Selbstverständlich nahm auch Tiberius Durus als Pontifex pro Magistro und ehemaliger Interims-Magister der Arvales Fratres an den Feierlichkeiten zu Ehren der Dea Dia teil. Im Gegensatz zu sonst musste er jedoch diesmal nicht das Opfer vollziehen, sondern hielt sich, gestützt auf seinen Stock, im Hintergrund neben den übrigen Priestern. Als er von einem Gesicht zum nächsten sah, konnte er eine gewisse Nervosität bei Flavius Flaccus, seinem Klienten, wahrnehmen - auch der alte Tiberier konnte sich noch erinnern, wie aufregend seine erste öffentliche Kulthandlung gewesen war...
Schließlich kreisten die Erstlingsgaben des Jahres, die Durus wegen seines Gehstockes - auf den er auch im Stehen ungern verzichten konnte - einfach kurz in einer Hand hielt und dann weiterreichte. Es schien frisch gebacken zu sein, denn es roch nicht nur hervorragend, sondern schien auch noch jene leichte Wärme des Ofens zu verströmen, den der Alte liebte.
Schließlich folgte der letzte Akt, bei dem Durus direkt hinter dem Magister auf das Kultbild zuhumpelte, es streng fixierte und dann mit der freien Rechten in die Salbe griff. Unter Kultformeln, die so alt waren wie das Collegium der Arvales selbst, begann er dann vorsichtig das Gesicht der Göttin mit der Salbe zu bestreichen. Während er die ewig jugendlichen, aber kalten und toten Züge der Göttin dabei berührte, musste er unwillkürlich daran denken, bald wieder eine ebenso hübsche und jugendliche Frau sein Eigen nennen zu können - zwar konnte er sich Derartiges auch bei einer Sklavin nehmen, doch freute ihn diese Aussicht doch...