Beiträge von Manius Tiberius Durus

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    Original von Celeste


    Als Sachmet ein wenig zu knurren begann und eine Anspielung machte, schluckte Durus ein kurzes Auflachen herunter. In Verbindung mit dem Weinkonsum klang die Androhung der Nubierin geradezu anzüglich. Und als hätte diese Anspielung nicht genügt, erfüllte Aphrodithe die Vorstellung des Flussgottes - nein, sie übertraf sie. Ein inniger Kuss zweier Frauen - der Tiberier hatte nicht im Traum daran gedacht, dass ein solch erotisches Spiel aus seiner kurzen Äußerung entstanden wäre.


    "Oh, dann hoffe ich, dass du sie noch häufiger beruhigen musst, Schaumgeborene!"


    kommentierte er das ganze, obwohl er eine derartig anzügliche Bemerkung ohne den Wein wohl kaum gemacht hätte. Heute aber machte ihm das überhaupt nichts aus - vielmehr nahm er sich gleich noch einen Schluck aus dem Becher, ehe er ihn seiner Dienerin reichte, damit sie ihn wieder auffüllte. Während er ihr noch etwas verträumt auf das wohlgeformte Gesäß blickte, als sie sich entfernte, kam Aphrodite auch schon wieder auf eine neue Idee: Er sollte eine Lobrede erklingen lassen! Auch jene Idee hätte er wohl verworfen, hätte er dem Wein nicht so zugesprochen gehabt.


    Doch so erinnerte er sich an die Zeiten, als er an der Rhetorenschule in Alexandreia gelernt hatte, wo Lobreden eine wichtige Gattung darstellten und bis zur Perfektion eingeübt wurden. Natürlich waren seine Kenntnisse nicht mehr sehr gut, denn in der täglichen Politik und auch vor Gericht spielten sie praktisch keine Rolle. Aber vielleicht...vielleicht gelang ihm ja noch etwas.


    "Der Kuss der Isis ist bereits eine Ehre, doch wenn ihr den Einsatz noch erhöht, so will ich mich auch versuchen!"


    erwiderte er daher gutgelaunt. Die bisherigen Lobesreden hatte er ja nur mit halbem Ohr gehört, daher hoffte er ein wenig, dass er sie intuitiv nicht wiederholte. Und so erhob er sich, erhob die Arme, wobei sein antikes Gewand verrutschte, ehe er mit seiner besten Rhetorenstimme ansetzte.


    "O Dionysos, du Herr des Weines,


    wahrhaftig verdient ist Dein Lob, denn Dein Ruhm dringt bis in alle vier Enden der Welt! Ja, so groß ist er, dass gar die Götter um die Ehre streiten, Dich geboren zu haben!"


    Er musste kurz über seinen eigenen Scherz lachen, der auf die verschiedensten Überlieferungen anspielte, dass Demeter, Io , Lethe, oder Persephone als Mütter des Gottes galten.


    "Und doch gebürt wohl Semele, einer Sterblichen, die Ehre - wie mein Vorredner dankenswerterweise bereits bemerkte! Doch spielt all das wohl kaum eine Rolle, da Du Dich kaum edler Abkunft rühmen musst - wie es jene Männer tun müssen, die sich in meiner Stadt auf die Gründer berufen."


    Auch hier war Durus wieder etwas erstaunt über sich selbst, denn so viel Selbstironie hatte er sich wohl kaum zugetraut. Ehe er jedoch einen Bruch in die Rede bekam, beeilte er sich, weiterzukommen - wobei er nicht so recht wusste, was er nun sagen sollte, da die Rede immerhin aus dem Stehgreif entstand. Doch dann kam ihm etwas und als Zeichen seiner Erleuchtung hob er den Zeigefinger und machte ein ermahnendes Gesicht.


    "Doch worauf gründet jener unermessliche Ruhm, um den wir Götter Dich beneiden? Warum würde kaum einer zu mir in den Tiber hinabsteigen, um mit mir zu trinken - oder gar in die Unterwelt unseres lieben Pluto - hier jedoch tummeln sich alle Unsterblichen?


    Der Rausch! Ja, für ihn schenkst Du uns Wein, der heute in Strömen fließt, uns in die Köpfe steigt und die graue Welt verschwinden lässt! Heute wird Iuppiter keine Blitze schleudern und Pluto niemanden zu sich reißen - nur Aphrodite wird vielleicht ihrer Pflicht nachgehen und den ein oder anderen Ahnungslosen verführen!"


    Er blickte zur Seite und zwinkerte der blonden Schönheit zu.


    "Denn das ist es doch, wessen der Sterbliche und auch wir Himmlischen, am meisten bedarf! Was nützt all die Lebenszeit, wenn doch nur Gram und Arbeit uns erwartet? Was all die Stunden, wenn sie gefüllt sind mit Gesetzen, Sitten und Schlichtheit?


    Nein, jeder bedarf der Zügellosigkeit - also bedarf auch jeder der Hilfe von Dir, du Ungezügelter, der Du mit Deinen Satyrn und Mänaden Farbe, Glück und Wohlsein in unser Leben bringst - nein, förmlich gießt! Denn dieser Saft, der von den Hängen der Berge stammt und reift in Amphoren und Fässern: Er vermag unseren Körper zu entspannen, wie es kein Masseur kann, er löst uns die Zügel wie ein Knecht die des Pferdes. Und so können wir heute frei springen und über die grünen Wiesen der süßen Muße galoppieren, dürfen den hengstischen Trieben nachgehen und uns laben am saftigen Gras - oder vielmehr diesen herrlichen Speisen, die Du uns bietest!


    Auch sie könnte ich in endlosen Panegyriken preisen, nicht nur ihre Gestalt und Fülle, sondern auch den köstlichen Geschmack und Diversität, angefangen bei der kleinen Auster, bis hin zur Pastete. Doch ich will Euch nicht langweilen mit vielen Worten, denn wir wissen, dass unser Gastgeber nicht der Gott der schönen Worte ist, sondern vielmehr des Weines. Daher erhebe auch ich meinen Becher, bereit, den süßen Saft der Triebe aufzunehmen und mich damit dem Fuchshaften zu weihen, aufdass die Feier orgiastisch und dem Gotte gefällig sei."


    In einer theatralischen Geste ergriff den Becher, den ihn seine Dienerin gerade wieder frisch gefüllt brachte. Zuerst hob er ihn in die Höhe, wobei er einen kleinen Schluck verschüttete, dann setzte er ihn an und trank. Und trank. Und trank: Man konnte seinen Adamsapfel hüpfen sehen, während er ohne abzusetzen den ganzen Becher auf einen Schluck leerte. Dann jedoch hielt er ihn erneut in die Höhe und drehte ihn um. Nur wenige Tropfen benetzten nun sein helles Gewand, während er stolz in die Runde blickte - das Trinken hatte er in all den Jahren offenbar nicht verlernt.


    Dann jedoch wurde ihm ein wenig schwummrig und er setzte sich lieber wieder auf seine Kline, während die Mänade seiner Wahl eine Serviette holte und ihm die nasse Stirn abtupfte - er war ganz schön ins Schwitzen gekommen! Dennoch war er stolz auf seine Stegreifworte und blickte seine beiden Göttinnen lobheischend an.

    Bereits kurze Zeit nach dem Beginn seiner Amtszeit setzte Tiberius Durus die angekündigte Reform der Prozessordnung, genauer des Instanzenzugs auf die Tagesordnung. Erwartungsgemäß hatte Vitorius ihn dabei nicht sonderlich unterstützt, sondern sich vielmehr auf die Diskussion von Alltagsfragen spezialisiert. Die Reform, die Durus anstrebte, war sehr umfassend, daher war er sehr gespannt, wie man reagieren würde, als er zur Rede ansetzte.


    "Patres Conscripti,


    wie ich es bereits in meiner Kandidaturrede angekündigt habe, möchte ich die Instanzenzüge reformieren. Der Stand heute ist, dass es das Iudicium Minor, Maior und Imperialis gibt - wobei vorletzteres für fast sämtliche Delikte im Sinne des Codex Iuridicialis zuständig ist. Sowohl dem Iudicium Minor, als auch dem Iudicium Maior gehören darüber hinaus beide Praetoren an. Welche Arbeitsbelastung dies für unsere Magistrate ist, wird wohl jeder gewesene Praetor wissen: Täglich geschehen hunderte Verbrechen auf den Straßen Roms - der Praetor muss sie alle persönlich verhandeln! Dadurch bleibt ihm jedoch wenig Zeit für den einzelnen Fall, wodurch es ihm wiederum kaum möglich ist, sich selbst ein Urteil zu bilden.
    Dies wird durch eine weitere Aufgabe verstärkt, die den Praetoren zukommt: Jede gerichtliche Niederlage vor dem Iudicium Minor kann in Berufung gehen, sodass erneut ein Gericht - das Iudicium Maior unter Vorsitz der Praetoren - darüber zu entscheiden hat. Theoretisch sollte diese Berufungsverhandlung nach eingehender Prüfung vorgenommen werden - doch habe ich bereits erwähnt, dass die Arbeitsbelastung der Praetoren es kaum zulässt, in diesem Fällen andere Urteile zu fällen als zuvor.


    Aus diesem Grunde möchte ich eine Reform vorschlagen, die an die alten Traditionen unseres ehrwürdigen Rechtssystems anknüpft: Die Praetoren müssen entlastet werden, ihnen muss die Möglichkeit gegeben werden, Fälle an Iudices abzugeben, die dann unparteiisch entscheiden mögen. Unter uns sitzen bereits zahlreiche erfahrene Männer, die als Iudices in verschiedensten Prozessen geurteilt haben. Warum sollte man es ihnen nicht anvertrauen können, Fälle ohne die Bevormundung durch den Praetor zu verhandeln? Ich denke, man sollte es und will daher die Möglichkeit schaffen, dass Praetoren Fälle abgeben und damit selbst Zeit bekommen, ihre eigenen Fälle eingehend zu bearbeiten.


    Um den Bedarf an Iudices jedoch nicht überzustrapazieren, möchte ich die Instanzen selbst reformieren und ihnen ihre alte Form zurückgeben. In jenen kleinen Fällen, die lediglich eine kleinen Streitigkeit zwischen zwei Männern darstellen, ist es nicht erforderlich, ein ganzes Richtercollegium einzusetzen. Ich bin der Meinung, dass in diesen Privatprozessen ein einziger Iudex, der das Recht kennt, eine Entscheidung zu treffen vermag. Erst in größeren Fällen, die oftmals über die Zukunft eines Angeklagten entscheiden, halte ich ein Iudicium Publicum mit drei Richtern für erforderlich. Ich möchte daher die Unterscheidung zwischen Iudicium Minor und Maior zugunsten der alten Unterscheidung nach Iudicium Privatum und Iudicium Publicum abschaffen. Ersteres soll Vergehen verhandeln und lediglich einen Iudex als Vorsitzenden kennen, letzteres etwa dem alten Iudicium Maior entsprechen. Ich habe dies bereits in einen Gesetzesvorschlag gegossen:


    § 2 Iudicium Privatum
    (1) Dem Iudicium Privatum sitzt ein vom zuständigen Praetor eingesetzter Iudex vor, wozu auch ein amtierender Praetor zugelassen ist.
    (2) Den Iudex bestimmt der Praetor Urbanus bei Fällen zwischen Römischen Bürgern, bei solchen mit Beteiligung von Peregrini ist der Praetor Peregrinus berechtigt, einen Iudex einzusetzen.


    § 3 Iudicium Publicum
    (1) Dem Iudicium Publicum sitzen drei vom zuständigen Praetor bestimmte Iudices vor, wozu auch die amtierenden Praetoren zugelassen sind.
    (2) Die Verhandlungen führt ein vom zuständigen Praetor bestimmter Iudex Prior, wozu auch ein amtierender Praetor zugelassen ist.
    (3) Die Iudices und den Iudex Prior bestimmt der Praetor Urbanus bei Fällen zwischen Römischen Bürgern, bei solchen mit Beteiligung von Peregrini ist der Praetor Peregrinus hierzu berechtigt.
    (4) Zur Urteilsfindung erfolgt eine Abstimmung unter den Iudices, bei der die Mehrheit gewinnt. Eine Enthaltung ist nicht möglich.


    Damit scheint der Kaiser aus der Jurisdiktion ausgeschlossen. Da es jedoch der Tradition unseres Staates und der Auctoritas des Princeps entspricht, habe ich diesen natürlich nicht vergessen. Als Ersatz für das Iudicium Imperialis schlage ich nämlich zwei wesentlich traditionellere Einrichtungen vor, die seit dem göttlichen Augustus im Rechtswesen feste Instanzen sind: Die Iudicia Extraordinaria!


    § 4 Iudicia Extraordinaria
    (1) Die Coercitio Extraordinaria des Kaisers wird entsprechend den Bestimmungen des Kaisers durchgeführt. Iudex ist ein oder mehrere vom Imperator Caesar Augustus eingesetzte Iudices, gegebenenfalls auch der Imperator Caesar Augustus selbst.


    Der Kaiser sollte meiner Meinung nach nicht mit der alltäglichen Rechtsprechung betraut sein, sondern vielmehr nur die Fälle selbst entscheiden, an denen er ein besonderes Interesse hat. Dies sollte nicht auf Verbrechen gegen den Staat eingegrenzt sein, da es doch stets im Interpretationsspielraum des Praetoren liegt, welche Delikte er wie einschätzt. Folglich sollte auch § 19 zur sachlichen Zuständigkeit der Gerichte geändert werden:


    § 19 Sachliche Zuständigkeit
    (1) Bei Verhandlungen über Verbrechen und Schwerverbrechen ist das Iudicium Publicum sachlich zuständig.
    (2) Bei allen anderen Delikten ist das Iudicium Privatum sachlich zuständig.
    (3) Bei Delikten von besonderem öffentlichen Interesse ist der Kaiser berechtigt, die Verhandlung kraft seiner Coercitio Extraordinaria an sich zu ziehen.


    Schließlich beantrage ich die Einrichtung einer weiteren Instanz, in diesem Falle für uns Senatoren. Wie ihr wisst, sehen manche Gesetze wie § 51 vor, dass Fälle vor dem Senat zu verhandeln sind, ohne dass es gesetzliche Regelungen für diese Instanz gibt. Ich bin der Meinung, dass jeder Senator darüber hinaus das Recht haben sollte, von seinen Standesgenossen gerichtet zu werden, weshalb ich ihn als Appellationsinstanz für Senatoren vorsehe. Um dies zu ermöglichen, beantrage ich also eine Ergänzung zu § 4:


    (2) Wird der Senat als Gericht angerufen, sitzen ihm die Consuln oder in deren Vertretung die Praetoren vor. Die Urteilsfindung erfolgt durch die Consuln, ihre Ratifizierung durch Abstimmung des Plenums.


    Ich weiß, dass diese große Zahl an Anträgen eine gravierende Veränderung unseres Rechtssystems darstellt, doch bin ich der Meinung, dass wir uns auf die Mores Maiorum besinnen sollten und unser Rechtssystem nach ihrem Vorbild nachbilden sollen. Dies alles sind keine Neuheiten - nein: Es ist eine Renovatio, deren wir dringend bedürfen."


    Damit hatte Durus das Prunkstück seiner Reformpläne vorgetragen. Die Frage der Appellationsinstanzen würde wohl zu einem späteren Zeitpunkt angegriffen werden - vorerst musste dies durchgebracht werden!


    Erwartungsvoll blickte er in die Gesichter der Männer um ihn herum. Was würden sie davon halten?

    Durus löste sich aus der Umarmung und klopfte ihm noch einmal auf den Oberarm. Dann überlegte er, was als nächstes zu tun war. Natürlich, das ganze musste juristisch abgeklärt werden, also musste man vor den Praetor treten. Ansonsten...der Name, richtig!


    "Ich schlage vor, dass wir gleich morgen vor den Praetor treten. Wir werden dabei einen Namen für dich brauchen..."


    Er blickte kurz in die Leere, während er darüber nachdachte, wie er ihn nennen sollte. Natürlich hatte er schon vorher darüber nachgedacht, doch sicher war er nicht!


    "Manius Tiberius Tiberianus Durus Minor - oder vielleicht doch lieber ohne den 'Tiberianus'?"


    Nein, dieser Name sollte seinem eigenen Fleisch und Blut vorbehalten bleiben.


    "Oder, was mich sehr freuen würde, Manius Tiberius Ahala - oder Aulus, wenn du den Praenomen deines Vaters weiterführen möchtest. Ahala ist ein sehr traditioneller Name in der Gens Tiberia, wie du sicher weißt. Auch mein Vater hieß Ahala..."


    Einen Augenblick ging seine Erinnerung zurück zu seinem Vater, dem Offizier, den er noc immer so sehr bewunderte. Wie stolz er wohl gewesen wäre, wenn er ihn hier gesehen hätte, als römischer Consul! Und vielleicht würde auch sein Enkel das Consulat erringen - wenn Celsus bald anfing, würde er es sicher noch schaffen können!

    Der Zusammenhang zwischen dem Verschwinden von Quintus und Artorius kam dem Consul nicht, daher nickte er nur noch knapp, als der junge Aurelius sein neues Vorhaben erklärte. Genau so wäre er selbst wohl auch verfahren.


    Der nächste Punkt war wieder fast etwas langweilig - zumindest für Durus, der schon länger nicht mehr die Schola Atheniensis von innen gesehen hatte. Kurse - wen interessierte das? Erst als der Name Germanicus Avarus fiel, blitzten seine Augen auf. Er war dagegen? Dann war er natürlich dafür! Außerdem erinnerte er sich selbst noch gut, wie er damals in Alexandreia gewesen war! Das war eine hervorragende Schule mit den besten Köpfen des ganzen Imperiums? Es fiel ihm schwer, seine Erregung zu unterdrücken: Er konnte seinem Erzfeind eins auswischen!


    "Schildere mir die Situation doch bitte etwas ausführlicher. Vielleicht kann ich für dich das Wort in der Curia Iulia ergreifen - immerhin ist es meine Aufgabe, mich um den gesamten Staat zu kümmern."


    Diese Floskel benutzte er ziemlich oft, seitdem er das Consulat errungen hatte - und diesmal fiel es ihm sogar ausnahmsweise auf, weshalb er sich etwas fragte, wie sie wohl beim Zuhörer ankam.

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    Original von Quintus Claudius Lepidus
    Ein wenig schmunzelte Lepidus, über die Wortwahl seines Patrons. Nahm dieser doch tatsächlich an, das Lepidus seine privaten sachen hier mit herum schleppte.
    "Nein Patronus, du wirst entschuldigen, doch ich habe es mir nicht nehmen lassen, dir ein kleines Geschenk zu deiner Wahl zum Consul zu besorgen."
    Lepidus nahm das Päckchen und reichte es seinem Patron.
    "Auch ich möchte dir zu deiner Wahl gratulieren. Mögen die Götter immer ein wachendes Auge auf dich haben. Du wirst den Segen der Götter benötigen."
    Es war nichts großes, was Lepidus besorgt hatte. Doch ohne wollte er sich hier nicht blicken lassen.


    Etwas erstaunt nahm Durus das Geschenk an und enthüllte es: Ein wundervoller Medaillon mit dem Wappen der Gens Tiberia! Sehr hübsch, zweifelsohne! Vielleicht würde er es seiner Frau schenken, denn er selbst trug keine Medaillons, höchstens Ringe und Armreife! Dennoch freute er sich und lächelte den jungen Claudier an.


    "Sehr schön, vielen, vielen Dank! Du kannst dir natürlich auch ein Sportulum mitnehmen, wenn du möchtest."


    Dann klopfte er auf die rechte Lehne seines Stuhles, um ihm anzudeuten, dass er seinen Platz einnehmen musste. Der nächste Klient trat vor und gratulierte dem frischgewählten Consul.

    Natürlich konnte sich der Tiberier auch nicht der Wirkung des weiblichen Körpers entziehen, wenn er einer Verwandten gehörte! Doch sein Interesse wurde stark dadurch gedämpft, dass er schon etwas älter war und seine Triebe wohl schon etwas einschliefen und sie außerdem seine Nichte war. Sicherheitshalber vermied er es jedoch, ihren Körper anzustarren, sondern konzentrierte sich auf ihr Gesicht, das ebenfalls recht hübsch war.


    "Und vor allem mit etwas drüber."


    kommentierte er abschließend und beschloss dann, das Thema nicht weiter auszuführen. Sie hatte hoffentlich verstanden, sonst würde es ein Donnerwetter geben!


    "Ich habe eine wichtige Neuigkeit für dich, Septima: Ein junger Mann hat um deine Hand angehalten. Aurelius Ursus ist sein Name, ein junger Mann, sehr ambitioniert."


    erklärte er knapp und relativ emotionslos, so als wäre es irgendein neues Gesetz, das im Senat verabschiedet worden wäre.

    Natürlich kannte Durus diese Prozedur, war sich auch relativ sicher, dass Orestes so gehandelt hatte, wie er es tatsächlich getan hatte - immerhin hatte er selbst oft genug diese Dinge organisiert (die Auguren hatten sogar eigene Vogeltrainer für die Abrichtung der Tiere). Wohl jeder halbwegs gebildete Römer wusste, dass diese Zeremonie ein Bild für das Volk war. Und selbst, wenn Iuppiter etwas gegen diese Dinge hatte, konnte er ja eingreifen, denn es waren noch immer Tiere!


    Trotzdem tat er so, als freue er sich besonders über die günstigen Zeichen und lächelte zufrieden.


    "Ich danke dem Iuppiter Optimus Maximus. Und Dir, Aurelius, für Deine Hilfe!"


    Damit wandte er sich um und blickte zu seinen Liktoren. Es war höchste Zeit zur Villa Tiberia zurückzukehren, um die Salutatio zu beginnen! Also machte er eine Handbewegung, dass die bewaffneten Herren zu ihm kamen.

    "Ich denke schon, dass diese traditionelle Bestrafung ein passender Hinweis darauf ist, wie verwerflich eine solche Tat ist. Jeder weiß, welch widerwärtige Tiere Skorpione und Schlangen sind, auch wenn er nicht die uralten Traditionen unseres Staates studiert hat."


    meinte Durus.


    "Besonders problematisch sind also die Freiheitsstrafen. Sie müssten sämtlich in Geld- oder Körperstrafen umgewandelt werden, nicht wahr?"

    Durus war ziemlich überrascht, als Septima in derartig freizügiger Kleidung den Raum betrat. Dadurch konnte er noch wesentlich besser erkennen, wie attraktiv sie war. Doch er war ihr Onkel und deshalb hielt er es für nicht sehr angemessen.


    "Ita est."


    bestätigte er ihre Frage, dann musste er jedoch noch einmal Bezug darauf nehmen.


    "Ich hoffe, du verlässt das Haus nicht in diesem Aufzug, Septima."


    ...obwohl sie so etwas definitiv tragen konnte!

    Tatsächlich wusste Durus nichts über den Verbleib von Quintus. Er hatte ihm wiederholt geschrieben, doch der Legat hatte sich nie gemeldet - folglich war Durus davon ausgegangen, dass er zu beschäftigt war...oder keine Lust hatte. Dass er nun jedoch nicht in Mantua gewesen war, war eine durchaus logische Erklärung für sein Schweigen. Aber auch eine Beunruhigende...


    "Leider nein. Ich denke, du solltest einen Bericht an den ab epistulis schreiben - der ist für die Wiederbesetzung von Legatenposten zuständig. Als Consul habe ich dort nur wenige Einflussmöglichkeiten."


    Dies war vermutlich auch keine große Frage von Einfluss, denn es war ureigenstes Interesse des Kaisers selbst, dass seine Legionen anständig geführt wurden!

    Dieses kurze, schlichte Wort rief bei Durus ein unglaubliches Gefühl der Entspannung hervor. Alles hatte funktioniert: Die Auspizien am Morgen, die Salutatio, die Vota - im Grunde fehlte nun nur noch die Senatssitzung, aber damit kannte sich Durus ja inzwischen ziemlich gut aus! So verzog sich sein Mund zu einem gelösten Lächeln, das jedoch gefror, als er bemerkte, dass Vitorius Marcellus dem Haruspex kurz zuzwinkerte. Auffälliger hätte er wohl kaum darauf hinweisen können, dass er den Opferschauer bestochen hatte! Doch das nützte nun auch nichts mehr - so zwang sich der Tiberier erneut zum Lächeln und wandte sich direkt an seinen Kollegen. Dieser nickte Durus zu und gemeinsam wandten sie sich an das Volk.


    "Iuppiter hat das Opfer angenommen, die Vota sind erfüllt."


    verkündete Durus laut, woraufhin ein Jubel erscholl, der natürlich kräftig von den Klienten der beiden Consuln angeheizt wurde. Doch jetzt war keine Zeit für ein Bad in der Menge - Durus wollte zur Sicherheit noch einmal seine Rede durchgehen und dabei einen Bissen zu Essen nehmen - er hatte heute vor Nervosität sogar das Ientaculum ausfallen gelassen und wollte zumindest zum Prandium ein wenig Brot mit Käse zu sich nehmen. Es galt also, den Rückzug anzutreten.


    "Vitorius, wir sehen uns im Senat!"


    erklärte er daher und wandte sich dann an Claudius Lepidus, seinen neuen Schatten.


    "Wir gehen nach Hause!"

    Die Glückwünsche zu seiner Hochzeit nahm er mit einem kaum merklichen Nicken an - er hatte sie zu oft in letzter Zeit gehört. Die Reaktion auf seine anderen Worte war viel interessanter: Der Junge schien fast etwas bestürzt und auch nachdenklich. Hatte Caesonina ihm diesen Teil nicht verraten? Oder fühlte er sich zu sehr den Ahnen seines leiblichen Vaters verpflichtet?


    Dann jedoch schlug er ein. Er würde einen Sohn bekommen, der seine Familientradition fortführen würde. Das war durchaus eine beruhigende Entwicklung für den alten Consul!


    "Das freut mich. Komm, und lass dich drücken!"


    Er erhob sich und trat auf den jungen Tiberier zu, um ihn zu umarmen und erneut einen Kuss auf die Wange zu drücken. Er wirkte dabei sehr glücklich, obwohl er innerlich noch keine sonderlich große Beziehung zu dem Jungen aufbauen konnte.

    Mattiacus war im Boot - das sagte Durus sehr zu. Er würde Avianus informieren, dass er sich an den Magister wenden konnte. Oder war es die Aufgabe von Lepidus? Wie dem auch war - der zuständige würde davon erfahren!


    "Du bist also dagegen, das Säcken für den Vatermord wieder einzuführen? Natürlich ist die Strafe grausam, doch ist es nicht auch ein grausames Verbrechen, seinen eigenen Vater zu ermorden?"


    Die Praxis wurde praktisch nicht mehr angewandt, doch noch unter manchen Kaisern war sie äußerst exzessiv verhängt worden. Daher wusste der Consul nicht so recht, warum man sie ablehnen sollte.


    "Eine weitere Frage wäre die nach dem Opus Publicum und der Relegatio. Wo würdest du ihr ihren Platz im Gesetz geben? Welche Delikte sollten durch sie bestraft werden?"

    Als die Salutatio zu Ende war, gruppierte sich der Zug vor der Villa Tiberia: Vorneweg marschierten die anwesenden Equites, darunter auch Klienten des Tiberiers. Diesen folgten die Opfertiere, die von Priestern geleitet wurden. Erst danach kam die Sensation des Zuges: Zuerst, auf einem Podest die Sella Curulis, der traditionelle Stuhl der Magistrate und danach, flankiert von zwölf Liktoren mit geschulterten Rutenbündeln, der Consul Manius Tiberius Durus, gehüllt in seine Toga Praetexta und geradezu ein Abbild der Res Publica. Trotz all des Stresses der vergangenen Tage und Wochen fühlte er sich befreit, frei und stolz - endlich würde er die Tiberier in die Schar der consularen Familien zurückführen, endlich hatte er die Spitze seiner Karriere erreicht! Für manche mochte dies eine langweilige Formalie sein, bar jeder echten Verantwortung und Initiative - doch heute fühlte er sich ganz so wie Iunius Brutus, der erste Consul, gar wie ein Triumphator, der vom Marsfeld auf das Capitol zog, um seinen heiligen Eid an Iuppiter zu erfüllen (obwohl er aus der anderen Richtung kam und weit davon entfernt war, irgendeinen militärischen Triumph errungen zu haben) - er fühlte sich schlicht wie all die großen Vorbilder und Lenker des Staates, von denen er seine ganze Jugend über erfahren hatte, die er verehrt hatte! Nun konnte er endlich zeigen, wie groß sein Einsatz, ja seine Aufopferung für den Staat war! Erst nach ihm war der Platz für die Senatoren, darunter politische Freunde, aber auch einige Klienten des Tiberiers.