"Gut, nimm deinen Platz an meiner Seite ein. Zu Beginn wirst du etwas zuhören, dann werden auch Aufgaben auf dich zukommen."
erklärte Durus und deutete auf seine linke Seite - rechts stand Privatus, sein Nomenclator. Nachdem er diese Anweisung gegeben hatte, wandte er sich an diesen und fragte
"Wen haben wir jetzt auf der Liste?"
"Heute nur Genucius Cipus. Er benötigt deine Hilfe, sagt er."
Privatus verdrehte die Augen, was wohl bedeuten sollte, dass er derartige Aussagen ständig zu hören bekam. Auch Durus wusste Bescheid: Der Genucier ging ihn ständig um irgendwelche Hilfe an - vermutlich handelte es sich diesmal wieder um eines der zahlreichen Rechtshändel, die er zu führen pflegte. Er hielt es für angebracht, Lepidus kurz zu erklären, wen er zu erwarten hatte.
"Genucius ist ein neureicher Dummkopf, der nicht weiß, wo er seine Finger zu lassen hat. Ich wundere mich, wie er überhaupt an sein Geld gekommen."
Dann trat Cipus ein: Es war ein dicklicher Italiker, dessen wurstige Finger sämtlich von Goldringen geziert wurden. Auch sein Kleidungsstil deutete unmissverständlich darauf hin, dass es sich um einen Neureichen handelte. Sein Gesichtsausdrück drückte jedoch nicht Hochmut, sondern Verstörtheit aus.
"Patronus, ich danke dir, dass du mich empfängst!"
Er trat vor und ergriff die Hand des Pontifex, um dessen Ring zu küssen. Dieser zog seine Hand daraufhin zurück und fragte ernst
"Schon gut. Was ist es diesmal?"
Cipus trat wieder etwas zurück und begann, mit wilden Gesten untermalend, sein Anliegen vorzutragen.
"Naja, ich habe ein kleines Problem mit einem Geschäftspartner...Dubonius Celer...er...vielmehr...also ich...jedenfalls will er mich wegen einer Bagatelle verklagen. Ich habe mir von ihm ein bisschen Geld geborgt und kann es ihm jetzt im Moment nicht zurückgeben. Er hat irgendetwas von Veruntreuung gefaselt."
Die letzten Worte wurden etwas leiser, als wäre es ihm irgendwie unangenehm, darüber zu sprechen.
"So, und warum kannst du es ihm nicht zurückgeben?"
"Naja, ich habe mir davon eine Fabrica gekauft und die hat eben noch nicht so viel eingespielt, wie ich gehofft hatte."
"Genucius, Genucius, ich kann dir nicht ständig aus der Patsche helfen! Ich habe dir gesagt, wo du dir Geld leihen sollst und wo nicht! Seit wann enthältst du ihm denn sein Geld vor? Und wie viel ist es überhaupt?"
Seine Stimme klang fast ein wenig genervt. Normalerweise wäre es Durus egal gewesen, doch Genucius hatte in gewissen Kreisen einen gewissen Einfluss, den der Tiberier schätzte. Doch nun wirkte er noch verunsicherter und stammelte
"Seit einem Jahr. 3000 Sesterzen."
Durus verengte die Augen. Wenn dieser Fettsack etwas weniger essen und nicht immer so viel herumprotzen würde, würde er solche Probleme wohl nicht haben.
"Genucius, dann wundert es mich nicht, dass er verärgert ist!"
"Aber es ist doch nicht meine Schuld, Patronus! Ich brauche nur noch ein oder zwei Monate! Aber er will nichts davon hören!"
"Aber er hat Recht, Genucius! Wie soll ich dich vor Gericht schützen, wenn du tatsächlich das Gesetz brichst?"
"Das ist das Problem, Patronus...ich möchte es gern verhindern, vor Gericht gezerrt zu werden - wegen so einer blöden Sache! Könntest du nicht noch einmal mit ihm reden?"
Genucius wirkte nun geradezu flehend. Wahrscheinlich brauchte er einen einigermaßen guten Leumund, um weitere Gläubiger zu finden. Durus hatte gute Lust, ihn noch etwas zappeln zu lassen, doch da er nun jemanden hatte, dem er alles besser erklären musste, sah er davon ab.
"Gut, ich werde sehen, was ich für dich tun kann."
Zuerst schien Cipus enttäuscht, dann jedoch lächelte er breit, geradezu überschwänglich.
"Ich danke dir zutiefst, Domine! Ich wusste: Wenn du zu Dominus Tiberius gehst, dann wird dir geholfen!"
"Schon gut, schon gut! Nun geh und kümmere dich um dein Geschäft, damit ich dir nicht noch einmal helfen muss!"
Durus machte eine wegwerfende Handbewegung. Daraufhin verneigte sich Genucius und verließ das Tablinium. Durus blickte zu Privatus hinauf.
"Schick Clemens und seine Männer vorbei. Die überreden ihn schon, dass er noch ein bisschen wartet."
Der Nomenclator nickte und ging hinaus, denn die Salutatio war beendet. Nun würden die einfachen Klienten noch ihre Sportulae erhalten, doch Durus konnte sich wichtigeren Dingen widmen. Er drehte sicih zu Lepidus und bedeutete ihm, sich auf einen der Hocker ihm gegenüber zu setzen.
"Claudius, was meinst du zu dieser Sache?"