Beiträge von Secundus Petronius Mela

    Mela hielt an und sah sich prüfend um. Sie befanden sich auf einer recht großen Wiese. Das würde reichen und war nicht so weit von den Toren Roms entfernt. Er nickte den Prätorianern zu, die absaßen und es sich im Schatten eines kleinen Baumes gemütlich machten, aber dennoch wachsam und auf Zack blieben. Mela streifte Valors Zügel über seinen Kopf und ließ sie dann los, woraufhin der Hengst den Kopf senkte und mit locker hängenden Zügeln Gras fraß.


    Der Soldat ging zu Marcella und grinste schadenfroh.
    "Stimmt. Hier kannst du dir höchstens Grasflecken auf deine hübsche blaue Tunika machen", meinte er und lachte.
    "Du wirst sehen, so schlimm ist es gar nicht. Zuerst musst du irgendwie auf das Pferd kommen. Man steigt immer von der Seite auf, auf der du jetzt stehst, links vom Pferd. Zuerst musst du die Zügel über den Kopf streifen, dann sitzt du auf. Das machst du, indem du dich hier und hier am Sattel festhältst. Und dann ziehst du dich hoch und legst das rechte Bein über den Pferderücken. Am Anfang wirst du es vielleicht nicht schaffen, dann helfe ich dir. Man braucht schon etwas Kraft, um sein ganzes Körpergewicht hochzuziehen und dann zu halten. Versuch es mal."


    Mela trat zurück und machte sich bereit, Marcella zu helfen, wenn sie Hilfe brauchte. Oder sie aufzufangen, wenn sie fallen würde.

    Mela lief mit gesenktem Kopf neben Valor her und hörte sich Marcellas Erklärung an. Sie wollte sehen, ob er ihretwillen kam. Hm, das war eine durchaus akzeptable Antwort, auch wenn er eigentlich schon gern gewusst hätte, mit wem er es zu tun hatte. Marcella ahnte aber vielleicht nicht, wie nah sie an der Wahrheit lag mit dem, was sie gerade gesagt hatte. Mela blieb stehen und stellte sich vor den Hengst, damit er Marcella anschauen konnte.


    "Ah, ich versteh schon. Jeder hat so seine Geheimnisse. Meines ist, dass ich gern der Garde unseres Imperators angehören würde. Aber ob das jemals der Fall sein wird, bleibt fraglich."
    Er setzte ein Grinsen auf.
    "Naja, immerhin gebe ich der Nichte des Praefectus schon mal Reitunterricht. Wenigstens etwas", scherzte er und zwinkerte Marcella zu.
    "Komm, wir gehen noch ein Stück. Aber dann wird geritten."


    Er wandte sich wieder um, das Schmunzeln wollte nicht von seinen Lippen verschwinden. Irgendwie gefiel es ihm, dass sie ihn so gewitzt auf den Prüfstein gestellt hatte. Und auch ihr Kompliment, dass er es sich traute, mit dem Praefectus zu verhandeln, machte ihn ein bisschen stolz (auch wenn er sich unwohl dabei gefühlt hatte).


    Das Mädel hatte Feuer, das war nicht zu leugnen. Und ein angenehmer Nebeneffekt war, dass er kaum mehr an Livilla denken musste, wenn er mit Marcella zusammen war. Sie vertrieb alle Sorgen.

    Mela betrachtete wohlwollend und interessiert zugleich, wie Marcella ihr Pferd fütterte. Da er Soldat war, konnte er ihr nicht einfach beipflichten. So sagte er leicht tadelnd:
    "Kein Pferd ist zu schade, wenn es Soldaten im Dienste des Kaisers trägt."


    Er deutete weg von dem Tor, auf das offene Grasland zu.
    "Lass uns etwas gehen. Schließlich muss nicht gleich jeder zuschauen, wie du von Pferd fällst, hm?"
    Er grinste breit und zwinkerte ihr zu, setzte sich dann in Bewegung und führte sein Pferd auf der rechten Körperseite. Während sie so gingen, konnten sie sich logischerweise nicht ansehen. Also sprach Mela mit der Luft, richtete die Worte jedoch an Marcella.


    "Sag mal... Warum hast du mir nicht gesagt, wer genau dein Onkel ist?" fragte er in einem prüfenden Tonfall. Die Prätorianer hielten genug Abstand, um den beiden ihre Privatsphäre zu lassen, aber da zu sein, wenn etwas passierte.

    Mela war mit Marcella (und den zwei Prätorianern im Schlepptau) schließlich am Stadttor angekommen. Sie hatten etwas warten müssen, ehe sie passieren konnten, denn vor ihren hatte sich eine recht lange Schlange gebildet. Vor dem Tor wartete ein Probatus der Prima mit zwei Pferden. Einem großen schwarzen Hengst und einer etwas kleineren Fuchsstute. Mela lächelte Marcella vielsagend an und ging etwas schneller, sodass er vor ihr bei dem Probatus ankam. Er nahm ihm die Zügel ab und nickte dankbar, wechselte einige Worte mit ihm und machte eine Zeit aus, zu der sie wieder hier sein würden. Dann kam er mit beiden Pferden zu Marcella und reichte ihr die Zügel der Stute.


    "Das ist Falbala", sagte er.
    "Sie ist ein ruhiges Pferd. Auf ihr haben schon vielen Probati das Reiten gelernt. Hier, gib ihr einen Apfel, damit sie dich kennenlernt", sagte Mela und zauberte einen kleinen Apfel aus seiner Tasche, den er Marcella reichte.

    "Ja, Legat. Ich war mit der Tochter meines Decurios auf dem Mons Esquilinus. Als wir wieder auf dem Rückweg waren, überfiel uns ein angetrunkener Mann, der von seiner unehrenhaften Entlassung aus der IX. sprach. Er sagte. Numerianuns habe seine Entlassung damals bewirkt, wohl zurecht. Er griff Livilla, Numerianuns' Tochter, an und ich stellte mich dazwischen. Es kam zu einem Handgemenge, in dem er mich mit seinem Messer traf. Er wollte Livilla schänden, doch das konnte ich nicht zulassen, also ging ich ihn erneut an und hielt ihn auf, bis die Stadtwachen kamen. Ich wachte erst im Valetudinarium wieder auf, nach drei Tagen", erstattete Mela Bericht.
    "Der Miles Iulius Constantius wollte dich brieflich informieren. Ich gehe nach deiner Frage davon aus, dass er das nicht getan hat?"

    Mela beobachtete mit einem Schmunzeln, wie Marcella ihrem Onkel ein Küsschen auf die Wange gab, dann wurde er wieder ernst und versicherte sich mit einem Blick bei Crassus, dass die beiden nun gehen durften.
    "Ich werde sie dir heil wiederbringen", fügte er dem Blick noch an, nickte ihm zu und verließ nach einem "Vale bene, Praefectus" zusammen mit Marcella das Haus.

    Mela öffnete die Tür und trat ein. Er nickte dem Legatus zu.
    "Salve Legat! Ich möchte mich offiziell zurückmelden und um Entschuldigung für meinen langen Romaufenthalt bitten. Leider war ich in eine Messerstecherei verwickelt, die indirekt sogar die IX. betraf, und zog mir eine tiefe Bauchwunde zu, weshalb ich drei Wochen im Valetudinarium der CU verbringen musste. Inzwischen bin ich wieder voll einsatzfähig und möchte mich über meine Aufgaben bei der Prima informieren."

    Mela lachte und entgegnete:
    "Das war gewiss nicht meine Absicht, Centurio. Ich hatte leider einen unerwünschten Rom-Aufenthalt, bedingt durch eine tiefe Bauchwunde. Du glaubst gar nicht, wie gut es tut, euch alle wiederzusehen."


    Er grinste bei der Wegbeschreibung des Centurios und nickte.
    "Danke. Ich denke, die Kisten werde ich finden."


    Und damit gab er einem Pferd die Fersen und trabte in das Castellum hinein.

    Mela sah Marcella einen Moment lang verdutzt an, schmunzelte dann und wandte sich, nachdem er Marcella ein Grinsen zugeworfen hatte, wieder an Crassus.


    "Ja. Ich habe zwei Pferde organisiert. Man wartet vor der Stadtgrenze auf uns", sagte Mela und lächelte erfreut. Das war leichter gegangen als er gedacht hatte. Nun gut, es war ja auch anders gelaufen, als er vermutet hatte. Marcellas Onkel war nicht nur ihr Onkel, sondern auch ein recht ranghohes Tier. Er war erleichtert, dass es keine Komplikationen gegeben hatte. Nun war nur noch die Frage, ob Crassus Macella keine Aufpasser mitgeben würde. Er erwartete schon fast, das ihnen eine ganze Eskorte folgen würde, aber da Crassus keine offensichtlichen Anstalten machte, nach jemandem zu schicken, sah Mela schließlich Marcella an und fragte:


    "In Ordnung. Wenn du alles hast und bereit bist - gehen wir?"

    Mela erhob sich und deutete wie schon zuvor bei Crassus eine kleine Verbeugung an.
    "Salve, Caecilia Marcella", sprach er und wählte die Höflichkeitsform, um die Etikette zu wahren. Nicht umsonst hatte er eine gute Erziehung genossen, die ihm manches Mal zwar streng und unnütz vorgekommen war, hinter der er aber zusehends den Sinn und Zweck erkannt hatte.


    "Dein Onkel war so freundlich zu erlauben, dass ich dich unterrichten darf. Ich musste ihm nur versprechen, dich nicht wie einen meiner Probati zu behandeln", sagte er und lächelte spitzbübisch.
    "Ich verspreche es auch dir selbst noch einmal."
    Nun grinste er kurz und fügte dann hinzu:


    "Bist du fertig oder brauchst du noch einen Moment?"

    Mela runzelte die Stirn und fragte sich gerade, ob seine Erzählungen so ermüdend oder Crassus' Frage nur eine rhetorische gewesen war, als der Praetorianerpräfekt auch schon antwortete und Mela smit verblüffte, was er sich aber nicht anmerken ließ.


    "Ja, ich werde ebenfalls versetzt", sprach Mela und nickte.
    "Nach Germanien werde ich zuvor nicht mehr reisen, Praefectus. Mein Urlaub zog sich durch einen ungewollten Aufenthalt im Valetudinarium der CU leider in die Länge, sodass eine Rückreise unklug wäre. Ich müsste wieder aufbrechen, kaum dass ich angekommen wäre", erklärte er.


    Der Sklave verschwand. Mela hoffte, dass er Marcella holen sollte. Das Gespräch war ihm nicht unangenehm, aber doch kam er sich irgendwie seltsam vor. Ob es Absicht gewesen war, dass Marcella ihm nicht erzählt hatte, dass Crassus ihr Onkel war? Sollte er unvorbereitet mit ihm reden? Wenn er das vorher gewusst hätte, hätte er sicher das ein oder andere anders gesagt. Vielleicht aber war es gerade gut gewesen, das er so spontan hatte agieren und sprechen müssen. Ja, doch, das war gut so gewesen.

    Mela musste ebenfalls schmunzeln, obwohl es in der Situation vielleicht eher unangemessen war. Aber die Vorstellung, Marcella würde sich umdrehen und schnell weglaufen war einfach nur lustig. Er hatte trotzdem das Gefühl, dass sich Crassus etwas über ihn lustig machte. Mela nahm das einfach hin und sagte nichts dazu und überging es einfach, indem er nickte und sagte:
    "Ich werde sie bestimmt nicht wie einen Probatus behandeln, Praefectus, sei dir dessen sicher."


    Mela lächelte amüsiert. Er stellte sich vor, wie Marcella steif auf dem Pferd saß und angebrüllt wurde mit Worten, die...nun ja, keiner Dame angemessen waren, die wohl aber jeder Probatus auf dem Exerzierplatz zu hören bekam. Nein, er würde sie ganz sicher nicht zusammenstauchen. Immerhin sollte es ein schöner Tag werden, auch für ihn. Und herumbrüllen wollte er nicht. Dann wechselte Crassus das Gesprächsthema und Mela ging darauf ein.
    "Dem Legatus geht es gut, soweit ich das beurteilen kann. Momentan organisiert er die Versetzung einiger Männer in die I. nach Mantua. Der Kaiser hat ihm dort das Kommando übertragen und ihm gestattet, einen ausgewählten Stab mitzunehmen. Ich habe heute morgen den Versetzungsbescheid bekommen und werde in einer Woche der I. angehören, wie einige weitere Männer ebenfalls. Was die IX. angeht, ist alles wie gewohnt. Hin und wieder gibt es kleinere Aufstände der ansässigen Germanenstämme, aber diesseits des Limes ist alles unter Kontrolle."

    Mela fragte sich, ob es sein konnte, dass Marcella zwischenzeitlich vielleicht ihre Meinung geändert hatte. Er häte in diesem Moment nichts lieber getan, als sie einfach zu fragen. Andererseits hatte sie recht begeistert ausgesehen und auch der Ton ihrer Stimme war abenteuerlustig gewesen. Hm.


    "Sie und ich sprachen bereits darüber, Praefectus, und sie sagte, dass sie es sehr gern lernen würde", beharrte Mela auf seinen Worten. Immerhin war der Prätorianerpräfekt kein böses Ungeheuer und konnte ihn höchstens seiner Casa verweisen - was wohl ebenfalls ein Zerplatzen seines Traumes bedeutete, aber daran dachte Mela in diesem Moment nicht. Woran er dachte, war Marcella und ihre Begeisterung, als er ihr den Unterricht angeboten hatte.


    "Natürlich nur, wenn du es auch erlaubst", fügte er die Bedingung an, an die Marcellas und Melas weiterer Tagesablauf geknüpft war.

    Mela kam sich etwas unangenehm vor, während Caecilius Crassus ihn musterte. Natürlich kannte er seinen Namen. Wer kannte ihn nicht? Immerhin bekleidete er eine Position von höchstem Rang und von sehr enger Zusammenarbeit mit dem Kaiser. Er folgte Crassus zu der Bank und setzte sich, nachdem er dem anderen Manne den Vortritt gelassen hatte. Im nächsten Moment aber wollte er schon wieder aufspringen und Crassus fassungslos ansehen, doch natürlich tat er das nicht. Er hätte ja alles vermutete, na gut, fast alles, aber nicht, dass der Praefectus Praetorio ausgerechnet Marcellas Onkel war. Natürlich, kam es ihm in den Sinn, das hatte sie absichtlich gemacht. Hätte er im Vorfeld gewusst, wer ihr Onkel war, hätte er es sich vielleicht noch einmal überlegt, ob er ihr Reitunterricht anbot. Aber nun war das Kind in den Brunnen gefallen und außerdem war Marcella ja nun wirklich nett und Caecilius Crassus kein Duplicarii-fressendes Monster, sagte er sich.


    "Es freut mich, deine Bekanntschaft zu machen", sagte Mela höflich.
    "Ja, in der Tat, es geht um Marcella. Wir trafen uns auf dem Markt und kamen um meines Geldbeutels Willen ins Gespräch, denn ich verlor ihn und sie machte mich darauf aufmerksam. Wir gingen eine Weile spazieren und unterhielten uns über vielerlei Dinge, woraufhin ich ihr Reitunterricht vor den Toren Roms anbot. Sie wollte dich vorab schon darüber informieren und ich möchte nun noch einmal persönlich fragen, ob du etwas dagegen hast, wenn ich ihr das Reiten beibringe."


    Ohje, hoffentlich dachte Crassus nicht, Mela würde um seine Nichte werben wollen. Hatte es sich so angehört? Mela überlegte, betrachtete dabei den Praefectus eingehend. Er würde auf seine Antwort warten, das wäre wohl das einfachste.

    Mela deutete eine Verbeugung an und entgegnete:
    "Ich habe zu danken, du Retterin meiner Geldbörse. Holde Maid, ich werde am Morgen des dritten Tages von heute an hier stehen, so wahr ich schon jetzt hier stehe..hm...oder so ähnlich", sagte Mela nicht minder geschwollen, ehe er Marcellas Hand ergriff und einen Handkuss andeutete. Dann lächelte er ihr zum Abschied noch einmal zu, nickte der Sklavin zu und machte sich vom Acker, nachdem er noch gesagt hatte:
    "Mögen die Götter auf dich achten, Marcella. Wir sehen uns am Freitag. Vale."

    Mela bemerkte ihr Erröten, sagte aber nichts weiter dazu, sondern tat so, als bemerkte er es nicht. Als sie sich nur noch wenige Schritte von den Stufen entfernt befanden, die zur großen Tür des Hauses hinaufführte, blieb Mela stehen.


    "Meinst du? Hm. Ich denke, es wäre besser, wenn ich das nicht täte. Man könnte auf falsche Gedanken kommen", gab er zu bedenken und lächelte kurz.
    "Aber in drei Tagen werde ich ganz bestimmt hier sein dann. Versprochen."


    Mela sah zu der Sklavin hinüber und dann wieder zurück zu Marcella, die mit ihrer Palla spielte. Scheinbar ebenso eine ihrer Angewohnheiten, wie Mela sie mit seinen Armen hatte, wenn er sie auf dem Rücken verschränkte.