Nachdem man ihm von der Abwesenheit seines Vaters berichtet hatte, hatte Milo die ihm angebotene Gastfreundlichkeit gerne angenommen. Zwar würde ihm diese Zeit in Rom fehlen, doch schien Sardinien eine durchaus erfreuliche Insel zu sein. So ließ er es sich gut gehen und genoss die zahlreichen Annehmlichkeiten des Landguts. Gerade hatte er sich mit Hermes im Peristyl des Anwesens niedergelassen, auf dass dieser ihm ein wenig Lyrik rezitiere, da wurde Milo von der Rückkehr seines Vaters benachrichtigt. Augenblicklich schwand sein Interesse an der Dichtkunst und er schickte seinen Sklaven fort. Er überlegte, ob er zu diesem Anlass noch eine Toga anziehen sollte, entschied sich angesichts des schönen Wetters jedoch dagegen. So begab sich Milo in schlichter Tunika an den ihm bedeuteten Ort und näherte sich seinem Vater, der ihm den Rücken zugewandt hatte. Zwar hatte Milo sich in den vergangenen Tagen zahlreiche Versionen überlegt, wie er seinen Vater begrüßen könnte, doch schienen sie ihm nun alle nicht angemessen. Statt für wortreiche Erklärungen entschied er sich für die direkte Art. Er blieb in respektvollem Abstand stehen und musste sich ein verschmitztes Lächeln mühsam verkneifen. Milo war sich nicht sicher, ob seine Ziehmutter Felix von seinem Sohn berichtet hatte oder nicht, so dass dessen Reaktion ein interessantes Bild abgeben könnte.
"Salve, Vater."
Beiträge von Titus Flavius Milo
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Der Ianitor öffnete und musterte Milo mit unverhohlenem Misstrauen. Dieser nannte ihm seinen Namen, ging jedoch nicht auf seine Verwandtschaft zu Felix ein. Er ging davon aus, dass sein Familienname für den Moment genügen sollte, um zu seinem Vater vorgelassen zu werden. Falls dessen Personal noch nicht über die Existenz eines zweiten Sohns informiert sein sollte, würden sich durch die Nennung dieser Tatsache nur unnötige Komplikationen ergeben. So wurde er schließlich widerwillig eingelassen und im Atrium zu warten geheißen. Der Ianitor machte Milo nicht allzu viel Hoffnung, dass sein Vater mit ihm sprechen würde. Doch er war nicht den weiten Weg gereist, um nun so kurz vor dem Ziel noch aufzugeben. Mit einem trotz allem mulmigen Gefühl im Magen wartete Milo im Atrium und ging unruhig umher.
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Milo gelangte zum Tempel der Vesta. Natürlich betrat er selbigen nicht, da er nicht den Zorn der Götter auf sich ziehen wollte. Er blieb auf dem Vorplatz stehen und sah sich nach einer Frau in der traditionellen Tracht der Vestalinnen um.
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Milo machte sich zufrieden eine entsprechende Notiz und sah sein Gegenüber erfreut an.
"Vielen Dank. Doch damit habe ich auch schon alle Informationen, welche ich für den Aedil benötige. Ich werde mich nun wieder auf den Weg machen, da ich noch einiges zu erledigen habe. Unter anderem werde ich die Vestalinnen aufsuchen, um mich nach einigen Testamenten zu erkundigen. Um ganz sicher zu gehen, werde ich auch nach der Existenz eines solchen in Bezug auf deinen Vater fragen. Sobald ich diese Informationen beschafft und dem Aedil ausgerichtet habe, wird er sich um die entsprechenden Eintragungen kümmern. Ich danke dir nochmals, für die freundliche Auskunft." -
Milo ließ sich ein neues Glas Wein geben und trank etwas daraus. Angesichts der Worte Aristides' verzog er das Gesicht und schüttelte sich leicht.
"Germanien! Ich kann mir beileibe nicht vorstellen, was einen Menschen in diese Provinz ziehen kann. Es ist kalt, wenig zivilisiert und ständig diese Bedrohung durch die Germanen. Wie willst du es dort nur so lange aushalten? Ich glaube kaum, dass auch nur in einer der dortigen 'Städte', so man sie denn so nennen kann, über ein auch nur halbwegs akzeptables Nachtleben verfügt. Du wirst wahrscheinlich schon froh sein, wenn dich die germanischen Lupae überhaupt verstehen. Da lobe ich mir doch Rom, den Nabel der Welt. Hier gibt es alles, was das Herz begehrt. Natürlich könntest du als Soldat der Cohortes Urbanae nicht mehr in unserer Villa wohnen und dich auch nicht jeden Tag in der Stadt herumtreiben. Doch wenn sich tatsächlich einmal ein freier Tag ergibt, dann steht dir alles an Unterhaltung zur Verfügung, was der Mensch sich wünschen mag. Nur..."
Er lächelte verschmitzt, sah sich kurz um und sprach dann mit gedämpfter Stimme weiter.
"...gehe bitte nicht zu den Vigiles. Ich weiß, dass mein Bruder da anders zu denken scheint, aber für mich sind sie noch immer nichts als eine Bande Freigelassener. Es sind Feuerlöscher oder Eimerträger, aber in meinen Augen keine wirklichen Soldaten. Sie wären eines Flaviers nicht würdig, Marcus."
Milo zuckte mit den Schultern. In dieser Angelegenheit dachte er einfach ganz anders als sein Zwilling. Auch wenn er dessen Meinung natürlich akzeptierte, hinderte ihn das natürlich nicht daran, seine eigene gegenüber Aristides zu äußern. Er fuhr in normaler Tonlage wieder fort.
"Die Cohortes Urbanae sind in jedem Falle eine Einheit von hohem Ansehen. Doch wenn du natürlich die germanische Abgeschiedenheit dem vorziehst, dann will ich dir nicht im Wege stehen. Vielleicht solltest du vor der endgültigen Entscheidung noch mit jemandem sprechen, der die Provinz ein wenig besser kennt."
Er zuckte ratlos mit den Schultern, machte es sich auf seiner Kline gemütlich und trank wiederum etwas Wein. -
Milo nahm seine Wachstafel heraus und warf einen Blick auf seine Notizen. Er nickte bestätigend.
"In der Tat. Der Name des Betriebs lautet 'sutrinum sergium'. Gehe ich recht in der Annahme, dass also du als sein Sohn diesen weiterführen wirst?" -
Milo lachte auf und schüttelte den Kopf.
"Stärker vielleicht, aber nicht stark genug. Du wirst wohl immer der Athlet von uns beiden bleiben."
Er war hart auf dem Boden aufgekommen, doch das machte ihm nicht viel aus. Wer mit Aristides zusammen aufwuchs, war Schmerzen gewohnt. Da mit Mitleid ohnehin nicht zu rechnen war, verzog er nur leicht das Gesicht und stöhnte nicht allzu übertrieben vor Schmerzen.
"Aber eines Tages wirst du mich noch umbringen, Marcus."
Betont mühselig stemmte er sich vom Boden hoch und kam umständlich wieder auf die Beine. Missmutig betrachtete Milo seine verdreckte Toga und klopfte halbherzig etwas Staub ab. Um die Weinflecken würden sich später die Sklaven kümmern müssen. Er seufzte theatralisch und legte sich vorsichtig wieder auf seine Kline. Noch immer vorwurfsvoll sah Milo zu Aristides hinüber.
"Lass dir deine Wunde von einem der Sklaven versorgen. Agrippina würde darauf bestehen."
Er ahnte, dass dies das vermutlich einzige Argument war, welches seinen Ziehbruder in diesem Punkt möglicherweise zur Vernunft bringen konnte. Also diskutierte Milo auch nicht weiter darüber und wandte sich interessanteren Themen zu.
"Von mir aus gerne. So es mir tatsächlich vergönnt sein sollte, wäre es mir eine große Ehre eines Tages das hohe Amt des Consuls ausführen zu können. In dem Fall könnte ich dich auch als Legatus Legionis akzeptieren. Doch bis dahin wird wohl noch viel Wasser den Tiber hinab fließen. Nach Germanien willst du?"
Milo war nicht sonderlich begeistert und verbarg dies auch nicht. Kritisch zog er die Augenbrauen hoch.
"Ist es denn wirklich notwendig, dass du dich derart weit von der ewigen Stadt entfernst? Ich werde sterben vor Langeweile. Von der IX habe ich bislang noch nicht viel gehört. In der Acta Diurna las ich von einigen ihrer Aktivitäten, erinnere mich aber nicht mehr so genau. Doch wenn du Informationen benötigst, könnte man sich bei meinem Vorgesetzten erkundigen. Der Aedilis Plebis erzählte mir, dass er vor seinem Eintritt in den Cultus Deorum der Statthalter von Germanien war. Wären die Cohortes Urbanae nicht auch eine gute Möglichkeit?"
Ganz hatte er die Hoffnung noch nicht aufgegeben, des Nachts gemeinsam die Stadt erkunden zu können. -
Milo begrüßte den Öffnenden höflich, da er nicht nach einem Ianitor-Sklaven aussah.
"Salve. Mein Name ist Titus Flavius Milo und ich bin der Scriba des Aedilis Plebis. Ich komme in der Erbangelegenheit des Marcus Sergius Stephanus. Laut den Unterlagen des Aedils hat er einen Betrieb hinterlassen, welcher noch immer auf seinen Namen eingetragen ist. Ist hier jemand anzutreffen, welcher um den Verbleib des Geschäftes informiert ist? Wurde es bereits durch ein Familienmitglied übernommen?" -
"Gerne. Das ist ohnehin eine längere Geschichte."
Milo nickte zustimmend und verabschiedete sich von Macer. Auch er würde noch die ein oder andere Besorgung erledigen müssen.
"Ich werde erscheinen. Dann bis morgen. Vale!"
Er gab ihm die Hand und machte sich auf dem Weg aus der Basilica Iuliana heraus in die ewige Stadt. -
Milo schaute etwas kritisch ob der Verniedlichung, kommentierte sie aber nicht weiter. Es reichte ihm eigentlich, dass Aristides ihn manchmal so nennen musste, und er ahnte, dass er noch weit davon entfernt war, von Furianus als gleichberechtigt akzeptiert zu werden. Doch so war wohl einfach der Lauf der Dinge und die Zeit würde es schon richten.
"Zu klein? Wie kann man zu klein sein, um etwas zu erben?"
Milo schmunzelte und machte sich eine Notiz auf seiner Wachstafel.
"Falls sie noch minderjährig sind, wird sich wohl ein Vormund oder dergleichen finden, welcher das Vermögen einstweilen verwaltet. Falls sie nicht mehr am Leben sind, wäre dann wohl unser Vater der rechtmäßige Erbe. Alles gesetzt den Fall, dass kein Testament existiert."
Er sah Furianus aufgrund dessen Begründung höchst irritiert an.
"Doch wie kommst du darauf, dass seine Abwesenheit aus Rom hn von der Erbfolge ausschließen würde? Auch wenn er auf Sardinien ist, kann er doch etwas erben. Falls Vater selbst kein Interesse an den Betrieben hat, wird er sie schon entsprechend veräußern oder weitergeben."
Ihm kommt der Gedanke, dass Furianus selbst es vermutlich auf das Erbe abgesehen hat, was ihn nun ein wenig befremdet. Milo versucht den Gedanken wieder beiseite zu schieben und sich seiner Arbeit zuzuwenden.
"Wie steht es um Gaius Flavius Maximus? Wer ist in diesem Fall der nächste noch lebende Verwandte?" -
Milo blinzelte Aristides irritiert an.
"Du willst gleichzeitig zum Militär und auf die Rostra? Onkelchen, so funktioniert das aber nicht."
Er verstummte jedoch augenblicklich, als sein Ziehbruder sich tatsächlich von ihm schon so provozieren ließ und die kurze Distanz zu Milos Kline rascher überquerte, als dieser reagieren konnte.
"Argh! Nein, Marcus!"
Das Glas überaus hinderlich in der Hand kämpfte Milo um sein Gleichgewicht, hatte in seiner Überraschung diesem Angriff jedoch nichts entgegen zu setzen. Er fiel rückwärts die Kline hinunter und landete hart. Sein Ellenbogen traf schmerzhaft auf dem Boden auf, das Glas sprang ihm aus der Hand und zerschellte. Jetzt erst fasste er sich wieder und Milos Überraschung wich Rachegelüsten. Er grinste unheilverkündend.
"Na warte, du!"
Im Nu war er wieder auf den Beinen und stürzte sich nun seinerseits auf Aristides. Auch wenn er ahnte, dass er nicht als Sieger aus dieser Auseinandersetzung herausgehen würde, machte der freundschaftliche Kampf Milo durchaus Spaß.
"Das werde ich dir heimzahlen!"
Mit einem Satz stand er auf seiner Kline und versuchte aus dieser erhöhten Position Aristides den Arm um den Hals zu legen, um diesen in den Schwitzkasten zu nehmen. Mit der anderen Hand zog er kräftig an dessen Toga, um ihn so aus dem Gleichgewicht zu bringen.
"Als Consul werde ich dir schon noch zeigen, wie der Hase rennt. Aber bevor du Legat bist, musst du erst einmal Senator werden. Nur, während du mit den Plebejern am Straßen bauen bist, wird das ziemlich schwierig werden!"
Er grinste breit ob dieser Vorstellung und lehnte sich mit seinem ganzen Gewicht gegen Aristides. -
Milo staunte nicht schlecht, dass der Senator mit ihm derart zu scherzen beliebte. Sein überraschter Gesichtsausdruck wandelte sich doch bald ebenfalls in ein amüsiertes Lächeln.
"Wenn das so ist, dann werde ich ihm gerne von deiner mangelhaften Arbeit erzählen und ein paar erfundene Fehler in den schillerndsten Farben schildern."
Sein verschmitztes Lächeln ließ keinen Zweifel daran, dass er diese Worte nicht ernst meinte. Die nächsten Worte des Aedils überraschten Milo dann jedoch so sehr, dass er husten musste und doch etwas verlegen wurde.
"Nun ja. Ich hoffe nicht, dass das zu einem Problem wird, aber wir sind vermutlich tatsächlich Zwillinge, auch wenn wir uns nicht sonderlich ähnlich sehen."
Er räusperte sich und zog entschuldigend die Schultern nach oben.
"Nein. Fragen habe ich keine mehr. Falls sich noch welche ergeben, kann ich sie schließlich auch noch morgen an meinem ersten Arbeitstag stellen." -
Milo vernahm die Worte seines Bruders mit einigem an Verblüffung. Dann lachte er auf und schüttelte den Kopf.
"Ich glaube nicht, dass mein Aussehen die Väter der ehrbaren Frauen in solchem Maße zu beeinflussen in der Lage ist. Viel größer wird auch noch das Problem sein, eine Dame zu finden, die meinen hohen Ansprüchen überhaupt genügt."
Er lächelte und überlegte kurz. Es war für ihn eine Selbstverständlichkeit, dass seine zukünftige Ehefrau sämtliche römischen Tugenden auf sich vereinen und ihm zudem noch persönlich ansprechend erscheinen musste.
"Doch obwohl ich das Alter der Ehepflicht bereits erreicht habe, sehe ich die Dringlichkeit dieser Angelgenheit für mich persönlich nicht ganz so hoch. Es graut mir noch ein wenig vor den Zwängen des Ehelebens."
Milo verzog das Gesicht ein wenig und schüttelte sich. Doch dann entsann er sich wieder dem eigentlichen Grund seines Besuches und nahm noch einmal seine Wachstafel hervor.
"Wir sollten noch klären, wie es um die Betriebe der Verstorbenen steht. Weißt du zufällig, ob und wie mit ihnen verfahren wurde oder aber wer dies wissen könnte? Flavia Messalina Oryxa hinterließ einen Bauernhof und ein Weingut, während Gaius Flavius Maximus ein Sägewerk besaß." -
Milo wartete eine geraume Zeit, vernahm jedoch keinerlei Antwort auf sein Klopfen. Verwundert besah er sich die Front des Hauses, ob sich irgendwelche Hinweise ergaben, welche auf Bewohner schließen ließen. Er fand jedoch nichts, was ihm weiterhelfen würde. So klopfte er ein zweites Mal, etwas stärker, und wartete erneut.
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Ein wenig enttäuscht war Milo, dass er mangels Einsprüchen nun keine interessante zugehörige Verhandlung besuchen konnte. Doch noch war die Amtszeit nicht vorbei und es gab sicher noch genügend Gelegenheiten für interessante Beobachtungen. Um genau zu sein hatte Milo seine Stelle auch gerade erst angetreten, so dass er wohl wirklich noch nicht mit viel hätte rechnen können. Die nicht geäußerten Enthüllungen in Bezug auf seinen Bruder enttäuschten ihn wiederum ein wenig. Er argwöhnte, dass der Aedil ihm mögliche Probleme verschwieg, da es sich um seinen Bruder drehte. Doch mehr war wohl nicht aus ihm herauszubekommen. Auf die Gegenfrage hin lächelte Milo leicht und schwieg kurz nachdenklich, bevor er antwortete.
"Im Grunde habe ich das schon getan. Ich fragte ihn natürlich im voraus, was er davon hielte, wenn ich dein Scriba würde. Aufgrund der Tatsache, dass ich nun hier stehe und wir dieses Gespräch führen, kannst du dir die Art seiner Antwort sicher denken."
Er zog den linken Mundwinkel noch etwas stärker nach oben, zum Zeichen dass er die folgenden Worte nicht mit vollem Ernst aussprach.
"Doch bei so viel des Lobes bin ich mir nun nicht mehr sicher, ob ihr tatsächlich beide die volle Wahrheit sprecht, oder mir um der Schonung willen unangenehme Details vorenthaltet. Ich will dich aber nicht weiter bedrängen. Im Zweifel werde ich die Spannungen schon noch selbst herausfinden." -
Natürlich erinnerte sich Milo nur allzu gut daran und ein breites Grinsen überzog sein Gesicht. Auch wenn er selbst in der Rhetorik nach Meinung des Lehrers meist besser abgeschnitten hatte als Aristides, war dieser einfach unschlagbar, wenn es um ein imposantes Auftreten und das Nachahmen anderer Personen ging. Entsprechend freute er sich auf die zu erwartende Vorstellung. Milo wurde nicht enttäuscht. Die gekonnte und so genau passende Nachahmung ihres einstigen Lehrers war perfekt wie immer. Es dauerte nicht lange und Milo hielt sich den Bauch vor Lachen. Nur mühsam bekam er sich wieder unter Kontrolle und wischte sich die Lachtränen aus dem Gesicht, bevor er atemlos antwortete.
"Köstlich, einfach zu köstlich. Du bist fantastisch, Marcus."
Er trank etwas aus seinem Glas und beruhigte sich langsam wieder. Das breite Grinsen war aber nicht mehr aus seinem Gesicht fort zubekommen.
"Wer weiß, vielleicht wirst auch du eines Tages Gefallen an dieser Kunst finden. Deine Stimme und die Haltung sind einfach überwältigend und ich bin mir sicher, dass dir eine vielversprechende Karriere auf der Rostra bevorstünde."
Milo grinste verschwörerisch, beugte sich leicht vor und sprach mit gedämpfter Stimme weiter.
"Wenn du die wichtigsten und interessantesten Leute hier in Rom erst einmal kennengelernt hast, dann musst du mir unbedingt noch die ein oder andere Kostprobe davon geben. Deine Interpretation zum Beispiel des Aedilis Plebis oder auch meines Zwillingsbruders würde mich brennend interessieren."
Er lehnte sich wieder zurück und sprach wieder normal weiter.
"Für den Fall, dass mich tatsächlich jemand mit dem Schwerte anzugreifen wagt, werde ich mich vertraulich an meinen guten alten Onkel Marcus wenden. Wenn der erstmal seine Grundausbildung hinter sich bekommen hat, wird er meine Feinde schon das Fürchten lehren. Im späteren Verlauf meiner Karriere findet sich ja vielleicht sogar die ein oder andere kleine Legion unter meinem Kommando, auf dass ich sie den frechen Kerl schlicht überrollen lasse. Wahrlich, eine ansprechende Vorstellung. Wie würde es dir gefallen, in einer Legion unter meinem Kommanto zu dienen, Marcus?"
Milo duckte sich vor eventuell heranfliegenden Wurfgeschossen. Sein Hunger war mittlerweile gestillt, so dass er nur rasch sein Weinglas nahm und dieses ebenfalls in Sicherheit brachte. -
Milo hörte genau zu und ein Lächeln war auf seinem Gesicht zu sehen.
"Ich wusste doch, dass du eine gute Wahl treffen würdest. Ich bin schon sehr gespannt darauf, sie kennen zu lernen. Doch glaube nicht, dass jeder Patrizier von Natur aus mit guten Manieren bestückt ist."
Das Lächeln wurde noch breiter. Die Erinnerungen an die Geschichten seiner Jugend amüsierten ihn sichtlich.
"Wenn ich da nur an einige Vertreter unseres Standes im schönen Baiae denke, dann ist das nicht immer unbedingt das, was ich als gutes Benehmen bezeichnen würde. Auch bei Menschen von hoher Geburt ist eine gute Erziehung unerlässlich, um sich wahrlich gekonnt in unseren gehobenen Kreisen bewegen zu können. Moral und Anstand wird in der heutigen Zeit allzu oft allzu gering geschätzt."
Er sinnierte noch kurz über die Gerüchte, die man sich über manche Personen erzählte, und rief seine Gedanken dann wieder in die Gegenwart zurück.
"Es ist schön zu hören, dass du auf solchem Wege an eine so gute Partie gekommen bist. Ich glaube nicht, dass auch ich so großes Glück haben werde. So zahlreich sind sie heutzutage nicht mehr, die sowohl liebenswerten als auch ehrbaren Damen."
Ein leicht wehmutiger Ausdruck war in Milos Gesicht zu sehen.
"Und doch werde auch ich in meinem Alter allmählich ernsthaft darüber nachdenken müssen." -
Leichter Unmut regte sich in Milo, bekam er doch den Eindruck man würde glauben er arbeitete für die Aurelier. Doch da es sich nur um die Äußerungen einer Frau handelte, sah er großzügig darüber hinweg und ließ sich nichts anmerken.
"Sehr gut, dann werden wir es so machen. Der Aedil wird euch über die Ergebnisse vermutlich schriftlich benachrichtigen. Nun möchte ich dich auch nicht länger stören, damit du deinen eigentlichen Beschäftigungen wieder nachgehen kannst."
Er erhob sich von seinem Platz und verabschiedete sich höflich.
"Vielen Dank für die Gastfreundschaft und die freundliche Auskunft. Es war mir ein Vergnügen."
Freundlich lächelte Milo sie an und wartete noch kurz, dass sie ihn entließ. -
"Hat es denn bereits ungewöhnliche Fälle gegeben, oder Klagen gegen deine Edikte?"
Milo überlegte, ob er sich im Falle letzterer die Zeit nehmen sollte, einer entsprechenden Verhandlung beizuwohnen.
"Wie schlägt sich mein Bruder eigentlich so im Amt? Verläuft die Zusammenarbeit in erfreulichen Bahnen?"
Er konnte es nicht verhindern, dass ein leichtes Lächeln auf seinem Gesicht erschien. Da er seinen Bruder bislang kaum kannte, interessierten ihn auch die Meinungen von Anderen. -
Milo hatte sich an die Essmanieren seines Ziehbruders längst gewöhnt, so dass sie ihn nicht irritierten. Er ahnte jedoch, dass Furianus sich einen Kommentar nicht verkneifen würde und seine Spannung auf deren erstes Zusammentreffen wuchs. Nachdem Milo seinen Fisch restlos aufgegessen hatte, trank er wieder aus seinem Glas und sah zu Aristides hinüber.
"Keine Sorge, alter Mann. Furianus ist aus anderem Holz geschnitzt als ich. Doch vielleicht liegt es auch am pompösen Rom und vielleicht bin bald auch ich ein wahrer Meister des geschliffenen Wortes und der gewitzten Rede."
Er zuckte mit den Schultern und schüttelte den Kopf.
"Es mag so sein, dass der Dienst beim Militär einen solchen Ruf hat, doch der Preis ist mir momentan zu hoch. Ich bin fest davon überzeugt, dass man auch ohne solche Demütigung zu wahrer Größe heranwachsen kann. Gilt nicht die Feder auch mächtiger als das Schwert? Soll es mir somit nicht vielleicht noch besser möglich sein, mich über die Künste des Schreibens und der Rhetorik weiter zu bilden? Ich weiß, was sie gesagt hat. Und ich liebe deine Mutter sehr, da sie mich wie einen eigenen Sohn aufgezogen hat. Doch ist nicht der Dienst an der Feder vielleicht sogar noch besser und mächtiger als der Dienst am Schwert?"
Ein breites Lächeln zog sich über Milos Gesicht und gespannt wartete er Aristides Reaktion ab.
"Agrippina hatte auf jeden Fall nur unser Bestes im Sinn. Lass mich die Feder als Waffe betrachten, auf dass mein Bestes mir auch am besten gefällt. Mit der Feder in der Hand werde ich Großes leisten und auch so zu wahrer Größe gelangen."
Zufrieden mit seiner Interpretation der Dinge trank Milo sein Glas leer und ließ es von dem Sklaven nachfüllen. Dann wandte er sich seinem gebratenem Fleisch zu.