet als Grammaticus Lesen und Schreiben auf Latein und Griechisch, sowie die wichtigsten Klassiker wie Homer, Cicero und Livius. Wegen seiner Strenge wird er von den Jungen seiner Klasse auch Xanthippus genannt - in Anlehnung an eine unfreundliche Griechin mit Namen Xanthippe. Er hat einen Bart, dafür jedoch eine Glatze, die nur von einem schmalen Haarkranz umgeben ist und widmet sich in seiner Freizeit mit Vorliebe der Mathematik.


    Die aktuelle Klasse besteht aus Mucius Domitius Marius, dem Sohn eines Tribunen bei der örtlichen Legion, Praetonius Rufus, ebenfalls ein Offiziers-Sohn, dessen Vater allerdings nicht in Mogontiacum stationiert ist, Caius Vinicius, der Sohn eines städtischen Magistraten, Antonius, Flavius, Iulius, der Sohn eines Anwalts in der Stadt und Publius.


    Sim-Off:

    Wem das alles hier bekannt vorkommt, der muss sich nicht wundern. Ich verweise ausdrücklich als Ideenreservoir auf die Caius-Reihe von Henry Winterfeld!

    SEPULCHRUM PETRONIORUM


    AN DER VIA BORBETOMAGA


    [Blockierte Grafik: http://gdurl.com/e3cq]


    PETRONIUS CRISPUS HATTE SEINER ERSTEN FRAU HEILRUNA EIN MITTELGROSSES GRABMAL ERRICHTEN LASSEN. DER VON IHM ANGESTELLTE STEINMETZ WILLIGIS HATTE EIN RELIEF, DAS DIE DAMALIGE FAMILIE, BESTEHEND AUS MARCUS, HEILA UND IHREM GEMEINSAMEN SOHN LUCIUS ANGEBRACHT UND DARUNTER EINE INSCHRIFT GEMEISSELT.


    FÜR DEN FALL SEINES TODES PLANTE CRISPUS JEDOCH, EINE NEUE UNTERSCHRIFT UNTER DAS KUNSTWERK ZU SETZEN UND NEBEN HEILA BEGRABEN ZU WERDEN.


    Der Leichenzug bewegte sich vom Haus der Petronier langsam die schnurgerade Straße entlang bis hin zum Stadttor. Da es unverkennbar war, zu welchem Zweck die Gruppe die Stadt verließ, wurden sie ohne Beanstandungen hindurchgelassen. Eine Weile mussten sie noch an älteren Gräbern vorbeiziehen, bis sie zu einer Lücke kamen, die alsVerbrennungsplatz ausgewählt worden war.


    Einige Arbeiter aus Crispus' Steinbruch hatten hier Reisigbündel aufgeschlichtet, worauf Heila nun gelegt wurde. Mit noch immer geröteten Augen trat Crispus, nachdem er die Last abgelegt hatte, vor und bat um Ruhe. Er hatte sich vorgenommen, ein paar Worte zum Abschied zu sagen.


    "Wir bestatten heute meine Frau, eure Tochter, Mutter, Nachbarin und Freundin.


    Ich kenne sie seit vielen Jahren, wir hatten eine wunderbare Zeit. Sie hat immer ihren Eltern geholfen, aber auch mir, wenn ich Probleme oder Sorgen hatte. Vor allem hat sie mir aber einen Sohn geschenkt, der prächtig geraten ist. Leider hat das Schicksal beschlossen, dass sie nie erleben darf, wie er zum Mann wird. Sie ist bei der Hausarbeit von einer Leiter gestürzt und in unserer Küche verstorben. Ganz plötzlich, ohne Vorwarnung.


    Jetzt müssen wir sehen, wie wir ohne sie zurecht kommen. Ich gelobe, Lucius im Andenken an sie aufzuziehen und werde mein bestes geben. Aber ich werde niemals seine Mutter ersetzen können."


    Er brach in Tränen aus, als er daran dachte, wie sehr Heila im Haus und insbesondere ihm fehlen würde. Gunda trat heran und stützte ihn, doch er stieß sie beiseite und ergriff die Fackel, die einer der Arbeiter bereit hielt um Heilas Scheiterhaufen zu entzünden.


    Er wollte es zuende bringen. So stieß er die Fackel in den Reisighaufen, der sofort Feuer fing (er war auch teilweise mit Öl begossen worden, damit es schneller ging). Eigentlich hatte Crispus ein paar persönliche Gegenstände mit ihr verbrennen wollen, doch die germanischen Sitten sahen so etwas nicht vor, weshalb ihre Eltern dagegen gewesen waren. So brannte sie ganz allein in ihren neuen Kleidern, wovon man aber nichts erkennen konnte, denn die Flammen loderten hoch und alle mussten ein wenig Abstand von dem Haufen nehmen.


    Eine Weile standen alle schweigend vor dem Scheiterhaufen, doch schließlich trat Gunda vor und sprach das Wort


    "Ilicet!"


    was bedeutete, dass die Gäste gehen durften. Dies taten auch die meisten Nachbarn, Willigis und seine Leute. Zurück blieben nur Crispus, Lucius, Armin, Morag und Gunda. Sie warteten geduldig, bis der Haufen heruntergebrannt war. Crispus, Armin und Lucius weinten still, während sie an die schönen Momente mit Heila dachten. Crispus erinnerte sich wieder an ihr ersten Treffen, die Vorstellung bei ihren Eltern, ihr erstes Mal, an die Nachricht, dass er ein Kind bekommen würde.


    Nach einiger Zeit schienen die Kinder müde zu werden, sodass Gunda sie bei der Hand nahm und nach Hause brachte. Crispus und Morag blieben mit einer großen Amphore Wein zum Löschen des Haufens zurück. Seine Tränen waren getrocknet und er blickte über den inzwischen ziemlich heruntergebrannten Scheiterhaufen hinweg in die Ferne, wo die Sonne bereits den Horizont küsste. Langsam malte sich ein gewisser Trotz auf die Züge des Petroniers: Es musste weitergehen! Und es konnte weitergehen!


    Während Morag weiter teilnahmslos da stand, begann Crispus in Gedanken, Heila zu erzählen, was er nun vorhatte: Er würde Lucius in die Schule schicken, selbst versuchen, zum Magistraten zu kandidieren und ihr zu Ehren zu Wohlstand und Ansehen kommen. Und er würde sie niemals vergessen und immer wieder zu ihrem Grab kommen und mit ihr beraten, was zu tun sei.


    Endlich war der Scheiterhaufen heruntergebrannt. Von Heila war kaum etwas übrig außer Knochen und Asche. Nur hier und da glimmte der Reisig noch, doch das meiste war verbrannt. Crispus beschloss, dass es genug war und ergriff die Amphore.


    "Gallicus, hilf mir!"


    meinte er und der Sklave half ihm. Gemeinsam löschten sie die Überreste des Feuers und begannen schließlich, die Knochen einzusammeln und in ein Tongefäß zu füllen, das Sigubald als Urne für seine Tochter angefertigt hatte. Es dauerte eine ganze Zeit und die Dämmerung hatte sich schon breit gemacht, als sie fertig waren.


    "Beeil'n wir uns!"


    mahnte Morag, der die Totengeister fürchtete, die nachts die Friedhöfe unsicher machten. Doch Crispus war sowieso fertig, weshalb er sich erhob und den Deckel auf die Urne legte.


    "Wir müssen die Urne nur noch zu Heilas Grab bringen, dann sind wir fertig."


    sagte er und deutete auf die Amphore.


    "Du kannst sie schon nach Hause tragen."


    Das ließ sich Morag nicht zweimal sagen! Er ergriff die Amphore und ging schnellen Fußes in Richtung Stadt, während Crispus allein zurück blieb. Er blickte sich um: Ringsherum waren nur Gräber - keine Menschenseele, nicht einmal ein Tier war zu sehen.
    Die Urne mit beiden Händen haltend machte er sich schließlich auf den Weg die Straße hinab. Nach kurzer Zeit erblickte er das aus Kalkstein gehauene Grabmal. Willigis hatte ganze Arbeit geleistet, wie er feststellte. Sofort erkannte er sich und seinen Sohn auf dem Relief, nur Heila war nicht ganz so gut getroffen (der Steinmetz hatte sie ja auch nur tot gesehen). Doch alles in Allem war Crispus sehr zufrieden - eine würdige Ruhestätte für Heilas Überreste!


    Er öffnete das Bauwerk und stellte die Urne an ihren Platz. Dann verschloss er das ganze. Morgen würde Willigis kommen und das Grab fest verschließen, damit niemand die Urne stehlen konnte. Doch eine Nacht würde schon nichts passieren.


    Zum Schluss betrachtete der Petronier noch einmal das Grab, seufzte tief und wandte sich schließlich in Richtung Stadt. Ohne Eile schlenderte er auf seine Zukunft ohne die Frau seines Lebens zu...aber es würde schon gut gehen!

    "Vorerst ist die Menge etwas unsicher, aber ich denke, dass ich schnell bemerke, wie viel ich im Durchschnitt benötige."


    sagte Crispus schnell, denn er wollte natürlich einen guten Preis herausschlagen. Er nahm zuerst den Becher und trank einen Schluck, dann kam er zu jenem.


    "Naja, soweit ich weiß, beträgt der durchschnittliche Preis für Werkzeug 15 Sesterzen. Ich habe an einen Preis von vielleicht 14 gedacht."


    meinte er vorsichtig. Er wusste nicht, wie er den Caecilier einschätzen sollte - feilschte er? Oder war er sofort erbost und warf ihn hinaus? Wobei 14 Sesterzen doch ein vergleichsweise kleiner Rabatt war...

    Kaum war Crispus nach Hause gekommen und hatte die frohe Kunde verkündet (nämlich dass er das Connubium mit Heila erhielt und eine Karriere-Möglichkeit aufgetan hatte), verzog er sich ins Tablinium, wo er einen Brief aufsetzte - auf teures Papyrus, denn er war schließlich repräsentativ!


    [FONT=cataneo bt, amaze]

    Duumvir Hadrianus Capitolinus - Curia Mogontiaci



    Decurio M Petronius Crispus Duumviri Num Hadriano Capitolino s. p. d.


    Wie ich feststellen musste, ist seit längerer Zeit keine Sitzung der Curia Mogontiaci, zu der alle Mitglieder des Ordo Decurionum geladen werden, abgehalten worden.


    Ich hätte allerdings einen Antrag, den ich schon mit dem Legatus Augusti pro Praetore besprochen habe: Es geht um das Abhalten von Wahlen zur Ermittlung der städtischen Magistrate. Die genauen Voraussetzungen und Förmlichkeiten sollten vom Ordo Decurionum gemeinsam festgelegt werden.


    Ich bitte dich also, eine Sitzung einzuberufen.


    Vide ut valeas


    [/FONT]


    Es dauerte geraume Zeit, bis er ihn korrekt formuliert hatte, dann jedoch nahm er seinen Siegelring, den er sich vor kurzem hatte anfertigen lassen und drückte ihn in das naturbelassene Wachs - das sah zwar nicht so schön aus wie ein rotes, staatliches Siegel - dafür war es jedoch billig und praktisch, weil es mit jeder Kerze gemacht werden konnte.


    "Gallicus, bring das zur Curia der Stadt!"


    rief er dann, woraufhin Morag erschien und sich auf den Weg machte.

    [FONT=cataneo bt, amaze]

    Duumvir Hadrianus Capitolinus - Curia Mogontiaci



    Decurio M Petronius Crispus Duumviri Num Hadriano Capitolino s. p. d.


    Wie ich feststellen musste, ist seit längerer Zeit keine Sitzung der Curia Mogontiaci, zu der alle Mitglieder des Ordo Decurionum geladen werden, abgehalten worden.


    Ich hätte allerdings einen Antrag, den ich schon mit dem Legatus Augusti pro Praetore besprochen habe: Es geht um das Abhalten von Wahlen zur Ermittlung der städtischen Magistrate. Die genauen Voraussetzungen und Förmlichkeiten sollten vom Ordo Decurionum gemeinsam festgelegt werden.


    Ich bitte dich also, eine Sitzung einzuberufen.


    Vide ut valeas


    [/FONT]

    Offensichtlich war der Legat fast ein wenig enttäuscht - zumindest hatte Crispus das Gefühl, dies im Unterton festzustellen. Aber für Crispus wurde sein Plan immer deutlicher und er beschloss, sofort dem Duumvirn zu schreiben - denn der war schließlich der Vorsitzende der Curia Mogontiaci!


    "Gut, dann danke ich dir, Legatus!"


    meinte er und erhob sich.


    "Wenn es nichts mehr gibt, würde ich mich bis zum nächsten Mal verabschieden."


    Plötzlich fühlte sich Crispus an damals zurückerinnert, als er ebenfalls oft Lucianus getroffen hatte, nur war das Officium in der Principia gewesen und er hatte statt Toga den Cingulum Militare getragen. Die Abschlussfrage war jedoch üblich gewesen...damals.