Beiträge von Manius Tiberius Durus

    Stesichoros
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    Der stets erkältete Ianitor öffnete und erblickte eine Frau, die ihm irgendwie bekannt vorkam. Deswegen schlug er die Tür nicht gleich zu, denn wie eine besonders wichtige Person wirkte sie tatsächlich nicht gerade!


    "Was willst du?"


    fragte er eher genervt als freundlich.

    "Oh ja, in Misenum ist es herrlich. Das Meer bringt einen angenehm kühlen Wind."


    Vielleicht würden sie ja Nachbarn werden. Zumindest wirkte das Land rund um die Villa Tiberia Miseno ein wenig verwildert - als wäre es ager publicus.


    "Ja, das ist wirklich schade. Aber dafür genießt du ja andere Privilegien, die das ganze ein wenig aufwiegen können. Und im Zweifelsfalle kannst du dich ja auch in Achaia mit echten Philosophen streiten."

    "Natürlich. Ich besitze ein schönes Fleckchen Erde in Misenum. Meine Jugend hingegend habe ich in Aegyptus verbracht. Und natürlich ein paar Bildungsreisen - etwa nach Achaia. Trotzdem muss ich feststellen, dass diese Stadt noch immer das beeindruckendste ist, was ich in meinem Leben gesehen habe. Alexandria mag nicht weit zurückstehen, aber dennoch..."


    In Gedanken wog er die beiden Städte ab. Caesareum contra Capitol, Agora contra Forum Romanum, Rhakotis contra Subura. Und der Palatin konnte Rhegion um Längen ausstechen! Roma war und blieb das Herz der Welt.

    Eine Reisegruppe bewegte sich auf die Villa zu. Ihre Spitze bildete ein Reiter in einem dunkelbraunen Mantel. Eine Narbe zog sich über sein Gesicht, was darauf schließen ließ, dass er ein pensionierter Legionär oder Gladiator war. Ihm folgten zwei weitere Reiter in dunklen Mänteln, daraufhin fuhr ein dunkler Reisewagen. Unter den roten Vorhängen war er mit aufwendigen Schnitzereien versehen - ohne Frage war dies ein repräsentatives Gefährt, wie es ein Senator oder reicher Ritter besaß. Das Auftauchen des Luchses unter den Motiven hingegen verriet, dass er der Gens Tiberia gehörte.
    Nach dem rappengezogenen Gefährt folgte noch der Gepäckwagen, der weitaus weniger edel, dafür jedoch umso praktischer wirkte.
    Das Schlusslicht bildete eine weitere Gruppe Reiter, die wieder mit dunklen Mänteln bekleidet waren.


    Der Treck kam die Allee zum Gebäude hinaufgefahren und blieb auf dem breiten Vorplatz stehen. Manius Tiberius Durus, der Eigentümer der Villa, entstieg dem Reisewagen. Ihm folgte ein Sklave, der das sagum seines Herren über dem Arm trug. Es war definitiv zu warm für ein derartiges Kleidungsstück - schließlich stand die Sonne hoch über dem Anwesen!
    Der Ianitor erkannte den Herrn natürlich, weshalb er sofort eingelassen wurde und sich auf den Weg ins Officium des Vilicus machen konnte.


    Sim-Off:

    so, jetzt hast du schon zwei Zeitebenen auf einmal :P

    "Ah, ich erinnere mich! Du lebst hauptsächlich im hohen Norden, nicht wahr?"


    stellte er halb fest und fragte zugleich. Er konnte sich nicht vorstellen, in dieses kalte Land zu ziehen. Zumal Durus eher die Vorstellung hatte, dass dort wilde in Bärenfellen durch die Gegend liefen und nur von der Macht der Legionen, die dort massiv stationiert waren, vom Plündern und Brandschatzen abzuhalten waren.

    "Aber die fähigen werden sicher auch Rennen auf provinzialer Ebene schlagen können. Außerdem werden wir auch dort noch eine relativ große Auswahl haben...allein XIV Großprovinzen. Da gibt es bestimmt einige Spitzenfahrer und rückgerechnet auf die letzten Rennen überall wird schon einiges zusammenkommen. Meinetwegen können wir ja auch noch Wettbewerbe auf regionaler Ebene dazunehmen. Aber ganz unten wäre doch ein wenig tief angesetzt für Ehre und Alter der Factio."

    "Aber die Götter werden Dir eine solche Bitte doch nicht abschlagen können!"


    Durus musste lächeln, als Minervina errötete. So komplimentär war es doch auch wieder nicht gewesen...zumindest nach seiner Meinung. Aber es machte ihm auch nichts aus, das Mädchen zum erröten zu bringen - zeigte es doch, dass er es noch immer verstand, den Frauen Freude zu schenken.
    Dies konnte man in diesem Moment nicht gerade von Dareios sagen, wie er bei einem Blick auf die Arena feststellte. Zwar konnte er sich auf seinem Platz halten, aber wirklich sicher schien er nicht...


    So hörte er auch Minervinas Murmeln nicht - auch deswegen nicht, weil die Geräuschkulisse von den Rängen des Plebs anschwoll, um die Fahrer für die letzte Runde zu motivieren.


    "Hm, werden wir sehen..."


    antwortete er ein wenig gedankenverloren auf Minervinas Bemerkung. Dareios machte ihm noch immer ein wenig Sorgen...der Abstand zwischen ihm und Marsyas schien eher größer zu werden...

    Durus kannte natürlich die Kaiser des Reiches, auch, wenn er sie nie persönlich kennen gelernt hatte.


    "Seit so langer Zeit hast du nicht mehr Rom im Sommer erlebt?"


    fragte er deshalb, um seine Frage zu präzisieren. Wahrscheinlich war es das Alter, dass ihn so verständnislos machte - oder aber Durus' Angewohnheit, seine Fragen manchmal recht unpräzise zu stellen...

    "Dann sollten wir aber schon zumindest einen Sieg in einer Provinzmetropole voraussetzen. Das wird zwar möglicherweise noch immer keine Handvoll sein, aber zumindest eine überschaubare Menge.
    Denn gänzlich untalentiert sind wohl die wenigsten Sieger - auch nicht auf niedrigster Ebene."


    Deswegen war Durus auch niemals Rennen gefahren - er hatte kein Talent dafür!

    "Ach, ich für meinen Teil muss sagen, dass man wenig verpasst, wenn man den Sommer in Rom nicht erlebt. Diese Hitze und der Gestank..."


    Durus erzählte besser nicht von jenem Sommer, als der Tiber so niedrig gewesen war, dass das Abwassersystem nicht so recht funktioniert hatte...Durus war damals auf sein Landgut geflohen - zum Glück!


    "Iulier und Claudier?"


    fragte er leicht verwirrt und erinnerte sich erst dann, dass Senator Prudentius ja ein Sohn Germanias war - und das offensichtlich sehr treu. Aber in seinem Alter...wer konnte ihm das verdenken?

    Begeistert stellte Durus fest, dass Dareios tatsächlich noch nicht zum alten Eisen gehörte, als er erneut seinen zweiten Platz behauptete. Mit einem entspannten Lächeln nahm er außerdem wahr, dass die beiden Blauen im hinteren Feld aufholten.


    "Ah, Diokles - ich hab' doch gewusst, dass der der neue Star wird!"


    erklärte er stolz seiner...Verwandten? Nun, da die Veneta ihre Position ausgebaut hatte, konnte er wieder einen Blick zu Minervina riskieren und lächelte sie an.


    "Dareios holt sich Marsyas noch - du bist ein wahrer Glücksbringer für unsere Fahrer!"


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    Währenddessen rasteten die Fans auf der Veneta-Kurve regelrecht aus. Sie hatten die Überholmanöver des Brinno mit Pfiffen quittiert - denn so weit ging die Fan-Freundschaft der beiden Factiones dann doch wieder nicht! Nun jedoch, da Dareios und Diokles wieder einen weitgehend freien Rücken hatten, stimmten sie die altbekannten Gesänge der Blauen an, die wie eine Welle durch das Stadion Domitiani rollten - oder zumindest über die Veneta-Tribüne.


    "VEEEEEEENEEEEEEEEEETAAAAAAAAAAAA VICTRIX!"


    und immer wieder:


    "VEEEEEEENEEEEEEEEEETAAAAAAAAAAAA VICTRIX!
    VEEEEEEENEEEEEEEEEETAAAAAAAAAAAA VICTRIX!
    VEEEEEEENEEEEEEEEEETAAAAAAAAAAAA VICTRIX!
    VEEEEEEENEEEEEEEEEETAAAAAAAAAAAA VICTRIX!"




    [Blockierte Grafik: http://home.arcor.de/gensvaleria/venetaSig.gif]

    Durus lächelte und blickte kurz zum blauen Himmel, der nur von ein paar winzigen Wölkchen unterbrochen war.


    "Oh, wunderbar. Man möchte fast der Stadt den Rücken kehren."


    Durus ging fest davon aus, dass Commodus ihn kannte, da er ja das letzte Jahr das Aedilat bekleidet hatte. Deswegen stellte er sich gar nicht erst vor.


    "Aber Dir wird die Arbeit einen Strich durch die Rechnung machen, nicht wahr?"


    fügte er mit einem kurzen Blick auf den Anhang des Praetors an.

    Durus erinnerte sich an dieser Stelle an den eigenen Geldbeutel, der durch die Ludi empfindlich gelitten hatte. Das wiederum hatte ihn mehr oder weniger gezwungen, einen reichen Patron zu suchen. Und einen einflussreichen obendrein. So gesehen war diese Abhängigkeit nicht das allerschlimmste - obwohl auch schon schlimm. Wenn er da an die Beziehung des Hungaricus zu Avarus dachte....aber nunja, nichts war jemals einfach.


    "Jaja, manchmal könnte man fast meinen, dass das Patriziat tatsächlich seinen Einfluss verloren hat. Selbst die Senatoren mit großem Klientel achten oft nicht mehr die dignitas unseres Standes. Sie sind die reinsten Popularen. Und in ihrer grenzenlosen Volksliebe sind sie gern bereit, solche Demagogen, die alles so einfach darstellen - Patrizier böse - Volk unterdrückt - , zu unterstützen und ihren Klienten zu erlauben, dass sie so etwas wählen.
    O tempora, o mores! Es wird höchste Zeit, dass wir uns unserer Pflicht der Staatslenkung erinnern!"

    Durus entdeckte den Praetor, der mit seinem gesamten Gefolge über den Platz spazierte. Offensichtlich wollte er ein wenig Abstand von der Arbeit gewinnen, denn er ignorierte einen Liktor, der immer wieder versuchte, ihn von irgendetwas zu überzeugen. Jaja, diese lästigen Angestellten immer...also beschloss er, ihn zu erlösen, indem er ihn in ein Gespräch verwickelte.


    "Salve, Prudentius!"


    grüßte er den Alten.

    "Ich denke, dass das zu einfach ist. Die einfachsten Wettbewerbe - da gibt es ja tausende! Und so viele Jünglinge können wir auch nicht wieder trainieren!"


    warf Durus ein, den Wutausbruch seines Patrons übergehend. Wahrscheinlich war der Gute wieder einmal ein wenig im Stress...ein Umstand, den auch Durus gut kannte.

    Auch Durus wagte einen Blick auf das Mädchen. Sie hatte wohl gerade das Heiratsalter erreicht. Ihr Haar rahmte das Gesicht des Mädchens schön ein. Dann kehrte der Blick zur Bahn zurück, wo auf der Gerade die Energie der Pferde mobilisiert wurde, so gut es ging.


    "Könnte sein. Er ist nicht mehr der Jüngste..."


    bemerkte er, obwohl Dareios nicht wirklich alt war - nur eben alt für den Rennsport. Erst neulich hatten sie die Diskussion in der Factio gehabt...

    Das Lachen gefiel Durus. Überhaupt redete Minervina nicht so viel, wie die meisten Mädchen in ihrem Alter. Das war irgendwie wohltuend, wenn man gerade ein Rennen verfolgte...Zusätzlich der Optimismus, den sie ausstrahlte. Ihm selbst war er seit einiger Zeit etwas abhanden gekommen - wohl durch die anstrengende und hin und wieder frustrierende Arbeit als Aedil und anschließend das Loch, in das er gefallen war - so ganz ohne sinnvolle Beschäftigung.


    "Das bleibt zu hoffen. Allerdings wird es bei der Hoffnung bleiben, wenn das so weiter geht. Hast du gesehen, wie Dareios da ausgeschert ist? Das darf einem Profi nicht passieren. Er hätte die Kurve anfangs nicht so eng nehmen dürfen!"


    kommentierte er das Renngeschehen, denn offensichtlich war Minervina ja auch ein Anhänger dessen - oder zumindest interessiert, wie ihm schien.