Beiträge von Titus Aurelius Cicero

    Ich rieb mir mit dem Daumen meinen Nasenflügel. Meine Nichte war eine gute Gesprächspartnerin, die es verstand, mit Worten zu hantieren.


    "Ich stimme mit Dir überein. natürlich ist der Beständige der, dem wir vertrauen können.


    Nimm als Beispiel die Zugvögel. Jedes Jahr zur selben Zeit kommen sie meist an den selben Ort. Das ist beständig, nicht wahr? Und die Vogelfänger erfreut es, können sie sich doch in der Regel darauf verlassen.


    Doch was ist, wenn die Vögel einmal NICHT an den selben Ort kommen, weil sie vom Wind abgetrieben wurden oder vielleicht eine bessere Stelle zur Landung fanden?


    Was ist dann? Die Vogelfänger bekommen Angst und Sorge. Sie fürchten sich, ja, sie fürchten vielleicht sogar den Zorn der Götter. Und das alles nur, weil die Vögel nicht das taten, was sie immer tun.


    Nun? Sind die Vögel deshalb unbeständig? Nein, die Vögel sind, was sie immer sind. Frei in ihrer Entscheidung. Frei, ihrem Instinkt zu folgen.


    Doch den Menschen machten sie dadurch Furcht, so daß sie, wenn die Vögel eines Tages wiederkeheren, ihnen gegenüber vielleicht mehr Achtung schenken.


    Ebenso unberechenbar zu sein, das halte ich für eine sinnvolle Strategie, um sich im Leben zu behaupten. Beständig in den Ansichten und der Meinung. Aber innerhalb des eigenen Ermessungsspielraumes musst Du Dich unerwartet verhalten, so dass man Dich nicht wirklich einschätzen kann.


    Nehmen wir noch einmal die Vögel. Wenn sie IMMER an der selben Stelle landen würden, so kämen an diesen Ort alle Jäger des Landes, und die Vögel wären allesamt verloren. Doch lassen es die Götter nicht zu, also kommt es immer wieder vor, dass sie sich woanders auf ihrer Reise niederlassen."

    Mir schien es so, als wenn ich der erste wäre, der sich hier eingefunden hatte. Meine Träger wuchteten die Statue unter einigem Ächzen hinter mir her. Der Kaiser, wenn hier auch nur als Statue, war sicherlich kein Fliegengewicht. Und als die armen Burschen sie endlich absetzen konnten, da stand sie wie festgemauert. Wankelmütig war er also nicht, der Kaiser.


    Zufrieden betrachtete ich das Werk und fragte mich, wo mein Gastgeber das schöne Stück wohl platzieren würde.

    Ich war erst kürzlich zu einem gespräch im Hause der Flavier gewesen. Der heutige Anlass war ein ganz besonders angenehmer, obwohl ich auch noch das letzte Treffen in guter Erinnerung behalten habe. Ich erschien in meiner Sänfte und einem Gefolge von acht Männern, die ein kleines Geschenk, immerhin von fast zwei Metern Höhe, transportierten. Eine Statue des Kaisers, die ich anfertigen ließ und zum Geschenk machen würde.

    "Dein Bild vom Wind gefällt mir gut. Zweifelsohne, er kann sanft und mild sein, aber auch zerstörerisch und hart. Beides vermagst Du auch, wobei Du allerdings nichts Zerstörerisches hast. Jedoch die geradlinige Härte, die Dich befähigt, Entscheidungen zu treffen, die sehe ich in Dir."


    Ich lehnte mich schmunzelnd zurück. Ich mochte diese Art der Konversation. Offensive und Defensive in schneller Folge. Auch meine Nichte beherrschte dieses Spiel.


    "Du verstehst Dich auf abwechslungreiche Kommunikation und erinnerst mich damit an Caesar und seine Legionen. Er verstand es, seine Legionen aus der Bewegung heraus zu schwenken und direkt in einen Angriff überzugehen.


    Eben noch dachte ich, Dich mit einer Frage "gefesselt" zu haben, doch Du beantwortest Sie kurz und klar und gehst Deinerseits offensiv los.


    Es sei. Ja, ich denke lieber als das ich viel rede. Du weißt, zwei Dinge musst Du hüten. Deinen Geldbeutel und Deine Zunge."


    Kurz musste ich überlegen, welche Metapher auf mich zutreffen würde.


    "ich möchte ein neues Bild malen und keine Metapher modifizieren.


    Ich bin wie der Regen. Der Regen ist gut, das bin ich auch. Doch der Regen ist auch hart und kann zerstören. Ich verstehe mich gut darauf, Härte zu zeigen, wenn diese nötig ist. Und der Regen ist unberechenbar. Ebenso wie ich.


    Unberechenbar heißt nun, das man mich nicht einschätzen kann, was ich als nächstes tun werde. Ein Mensch, der berechenbar ist, der gibt uns ein Gefühl von Beständigkeit, doch ist er auch schnell manipulierbar. Der Unberechenbare ist stets ein kleines Geheimnis, was ihn umso interessanter macht, was denkst Du?"


    Und um ihr ein Beispiel meiner Äußerunge zu geben, legte ich einen kleinen Lederbeutel auf den Tisch.


    "Damit wirst Du nun nicht gerechent haben. Dieser Beutel gehört Dir. In ihm sind 20 Goldstücke*


    Sim-Off:

    *2000 Sesterzen


    Das ist eine kleine Spende für den Wagenlenker."


    Sim-Off:

    Habe ich an Dich überwiesen.

    Ich musste schmunzeln.


    "Ja, Du hast Recht im Bezug auf das Charisma. Ich benutzte den Begriff nicht in seinem ursprünglichen Sinne sondern verwandte ihn in der umgangssprachlichen Definition.


    Aber Du sprachst eben etwas anderes, ebenso interessantes aus. Die Formung des Menschen. Nicht jeder ist formbar. Und nicht jede Verformung ist logischerweise gut für uns. Auch hier gibt es, wie so oft, einen sehr schmalen Grad. Wer sich nicht verändert, sich also formen lässt, der wird zum Stillstand verdammt sein. Doch wer sich zu sehr formen lässt, der wird seine Persönlichkeit einbüßen.


    Du erinnerst mich an eine Weide. Der Wind drückt sie in eine Richtung, und die Weide gibt nach. Aber dennoch behält sie ihr eigenes Rückgrat und richtet sich wieder auf. Nach dem Angriff des Windes ist sie so standhafter denn je. Denn ihre Wurzeln festigen sich mehr und mehr. Sie verwächst mit ihrer Umgebung.


    Eine schöne Metapher, die irgendwie auch auf uns zu passen scheint. oder?"

    "Deine Leitbilder würden mich nun schon noch interessieren. Fasse sie doch einmal für mich in Worte. Auch wenn ich sie kenne, doch sie vielleicht anders benenne, so ist es eine gute rhetorische Übung, meine Nichte.


    Ja, Du hast Recht, er hat sie geprägt. Doch, nein, charismatisch ist es nicht. das, mein Kind, ist der falsche Begriff. Nenne es 'tugendhafte Ausstrahlung' oder auch den 'beseelten Geist', der auf andere überging. Doch charismatisch ist zu gering. Auch unser Verwalter ist charismatisch, doch ist er dadurch nicht prägend."


    Weisst Du, ich muss einem Menschen nur kurz in die Augen sehen, und schon kann ich Dir sein Wesen nennen. Nimm all die herausgeputzten Frauen auf dem Forum, die sich bis zur Unkenntlichkeit als Dame verkleidet haben. Sie machen nach außen viel her. Ebenso wie jede Hetäre. Doch sind sie nicht edel, weil ihre Verpackung glänzt. Glaube mir, wenn man dieses durchschaut, so wird es Dir manches Mal schwer fallen, die Menschen zu lieben. Drum können wir wahrlich froh sein, dass wir uns gefunden haben. Den Göttern sei Dank."

    "Ich beabsichtige, in Mantua eine neue kulturelle Einrichtung zu schaffen.


    Das Theatri Luculli Mantuana. Dort wird gespeist und diskutiert werden. Ich gedenke, dort Lesungen und Seminare zu veranstalten. Auch sollen dort rhetorisch geschulte Männer sich zu Disputen einfinden, um sich im gezielten Schlagabtausch zu messen. So können Bürger sich in der Kunst der Schlagfertigkeit üben. Ich habe ja gehofft, auch Du würdest dort vielleicht einmal einen Vortrag über die Kunst des Redens führen wollen."


    Ich lächelte meinen älteren Bruder an.

    "Dem kann ich nur zustimmen. Sie ist eine Aurelia durch und durch. Und ihr Dasein erfüllt mich stets aufs Neue mit Stolz. Sie bewahrt die Tugenden. Du hast Recht, so etwas ist rar.


    Ich kann nur einem jeden wünschen, solch eine Frau eines Tages sein Eigen zu nennen. ich denke aber, so langsam muss ich mich nun wieder auf den Weg machen. ich werde noch in der Curia erwartet."


    Ich schickte mich an, mich so langsam auf den Weg zu machen.

    Lachend folgte ich meiner Nichte nach draußen.


    "Ha, ha, Deandra. Ich muss ja sehr überzeugend gewirkt haben, oder?


    Aber Spaß beiseite. Ich werde dieses Gemäuer komplett neu gestalten lassen und ein Ausflugsziel entstehen lassen. Es wird eine große und geräumige Anlage sein, nur die Mauern werden stehenbleiben, der Rest kommt neu.


    Ich habe auch schon einen Namen dafür: Theatri Luculli Mantuana.


    Hier wird gespeist und Veranstaltungen abgehalten. Ich denke da an Lesungen der literatur und Philosophie. Auch werden Diskussionen stattfinden. Aber auch die normalen Ausflügler werden sie hier erholen können.


    Na, was sagst Du nun?"

    Ich verstand.


    "Nun, dann will ich Deine zeit nicht länger in Anspruch nehmen. Ich werde weiter an der Vorbereitung arbeiten und rechtzeitig eine persönliche Einladung zuschicken. So werde ich ihm also meine Frage stellen können. Mein lieber Decimus Major, ich danke Dir für das Gespräch."


    Dann wandte ich mich dem Ausgang zu. Doch würde ich bald wiederkehren.

    Noch immer meine Ideen im Kopf sammelnd, schaute ich zu ihr rüber.


    "Ja, Du hast Recht, ich springe von Thema zu Thema, wie ein feldhase zwischen dem Salat."


    Kurz musste ich nachdenken, was meine Nichte vorher sagte.


    "Ich kenne Dich und deine Seele. Sie ist stark und verletzlich. Ich achte also darauf, so wie ich auf jeden achte, der mir am Herzen liegt. Allerdings ändert sich der Ton stets mit dem Gesprächspartner. Mit Eugenius zusammen kann ich mich sogar richtig böse streiten, und keiner nimmt es dem anderen krumm. Dafür kennen wir uns ja auch schon lange genug.
    Ich bin mir sicher, Du wirst es meistern, auch wenn der Weg vor Dir noch so manchen Dorn verbergen mag.


    Außerdem ist es nicht ungewöhnlich, dass ein einzelner Mensch mehr Einfluss auf uns hat, als eine gesamte Gemeinschaft. Das war schon immer so. das ist menschlich.


    Die Irrationalität des Menschen phaszinierte mich ebenso wie sie mich abstieß. es war schwer, einen geraden Weg zu finden."


    Ich lehnte mich auf meinen linken Unterarm und schaute sie an. Ale anderen Themen stellte ich erst einmal zurück, bis wir ihres abgearbeitet hatten. Und in Gedanken sagte ich mir, dass es rechtens sei, sich so viel zeit zu nehmen, denn dafür ist die Familie.

    Es war herrlich, ich feixte mir die ganze Zeit einen und nur schwer konnte ich meine Ernsthaftigkeit beibehalten. Mit trockener Mine sah ich sie an.


    "Es ist ein Schmuckstück. Sie, dort drüben, wo die Balken herunterfielen und der haufen Schutt ist. Dort werden wir beide sitzen und reden können.


    Komm, wollen wir schon einmal probesitzen?


    Und Du Licinia, ich denke Du wirst dort an der Wand einen Stammplatz finden. Da hinten meine ich, wo das Loch in der mauer ist. Sieht es nicht gar wie ein Fenster aus?"


    So, das müsste genügen, schließlich wollte ich meine Familie ja nicht fliehen sehen.

    Zitat

    Original von Manius Aurelius Eugenius


    Eugenius sah zu seiner Nichte Deandra mit ihrer Gesellschaft und grüßte mit einem Nicken. Er war nicht in Stimmung für großherzige Begrüßung. Dann Schaute er wieder abwartend zu seinem Bruder, was dieser zum Geschehen wohl äußern würde.


    Mir war wohl bewusst, dieses rennen würden wir nicht gewinnen können. Doch das wir so schnell ausschieden, das war erschütternd und blamabel.


    Beiläufig schaute ich zu meiner Nichte und dem verwalter herüber und schüttelte enttäuscht mit dem Kopf. Dann wandte ich mich wieder meinem bruder zu.


    "Eines der ältesten Geschlechter Roms hat einen der schlechtesten Wagenlenker. Nein, nein, so geht es nicht weiter. Dieser Mann benötigt unbedingt ein vernünftiges Training, sonst wird aus ihm nie ein guter Sportler."


    Ich winkte meine Nichte zu uns herüber.


    "Deandra. Eugenius und ich sind beide nicht angetan von diesem Ausgang des Geschehens."

    "Wie bitte?"


    Ich war schon wieder ganz in meiner Arbeit vertieft und bemerkte leider nicht, dass meine Nichte dieses Verhalten falsch verstehen könnte.


    "Nein, gar nicht. Ich grübele nur augenblicklich an einer Angelegenheit herum. Es sollte eigentlich noch ein Geheimnis sein."


    Mit einem stolzen Lächeln lugte ich über einigen Dokumenten empor. Fast beiläufig erwähnte ich:


    "Ich gedenke, in Mantua ein großes Rennen stattfinden zu lassen. ich weiß nur noch nicht so recht. Ob es ein Wagenrennen oder Pferderennen werden soll. Querfeldein gedenke ich, es stattfinden zu lassen."


    Fast gelangweilt schwieg ich dann und widmete mich erneut einem wachstäfelchen, das zu meiner Linken lag und einige rechnungen beinhielt.
    Murmelnd las ich ein paar Zahlen und schaute aus den Augenwinkeln zu meiner Nichte. Diese Nachrichgt musste sie förmlich unter Hochspannung bringen, oder nicht?

    Ich erhob mich augenblicklich, um der Dame einen Platz anzubieten.


    "Das hier ist der König von Tylus., sicherlich hast Du schon vieles von ihm gehört. Und ich bin der magistratus von Mantua. Titus Aurelius Cicero.


    Dein Kommen ehrt mich sehr und wird mit Sicherheit eine große Hilfe sein. Wie war die Reise hierher?"

    "Hättest Du Onkel Eugenius solch eine Frage gestellt, der hätte sie Dir mit dem Stock beantwortet."


    Demonstrativ erhob ich mein Kinn und ging stolz auf den Stall zu. Dieses Spiel werde ich auskosten, meine liebe kleine Nichte. Du hast ja noch gar keine Ahnung. Und so wandte ich mich dann an sie mit den Wortren:


    "Seht Ihr die Boxen für die Pferde? Die werden zusammengezogen, es wird alles eins. Dort können wir dann essen."


    Ich musste all meine Kraft zusammennehmen, damit ich nicht laut zu lachen anfange. Zum Glück waren die Kinder hinter mir, so dass sie meinen kapaunroten Kopf nicht sahen.


    "Kommt, Ihr Lieben. Schaut es Euch von innen an. Seht ihr den Heuhaufen, dort hinten rechts in der Halle? Das wird ein besonderer Platz. Dort werde ich nur mit Euch sitzen."


    Die beiden mussten mich für verrückt halten. Ich hätte gerne ihre Gesichter gesehen, doch dann hätten sie mein Spielchen erkannt. So konzentrierte ich mich weiterhin darauf, alles in ernste Töne zu verkleiden.