Die Disziplin, die hier am Tor herrschte, vermittelte dem Artorier ein gutes Gefühl. Die Praetorianer wussten sich zu präsentieren. Das mussten sie natürlich auch. Auf die Begrüßung des Miles nickte Avitus nur. Noch war er nicht im Dienst, daher verzichtete er auf militärische Ausdrucksweisen. Dass man ihn bereits erwartete, war... ähm... zu erwarten. Daher war er drauf und dran, weiterzugehen.
Doch dann...
Was ihm dann an Worten entgegenschlug, hatte Avitus für einen Moment die Sprache verschlagen. Eine seltsame Situation entstand und für einen Moment blickte er ungläubig drein, versuchte, seine Gedanken zu sammeln. War das ein schlechter Scherz zu seiner Begüßung? Wenn ja, dann konnte er darüber nicht lachen. Er schaute den Miles an, sah ihm an, dass die Worte ernst gemeint waren. Dann fing er sich.
"Danke miles. Deine Anteilnahme weiß ich zu schätzen"
antwortete er mit gedämpfter Stimme. Das alles erschien so unwirklich. Konnte die Welt - diese große weite Weilt - denn wirklich so klein sein? Klein genug, dass er ausgerechnet hier auf jemanden traf, der im gleichen Contubernium gedient und sogar dabei war, als Severus... starb. Es war schwer, daran zu denken. Avitus hatte deshalb so schwer mit dem Tod seines Kindes zu kämpfen, weil er nach wie vor so gut wie gar nichts wusste. Weder über die Umstände, die dazu geführt haben, noch über die letzten Augenblicke, die letzten Worte seines Sohnes. Wie sehr und wie oft hatte er sich gefragt, warum ihm die Götter in ihrer bekannten Grausamkeit das antaten. Doch dann ließen sie seinen Weg mit dem von jemandem kreuzen, der ihm vieles erzählen konnte und ihm helfen konnte, endlich einmal mehr zu erfahren und endlich einmal alles zu begreifen.
"Wie ist dein Name, miles? Ich... ähem"
er musste sich räuspern, um die Stimmlage zu halten
"... ich werde auf dich zurückkommen. Befehlen kann ich dir natürlich nicht, mir irgendwas zu erzählen, aber..."
War es falscher Stolz, der ihn daran hinderte, einen Miles um etwas zu bitten? War es die Angst, an Respekt und Authorität einzubüßen oder die Angst, dass der Miles sein Wissen, das Avitus nun so wertvoll war, mißbrauchen könnte... er wusste es nicht. Er hoffte, dass es keine Worte bedurfte und der Miles die Bitte auch unausgesprochen verstand.