Beiträge von Servius Artorius Reatinus

    Ob es falsch war, die Nichte seines Freundes hier und jetzt zu liebkosen, während der Onkel der Petronierin in Germanien den Artorier mit so etwas nicht in Verbindung bringen konnte, das wusste Reatinus zu diesem Moment nicht. Es war ihm auch egal, als er die Wärme der Frau spürte und sie zärtlich küsste, ihr mit den Fingern liebevoll die Wangen und Ohren strich und sie ganz nah zu sich drückte, die Arme um ihren Körper schmiegend. Ihm wurde wohlig warm, als er ihre Gegenwart, ihre Liebe spürte.
    Jeder Zweifel und jede Angst war ihm jetzt genommen - denn er wusste, dass auch Crispina ihn so sehr liebte, wie er sie. Reatinus unterbrach den Kuss, nur um Crispina einen Moment lang mit einem Lächeln anzustarren. Ja, nun war der Moment, an dem er die richtigen Worte gefunden hatte. Einfach, und doch bedeutend, so bedeutend, dass man sie im Alltag nur selten hörte. "Ich liebe dich", flüsterte er und drückte sie weiter zu sich, "Ich möchte dich nie wieder verlieren."
    Und so schloss er wieder die Augen, um sie erneut zu küssen.

    Eher unberührt anmutend verfolgte Reatinus mit den anderen Tribunen das Geschehen mit und lauschte der Rede des Praefectus Castrorum. Ironischerweise erfüllte seine Rede die Anforderungen, die Reatinus´ ehemaliger Legat und immer noch Patron immer stellte: Gleich zur Sache, ohne Geschwalle alles Wichtige schildern. Sicher mochte es auch der verstorbene Legat, der nun nicht mehr unter ihnen weilte. Denn jetzt war der Mann in Elysium, womöglich schon über dem Styx. Im nächsten Moment schwenkte man von einer traurigen Angelegenheit auf eine freudigere über, nachdem Brutus verkündete, was mit der Leiche des Legaten geschehen solle.


    Die Männer traten alle vor und nahmen vor den Augen der Legion ihre Auszeichnungen entgegen. Doch Reatinus hob die Augenbraue, denn seiner Meinung nach wäre die heldenhafte Tat eines bestimmten Eques zu jener Nacht eine besondere Erwähnung Wert gewesen. Schade war es, doch das Leben war nunmal ungerecht und vor allem, ließ es ihnen keine Zeit - denn schon gingen sie zu den Offzieren über. Ja, heute war es wohl ein großer Tag der Anerkennung vom Stab für die verdienten Soldaten. Jetzt kam ein besonderer Soldat zu ihnen, von denen sich auch Reatinus positiv überzeugt hatte: Marcus Iulius Licinus. Wahrlich, die Iulier waren auch irgendwie überall... in Germanien und in Italien waren sie zahlreich. Reatinus war gespannt, was geschehen würde, als der Centurio antrat... auch wenn er als Stabsmitglied natürlich wusste, was ihm blühte.

    Während sie hinaus gingen, in den Flur, schien Reatinus' Herz ihm aus der Brust springen zu wollen, so sehr pochte es vor Aufregung. Ein hartes Hämmern in seiner Brust und die Wärme, die er verspührte, gaben ihm das Gefühl, dass sein Leben perfekt sei. Alles, was ihm jemals Schlechtes wiederfahren war, alles Schlechte, womit er täglich zu kämpfen hatte, war vergessen, schier nicht mehr existent für ihn. Eine Wärme umarmte sein Herz, ging auch bald in den Bauch über. Euphorisch riss er fast die Tür auf, als sie den Raum verließen und in den Flur hinaustraten. Noch wusste er nicht, was er seiner Liebe überhaupt sagen wollte. Egal, ihm würde etwas einfallen. Nach außen hin schien Reatinus unsicher, aufgebraust, aber mit einem glücklichen Funkeln in den Augen. Obwohl er Freude hatte, denn er hatte sich verliebt, hatte er Angst vor Crispinas Reaktion. Selten im Leben hatte er Angst vor etwas gehabt, doch nun zitterten seine Körperteile, die er zu bewegen versuchte.


    Nun standen sie im Flur, langsam schloss sich die Türe hinter ihnen und Reatinus wartete vorsichtshalber um sicherzugehen, dass sie nicht gesehen wurden. Er sah der Petronierin in ihre wunderschönen, grünen Augen. Jetzt war es so weit, er musste es einfach versuchen. Ein entscheidender Moment war es, als Reatinus die Frau sanft berührte und ihr lieblich den Arm strich. Zunächst schwiegen sie, dann jedoch flüsterte der Artorier. "Crispina, ich muss dir etwas sagen", bekundete er fast schon verschwörerisch, "Ich... ich..."
    Unfassbar - er wusste sonst immer, was er wann sagen wollte. Doch wie war es jetzt? War aus ihm ein anderer Mensch geworden? Wo blieben diese richtigen Worte, wenn man sie mal brauchte? Im Kopf schossen ihm viele Wörter daher, die er hätte sagen können, doch alle waren sie die Falschen:


    "Du willst es doch auch, Süße!"
    "Na komm schon!"
    "Merkst du was?"


    Ein Moment der Stille, seine Lippen öffneten sich, doch er blieb stumm. Doch Worte vermochten nichts zu sagen, und wenn er schon keine hatte, wollte Reatinus seine Gefühle durch Taten aufzeigen. Die Augen der Petronierin betäubten ihn, ihre Lippen raubten ihm den Verstand... so näherten sich ihr auch seine Lippen.

    Reatinus nickte bedauernd, auch seine Mine verfinsterte sich und sah dadurch noch finsterer aus, weil er in einer dunklen Ecke stand. Er wusste nicht mehr, was er darauf sagen sollte. Er hatte Männer getötet, auch Frauen ohne Mann und Kinder ohne Vater hinterlassen. Dies hatte er zu verantworten, weil er in Schlachten mitgekämpft hat. Das hier war schlimmer, denn er wusste nicht, was er davon halten solle. Was sollte er darauf sagen? Wer war daran schuld, dass dies passiert ist? Wen konnte man verantwortlich machen?


    "Dann bringt sie in Valetudinarium, ich erwarte einen Bericht über die heutige Nacht. Macht, was noch nötig ist und dann gehen wir, mir reicht es vorerst."



    Leider bin ich die Betriebe immer noch nicht los, muss sie aber los werden... wirklich keine Interessenten? :(


    *Edit: Und schon haben wir jemanden gefunden... die oben aufgeführten Betriebe gehen an Tiberius Prudentianus Alexandros, beim Preis sind wir uns einig. ;)

    "Es zeigt, dass du ein guter Mensch bist"


    Die Worte hatten getroffen - ihn nicht erschüttert, nein, letzten Endes fiel es ihm lediglich schwer, seine wahren Gefühle zu verbergen. Er musste Crispina sagen, was er für sie empfand und sein Herz begann, unaufhörlich zu pochen, wie es bis jetzt nur selten gepocht hat. Es waren Momente, ganz Besondere, die einem Menschen nur wenige Male im Leben wiederfuhren. Er hatte sich unsterblich in die Nichte seines Freundes verliebt und er spürte kein Verlangen, sich dagegen wehren zu müssen. Er war ehrlich zu sich selbst und wollte seinen Gefühlen keinen Riegel vorschieben. Irgendwie, wusste er, musste gesagt werden, was zu sagen war. Was er jedoch nicht wusste war, wer letzten Endes den Anstoß dazu gegeben hat. Eine Gestalt, die man nicht sehen konnte, die jedoch dafür verantwortlich war, oder der es zu verdanken war, dass ihm klar wurde, die wahren Gefühle nicht zu verstecken, bis es zu spät war. Ohne Widerstand entschloss Reatinus, sich seinen Gefühlen hinzugeben.


    Alles war jedoch angesichts einer einzigen, bedeutenden Tatsache unwichtig: Denn er wusste es eh, er liebte diese Frau und die Venus mochte auch mal Wege gehen, die sich nicht so ganz mit menschlichem Verstand erklären ließen. Oder war es nicht so? Reatinus' Verstand war in dieser Hinsicht wie benebelt durch Liebe und Glücksgefühle.
    "Ähm... ich möchte dich ja nicht beim Essen stören. Aber ich möchte dich sprechen, ganz... persönlich." Reatinus winkte einige Sklaven her, Rusticus derweil den Hauptgang zu servieren. Er wirkte dabei möglichst unscheinbar und versuchte unter Qualen, entspannt zu wirken. "Du entschuldigst diese Aktion, Mamercus. Wir müssen kurz weg. Es ist dringend."

    Reatinus nickte und goss dem Tribunen einen Becher Wasser ein, welchen er dem Octavier sofort reichte. An Motivation schien es ihm auch nicht zu mangeln, was Reatinus als gute Basis für die Laufbahn des senatorischen Tribunen bewertete.


    "Gut, ich hoffe, du bist dieser Aufgabe gewachsen. Du darfst dir im Laufe der nächsten Tage eine Centurie 'ausborgen' und an die Arbeit gehen. Dein Officium* und dein Haus* findest du recht schnell... dein Officium ist neben dem Meinen zwei Räume nach links, nachdem du es verlässt. Nach der Principia die nächste Kreuzung nach Links auf der Via Praetoria und dann das dritte Haus ist für dich reserviert."



    Sim-Off:

    * Kannst du dir traditionsgemäß beides selbst erstellen. :)

    "Nicht so angespannt, Centurio", erwiderte der Artorier nur knapp, als sein Vorschlag bestätigt wurde, "Du wirst deine Energie an anderen Orten verbrauchen. Und vergiss auch nicht, deine Centurie nach möglichen Kandidaten abzusuchen. Mir gefiel die bedingungslose Einsatzbereitschaft deines Optios. Und deine auch. Aber das regel ich mit dem Praefecten... zurück zum Dienstlichen." Der letzte Satz klang, wenn man ihn normal aussprach, rudimentär. Reatinus hingegen sprach ihn so aus, dass man ihm ansah, dass er diese Aufgabe nur erfüllte, weil er wirklich musste und die anderen schon gemütlich schliefen.


    Reatinus senkte den Kopf, als der Centurio ihm das Schicksal der Familie berichtete. Nicht, weil er ohnehin kein Unmensch war. Er kannte das Schicksal, hatte er doch ein Ähnliches als Vater erlebt... er hatte Kinder und seine letzte Ehefrau verloren. Es weckte Erinnerungen in ihm und er sah einen Moment lang aus, wie in Trance. Er schüttelte sich von diesen Gedanken schnell frei. "Der Vater", fragte er, strich dem Mädchen sanft die Wange und hielt ihr die Ohren zu, "Was heißt schlimm? Ist sie zu retten?"

    Reatinus nickte... Theoretiker, aber kein praktisches Wissen. Doch die beiden bestandenen Examina waren für den Octavier eine gute Einstiegsvoraussetzung und mehr konnte man vorerst nicht erwarten. "Verstehe", bestätigte Reatinus und goss sich beiläufig einen Becher Wasser ein, "Etwas zu trinken nach der langen Reise? Wasser? Wein? Oder beides?"


    Anschließend grübelte er... was konnte man dem Octavier zu tun geben? Ihm fiel eine wichtige Aufgabe ein und nach dem Gewitter, welches letztlich getobt hatte, musste man natürlich auch die Schäden wieder geradebiegen, welche daraus entstanden waren. "Sicherlich, Octavius, wirst du in der Stadt einige Schäden bemerkt haben, umgeknackte Bäume auf der Straße und ein durch Blitzeinschlag zerstörtes Haus. Vor wenigen Tagen hat uns ein heftiges Unwetter heimgesucht und du könntest dich mit einigen Männern aufmachen und die Reparaturen übernehmen." Er nahm einen Schluck Wasser und ließ den Becher klopfend auf seinem Tisch nieder. "Um die helfenden Hände mach dir erstmal keine Sorgen... wir stellen genug Männer für diesen Auftrag ab, es soll nur schnell erledigt sein."


    Sim-Off:

    Der Thread läuft eigentlich noch, aber man kann anhand des Ausgespielten schon genügend Spielstoff für die Reparaturen danach herausfiltern. :)

    Als die Legio I antrat, vergaß Reatinus, zu atmen, so beeindruckend war ihm der Anblick von fünftausend bis sechtausend ausgebildeten Männern (mit Ausnahme der Probati), welche auf dem Exerzierplatz antraten. Die Schrittgeräusche und Schreie der Centuriones waren alle miteinander kurzweilig so laut, dass man von hier oben nur unter Mühe miteinander reden konnte. Auch Reatinus war herausgeputzt mit seiner edel verzierten Paraderüstung und einem Helm mit langem Federnbusch. Auch weitere Teile des Stabes fanden nun ihren Weg zum Tribunal, Reatinus grüßte sie mit einem freundlichen Nicken.


    Als Reatinus das Gefühl hatte, dass jede Centurie und Turma angetreten war und der Praefectus die Treppe erklomm, ließ er die Männer in ihrer Formation mit lauten Schreien stillstehen.


    "Oculos ad prosam!!"


    "State!!"


    Sein Befehl wurde von den Centuriones wiederholt und danach hörte man ein beinahe synchrones Stampfen hunderter Füße über den Platz. Er grüßte anschließend den Praefecten mit einem Nicken. "Ich grüße Dich, Praefectus. Die Legio I ist angetreten und wartet auf dein Wort!"

    Reatinus mochte groß und stattlich sein, denn das Militärleben hatte ihn geprägt. Doch als Stabsoffizier widerfuhr ihm eine sehr große Wandlung seiner selbst... die Tage der Mannschaftsdienstgrade waren für ihn nur eine Erinnerung aus damaligen Zeiten und der Octavier würde bald feststellen, dass Reatinus nicht nur gut im Reden war, sondern sich auch Eigenschaften angeeignet hatte, die alle miteinander in den Überbegriff Höflichkeit hinein passten.


    "Salve", grüßte Reatinus zurück und erwartete die Erklärung des Besuches, die schon bald kam. Zwar konnte sich Reatinus nicht ausdrücken wie ein Politiker, die mochte er nämlich nicht, aber er tat dies zumindest eines Ritters würdig, "Bitte, setze dich Octavius und dann lass uns über dein Tribunat sprechen. Mein Scriba hat mir angekündigt, dass wir vorübergehend Zuwachs erhalten und bevor wir uns darüber Gedanken machen - was bringst du mit? Irgendwelches militärisches Vorwissen?"

    Reatinus legte zwar Wert auf die Disziplin der Männer, konnte jedoch angesichts der Situation ein Auge zudrücken und gab dies mit einem müden Kopfnicken zur Kenntnis. Etwas Besseres konnte er momentan nicht erwarten. Auch wunderte er sich, was mit dem Mädchen war, welches sich erschrocken und verunsichert, mit unschuldig-verängstigtem Blick an den Centurio festgekrallt hatte.


    Der Tribunus rieb sich durch das Nasse Haar, woraufhin ein paar Tropfen in den Boden prasselten. "Ist das so", echote Reatinus und bemerkte, dass das kleine Mädchen zu zittern anfing, weil ihr kalt war. Sie war alleine, hatte sicherlich Angst und wo ihre Eltern waren, war dem Artorier zu diesem Zeitpunkt noch ungewiss. Doch er hatte Mitleid mit der Kleinen und nahm seinen Mantel ab, um sie einzuwickeln, während der Centurio sie noch hielt. "Wenn der Eques es schafft, müssen wir uns etwas überlegen... auf die Rettung eines Offizieres sollte eine Belohnung anstehen." Er sah mit mitleidigen Blicken die Kleine an, die ihn ebenso mit großen Augen anstarrte. Reatinus kam dem Centurio näher und flüsterte ihm ins Ohr: "Ihre Eltern? Ist das Haus durchgekämmt, habt ihr Lebenzeichen gefunden?" Eine trostlose Nacht...