"Sag mal, siehst du das selbe da vorne, wie ich?" Mit einem verdutzten Gesichtsausdruck wandte sich Callisthenes, seines Zeichens Grieche und seit etlichen Jahren Eigentum des römischen Staates, auf seinem Pferd halb um und blickte zu seinem Begleiter hinüber. Der war nicht sonderlich begeistert davon angesprochen zu werden - so wenig wie er davon begeistert war auf einem Pferd zu sitzen und überhaupt am Leben zu sein. Da er also nicht gerade bester Laune war, brummelte er nur ein wenig vor sich hin. "Woher soll ich denn wissen, was du siehst?" Seit sieben Jahren ritt Callisthenes jetzt schon mit seinem Begleiter durch die regio italia, da ging er bei so einer Antwort schon lange nicht mehr an die Decke... noch dazu, da der missgelaunte Andere, freier römischer Bürger war - zumindest in soweit, wenn man es "frei" nennen konnte, seit 7 Jahren ohne Beförderung auf dem gleichen Posten als scriba zu hocken.
Mit einem spöttischen Grinsen blickte der Grieche zum Römer hinüber und hielt dann sein Pferd an. "Na komm, sind doch nur noch 20 Meilen dann kannst du wieder runter von deinem Gaul. Aber jetzt heb mal den Kopf und schau nach Vorne, ich glaub da sind Legionäre zu sehen. Was machen die denn hier?" Einen kurzen Augenblick lang hob der scriba den Kopf, nur um ihn gleich wieder hängen zu lassen. "Keine Ahnung." Mit einem Arm auf den Pferdekopf gestützt richtete sich Callisthenes ein wenig auf, konnte dadurch aber auch nicht mehr erkennen. "Waren hier an der Straße irgendwelche Arbeiten geplant?" Diesmal kam keine körperliche Regung von seinem römischen Begleiter, was den Griechen allerdings noch nicht in Verzweiflung stürzte, denn immerhin, kam eine verbale Antwort. "Keine Ahnung."
Das trug allerdings nicht sonderlich bei die Situation zu klären, weshalb Callisthenes sich jetzt doch mit ein wenig erhobener Stimme an seinen Römer wandte. "Würde es dir dann etwas ausmachen in den Unterlagen nachzuschauen?" Langsam wurde er ein wenig ungeduldig, aber der scriba machte vorerst noch keine Anstalten sich sonderlich zu rühren. "Keine Ah..." Nun zumindest fiel dem schlechtgelaunten Mann auf, dass seine Lieblingsantwort nicht ganz passend war, weshalb er kurz darauf grummelnd und umständlich etwas aus der Ledertasche hervorfummelte, die er sich umgehängt hatte. Mit einem "Guck doch selber nach!" warf er dann Callisthenes eine tabula zu und blies wieder Trübsal vor sich hin.
Nach einem kurzen Blick auf die Eintragungen, die sie im Officium bekommen hatten, gab Callisthenes dem Römer die Wachstafeln zurück. "Steht nichts drin davon... also sollten wir uns wohl mal anschauen." Jetzt blickte der scriba doch einmal auf und sein trübsinniger Gesichtsausdruck wich einem ziemlich leidvollen. Tatsächlich sagte er aber kein Wort und folgte nur weiter dem Griechen, als der sein Pferd wieder in Bewegung setzte und auf den nächststehenden Römer zuhielt.
Einige Augenblicke später standen sie auch schon vor einem Legionär, und um den nicht unnötig zu langweilen übernahm Callisthenes das Reden. "Salve Römer! darf man sich erkundigen, was hier geschieht?"