Beiträge von Lucius Artorius Avitus

    Avitus wusste gar nicht, dass die Iulier patrizische Zweige hatten.
    "Ich denke, sie ist Plebejerin"
    dachte er laut.
    "Und ärgere dich nicht. Schließlich steht bei dir nicht auf der Stirn geschrieben, wo du alles sodalis bist"
    sagte er. Iulia Helena hatte er im Valetudinarium gesehen, die sich um die Verwundeten gekümmert hatte. Wie auch immer Imperiosus es geschafft hatte, mit ihr aneinander zu geraten, Avitus wollte die Sache nicht groß aufbauschen.
    "Als Ehefrau eines Senators hatte Iulia bestimmt die Eigenschaft erlangt, ihren Worte einen gewissen... Nachdruck zu verleihen"
    sagte er irgendwie gleichgültig. Solche Angelegenheiten waren - zumal im Krieg - durchaus ermüdend und daher war er froh, dass Imperiosus selbst das Thema Societas Claudiana et Iuliana anschnitt.
    "Übrigens, wo du von der societas Claudiana et Iuliana sprichst..."
    Avitus fuhr sich wieder mit der Hand übers Kinn
    "... sag, was hat dir die Mitgliedschaft bisher gebracht?"
    Avitus sah keinen Sinn in dieser Vereinigung, der er früher selbst einmal kurzzeitig angehört hatte, die jedoch ein Selbstzweck zu sein schien, ohne ein Ziel aktiv zu verfolgen, weshalb er ihre Reihen bald wieder verließ. Allein der Name war eine Farce, meinte sich der Artorier doch zu erinnern, dass kaum ein Claudier zu den Mitgliedern zählte.

    Zitat

    Original von Lucius Flavius Furianus
    Ich dachte juristische Personen dürften keine Betriebe halten
    Und die Classis Misenensis ist keine natürliche Person.


    Wo steht das?
    § 3 Absatz 4 Lex Mercatus spricht von Personen ohne Unterscheidung zwischen natürlichen und juristischen Personen :hmm: Wem es verboten ist, Betriebe zu führen, steht in Absatz drei, dort ist aber keine Rede von juristischen Personen, vielmehr von Sklaven und Soldaten.
    Und als Verein im Sinne der Lex Communitatis kann man die Classis nicht einordnen.

    Avitus dachte da anders.
    "Ich denke, sie wird schon verstehen, dass du auf einem Feldzug bist und dir daher nicht nach Belieben Zeit nehmen kannst, um Briefe zu schreiben"
    gab er mit einem Schulterzucken zurück. Imperiosus schien Medeia ja geradezu anzubeten, so kam es ihm manchmal vor. Er fragte sich, ob da wohl mehr dahinter steckte, als die bloße Zuneigung zu einer - wohlbemerkt angeheirateten und daher nicht blutsverwandten - Tante. Avitus mochte Medeia zwar, fand sie auch durchaus attraktiv, machte sie aber nicht zum Mittelpunkt seines Lebens, so, wie es - zumindest Avitus' Empfinden nach - sein jüngerer Vetter des öfteren zu tun pflegte. Er konnte sich auch irren, aber der Verdacht war nun mal da...


    "Eine Iulia?"
    Er überlegte. In der Castra gab es einige Iulier, die einzige Vertreterin weiblichen Geschlechts, die gleichzeitig auch noch das der Iulier vertrat, war die Ehefrau des Vitamalacus, deren Bekanntschaft er erfreulicherweise bereits machen durfte.
    "Du meinst Iulia Helena, Tiberius' Ehefrau"
    er trank einen weiteren Schluck Wein.
    "Sie wird ihren Mann auf diesem Feldzug begleiten"
    sagte er. Komisch, dass sie Imperiosus nicht vorher schon aufgefallen war.
    "Wieso fragst du?"

    Dass man es nicht für nötig befand, sie schon früher zu informieren, ärgerte Avitus doch sehr. Das bequeme Leben in Italia, das manche Artorier führten, war wohl etwas zu bequem. Aber er enthielt sich einer Bemerkung zu diesem Thema.
    "Von Medeia. Die gute Frau war in Rom anlässlich einer Hochzeit der Auctrix"
    sagte er. Wer auch immer es war, Avitus las so gut wie nie das Impressum, obwohl er hin und wieder spendete.
    "Sie wird sich um den Wiederaufbau kümmern. Oder einen Neuerwerb, je nachdem, was ihr günstiger erscheint"
    erklärte Avitus.
    "Rom scheint keinen Deut sicherer geworden zu sein. Eher im Gegenteil"
    sagte er kopfschüttelnd. Zunächst der Mord an seinem Bruder, dann die Brandstiftung und Raub in der Domus der Artorier. Avitus verspürte Zorn, er versuchte jedoch, diesen zu unterdrücken, ballte dennoch unbewusst die Fäuste. Während sie hier für Rom und seine Verbündeten kämpften und bluteten, trieben Abschaum und Gesindel der Stadt weiterhin ungestört ihr Unwesen, so schien es.

    Avitus nickte.
    "Gut"
    sagt er leise. Dass der Kaiser selbst einige aufmunternde Worte an die Milites gerichtet hatte, hat ihnen sicherlich gut getan. Zu wissen, dass er als ihr oberster Befehlshaber - und mit ihm Rom - stolz waren auf seine Taten, konnte für einen Mann hier draussen nur gut sein. Anderen Kohorten oder Legionen mochte es nicht so viel bedeuten, aber für die Erste Kohorte der Ersten Legion war es entscheidend. Avitus gab noch etwas Wasser zum Wein in seinem Becher, um ihn etwas mehr zu verdünnen. So gern er seine Sinne auch getrübt hätte, wollte er wach bleiben, konzentriert. Man konnte nie wissen, ob die Parther des Nachts nicht weitere Überraschungen für sie parat hielten.


    Ein Melder kam herein, salutierte.
    "Centurio. Ich bringe einen Brief"
    meldete er und legte Avitus den Brief auf den Tisch. Er blickte zu Imperiosus.
    "Optio, für dich ist auch einer dabei"
    sagte er.
    "Habe ich aber bereits in deinem Zelt abgegeben"
    Somit musste Imperiosus mit seinem Brief warten und seine Neugier zügeln, bis er entlassen worden war.


    "Danke miles. Wegtreten"
    entließ Avitus den Melder. Er öffnete den Brief.
    "Augenblick, Tiberius"
    sagte er zu Imperiosus und überflog die Zeilen.
    "Hmm... das sind beunruhigende Nachrichten. Unsere Domus ist von elendem Gesindel, von ehrlosen Verbrechern angezündet worden und ist bis auf die Grundmauern abgebrannt"

    Avitus nahm einen kräftigen Schluck von dem Wein.
    "Sieht schlimmer aus, als es ist"
    sagte er beschwichtigend und berührte den - mittlerweile den dritten und nicht mehr blutgetränkten - Verband am Kopf.
    "Wie geht es den milites?"
    wekundigte er sich. Die Moral der Truppe dürfte seiner Einschätzung nach ungeachtet der hohen Verluste und der Trauer um die Gefallenen nicht am Boden sein. Das Gegenteil dürfte der Fall sein...

    Avitus nickte ab.
    "Schon gut, Tiberius"
    sagte er und lud den Vetter ein, ebenfalls Platz zu nehmen.
    "Setz dich"
    sagte er und stellte eine kleine Weinkanne samt zwei Bechern auf den Tisch.
    "War ein harter Tag..."
    sagte er und schenkte ein. Dann fuhr er sich mit der Hand über das Kinn.
    "Du wirst es bereits mitbekommen haben. Ich habe dem tesserarius ab heute das signum anvertraut"
    Das Licinus zum Signifer ernannt worden war, war zwar nicht öffentlich verkündet worden, stand aber nichtsdestotrotz fest.
    "Er ist ein guter legionarius und wird den signifer, dem ab heute unser adler anvertraut wird, gut ersetzen"
    sagte er. Am Mut und Pflichtbewusstsein des Iuliers bestand - spätestens seit dem heutigen Tage - kein Zweifel. Er blickte ihn an, gespannt, was Imperiosus davon hielt, Licinus als neuen "Mitbewohner" zu haben und jemanden, der als Signifer auch das wohl größere Ansehen genoß. Avitus gedachte zwar nicht, sich für seine Handlungen zu rechtfertigen, die Meinung seines Vetters und Optio interessierte ihn aber schon.

    Lange hatten die Feuer gebrannt, hatten die Leichname der gefallenen Kameraden verschlungen. Sie hatten gesiegt, dennoch hatte Avitus das Gefühl, als wolle sich keine allzu freudige, ausgelassene Stimmung über die Castra legen. Jeder hatte heute jemanden verloren. Freunde, Väter, Söhne, Brüder... Die Legio sei eine Familie, pflegte man des öfteren zu sagen. Um für so schmerzlicher empfand die Verluste.


    Avitus suchte sein Zelt auf, nachdem die Zeremonien vorüber waren. In der Mitte blieb er stehen, nahm den Helm ab, blickte zur Decke, schloss die Augen und atmete tief durch. Bilder der Schlacht tauchten vor seinen Augen auf, ohne dass er ihnen entkommen konnte. Bilder des Todes, aber auch des Mutes, den seine Milites bewiesen hatten...


    "Centurio?"
    fragte eine Stimme plötzlich, riss Avitus aus seinen Gedanken. Langsam öffnete Avitus die Augen und drehte sich um. Ein Miles stand ihm gegenüber, ein Verband um die Stirn, ähnlich dem des Artoriers.
    "Wer bist du, miles?"
    fragte Avitus und legte seinen Helm auf den kleinen Schreibtisch, der an der Seite gegenüber dem Eingang zum Zeltinnern stand. Decius' Arbeitsplatz. Poenius Decius, der stets gut gelaunte Librarius, der heute gefallen war.


    Der Miles nahm Haltung an.
    "Caius Racilius Fullo meldet sich wie befohlen, centurio"
    meldete der Mann.
    "Wie befohlen...?"
    Avitus überlegte. Dann fiel es ihm ein. Der Pilus Prior der Dritten Kohorte, ein Centurio, mit dem Avitus recht gut befreundet war, hatte ihm einige Männer versprochen, nachdem die Erste Kohorte heute rund ein Drittel ihrer Männer verloren hatte. Avitus hatte schon gedacht, dass man ihm kaum mehr, als fünf Mann würde schicken können, schließlich hatte auch die Dritte geblutet. So entfiel wohl auf jede Centuria - wenn überhaupt, dann - nur ein Mann. Nun ja... besser als gar nichts.


    "Du bist doch der, der sich damals mit dem tribunus Tiberius angelegt hat"
    fragte er. Fullo war durch diese dumme Aktion zu so etwas wie einer Berühmtheit geworden, hatte doch die ganze Kohorte wegen ihm Straftraining aufgebrummt bekommen.
    "Richtig, centurio"
    antwortete der Racilier, ohne mit der Wimper zu zucken und zwang Avitus so etwas wie ein Schmunzeln ab.
    "Gut, miles Racilius. Meldung zur Kenntnis genommen. Melde dich beim VII-ten contubernium"
    befahl Avitus.
    "Und schick mir den optio rein"

    Zitat

    Original von Lucius Flavius Furianus
    Faktoren wären da z.b. die persönlichen sozialen Ränge der ID´s innerhalb der Gentes, sprich Senatoren, Ritter, Decurionen oder auch nur einfache Bürger.
    So hätte eine Gens, die zwei Senatoren innerhalb ihrer Reihen hat, natürlich mehr Prestige als die Gens mit nur einem Senator oder nur einem Ritter.


    Ritter ist aber nicht gleich Ritter. So ist z.B. mMn der Praetorianerpraefekt viel prestigeträchtiger, als z.B. ein Legionslegat oder gar Senator ohne Amt.


    Und Senator ist nicht gleich Senator. Ein Konsular ist prestigeträchtiger als ein frischgebackener Grünschnabel, der grad mal das Aedilat hinter sich hat.


    will sagen: ein Ritter ist nicht automatisch unter einem Senator vom Ansehen her.

    Mit einem Gesichtsausdruck, an dem man seine nicht gerade gute Laune ablesen konnte, saß Avitus im Sattel, den Blick zur Stadt gerichtet, in Erwartung dessen, was da auf sie zukommen mochte, während sich die Legio ihrer Position näherte. Seine Verwundungen zwangen ihn, die letzten beiden Tage im Sattel zu verbringen, statt seiner Centuria voranzumarschieren. Die Primi Ordinis mochte dies vielleicht freuen, konnten sie schließlich so ebenfalls reiten, statt gehen. Die Prima wurde wieder in der Mitte positioniert, direkt gegenüber dem Tor. Die Artillerie wurde in Stellung gebracht, um, wenn es sein musste, die Stadt mit einem tödlichen, unbarmherzigen Sperrfeuer zu belegen. Avitus ritt vor die Centuria, brachte das Pferd zum Stehen und blickte zur Stadt, sich fragend, ob die Parther es auf ein weiteres Gefecht ankommen lassen würden. Wenn sie das täten, konnte niemand hinter diesen Mauern auf Gnade hoffen. Wenn sie das täten, verdammten sie sie ihre Stadt. Vae Victis, hatte einmal ein Gallier gesagt. Wie Recht er hatte...


    "Scuta dorsum" ~ Schilde ab (hier: i.S.v. 'auf den Boden abstellen')
    befahl der Artorier und kam von seinem hohen Ross runter, um seinen Platz in der Reihe einzunehmen. Sein eigenes, neues Scutum, ein wunderbarer Schild mit leicht abgerundeten Ecken, weißem Grund und goldfarbenen Schwingen drauf, stellte er auf den Boden ab. Auf dem Boden, der bald schon wieder mit Blut getränkt sein könnte. Er wartete...

    Das Valetudinarium hinter sich gebracht, begab sich der Artorier langsam zum Zelt des Stabes. Die Verlustzahlen, die ihm sein Tesserarius genannt hatte, mussten weitergeleitet werden. Die Erste Kohorte hatte am meisten geblutet, musste die größten Ausfälle hinnehmen, um die parthischen Versuche, sie des Adlers zu berauben, abzuwehren. Fast die Hälfte seiner Centuria war gefallen, kaum mehr, als ein Dutzend Mann hatte er im Valetudinarium gesehen. Die Kämpfe waren so erbittert geführt worden, dass es so gut wie keine Schwerverletzten gab. Und dennoch wusste Avitus, dass kaum ein Miles ohne Schaden davon gekommen war.


    Er betrat das Zelt, grüßte die anwesenden Tribune. Terentius Cyprianus machte gerade Meldung, so dass sich Avitus vorerst zurückhielt und mitanhörte, was der Mann zu melden hatte. 600 Mann Tote, mehr als eine Cohors hatte die Prima eingebüßt. Knapp die Hälfte der Toten waren aus seiner Cohors, die damit, allein was die Todesfälle betraf, um rund ein Drittel ihrer Sollstärke reduziert war. In den nächsten Tagen würde die Zahl wachsen, wenn weitere Milites an ihren Verwundungen starben. Avitus hörte weiter. 900 Verletzte. Das hieß wohl Schwerverletzte, denn Avitus konnte sich nicht vorstellen, dass jemand ohne Blessuren davongekommen war. Wenn auch nur die Hälfte der Verletzten weitermarschieren konnte, konnte sich die Prima glücklich schätzen. Anderenfalls bedeutete dies, dass sie an diesem einen Tag um rund einen Drittel ihrer Stärke reduziert worden war. Wenn die Verluste der anderen Legionen auch nur halb so groß waren, ging bei dieser Schlacht eine ganze Legion drauf... die Zahlen waren entmutigend.

    Der Bestattung des Iunius Lucullus war der Artorier ferngeblieben. Viele Männer wurden an diesem Abend auf ihren letzten Weg geschickt und Avitus hatte es vorgezogen, dem gefallenen Adlerträger der ersten Legion, der im Kampf heute größten Mut und Opferbereitschaft bewiesen hatte, die letzte Ehre zu erweisen. Die Bestattung wurde schlicht gehalten. Für prächtige, in Form von Altaren gebaute Scheiterhaufen war das Holz zu knapp in diesem verdammten Land. Und zu viele waren heute gefallen. Der Aquilifer lag auf einer einfachen Totenbahre, die Augen verschlossen, das Gesicht entspannt, in eine frische Tunika gekleidet. In dem Metall seines Cingulum militare und seinen silbernen Armillae spiegelten sich die Flammen der um den Verbrennungsplatz aufgestellten Fackeln. Unter der Zunge lag eine Münze, damit der gefallene Legionär den Fährmann bezahlen konnte, auf dass dieser ihn über den Styx mitnehmen mochte.


    Verwandte bei der Legion hatte der Aquilifer nicht. Der einzige Angehörige, den er in der Legion hatte, war heute ebenfalls gefallen und so oblag es Avitus, ihm das letzte Geleit zu geben. Langsam näherte sich der Primus Pilus dem Aquilifer, eine Fackel in der Hand. Er öffnete ihm ein letztes Mal die Augen, beugte sich vor und gab dem Aquilifer einen Kuß auf die Stirn. Er verabschiedete sich von einem hoch geachteten Comilitonen, von einem Freund und einem Angehörigen seiner Soldatenfamilie.
    "Wir sehen uns auf der anderen Seite, alter Freund"
    flüsterte er. Dann wandte er sein Gesicht ab und zündete den Scheiterhaufen an. Lange dauerte es nicht, dann loderten die Flammen, spiegelten sich in den Augen schweigsamer Milites und Offiziere, die um den Scheiterhaufen herum standen...

    Avitus vernahm die Meldung, die ihm der Tesserarius machte. Neunzig Mann... Er hatte fast die Hälfte seiner Männer verloren. Siebzig Mann Verluste, das war mehr, als ein Mann ertragen kann. Doch er durfte sich keine weitere Schwäche anmerken lassen. Gerade jetzt nicht.
    "Gut, miles"
    sagte er daher mit einer Stimme, die seine Betroffenheit zu verbergen suchte, es aber nicht gänzlich schaffte. Gar nichts war gut. Avitus legte dem Iulier seine Hand auf die Schulter, hatte er doch gesehen, wie nah diesem der Tod seiner Comilitones ging.
    "Trauere um die gefallenen milites, tesserarius. Doch ebenso schätze dich glücklich, an ihrer Seite im Kampf gestanden zu haben, mit ihnen gemeinsam gelebt und gekämpft zu haben, jenen unbesungenen Helden"


    Er machte sich wieder auf den Weg zum Ausgang, blieb aber wieder stehen und blickte nochmal zurück zum Tesserarius.
    "Der Aquilifer ist gefallen?"
    fragte er, obwohl er eigentlich ahnte - nein, sogar wusste - dass dem so war. Avitus hatte mitbekommen, wie ein Miles den Adler gegen Ende des Gefechts getragen hatte. Und der Aquilifer war nicht hier unter den Verwundeten... Er hatte mitbekommen, dass der Tribun seinen Signifer provisorisch zum Aquilifer ernannt hatte und das Centuria-Feldzeichen daher derzeit keinen Träger hatte.
    "Der Signifer nimmt seinen Platz ein. Unsere centuria braucht einen neuen, miles. Lass dich hier verarzten und melde dich wieder zum Dienst. Bis auf weiteres... trägst du das signum"
    Avitus verließ das Valetudinarium. Beförderungen im Feld hatten stets den bitteren Beigeschmack, dass sie stets nach dem Ableben anderer Milites ausgesprochen wurden...

    Zu dem Zeitpunkt, als die Verwundeten hier nach und nach immer mehr einzutreffen begannen, war Avitus - nachdem er den gefangenen Parther an die Wachen im Lager abgegeben hatte - längst behandelt worden. Der Medicus hatte sich seine Wunden nur kurz angesehen, die Verbände geprüft, die ihm die Capsarii auf dem Feld angelegt hatten und einzig seinen zwei schwereren Wunden am Kopf und Bauch etwas größere Aufmerksamkeit geschenkt. Er hätte sich gewiss etwas mehr um ihn gekümmert, wenn Avitus nicht vorher darauf bestanden hätte, wie jeder andere Miles behandelt zu werden, was dem Medicus nur genehm war.


    Avitus setzte sich, angelehnt an einen Pfosten, und betrachtete die Milites, die nun reinkamen oder reingebracht wurden. Schlimm waren ihre Verletzungen. Manche hatten Gliedmaßen verloren. Arme Teufel, die ein grausames Schicksal ereilt hatte. Avitus hatte mehr Angst davor, zum Krüppel geschlagen zu werden, als sein Leben zu verlieren. Dabei konnte er nicht von sich behaupten, mittellos zu sein. Diese Milites aber... für sie bedeutete eine solche Verwundung ein erbärmliches Dasein.


    "Hier, centurio, trink"
    unterbrach ihn ein Miles in seinen Gedanken und reichte ihm einen Becher mit Wein. Avitus blickte auf, nickte, versuchte, so etwas wie ein Lächeln aufzusetzen, was aber unter den gegebenen Umständen nicht klappte.
    "Danke miles"
    antwortete er mit schwacher, leiser Stimme und nahm den Becher. Er trank einen Schluck, stellte fest, dass es sich nicht um Wein, sondern um irgendein Gebräu aus Kräutern handelte, das furchtbar schmeckte. Er verzog etwas das Gesicht.
    "Trink aus, centurio. Ist gegen die Schmerzen. Das hilft, glaub mir"
    Jetzt konnte sich Avitus ein Lächeln nicht verkneifen. Dass Medizin immer so mies schmecken musste. Warum konnte man nicht alles einfach mit Wein kurieren...


    Er lehnte den Kopf zurück an den Pfosten. Und wieder das grauenhafte Bild der Verletzten. Manche Milites quälten sich, gestützt von ihren Kameraden, auf eigenen Beinen rein, warfen ihm einen Blick zu, suchten sich dann einen Platz, wo sie sich hinlegen konnten, bis sich jemand ihrer Wunden annahm. Andere wurden reingetragen, ausser sich vor Schmerz, schreiend. Schnittwunden, Stichwunden, Brüche. Und das Blut, überall war das Rot des Bluts.


    Avitus Blick verharrte einige Augenblicke lang auf einem Miles, der hereingetragen wurde. Brüllend, zitternd und verstört war der Mann, kaum zwei Dekaden alt, mit einer entsetzlichen Verletzung am Knie, wo ein Schwerthieb das Bein beinahe abgetrennt hatte. Die Klinge war tief eingedrungen, hatte Fleisch und Sehnen durchtrennt und Knochen zersplittert, das Bein aber nur hälftig durchtrennt und eine große Wunde hinterlassen. Nun baumelte es nur noch an einem Stück Haut und Fleisch. Avitus spürte, wie es ihm kalt den Rücken runterliefund er einen ekelhaften Geschmack im Mund hatte. Ein Miles nahm sich des Verwundeten an, befahl einigen anderen, ihn festzuhalten und gab ihm ein Stück Holz, auf das der Verletzte beißen sollte. Dieser weigerte sich beharrlich. Das Bein war verloren, musste amputiert werden und es brauchte zwei Mann, die den ausser sich schreienden Verletzten festhielten, während der Medicus seinem Handwerk nachging.


    Avitus erhob sich. Ihm ging es gut. Er war verwundet, aber verglichen mit diesen Milites ging es ihm gut. Er konnte stehen, wenn auch schwankend, konnte den Schmerz aushalten, konnte gehen und würde sich in den nächsten Tagen erholt haben. Das hier... das waren die wirklichen Leidtragenden, nicht er. Er setzte den helm wieder auf.
    "Centurio?"
    fragte ihn der Medicus, der seine Absicht erahnte. Avitus drehte sich nach ihm um, blickte ihn mit einem unmißverständlichen Gesichtsausdruck an.
    "Weitermachen, miles"
    sagte er, nahm einen großen Schluck von der Kräuterbrühe und reichte ihm die Kanne zurück. Er machte sich auf den Weg hinaus, langsam. Hinter ihm schüttelte der Miles nur den Kopf über den Starrsinn des Artoriers.


    Avitus war schon beinahe draussen, als er Iulius Licinus, den Tesserarius seiner Centuria erblickte, nebst weiteren Milites seiner Centuria, die nun das Valetudinarium erreichten. Sonderlich viele waren es nicht und es fühlte sich an, als würde eine unsichtbare Hand Avitus Herz packen und fest zudrücken.
    "Miles Iulius, progredere"
    sagte er, ohne jedoch seinen Ton allzu militärisch streng zu halten, alleine schon deswegen, da ihm seine derzeitige körperliche Verfassung dies kaum gestattete. Er hielt den Arm abwehrend entgegen, um anzudeuten, dass Licinus seinen Platz in der Schlange nicht aufzugeben brauchte und Avitus einfach nur einen Bericht hören und auf den neuesten Stand der Dinge gebracht werden wollte.
    "Wie sieht es aus, miles? Meldung"

    Avitus blickte zum Tribun, etwas verwirrt über den Befehl, den ihm dieser erteilte und ihn zwang, das Schlachtfeld zu verlassen. Ungeachtet der Tatsache, dass die Schlacht so gut wie entschieden war, dass er selbst verwundet war, war sein Platz hier, bei seinen Milites. Wie würden sie reagieren, wenn er sie verließ, sich ins Lager zurückzog... Doch Befehl war Befehl und Avitus wollte nicht diskutieren, schon gar nicht in Anwesenheit eines offensichtlich hochrangigen parthischen Gefangenen.
    "Sane, tribunus"
    sagte er daher, winkte Milites heran, die ihn begleiten und stützen, und den Gefangenen tragen, würden. Avitus bezweifelte zwar, dass der Parther noch irgendwelchen Unsinn in der Lage zu machen war, aber ganz ausschließen konnte man eben gar nichts. Und der Artorier war kaum noch in der Lage, zu stehen, geschweige denn, zu kämpfen.
    "Sag meinen milites, wo ich bin und warum, tribunus. Ich will nicht, dass sie was falsches denken"
    Was ein Miles dachte, mochte unwichtig sein, aber was eine ganze Centuria dachte, war entscheidend, zumal sich Gerüchte viel zu schnell ausbreiten und er wollte seinen Namen nicht plötzlich und grundlos auf den Gefallenenlisten stehen haben.

    Durchhalten... leichter gesagt, als getan. Obwohl die Sonne schien, kämpfte Avitus gegen das Zittern an, das ein seltsames Gefühl der Kälte verursachte. Ihm war bewusst, dass dies wohl ein seltsamer Nebeneffekt seiner Verletzungen sein musste, der Tatsache geschuldet, dass er einiges an Blut verloren hatte. Er hatte im wahrsten Sinne des Wortes geblutet für den Sieg, hatte damit diesen parthischen Boden getränkt, hier, irgendwo am Ende der Welt.
    "Keine Sorge"
    krächzte er grinsend zum Princeps.
    "Da muss schon mehr kommen, um mich zu schaffen"
    ein Schmerz durchzuckte ihn und Avitus verzog das Gesicht.


    Der Medicus eilte herbei, nahm sich seiner an.
    "Lasst sehen... hm... wir schaffen dich ersteinmal in Sicherheit... los, milites, helft mir"
    Beeindruckend, wie diese Männer mitten im Kampfgeschehen die Ruhe bewahren konnten und die Konzentration, die Wunden anderer zu heilen. Avitus spürte, dass ihn mehrere Arme ergriffen, ihm halbwegs auf die Beine halfen und ihn nach hinten schleppten, wo er dann vom Medicus versorgt wurde. Sein Verband am Kopf hatte sich fast gelöst und war zum blutigen Fetzen geworden, musste erneuert werden. Seine Bauchwunde war laut dem Medicus
    "... zwar nicht tief, aber wenn sich das entzündet, machst du es nicht mehr lange, centurio"
    Wenigstens etwas.
    "Wie steht es um die Schlacht?"
    fragte Avitus. Immer noch ganz der Centurio, der Primus Pilus.
    "Keine Sorge. Der Alte ist mit der Reserve hier. Tribunus Iulius auch. Die heizen den den Wi...ern ganz schön ein. Der Adler ist in Sicherheit..."
    Avitus nickte.
    "Gut"
    sagte er knapp. Dass die Parther dann doch noch der Initiative beraubt wurden, war eine gute Nachricht. Dass der Adler in Sicherheit war, die wichtigste. Er blickte nach oben, zum strahlend blauen Himmel, während ihm die Schnitte gesäubert und genäht wurden und war glücklich und froh, nicht versagt zu haben. Er hatte den Adler verteidigt, zusammen mit seinen Milites, zusammen mit der zweiten Centuria. Sie haben keine Schande über sich kommen lassen, sie haben bewiesen, dass sie es mit jedem Feind aufnehmen konnten. Sie haben gekämpft, haben getötet und sind gestorben. Für den Adler, für den Kaiser, für Rom... Mars musste stolz sein auf seine Milites, seine Cohors. Avitus war es jedenfalls.

    [Blockierte Grafik: http://img75.imageshack.us/img75/2531/npctesserariuscu6.png]


    Der Parther lag wehrlos zu seinen Füßen und der Miles stach mit der Adlerstandarte zu, um ihn zu dessen Ahnen zu schicken. Umso überraschter war sein Gesichtsausdruck, als er merkte, dass der Flavier seinen Angriff abgelenkt hatte. Die Stange bohrte sich tief in den Boden, nur einige Zoll neben dem Parther. Empörung bemächtigte sich seiner.
    "Was soll das, centurio?"
    brüllte er, wollte protestieren. Der Miles konnte in diesem Augenblick nicht verstehen, warum der Centurio diesen Bastard am Leben lassen wollte. Doch der Befehl, ihn am Leben zu lassen, war eindeutig und der Miles hatte in seinem Soldatenleben gelernt, sie nicht zu hinterfragen.
    "Ja, verstanden"
    knurrte er, immer noch widerwillig und zähneknirrschend, zog sich dann hinter den Schildwall der Milites zurück, um Capsarii aufzutreiben. Der Primus Pilus machte keinen guten Eindruck, war blass wie Mehl und konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten. Der Adlerträger rief nach Capsarii. Einige Milites, ob wirklich Capsarii oder nur solche, die die Taschen den bereits gefallenen abgenommen hatten, kamen nach vorne, um sich um den Primus Pilus und den schwer verwundeten Parther zu kümmern, so, wie der Centurio befahl...



    Barbaren...? Dieser Ziegenhirte nannte sie, die Bürger Roms, Barbaren. Sie, die hier für eine gerechte Sache kämpften, indem sie den parthischen Agressoren eine Lehre erteilten, dass Rom es nicht duldete, wenn seine Verbündeten überrant und seine Grenzen und Interessen bedroht wurden. Unter anderen Umständen hätte Avitus herzlich gelacht. Unter den gegebenen Umständen spürte er nichts ausser Zorn und kämpfte gegen die sich in seinem Körper ausbreitende Schwäche an.


    Ein letztes Mal riss er sich zusammen, stach mit dem Schwert zu, wollte es beenden. Ihre Klingen schlugen aufeinander, als der Parther seinen angriff zu parieren suchte. Vergebens. Die ganze Wut, der ganze aufgestaute Hass auf diesen kaltblutigen Mörder, der seine Milites so kaltblutig dahingemetzelt hatte, der dem Capsarius, der sich heldenhaft dazwischengeworfen hatte und ihm, seinem Centurio, das Leben rettete, das Leben raubte, der seinen Adler wollte, ihn sich krallen, ihn entstellen und einschmelzen, ihn vernichten, steckte in dem Angriff des Artoriers. Und die Klinge fand ihren Weg, schnitt dem General tief, wenn auch seitlich in den Hals. Der schmerzerfüllte Schrei des Parthers war eine Genugtuung. Ein letztes verzweifeltes Aufbäumen seitens seines Gegners. Das mächtige Schwert, blutbesudelt, sauste auf den Artorier herab, doch diesmal hatte Avitus keine große Mühe, dem Angriff auszuweichen. Zu stark war die Verletzung am Hals des Parthers, zu langsam sein Angriff. Avitus blickte auf den Parther herab, als dieser zusammenbrach, in die Knie ging. Hier waren sie beide, mitten in den Abgründen der Hölle, zwei Anführer tapferer Männer, zwei Krieger, in einem kampf auf Leben und Tod... Avitus trat mit dem Fuß frontal gegen die Brust des Generals, als sich dieser aufzurichten versuchte, brachte ihn zu Fall.


    Zitat

    Original von MARS
    Und schon griff eine muskulöse Hand eines römischen Soldaten wieder nach dem Adler, der eben in das Getümmel gefallen war und richtete ihn wieder auf. Der Adler der Legio I durfte nicht fallen, nicht in dieser Schlacht.


    Und dann tauchte der Adler bei ihnen auf, getragen von jenem mutigen Miles, jenem Held der Legion, der es schaffte, ihn den Parthern zu entreissen und in die Gewalt der Legion zurückzuführen. Er war hier, hier bei Avitus, der sich kaum noch auf den Beinen hielt, bei Aristides und dem parthischen General. Die Eindeutigkeit der Niederlage des Generals konnte deutlicher nicht sein.
    "Du willst den Adler?"
    donnerte der Miles.
    "Hier hast du ihn.."
    Er holte aus, hob die Stange, auf der der Adler saß, hoch. Die untere spitze Klinge zeigte dabei in Richtung des Generals....


    Avitus sah den Adler... Er lächelte. Auf den Beinen halten konnte er sich nicht mehr, sein linkes Knie gab zuerst nach und er fiel hin, fing sich noch halbwegs ab, stütztesich auf das rechte Knie. Die vielen Wunden, die er sich im Verlaufe des Gefechts zugezogen hat, forderten ihren Tribut. Er war schwach, müde, die Kraft verließ ihn. Aber er war erfreut, hörte die donnernde Reserve nahen.
    "Ich... hngh... sagte dir doch... versprich nichts, was du... hngh... nicht halten... kannst"

    Zitat

    Original von Narrator
    ... stieß das Krummschwert vor, zielte auf eben jene Schulter, doch es war nur eine Finte und im Zustoßen wandte der Parther das Schwert. Blitzschnell ließ er es zur Seite gleiten, suchte es dem Römer in den Unterleib zu stoßen, und ihm unterhalb der Rüstung den Bauch aufzuschlitzen wie einem Vieh...


    Sie hatten den General zu Fall gebracht, doch sie haben ihn nicht ausser Gefecht gesetzt. Mit wütendem Gesichtsausdruck sah Avitus, wie sich dieser aus dem Sattel schwang und unverletzt aufkam, gedeckt durch einige seiner Reiter.
    "Elender Feigling... komm her"
    brüllte Avitus auf Griechisch, als die Reiter und weitere nachdrängende Baktrier ihn hinderten, bis zu General durchzudringen und das zu beenden, was er begonnen hatte. Ohne ihren Anführer würden die Parther den Mut verlieren. Ohne ihren Centurio aber, würden seine Milites umso verzweifelter kämpfen. Er hob sein Schild - wobei es bereits das dritte oder vierte war, das er in dieser Schlacht benutzte, Avitus wusste es nicht mehr genau, denn es kam ihm vor, als kämpfte er seit Stunden, seit Tagen auf diesem Schlachtfeld - als ein Baktrier nach ihm ausholte und seine Axt auf ihn niedergehen ließ. Sie krachte auf das Scutum, traf den Umbo und durchschlug ihn, schnitt tief in die metallene Verkleidung und hätte Avitus die Hand gespalten, wäre sie noch tiefer eingedrungen. So blieb es bei einer relativ harmlosen Schnittwunde, einer von vielen in diesem Gefecht und noch ehe der Baktrier zu einem zweiten Schlag ausholen konnte, streckte ihn Avitus nieder, stieß sein Kadaver mit einem Beintritt von sich weg und fand sich dem General der Parther gegenüber.


    Er verstand nicht, was dieser ihm sagte, als er mit dem Schwert auf ihn deutete. Vermutlich irgendeine Beleidugung oder Drohung. Oder das Versprechen, ihn zu töten. Avitus spuckte verächtlich aus, eine ekelhafte Mischung aus Speichel und Blut.
    "Versprich nichts, was du nicht halten kannst, caenum"
    sprach er. Die Axt steckte nach wie vor in dem Schild, den er trug. Sich von ihr zu befreien, war nicht möglich, ohne die Deckung preiszugeben, doch mit ihr behinderte in der Schild womöglich mehr, als er ihm nützte. Der Parther griff an und Avitus riss sein Scutum hoch,als er sah, dass dieser es in Richtung seiner rechten Schulter stieß. Einen Augenblick lang verdeckte er damit seine Sicht, merkte jedoch im selben Moment, dass der Aufprall ausgeblieben und die Klinge im selben Moment unter der Schildkante auftauchte, auf seinen Unterleib gerichtet. Verzweifelt riss er sein Scutum nach unten, um die Klinge abzulenken, doch es rechtzeitig zu schaffen gelang ihm nicht. Schreiend wich der Artorier einen Schritt zurück. Ein Schnitt auf seinem Bauch. Nur eine weitere Schnittwunde von vielen in diesem Gefecht und Avitus warf sein Scutum weg, nachdem er auf Abstand gegangen war. Er blickte den Parther an.
    "Nicht schlecht. Oder war das nur Glück?"
    spottete er auf Griechisch, unwissend, ob ihn der Parther verstand.


    Glück wäre genau das, was er brauchte. Avitus spürte, dass der Parther ihn tatsächlich schlimmer verletzt hatte, als er im ersten Moment angenommen hatte. Die Klinge muss mindestens einen digitus tief eingedrungen sein. Seine Atmung ging schwer, die Welt wirkte leicht verschwommen. Avitus streckte seinen linken Arm aus, die Finger gespreizt, hielt das Schwert parallel zum linken Arm, die Spitze gen Feind gerichtet, so als ob er damit den Parther auf Distanz halten konnte.
    "Verdammt nochmal, Lucius... reiss dich zusammen"
    flüsterte er. Lange hatte er sich diesen Satz nicht mehr sagen müssen. Er wich einen weiteren Schritt zurück, packte mit der freien Hand an die Schnittwunde am Bauch. Sofort wurden seine Finger mit Blut überströmt. Wenn das so weiter ging, würde er nicht mehr lange durchhalten, würde hier zusammenbrechen. Aber noch nicht... noch nicht. Sein Gesicht verzerrte sich, wirkte kalt und todesverachtend, als er seine letzten noch vorhandenen Kraftreserven sammelte, einen Schritt nach vorne machte, ausholte und pfeilschnell mit dem Gladius zustach, auf den Hals des Parthers zielend...