Ich rieb mir mit dem Daumen meinen Nasenflügel. Meine Nichte war eine gute Gesprächspartnerin, die es verstand, mit Worten zu hantieren.
"Ich stimme mit Dir überein. natürlich ist der Beständige der, dem wir vertrauen können.
Nimm als Beispiel die Zugvögel. Jedes Jahr zur selben Zeit kommen sie meist an den selben Ort. Das ist beständig, nicht wahr? Und die Vogelfänger erfreut es, können sie sich doch in der Regel darauf verlassen.
Doch was ist, wenn die Vögel einmal NICHT an den selben Ort kommen, weil sie vom Wind abgetrieben wurden oder vielleicht eine bessere Stelle zur Landung fanden?
Was ist dann? Die Vogelfänger bekommen Angst und Sorge. Sie fürchten sich, ja, sie fürchten vielleicht sogar den Zorn der Götter. Und das alles nur, weil die Vögel nicht das taten, was sie immer tun.
Nun? Sind die Vögel deshalb unbeständig? Nein, die Vögel sind, was sie immer sind. Frei in ihrer Entscheidung. Frei, ihrem Instinkt zu folgen.
Doch den Menschen machten sie dadurch Furcht, so daß sie, wenn die Vögel eines Tages wiederkeheren, ihnen gegenüber vielleicht mehr Achtung schenken.
Ebenso unberechenbar zu sein, das halte ich für eine sinnvolle Strategie, um sich im Leben zu behaupten. Beständig in den Ansichten und der Meinung. Aber innerhalb des eigenen Ermessungsspielraumes musst Du Dich unerwartet verhalten, so dass man Dich nicht wirklich einschätzen kann.
Nehmen wir noch einmal die Vögel. Wenn sie IMMER an der selben Stelle landen würden, so kämen an diesen Ort alle Jäger des Landes, und die Vögel wären allesamt verloren. Doch lassen es die Götter nicht zu, also kommt es immer wieder vor, dass sie sich woanders auf ihrer Reise niederlassen."