Durus nickte. Natürlich hatte er nichts gehört - niemand hörte irgendetwas. Irgendwie hätte es den Tiberier kaum mehr gewundert, wenn der Kaiser verstorben wäre - in aller Stille. Doch während seines unfreiwilligen Exils hatte er viel Zeit gehabt, darüber nachzudenken, vor allem auch über den Stellvertreter des Kaisers, diesen Salinator. Ein charakterloses Kind charakterloser Eltern! Als er dann zurückgekehrt war und die Debatte um Decimus Livianus verfolgt hatte, war er letztendlich zu einem Schluss gekommen: Es wurde Zeit, dass man sich einen neuen Kaiser suchte!
Er blickte um sich und befahl den Sklaven mit einem Fingerzeig, den Raum zu verlassen. Dann wurde sein Ton etwas gesenkter, als er erwiderte:
"Überhaupt nicht. Aber ich habe lange darüber sinniert, habe die Philosophen zu diesem Thema studiert und bin traurigerweise zu einem schlimmen Entschluss gekommen: Der Kaiser ist völlig unfähig, dieses Reich zu regieren. Dass sein Stellvertreter absolute Freiheit hat, haben wir im Senat hören müssen. Das muss an die Ohren des Kaisers gelangt sein und er hat nichts getan. Du wirst vielleicht Consul und ich weiß, dass folgende Gedanken Hochverrat sind, doch mit wem sollte ich sie teilen, wenn nicht mit dir?
Wir müssen den Kaiser beseitigen und jemand anderes an seinen Platz stellen!"
Er schwieg einen Augenblick, erhob dann jedoch mahnend den Finger.
"Höre meine Erklärung, ehe du etwas einwendest: Man wird sagen: Vescularius Salinator ist das Problem. Doch ich sage dir, dass der Kaiser allein mit der Auswahl dieses Stellvertreter einen Beweis seines Versagens gegeben hat. Nur er verleiht Salinator Legitimität. Valerianus ist vermutlich ein passabler Soldat gewesen, aber er besitzt nicht die politische Erfahrung und Willenskraft, um ein Reich zu regieren. Das ist nicht die Aufgabe des Princeps!
Mehr noch: Beseitigen wir Salinator, wird er sich auf einen anderen Schleimer verlassen. Du wirst vielleicht sagen: Aelius Quarto ist doch sein Bruder! Aber der Umstand, dass nicht Aelius Quarto, sondern Vescularius Salinator sein Stellvertreter hier in Rom ist, beweißt, dass die beiden nicht besonders gut miteinander zurecht kommen. Ich weiß nicht, warum, aber die Fakten zwingen zu diesem Urteil. Doch wer dann? Niemand weiß es! Valerianus hat wenige Verbündete unter den Senatoren, wie ich meine. Vielleicht wird er am Ende einen seiner alten Offiziere holen, die wie er nur Schlachten auf dem Feld, nicht im Senat schlagen können. Salinator mag ein besonders charakterloses Exemplar von ihnen sein, doch was nach ihm kommen mag, weiß niemand.
Es ist dennoch Hochverrat, magst du sagen, und er ist der Sohn des göttlichen Iulianus! Doch ich sage dir: Unser Gesetz hat wenig mit dem gemein, was einstmals die Res Publica unter den gerechten Kaisern wie den Flaviern auszeichnete. Es ist festgeschrieben, dass der Kaiser selbst das Staatsoberhaupt ist, nicht die Consuln. Und es ist festgeschrieben, dass stets der Sohn dem Vater auf den Thron folgt - gerade noch, dass nicht festgehalten ist, dass er ein goldenes Diadem und eine Trabea trägt!"
Er hatte sich richtig in Rage geredet und hielt nun inne, um noch einen letzten Satz anzufügen:
"Es ist unsere Pflicht gegenüber den Vätern dieses Staates, einen anderen Princeps zu finden und zu installieren und dem Staat seine altehrwürdige Ordnung wiederzugeben."
Ein paar Schweißperlen standen Durus auf der Stirn. Was er hier verkündete, war nicht weniger als Hochverrat. Wenn Furianus nicht mitziehen würde und ihn anklagte und vielleicht noch einen Sklaven fand, der das hier mitgehört hatte, würde Durus im Mamertinischen Kerker gehängt werden. Daher war er völlig angespannt, während er auf eine Antwort von Furianus wartete.