Irgendwie schürten die Worte von Epicharis einige Herzschläge lang Mißtrauen in Marcus' Herzen, kannte sie den Caecilier etwa? Vielleicht sogar beßer als ihm – Marcus – es lieb wäre? Oder warum sagte sie so etwas über jenen Mann, wo er doch beide Männer recht gut einzuschätzen wußte und ganz besonders die Qualitäten und Fähigkeiten von dem Artorier – den Marcus sehr schätzte, selbst wenn das nicht auf Gegenteiligkeit beruhte, nein, der Artorier konnte Marcus ja noch nicht mal sonderlich gut leiden, was Marcus nie gemerkt hatte! Marcus runzelte einen weiteren Herzschlag lang seine Stirn, einige Furchen bildeten sich dort und eine angedeutete Falte zwischen seinen Augenbrauen, aber sofort wischte er die Gedanken hinweg, das Mißtrauen flog davon, wie ein flüchtiger Nebel und sein Herz wurde nur noch durch die Melancholie des Tages belastet, nicht jedoch durch Argwohn – und es war nicht Marcus' Natur, anderen Menschen zu mißtrauen, ganz gewiß nicht der strahlenden und so heiteren Epicharis; dennoch verzog er skeptisch das Gesicht.
„Ich bitte Dich, meine Liebe, der Caecilier ist gewiß kein Mann der Subtilittranz...Subti...ach egal, der Mann ist nicht minder ein Elefant in einer Tonwerkstatt als ich, ich glaube kaum, daß Avitus dem weniger gewachsen wäre als der Caecilier, wirklich nicht! Der Artorier ist einfach schlauer, so ist das nun mal!“
Und von der Meinung würde man Marcus auch bestimmt nicht weg bekommen, die hatte er sich schon vor einigen Jahren gebildet, sowohl über Avitus als auch über Crassus.
Und genauso wie bei der Sache mit dem PP ließ Epicharis auch bei der Karriere von Marcus nicht locker, resigniert starrte er in das gelbflüßige Getränk und seufzte still als er einen tiefen Schluck davon tätigte, angenehm und beruhigend rann er seine Kehle herunter, während er sich fragte, was zum Henker Epicharis damit meinte, daß es schon ungeeignetere Männer in jenen Stellen gegeben hat; also hielt sie ihn im Grunde doch für ungeeignet, naja, kein Wunder, sie hatte ja den perfekten Gracchus als das Idealbild eines römischen Patriziers sicherlich vor Augen, klug, gebildet, wortgewandt, erfolgreich, egal, was er tat; wenn Marcus seinen Vetter nicht so aufrichtig mögen und ihm das Beste von der Welt wünschen würde, er hätte glatt neidisch werden können auf Gracchus, aber Marcus wurde es nicht, nur sich seiner eigenen Unzulänglichkeit völlig bewußt, wenn es die Erforderniße seiner Familie anging, irgendwie schien es ihm schon ein munterer Streich der Götter gewesen zu sein, ihn in die Familie der Flavier zu schicken, und wenn schon die Flavier, dann hätte es wohl beßer vor hundert Jahren sein sollen, da hätte Marcus wohl eher hinein gepaßt; Marcus' Schultern sackten ein wenig hinunter und er starrte betrübt drein, er schaffte es darum lediglich ein leises:
„Hm!“
von sich zu geben. Er wollte Epicharis jedoch nicht jetzt schon enttäuschen, sie würde noch erkennen, wie absurd schon die Vorstellung war, daß er den Weg zum Senat anstrebte – herrje, wie sehr sich Marcus an diesem Abend irrte und wie sehr das Schicksal – mehr jedoch seine eigene Familie und als besonders aktiver Täter sein Vetter – ihm einen Strich durch die Rechnung machen würde.
„Gucken wir mal, mea stella!“
, erwiderte er nun und lächelte in einem mehr unzureichendem Versuch, ein wenig Fröhlichkeit zu versprühn, es gelang mehr schlecht, als recht.
Etwas erleichtert war Marcus, das Thema zu wechseln und sich lieber anderen Dingen zu zu wenden, wie der Sklavin; die Freiheit? Aha, das war ja noch schöner, jetzt fragten wohl die Sklaven heutzutage und wollten unbedingt ihre Freiheit, statt daß sie geduldig warteten, treu dienten und sich damit einfach ihre Freiheit verdienten, tja, so ging die Welt elendig zu Grunde, zumindest waren die Sklaven von heute wohl nicht mehr das von seiner Jugend, zumindest glaubte Marcus das für einige Herzschläge lang, früher hatte es doch auch nicht so viele Probleme mit ihnen gegeben, oder? Nachdenklich runzelte Marcus die Stirn und rutschte etwas herum, um bequemer zu sitzen und seinen Magen noch für einen Moment stumm zu halten, er hatte nämlich einen Bärenhunger so langsam, aber sicher.
„Wieso mußt Du mit mir reden? Wenn Du einer Sklavin die Freiheit schenken willst, ist das Deine Entscheidung!“
Marcus würde gewiß nicht anfangen, in Epicharis' Welt reinzureden, nein, Epicharis war klug, besonnen und ein gutherziger Mensch – vielleicht zu gutherzig!, und Marcus wußte, daß Entscheidungen in ihren Händen auch gut aufgehoben waren, warum dann anders vorgehen; er lächelte Epicharis einen Moment liebevoll an, küßte sie sanft auf die Wange und trank einen Schluck vom mulsum, der sein Begehren noch mehr schürte – auf das Essen natürlich!
„Wie lange dient sie Dir denn schon? Und willst Du sie überhaupt freilaßen?“
Der Gedanke, den Epicharis aufwarf, war gar nicht so verkehrt gedacht; Marcus war aber dennoch einfach noch zu wütend und enttäuscht über Hannibals Verhalten, um die Klugheit hinter den Worten seiner Frau zu erkennen, er verzog mehr mürrisch den Mund, war jedoch immerhin schlau genug, auf ihre Worte zu nicken.
„Wenn Du möchtest...aber ich glaub, da ist Hopfen und Malz verloren!“
Endlich – den Göttern sei Dank! - wurde das Mahl aufgetragen, es roch schon gut, doch irgendwie auch...ungewohnt; Marcus ließ seinen Blick über das Essen schweifen, es schien ihm wirklich unkonventionell zu sein, aber vielleicht wollte Epicharis ein wenig Abwechslung auf den Speiseplan bringen; er nickte und versuchte ein gequältes Lächeln herunter zu spielen, denn sein Magen schrie nach etwas handfesten, aber das würde sicherlich noch folgen, also würde er sich für den Moment und Epicharis zu Liebe noch etwas in Geduld üben.
„Ähm, ja, sehr außergewöhnlich, eine interessante Vorspeisenwahl!“
Marcus winkte einen Sklaven heran, damit dieser ihm auf einen Teller auftat, für den gröbsten Hunger würde das erstmal reichen, hoffentlich schwang der Koch noch weiter seine Löffel eifrig.