ZitatOriginal von Celeste
Als Sachmet ein wenig zu knurren begann und eine Anspielung machte, schluckte Durus ein kurzes Auflachen herunter. In Verbindung mit dem Weinkonsum klang die Androhung der Nubierin geradezu anzüglich. Und als hätte diese Anspielung nicht genügt, erfüllte Aphrodithe die Vorstellung des Flussgottes - nein, sie übertraf sie. Ein inniger Kuss zweier Frauen - der Tiberier hatte nicht im Traum daran gedacht, dass ein solch erotisches Spiel aus seiner kurzen Äußerung entstanden wäre.
"Oh, dann hoffe ich, dass du sie noch häufiger beruhigen musst, Schaumgeborene!"
kommentierte er das ganze, obwohl er eine derartig anzügliche Bemerkung ohne den Wein wohl kaum gemacht hätte. Heute aber machte ihm das überhaupt nichts aus - vielmehr nahm er sich gleich noch einen Schluck aus dem Becher, ehe er ihn seiner Dienerin reichte, damit sie ihn wieder auffüllte. Während er ihr noch etwas verträumt auf das wohlgeformte Gesäß blickte, als sie sich entfernte, kam Aphrodite auch schon wieder auf eine neue Idee: Er sollte eine Lobrede erklingen lassen! Auch jene Idee hätte er wohl verworfen, hätte er dem Wein nicht so zugesprochen gehabt.
Doch so erinnerte er sich an die Zeiten, als er an der Rhetorenschule in Alexandreia gelernt hatte, wo Lobreden eine wichtige Gattung darstellten und bis zur Perfektion eingeübt wurden. Natürlich waren seine Kenntnisse nicht mehr sehr gut, denn in der täglichen Politik und auch vor Gericht spielten sie praktisch keine Rolle. Aber vielleicht...vielleicht gelang ihm ja noch etwas.
"Der Kuss der Isis ist bereits eine Ehre, doch wenn ihr den Einsatz noch erhöht, so will ich mich auch versuchen!"
erwiderte er daher gutgelaunt. Die bisherigen Lobesreden hatte er ja nur mit halbem Ohr gehört, daher hoffte er ein wenig, dass er sie intuitiv nicht wiederholte. Und so erhob er sich, erhob die Arme, wobei sein antikes Gewand verrutschte, ehe er mit seiner besten Rhetorenstimme ansetzte.
"O Dionysos, du Herr des Weines,
wahrhaftig verdient ist Dein Lob, denn Dein Ruhm dringt bis in alle vier Enden der Welt! Ja, so groß ist er, dass gar die Götter um die Ehre streiten, Dich geboren zu haben!"
Er musste kurz über seinen eigenen Scherz lachen, der auf die verschiedensten Überlieferungen anspielte, dass Demeter, Io , Lethe, oder Persephone als Mütter des Gottes galten.
"Und doch gebürt wohl Semele, einer Sterblichen, die Ehre - wie mein Vorredner dankenswerterweise bereits bemerkte! Doch spielt all das wohl kaum eine Rolle, da Du Dich kaum edler Abkunft rühmen musst - wie es jene Männer tun müssen, die sich in meiner Stadt auf die Gründer berufen."
Auch hier war Durus wieder etwas erstaunt über sich selbst, denn so viel Selbstironie hatte er sich wohl kaum zugetraut. Ehe er jedoch einen Bruch in die Rede bekam, beeilte er sich, weiterzukommen - wobei er nicht so recht wusste, was er nun sagen sollte, da die Rede immerhin aus dem Stehgreif entstand. Doch dann kam ihm etwas und als Zeichen seiner Erleuchtung hob er den Zeigefinger und machte ein ermahnendes Gesicht.
"Doch worauf gründet jener unermessliche Ruhm, um den wir Götter Dich beneiden? Warum würde kaum einer zu mir in den Tiber hinabsteigen, um mit mir zu trinken - oder gar in die Unterwelt unseres lieben Pluto - hier jedoch tummeln sich alle Unsterblichen?
Der Rausch! Ja, für ihn schenkst Du uns Wein, der heute in Strömen fließt, uns in die Köpfe steigt und die graue Welt verschwinden lässt! Heute wird Iuppiter keine Blitze schleudern und Pluto niemanden zu sich reißen - nur Aphrodite wird vielleicht ihrer Pflicht nachgehen und den ein oder anderen Ahnungslosen verführen!"
Er blickte zur Seite und zwinkerte der blonden Schönheit zu.
"Denn das ist es doch, wessen der Sterbliche und auch wir Himmlischen, am meisten bedarf! Was nützt all die Lebenszeit, wenn doch nur Gram und Arbeit uns erwartet? Was all die Stunden, wenn sie gefüllt sind mit Gesetzen, Sitten und Schlichtheit?
Nein, jeder bedarf der Zügellosigkeit - also bedarf auch jeder der Hilfe von Dir, du Ungezügelter, der Du mit Deinen Satyrn und Mänaden Farbe, Glück und Wohlsein in unser Leben bringst - nein, förmlich gießt! Denn dieser Saft, der von den Hängen der Berge stammt und reift in Amphoren und Fässern: Er vermag unseren Körper zu entspannen, wie es kein Masseur kann, er löst uns die Zügel wie ein Knecht die des Pferdes. Und so können wir heute frei springen und über die grünen Wiesen der süßen Muße galoppieren, dürfen den hengstischen Trieben nachgehen und uns laben am saftigen Gras - oder vielmehr diesen herrlichen Speisen, die Du uns bietest!
Auch sie könnte ich in endlosen Panegyriken preisen, nicht nur ihre Gestalt und Fülle, sondern auch den köstlichen Geschmack und Diversität, angefangen bei der kleinen Auster, bis hin zur Pastete. Doch ich will Euch nicht langweilen mit vielen Worten, denn wir wissen, dass unser Gastgeber nicht der Gott der schönen Worte ist, sondern vielmehr des Weines. Daher erhebe auch ich meinen Becher, bereit, den süßen Saft der Triebe aufzunehmen und mich damit dem Fuchshaften zu weihen, aufdass die Feier orgiastisch und dem Gotte gefällig sei."
In einer theatralischen Geste ergriff den Becher, den ihn seine Dienerin gerade wieder frisch gefüllt brachte. Zuerst hob er ihn in die Höhe, wobei er einen kleinen Schluck verschüttete, dann setzte er ihn an und trank. Und trank. Und trank: Man konnte seinen Adamsapfel hüpfen sehen, während er ohne abzusetzen den ganzen Becher auf einen Schluck leerte. Dann jedoch hielt er ihn erneut in die Höhe und drehte ihn um. Nur wenige Tropfen benetzten nun sein helles Gewand, während er stolz in die Runde blickte - das Trinken hatte er in all den Jahren offenbar nicht verlernt.
Dann jedoch wurde ihm ein wenig schwummrig und er setzte sich lieber wieder auf seine Kline, während die Mänade seiner Wahl eine Serviette holte und ihm die nasse Stirn abtupfte - er war ganz schön ins Schwitzen gekommen! Dennoch war er stolz auf seine Stegreifworte und blickte seine beiden Göttinnen lobheischend an.
| Caius