Aus Mangel an anderer sinnvoller Beschäftigung übernahm auch Milo eines sonnigen Nachmittags den Dienst in der Mensa ponderaria. Direkt nach seiner Ankunft überließ er die Bedienung vorerst noch den Gehilfen und sah sich die unzähligen Standardmaße erst einmal genauer an. Er stellte noch die ein oder andere Frage, bis er sich schließlich hinreichend auszukennen glaubte. Dann trat auch Milo nach vorn und versuchte sich an einem freundlichen Lächeln. Er war gespannt, wie lange er dieses angesichts des hier verkehrenden Volkes aufrecht erhalten würde.
Schon trat ein Händler an ihn heran und grinste ihm mindestens ebenso freundlich entgegen. Milos Lächeln verblasste unmerklich, da er bei einem so betont freundlichen Anfang eine anstrengende Unterhaltung ahnte. Dennoch begrüßte er den Mann höflich. "Salve. Was kann ich für dich tun?" Dessen Grinsen wurde nun noch freundlicher und nach einer angedeuteten Verneigung begann er monoton und einschmeichelnd zu sprechen. "Salve, guter Mann. Was für ein schöner Tag dies doch heute ist. Erst gestern abend sagte ich zu meiner lieben Frau, dass wir heute sicher wieder wunderbares Wetter haben würden. Sie zweifelte, doch ich war mir sicher. Ja, mit dem Wetter kenne ich mich aus. Das habe ich übrigens von meinem Großvater mütterlicherseits geerbt. Auch er wusste stets genau..." Milos böse Vorahnung bewahrheitete sich. Um die Situation nicht noch weiter eskalieren zu lassen unterbrach er den Händler freundlich, aber bestimmt. Er räusperte sich kurz und erkundigte sich ruhig nach dessen Anliegen. "Entschuldige, dass ich dich unterbreche. Doch aus welchem Grund suchst du mich auf?" '...beziehungweise heim?' fügte Milo in Gedanken hinzu, blieb aber freundlich. Der Händler blinzelte irritiert und sah ihn ratlos an. "Ähm... Äh..." "Ja?" "Öhm... Hm..." Milo sah ihn abwartend an. Der Mann wirkte jedoch gänzlich aus dem Konzept gebracht. Offensichtlich konnte er sich seines Anliegens schlichtweg nicht mehr erinnern. "Äh... Jetzt hab ich es doch glatt vergessen. Die Gemüseverkäuferin hat mich noch angesprochen und musste mich doch glatt in ein endloses Gespräch verwickeln. Kennst du das, wenn du dich ewig mit jemandem unterhalten musst, der dich immerzu nur durch und durch langweilt? Dass die Leute es nicht merken, wenn ihr Gerede einen nicht interessiert. Ach, ich werde später noch einmal wiederkommen. Trotzdem danke. Vale!" Er winkte noch einmal kurz und verschwand dann im Getümmel der Märkte.
'Menschen gibt es...' dachte sich Milo und sah ihm immernoch ganz verblüfft nach. Dann besann er sich wieder, schüttelte kurz den Kopf und wandte sich dem nächsten Ratsuchenden zu. Sein Lächeln jedoch war mittlerweile um einiges vorsichtiger geworden.