Beiträge von Servius Artorius Reatinus

    "Salve. Es gab einige Probleme mit den beiden Probati hier, ich möchte gerne den Centurio sprechen. Ich bin sein Optio.", antwortete Reatinus kurz und knapp. Mehr brauchte ein einfacher Centurionenbursche ja auch nicht wissen. Mit entspanntem Blick schaute er den Burschen an und hoffte, herein gebeten zu werden. Noch ein Blick schweifte zu den beiden Rekruten, nur um sicher zu stellen, dass sie nichts ausheckten.

    "Soso, Wein...", entgegnete der Optio auf Valerians Ausrede. So eine schien sie zumindest zu sein. "Ihr riecht aber, als ob ihr die Taberna leer gesoffen hättet!", ein strenger Wenn-Blicke-Töten-Könnten-Blick traf die Probati und so näherte sich der Optio ihnen etwas. Die hatten nicht nur einen Becher. Definitiv nicht.


    "Probati, so winzig klein, wie euer Becher war...", sprach er ironischerweise noch verharmlosend, während er ebenfalls mit Daumen und Zeigefinger die Größe simulieren wollte, "... wird auch eure Strafe sein. Und damit der Centurio erfährt, dass bei euch die Ausgänge im Suff enden, wird er sofort erfahren, was Sache ist - aus eurem Munde. Los, ab ins Officium von Centurio Petronius! Ich bring euch hin, damit ihr auch den Weg findet!". Eigentlich fing seine nette Schilderung in normalen Tonfall an. Doch dieser stieg stufenweise an. Und die Torwache musste er sich auch mal vorknöpfen. Wie konnte es sein, dass die unbehelligt und vollkommen blau das Lager betreten konnten?

    Der ruhige Lauf von Reatinus wurde jeher gestoppt, als ihn jemand anrief. In der Dunkelheit erblickte er seinen alten Kameraden Laevus. Seine Stimme war einfach unverwechselbar. "Na Laevus, kannst wohl auch nicht schlafen, was?!", rief er ihm in die Stille hinaus und lief in seine Richtung. "Haha, dieser verfluchte Vollmond lässt mich kein Auge zudrücken! Was treibst du denn so, alter Kamerad?", fragte er ihn. Sie hatten schon seit einer sehr langen Zeit keinen Kontakt mehr zueinander. Jetzt ließ sich das aber nachholen. Der Legionsdienst ließ einfach selten Zeit für Treffen mit Kameraden. Seien sie noch so gut.

    Der Optio musste leicht grinsen. War doch alles im Lot... schade. Aber wenigstens konnte er jetzt ungestört weiter machen.
    "Na gut, dann habt ihr eben Glück gehabt. Und vergesst nicht, ich komme unerwartet. Vale!", beendete der Optio die Kontrolle und verschwand hinter der der Tür der Unterkünfte, um das nächste Contubernium aufzumischen. :D

    Reatinus ging zwischen den trainierenden Probati hin und her und beobachtete, was sie nun gelernt hatten. Einige Ergebnisse ließen zu wünschen übrig, doch besonders Primus tat sich hervor, der schnell lernte. Der Optio ließ sich trotzdem nichts anmerken und schiss andere Probati an. Dass Primus also keinen Ärger bekam, war ja schon Signal genug, dass es okay ist.


    "Wollt ihr euch Streicheleinheiten verpassen oder was?!?", hallte es innerhalb der übenden Probati

    Entspannt ließ Reatinus seinen Rücken und seine Schultern massieren, während er mit Crispus tratschte.


    "Nein, ich kenne sie nicht...", sprach er. "Schätze dich aber glücklich, dass du ´ne Freundin hast. Ich hab leider... uuhhh...". Die Sklavin erwischte gerade eine sehr angenehme Stelle. Reatinus spürte dabei, wie die Anspannung aus seinem Körper wich und sein Rücken immer weiter durchgeknetet wurde. "Äh... genau, also ich habe keine Freundin, aber schätze dich glücklich, eine zu haben!"

    Und schon knallte die quietschende Tür an die nächstbeste Wand. Reatinus war die Sorte Offizier, die heimlich und überraschend zuschlug, wo sie am Wenigsten erwartet wurde. Sogar der Legionarius neben der Tür, der sich auf seiner Pritsche breit machte, schwang sich von seiner Schlafstätte, um die Ankuft des Optios zu melden. Mit einem kurzen und knappen Nicken antwortete Reatinus und erblickte einige würfelnde Probati. Allemal eine Kontrolle wert.
    Er lief zu ihnen und grüßte. "Salve. Ich hoffe für euch, ihr spielt hier nicht um Geld oder so...", sprach er in militärischem Tonfall und blickte heimlich auf den Tisch. Vertrauen war gut, Kontrolle aber viel besser...

    An diesem recht angenehmen Abend machte Reatinus seinen gewohnten Patroulliengang durch das Castellum. Er hatte ihn sich nur deshalb angewöhnt, weil er sehen wollte, ob es noch vor Ende des Tages einige Unstimmigkeiten unter und um den Soldaten gab. Doch zum Glück war da nichts und Reatinus konnte erleichtert wieder in seine Unterkunft und sich für eine erholsame Nacht bereit machen.


    Doch zu früh gefreut - auf halbem Wege lief er zwei Probati über dem Weg, die recht merkwürdig rumtorkelten. Ein leichtes Grinsen fuhr ihm über die Lippen, doch er unterdrückte es schnell und sah wieder todernst aus. Zunächst tippte Reatinus auf einen verrückten Medicus, der seine neue Opium-Rezeptur testen wollte. Danach auf Wein. Und zwar nicht wenig. Der Optio erkannte die beiden sogar aus der Ferne. Das waren Valerian und Drusus, die von ihm ausgebildet wurden! Na toll!


    "Probati! Stehengeblieben!", rief er den Zweien zu und lief eiligen Schrittes zu ihnen. "Sagt mal, haben sie euch im Valetidunarium zu viel Opium verabreicht oder was ist mit euch los?", sprach er sie an, mit seiner ersten Wahl anfangend.

    Reatinus stand unauffälig an der Seite des Centurios, wie es sich für seinen Stellvertreter gehörte und wartete darauf, dass sich alle Schlafmützen vor ihnen versammelten. Langsam machte sich der kommende Winter bemerkbar. Während im Sommer schon die Sonne aufging, war es im Winter nun stockfinster, als die Ausbildung anfing. Zudem wehte ein frischer Wind über dem Exerzierplatz, der sich an den Beinen bemerkbar machte.

    "Ist das etwa alles, was ihr könnt?! Damit durchdringt ihr nichtmal einen Stofffetzen, denn eine Rüstung!", schrie Reatinus ins Ohr eines Rekruten, der verzweifelt versuchte, sich immer mehr hineinzusteigern. Immer härtere Schläge fielen und immer mehr energische Schläge entluden sich auf die Holzpfähle. Das war jedoch nicht zuletzt Reatinus und Crispus zu verdanken, die die Probati immer weiter "motivierten". Langsam kam die Gruppe in Schwung und sie erreichten das Potenzial, vielleicht eine Lederrüstung durchschlagen zu können...

    Manchmal gab es Nächte, da wünschte sich Reatinus, es würde diesen Vollmond nicht geben! Müde, aber schlaflos lag Reatinus in seiner Pritsche, hielt die Arme unter dem Kopf und dachte nach. Durch ein kleine Öffnung in der Wand, wo heutzutage wohl Fenster hin kämen, scheinte Reatinus der Mond ins Gesicht.
    Gemächlich erhob er sich aus der Pritsche. Ein kleiner Spaziergang konnte ja nie schaden. Vielleicht würde er jemanden über dem Weg laufen, der auch nicht schlafen konnte. Flüchtig zog er sich die Tunika an, die er heute schon benutzt hat. Die andere hat er schon gewaschen und wollte sie für den nächsten Tag frisch halten, wo es wieder hieß, Probati auszubilden. Langsam öffnete sich die Türe seiner Unterkunft und der Optio schlich unauffällig hinaus, vorbei an den laut schnarchenden Legionären. Er huschte weiter, vorbei an den Porticus ins Lager hinein. Es war vollkommen getauft in nächtlicher Dunkelheit. Nur einige an der Wand befestigte Fackeln spendeten Licht, die langsam aber sicher erloschen. So spazierte Reatinus in den Wegen des Castellums rum, bis in den Exerzierplatz. Er genoss einfach die Ruhe und dachte darüber nach, dass er hier morgen schon wieder Probati rumscheuchen musste.


    Irgendwie war dieser Legionsalltag auch langweilig. Reatinus wünschte sich wieder etwas Spannung, etwas zu tun, etwas Anderes. In solchen Gedanken versunken spazierte er einfach am Rande des Platzes umher, unwissend, dass er sogar nur im Kreis rumlief. Die Grillen musizierten wie jede Nacht und sanfte Windstöße erfrischten Reatinus´ Gesicht. Ab und zu fiel auch sein Blick auf den nächtlichen Sternenhimmel.

    Und das konnte sie wahrlich unnachahmlich! Denn Reatinus war unter den Probati berühmt-berüchtigt für seine kräftige Stimme, die selbst die Furien erzittern ließ. Mit seinem eigenem Gladius und dem Scutum vorbereitet, war er bereit, den Probati den besten Freund des Legionärs vorzustellen - das Gladius. Die Puppen ließ er noch außen vor, um die Aufmerksamkeit der angehenden Legionäre nicht zu verlieren.


    "Das Gladius ist euer bester Freund, Probati! Wie ihr seht, ist es im Vergleich zu den Langschwertern der Barbarenschweine recht kurz! Und das hat auch seinen Zweck: Denn es ist eine Stichwaffe, mit denen wir den Gegner mit gezielten und schnellen Stichen töten! Die optimalsten Trefferzonen sind der Hals, die Brust und der Bauch! Ich will nie, NIE, sehen, dass ihr wild damit einschlägt! Das machen nur gewisse Leute auf der anderen Seite des Limes!"


    Ein durchbohrender Blick grabte sich in die Augen einzelner Rekruten, während Reatinus erzählend hin und her lief.


    "Doch nun zu der Grundstellung!", setzte er die Eklärung fort. "Das Scutum, euer Schild, euer zweitbester Freund, kommt stehts in die linke Hand. Ihr seht hier einen Griff in der Mitte der Rückseite! Damit könnt ihr das Scutum so vor euch halten, um euch zu schützen! In der rechten haltet ihr nun euer Gladius!". Während er das Wichtigste erklärte, führte er die Stellung Schritt für Schritt vor. "Das das Scutum ist stehts vor euch! Zum abstützen setzt ihr euer rechtes Bein zurück und das Linke nach vorne! So bekommt ihr eine perfekte Kampfhaltung. Aber nur, wenn ihr sie übt! Also holt euch die Holzgladii und Holzscuta und macht es mir nach!".


    Und das Nachmachen war so leicht gemacht wie es ging. Reatinus konnte ihnen eine makellose Stellung präsentieren.

    Ein unausgeschlafener, desorientierter Tesserarius schob diesen Tages wache. Er war eigentlich schon recht routiniert im Legiondienst, deshalb wusste er auch, dass sie nicht durch dürfte... wären die Umstände anders. Doch für den Stab waren ja Frauenbesuche erlaubt. Ein kurzer Gedanke erfasste den müde drein blickenden Wachmann. Wie unfair war es doch, dass kein Legionär Besuch von der Freundin kriegen durfte.


    "Salve!", grüßte er mit ziemlich lahmer Stimme zurück, "Da der Tribun ja zum Stab gehört, darfst du rein. Kennst du den Weg, oder soll ich dich hin führen? Aber wenn du alleine gehst, solltest du aufpassen, denn hier gibt´s ein paar raue Burschen."

    Der Optio, der nun im Rekrutierungsbüro saß hatte eine spaßige Nacht im Lupanar verbracht und war demnach nicht ganz auf der Höhe. Er schlief auf dem Schreibtisch hockend ein und sabberte schon eine ganz kleine Pfütze auf den Tisch. Dann kam ein Mann durch die Türe und er zuckte erschreckt auf.


    "So´ne Scheisse...", murmelte er, "Öhhh... salve...", sprach er müde und wischte sich das bischen Mundflüssigkeit vom Kinn.
    "Ja... öhh... also... meldest dich erstmal bei einem Centurio - und nimm ja nicht Neunfinger-Gaius, das überlebste nicht. Dann gehst du ins Valetidunarium und lässt dich untersuchen. Den Bericht bringst du dann hier vorbei... und... und... äh... ja, dann holste schnell deine Ausrüstung aus dem Magazin. Was noch... ach ja, ins Sacellum musst du auch noch, deinen Eid aufsagen.". So dusselig klang der Mann eigentlich nur, weil er gerade geweckt wurde. Und das mit peinlichen Konsquenzen.
    Er gab Nero eine kleine Wachstafel. An ihr blieb noch ein kleiner Speichelabdruck von den Fingern des Optios. "Und bau hier ja keine Scheisse... sonst kriegste den Hintern versohlt. Alles klar?!".
    Es war eine Mühe, sich die Scham nicht anmerken zu lassen.


    IURANT AUTEM MILITES OMNIA SE STRENUE FACTUROS QUAE PRAECEPERIT IMPERATOR CAESAR AUGUSTUS, NUMQUAM DESERTUROS MILITIAM NEC MORTEM RECUSATUROS PRO ROMANA REPUBLICA.