Beiträge von Manius Tiberius Durus

    | Stesichoros


    Stesichoros hustete ganz schrecklich, sodass es ihm Schmerzen im Brustkorb machte. Er fragte sich, wo all diese Krankheiten immer herkamen und warum die Götter genau ihn damit straften. Doch man hatte kein Erbarmen: Er musste seinen Dienst versehen. Also trat er an die Porta.


    "Salve, Iulius Centho, nehme ich an?"


    Natürlich erinnerte er sich, dass dieser Centho heute einen Termin hatte und hatte sich informiert, wie dieser etwa aussah (denn es kam immer gut an, wenn der Ianitor wichtige Gäste mit Namen begrüßte!).





    IANITOR – GENS TIBERIA

    "Wie ich aus persönlichen Gesprächen mit ihm weiß, ist er durchaus auch nicht abgeneigt, das Amt der Decimviri zu wählen."


    warf Durus ein, was tatsächlich der Wahrheit entsprach. Auch mit dieser Besetzung konnte er sich gut arrangieren, denn die Erbschaftsrichter waren die angesehensten unter den Vigintiviri!


    Bei den Quaesturen hingegen war er sich nicht ganz so sicher. Einerseits hatte Macer Recht mit der Bedeutung eines Quaestor Provincialis. Andererseits war es wirklich auch wichtig, in diesen Zeiten Kontakt mit dem Kaiser zu halten. Und da Furianus ein wichtigerer Parteigänger war, beschloss er, für dessen Position Partei zu ergreifen.


    "Ich schließe mich dem Consul Designatus an. Der Wunsch des Kandidaten ist jeweils stets eine Empfehlung, doch halte ich ebenfalls Octavius Macer für einen fähigen Mann, der die ehrenvollste Quaestur in unmittelbarer Umgebung des Kaisers verdient hat., zumal dieser in der Tat im Augenblick eines fähigen Mannes auf diesem Posten dringend bedarf."

    Durus nickte nur, als Furianus das fragte - was auch sonst kam für den Sohn eines Consul in Frage? Als er dann jedoch weitersprach, horchte der Tiberier überrascht auf: Auch Furianus wurde Vater?


    "Das ist ja eine wahrhaft gute Nachricht! Ich gratuliere dir und hoffe, dass Claudia dir einen kräftigen Sohn und Erben gebärt!"


    Unterdessen dachte er weiter über Flavius Piso nach, den jungen Mann kannte er irgendwoher - richtig, er hatte schon die ersten, vorsichtigen Schritte auf dem Cursus Honorum gemacht! Auch keine schlechte Wahl...

    Der Sklave war offenbar kein Freund großer Worte, doch als Durus dem Blick folgte, erkannte er, dass Livianus der mysteriöse Schenker sein musste. Durus und er waren niemals große Freunde gewesen, dennoch musste der Tiberier es respektieren, wenn ein Feldzeichen von einem ehemaligen General für seinen Cousin gespendet wurde. Also nickte er dem Decimer zu und wandte sich an einen seiner Sklaven


    "Nimm das und leg es unter die Urne des Verstorbenen, bevor man das Grab schließt."


    Der Sklave wirkte erst etwas ratlos, dann beeilte er sich jedoch, dem Befehl seines Herrn nachzukommen. Durus unterdessen sandte einen Blick zu Livianus, der Dankbarkeit ausdrücken sollte - zwar wusste er nicht, was für eine Standarte es genau war, doch da Livianus der Kommandeur von Vitamalacus gewesen war, musste es wohl eine Art letzte Ehre der Legio I sein!

    Umdisponieren - darauf würde es vermutlich hinauslaufen. Aber immerhin - möglicherweise würden zumindest die Einnahmen nicht mehr allzu zentral hereinkommen. Die Frage mit den Milites war natürlich auch gut - doch woher sollte man das Land nehmen? Von den reichen Senatoren, die etwas abgeben mussten? Wohl kaum...


    Doch all das lies er angesichts der folgenden Frage unkommentiert.


    "Ja, ein junger Mann, ein entfernter Verwandter. Zwar habe ich geheiratet, doch erschien es mir doch sinnvoll, sicher zu gehen. Er ist der Sohn des Tiberius Celus, der einstmals auch Quaestor war."


    erklärte er kurz. Die Quaestur des Celus lag allerdings lange zurück, sodass Durus nicht annahm, dass Furianus sich daran erinnerte.

    Durus glaubte Gracchus zwar nicht, doch sparte er sich einen derartigen Kommentar, denn hier handelte es sich zweifelsohne sowieso nur um das Austauschen hohler Phrasen, bei denen weniger der Inhalt als die symbolische Bedeutung des Interesses und der Zuversicht zählten.


    "In der Tat. Ein Handwerker in Baiae hat mir ein Angebot gemacht, das recht günstig war - normalerweise lege ich ja keinen Wert auf so etwas."


    Tatsächlich hatte dieser findige Knochenschnitzer offensichtlich von seiner Verletzung erfahren und war sogar in die Villa gekommen, um ein Angebot zu unterbreiten (Durus war ja die meiste Zeit im Bett gelegen, sodass er kaum auf dem Markt irgendetwas hätte finden können (zumal er grundsätzlich selten auf Märkten unterwegs war)).

    Natürlich entging es dem Senior nicht ganz, dass sein Sohn sich stark für die anderen Besucher interessierte, wie er so über die Zuschauermengen hinwegblickte. Da fragte er sich, wie er überhaupt einen Kommentar zu den Aurigae abgeben konnte! Dennoch war er natürlich hocherfreut, dass Ahala zumindest Interesse am Rennsport heuchelte und auch der Factio Veneta beitreten wollte, wie es schien.


    "Das ist absolut möglich! Du musst dich einfach im Haus unserer Factio melden, gleich am Forum Boarium."


    meinte er achselzuckend. Dann interessierte es ihn aber doch:


    "Suchst du eigentlich irgendwen bestimmten?"

    Durus befand das Grinsen seines Sohnes für ein wenig dümmlich, doch vergaß er dies über den etwas traurigen Bemerkungen bezüglich des Vertrauens seiner Klienten in seinen Sohn - er kam gar nicht darauf, dass Ahala froh war, dass man ihn in Ruhe gelassen hatte! Und so versuchte er natürlich, ihn zu trösten:


    "Es ist nicht deine Schuld, Aulus! Die Klienten kennen dich eben noch nicht so gut, da ist es ganz normal, dass sie etwas zurückhaltend sind! Aber das wird sich schnell ändern, wenn wir uns etwas öfter gemeinsam in der Öffentlichkeit zeigen."


    Der Unfall war ja nun wirklich kurz nach der Adrogatio gewesen - wirklich ein ungünstiger Zeitpunkt!

    Die Salutatio dauerte in den letzten Tagen natürlich etwas länger, denn Durus war lange nicht mehr da gewesen. Doch schließlich kam Lepidus an die Reihe, den Durus schon länger wieder einmal hatte sprechen wollen.


    "Ah, Claudius! Da bist du ja! Herzlichen Glückwunsch zu Deinem Wahlerfolg!"


    begrüßte er seinen Schützling.

    Durus war ganz in Gedanken, als ihn plötzlich ein Fremder ansprach und ihm etwas unter die Nase hielt. Zuerst war er ein wenig verwirrt, dann jedoch nahm er das Stück Stoff und entfaltete es. Natürlich erkannte er sofort, dass es sich um eine Standarte handelte!


    "Wer ist dein Herr?"


    fragte er, um zu überspielen, dass er nicht wusste, was für eine Fahne er da vor sich hatte. Er blickte sich um, konnte jedoch nicht sofort identifizieren, wer der Herr des augenscheinlichen Sklaven war.

    Als Flavius Gracchus den Raum betrat, wirkte er auf Durus ein wenig entrückt - andererseits tat der Flavier dies oft. Und so erwiderte er das Lächeln und bedeutete ihm, an seiner Seite Platz zu nehmen.


    "Flavius!"


    erwiderte er auch den Gruß, ehe er das Gesicht ein wenig verzog.


    "Ach, mein Bein macht mir noch leichte Beschwerden, aber ich bin auf dem Wege des Besserung, wie mir mein Arzt versicherte. Der Stock wird mir wohl ewig bleiben!"


    Zur Illustration seiner Aussage hob er den Stock mit dem Luchs-Griff ein wenig an, stützte seine Hände dann jedoch wieder darauf.

    Offenbar war es tatsächlich ein großes Geheimnis, was Furianus beabsichtigte - Durus beschloss, es einfach auf sich beruhen zu lassen, merkte sich jedoch trotzdem, dass Furianus ihm offenbar nicht alles anvertrauen wollte.


    Stattdessen ging er wieder zum anderen Thema über:


    "Nun, ich hätte nichts dagegen, zweifelsohne. Allerdings wird es sehr nach privater Interessenpolitik aussehen, wenn du die Grenze so setzt, dass du deinen kaum weniger umfangreichen Besitz behalten kannst. Ich weiß nicht...du solltest deinen Vorstoß auf jeden Fall gut vorbereiten, wenn du nicht scheitern willst. Und du musst Acht geben, dass es nicht einfach wie ein Privatfeldzug gegen Germanicus Avarus wirkt."

    Da im Senat jeweils gemäß einer uralten Rangordnung die Relationes abgegeben wurden, war Durus nun ziemlich weit vorn an der Reihe.


    "Ich beantrage, Claudius Lepidus zum Triumvir Capitalis zu machen. In meinen Diensten hat er im Bereich des Kriminalrechts einen guten Einblick bekommen, der ihm in diesem Amt helfen wird."


    meinte er knapp, ohne die anderen Ergebnisse zu kommentieren - sie spielten für ihn keine größere Rolle, denn es waren weder Klienten noch enge Freunde (zumindest nicht auf Posten, die zu verteilen waren).

    | Stesichoros


    Zwar war Stesichoros ein wenig verwirrt über die geballte Information, vorgetragen ohne Punkt und Komma, doch immerhin war es eine umfassende Erklärung des Ansinnens, das keiner weiteren Nachfragen bedurfte.


    "Hm...warte hier."


    meinte er nach kurzem Nachdenken und schlug dem Sklaven die Tür vor der Nase zu. Endlose Minuten vergingen, dann endlich kam der Sklave zurück. Man hörte ein Schnäuzen hinter der verschlossenen Tür, ehe sie sich wieder öffnete und der Ianitor verkündete:


    "Morgen nach der Senatssitzung hat der ehrenwerte Tiberius Durus Zeit, den Decemvir mit Tiberia zu empfangen. Richte dies deinem Herrn aus."





    IANITOR – GENS TIBERIA

    | Stesichoros


    Als Stesichoros - krank wie eh und je - die Tür öffnete, blickte er in die kleinen Augen eines Fremden, den er überhaupt nicht einordnen konnte. Daher war seine Nachfrage abweisend und herausfordernd:


    "Wer bist du? Was willst du?"


    Er schniefte, während er auf eine möglichst plausible Antwort hoffte.





    IANITOR – GENS TIBERIA

    Im Inneren des kühlen Mausoleums verschnaufte er kurz. Es roch nach Weihrauch und verwelkten Blumen. Vor ihm waren die Reihen der Grabsteine an der Wand befestigt, dahinter standen die Urnen. Rasch erkannte Durus die für Quintus bestimmte Vertiefung: Man hatte bereits Löcher gebohrt, um den Grabstein darauf zu setzen. Dieser wurde auch schon von zwei Sklaven gehalten, um sofort auf die Öffnung gesetzt zu werden. Durus entzifferte im dämmrigen Licht die sauber gearbeiteten Buchstaben:


    D M Q TIBERII M F VITAMALACI LEG LEG I TRAI
    ANAE P F CONST AED CVR Q COSS TRIB MIL II >
    MAG ARVAL FR DIPLOMATVS II PHALERATVS II


    Er selbst hätte den Centurio wohl verschwiegen, doch man konnte nicht wissen, ob man die Manen des ewigen Soldaten erzürnte, wenn man ihm seinen wohl geliebtesten Rang vorenthielt! Also ließ er den Winkel, der in der Epigraphie seiner Zeit den Rang eines Centurio bedeuteten, stehen und stellte das Gefäß an den bestimmten Ort.


    Einen Augenblick verharrte er, dann wandte er sich um, ergriff seinen Stock und kehrte in die Welt der Lebenden zurück.

    Offenbar hatte Vala bemerkt, dass Durus keine Denkpause gemacht hatte. Aber andererseits wusste er jetzt zumindest den Namen (vorerst, wenn er ihm nicht wieder entfiel). Dieser Duccius wollte aber offenbar um jeden Preis die Formulierung durchdrücken, die er - oder Metellus? - oder Lucianus? - gefunden hatte.


    "Und meines Erachtens nach ist die aktuelle Formulierung eben genau das starre Konstrukt, das ich persönlich nicht unterstützen kann. Von diesem Standpunkt kann ich mich auch nicht deshalb verabschieden, weil zwei der angesehensten Persönlichkeiten offenbar anderer Meinung sind."


    Er blickte zu Lucianus, ob dieser dazu etwas sagen wollte. Irgendwie hatte er langsam das Gefühl, man wolle ihn einfach überreden, den Antrag gut zu finden (wobei sich die Frage stellte, warum man sich dann die Mühe machte, ihn extra vorzulegen und einen der einflussreichsten Männer Roms mitzubringen) - daraus würde aber nichts werden!

    "Ich bitte dich -"


    Durus stockte - er hatte ganz vergessen, wer der junge Mann vor ihm war. Dann fuhr er jedoch einfach ohne Nennung eines Namens fort


    "Auch im entferntesten Winkel unseres Reiches sitzt ein Statthalter, der das Munizipalgesetz zu bewilligen hat. Und die Ordnung, wie eine Stadt verwaltet wird, gehört nun einmal dort hinein und nicht in ein Gesetz über die Ordnung der Provinzen. Meinetwegen kann man ja einen Kommentar zur idealen Verwaltung einer Stadt verfassen, aber in einem reichsweiten Gesetz halte ich es für nicht sinnvoll."

    Eine Weile genoss Durus das Schweigen der Menge auf seine Rede hin. Offenbar waren sie alle tief ergriffen. Dann jedoch trat er hocherhobenen Hauptes zurück und humpelte die Treppe der Rostra hinab. Ein Schmerz ließ ihn jedoch wissen, dass er es kaum schaffen würde, den Weg vom Forum zur Via Latina, wo das Familiengrab der Tiberier stand, zu Fuß zurückzulegen. Also winkte er die offene Sänfte herbei in der er sich mit einem Seufzen niederließ.


    Dann zog der Zug wohlgeordnet weiter nach Süden, vorbei am Haus der Vestalinnen, dem Tempel der Venus und Roma, dem Tempel der Kaiser und schließlich um den Palatin herum zum Circus Maximus. Von dort ging es schließlich durch die Porta Capena hinaus auf die Via Latina.

    Bereits von Ferne fiel das massive Mausoleum der Tiberier auf. Nicht nur wegen seiner Größe, sondern auch wegen der Dekoration des Bauwerks mit Zypressenzweigen und dem kleinen Auflauf von Sklaven, der sich davor auf der Straße versammelt hatte. Gemessenen Schrittes zogen die Musikanten, Klageweiber, Ahnen-Darsteller und Trauergäste jedoch bis vor die Pforte. Der Dominus Funebris persönlich trug den Schlüssel für das Grabmal und stieg die Stufen hinauf, um im Schatten des Portikus die schwere, bronzebeschlagene Tür aufzuschließen.


    Unterdessen hielten die Urnenträger vor dem Grabmal und Tiberius Durus entstieg seiner Sänfte. Ihm als ranghöchsten Tiberier oblag es nun, die Urne in den vorgesehenen Schrein im Inneren des Mausoleums zu stellen, was gar keine leichte Aufgabe war, denn so konnte er sich nicht auf seinen Stock stützen. So gab er Ahala ein Zeichen, ihn zu stützen. Unter großen Mühen erklomm er dann die beiden Stufen zum Eingang und verschwand darin.