Beiträge von Marcus Flavius Aristides

    :dagegen:
    Ganz einfach, es dauert jetzt schon zu lange. Wenn man alle Amtszeiten durchrechnet, plus der gut ein bis zwei Pausen, die man teilweise einlegen muss, wie zb. nach dem Quaestoramt, dauert das ganze schon an die zwei Jahre bis/nach Konsul - als Pleb auf jeden Fall. Wenn man dann noch die übliche Vorlaufszeit einrechnet, in der man sich einen Namen macht - schließlich gehen nicht alle so streb(er)haft vor, sofort in den CH einzusteigen - ist da noch eine weitere Zeit, die man dazu rechnen kann. Verlängert man die Amtszeiten auf vier Monate, kann man gut mit drei Jahren rechnen, die man für die gesamte Laufbahn braucht, wenn man es straight durchzieht. Ich denke, der CH hat sowieso schon einiges an Attraktivität verloren, so würde er noch zäher werden meiner Meinung nach.


    Zweiter Grund: Gut, praetor, aedil, consul, bestimmte vingintivir haben sicherlich einiges zu tun, aber es gibt auch ein paar Posten, die mittlerweile völlig sinnfrei geworden sind, sprich, wo die Spieler sich was aus den Fingern saugen müssen und teilweise einfach nur Spiel betreiben, um zu beweisen, daß sie in ihrer Amtzeit doch etwas tun, ich denke, für jene Posten - da denke ich insbesondere an die Quaestoren, die ja so gut wie alle SimOff Aufgaben wie die Chronik verloren haben - ist eine Verlängerung auch gar nicht notwendig. Und für die Posten, wo viel zu tun ist, da ist man nach drei Monaten ganz sicher froh, daß man ihn abgeben kann.

    Musik klimperte durch den Garten, ebenso leicht wie der Wind immer mal wieder lau und warm durch die Zweige von Malvensträuchern, Oleanderbüschen und Pinienbäumen wehte, Sklaven eilten hin und her und wuschen, trugen auf, goßen ein, sorgten dafür, daß kein Gast zu kurz kam, egal ob Soldat, Senator oder Zivilist. Wenn eine Platte sich dem Ende zu neigte, wurde schon die nächste Speise aufgetragen, Fleisch fügte sich den ersten Gängen an, von der gestopften Gänseleber, der Schweineleber, deren Träger zuvor mit viel Honig gemästet worden waren, gefülltes Hühnchenfleisch, Kapaun, und noch vieles mehr, gefolgt von Fisch, große Platten mit mullus in dicksämigen liquamen getunkt. Niemand sollte an dem Tag nicht mit einem vollen Bauch von der Hochzeit gehen dürfen, sich sogar später am Abend auch was von den Sklaven einpacken laßen, wenn gewünscht. Natürlich würde auch Marcus es sich nicht nehmen laßen, ordentlich am Mahl teilzuhaben; doch zuerst und ehe ein Sklave ihm die Schüssel mit lauwarmen Wasser reichte, damit er seine Hände reinigen konnte, schenkte er Epicharis ein warmes Lächeln; nun, wo die Aufregung der Zeremonie sich gelegt hatte und es erst zu dem entspannten Teil der Hochzeit ging, war die größte Anspannung vorbei; obwohl immer noch Nervosität in Marcus lauerte, aufzubegehren. Aber noch verblieb Marcus eine Schonfrist und er hoffte sehr, daß Epicharis auch in Zukunft froh bleiben würde.
    „Ich auch, mea stella!“
    , erwiderte Marcus leise als sie schon auf den Klinen Platz genommen hatten. Marcus bemerkte auch, daß neben den Musikern wohl noch Tänzer am Werke waren, die die Gäste unterhalten sollten, doch sich mehr als auf seine Braut und das Essen konzentrieren, das vermochte er nicht an jenem Tage, es wäre sicherlich anders gewesen, wenn es nicht seine eigene Hochzeit wäre. Dennoch hielt sich Marcus erstaunlicher Weise beim Essen zurück, während das Mahl voran schritt und die Zeit verstrich, während so manch alte Bande aufgehoben wurden, andere aufkeimende Zwistigkeiten schon im Keime erstickt wurden und sich die Gäste im Garten tummelten.


    Die Sonne wanderte über den Hügeln von Roms entlang und noch bevor ihr Rand sich hinter die Erde schob – die manche als Scheibe, andere eher als eine Kugel bezeichnen würden; Marcus gehörte natürlich zu der ersten Fraktion und das aus purer Simplifizierung heraus – zeigte sich eine schmale Mondsichel am Himmel und daneben leuchtete schon ein erster Stern, die Venus, der Abendstern. Marcus selber bemerkte von all dem nichts, denn während er sich schon den süßen Köstlichkeiten – gebackene Früchte, in Honig und Teig gerollte Nüsse, und ähnliche Süßspeisen – widmete und daneben seiner Braut noch einige artige Komplimente machte, war das Leuchten erschienen. Aber es war einer der drei Knaben, die später noch eine wichtige Aufgabe hatten, ein kleiner Flavius Fimbria, der Sohn eines Sohnes eine entfernten Vetters, der gerade nach Rom geschickt worden war, um ein wenig die große Bühne der Hauptstadt kennen zu lernen und auch seine Familie, dieser Junge von grade 11 Jahren erblickte den Stern als erster, denn er hatte eifrig den Abendhimmel danach abgesucht; er hob einen Finger und deutete aufgeregt auf das schwache Leuchten an dem sich dunkler färbenden blauen Firmament.
    „Da, da ist er. Der Abendstern!“
    Der Junge erntete einige böse Blicke von den anderen beiden Jungs, erhielt jedoch von einem der Sklaven die versprochene Belohnung, die Fimbria schnell weg steckte und den anderen Beiden seine Zungenspitze zeigte. Einige andere Gäste wandten auch ihren Blick zu dem abendlichen Stern am Himmel.
    „Der Abendstern, seht nur!“
    , bestätigte eine Römerin, die damit auch Marcus' Aufmerksamkeit auf sich zog; er hatte keine Ahnung, wer die Frau war, sicherlich gehörte sie zu der Gästeschar von Epicharis; selbige Römerin gab auch vernehmlich von sich.
    „Zeit für den Brautzug! Auf, auf, Epicharis, Aristides!“
    Die Frau, sie war vielleicht Mitte Zwanzig gluckste vergnügt auf; Marcus schluckte eine honigsüße Pflaume herunter und sah, wie schon Sklaven anfingen Fackeln anzuzünden, die die Gäste, sofern sie es wollten, während des Brautzuges tragen konnten; Helligkeit galt schon als ein gutes Vorzeichen. Der junge Flavius Fimbria erhielt wiederum eine Weißdornfackel, die drei Knaben, deren Eltern beide noch am Leben waren, traten auf die Braut zu, dabei Ausschau haltend, nach der weiblichen Begleitung der Claudia, denn sie sollten sie begleiten. Marcus sah von den sich erhellenden Fackeln zu seiner jungen Braut und lächelte sie an – wenn auch die Nervosität wieder etwas stärker wurde.
    „Es ist soweit, Epicharis! Wollen wir?“
    Marcus erhob sich – umständlich mit seiner toga – und reichte Epicharis die Hand.

    Das Holz knarrte unter Marcus' Gewicht als er sich im Stuhl zurück lehnte und das papyrus zusammen rollte, das den Bericht für den Mord an dem cultus deorum Angehörigen enthielt. Die Lippen waren zusammengepresst und wirkten etwas kleiner als sonst, das Gesicht angespannt, aber den Ausdruck trug Marcus jetzt schon seit einigen Stunden mit sich herum, sein Nacken schmerzte schon von der Spannung, unter der er stand. Ganz langsam gingen seine Schultern für einen Zoll herunter, als etwas von der Spannung nach erledigter Arbeit wich, und er musterte den Decimer, ganz unvoreingenommen war Marcus nicht mehr, schon gar nicht nach den letzten Ereignissen, dennoch hatte er seinen Entschluß, den er schon davor getroffen hatte, nicht geändert. Er winkte den Sklaven heran und reichte ihm die Rolle.
    „Bring' diese zum centurio der ersten centuria!“
    Der Sklave nickte und warf Serapio nur einen Seitenblick zu als er aus der Unterkunft, die bald nicht mehr seine Unterkunft war, verschwand: Sie waren nun alleine in der Unterkunft.
    „Sprich, Decimus!“

    Gleichwohl Marcus' Appetit sonst nicht zu mindern war und eine Köstlichkeit nach der Anderen in seinem Munde verschwand, begann die Hand immer langsamer zu den Schalen zu wandern, in denen die Gaumenfreuden aufbewahrt wurden. Und schließlich stockte es, denn das Theaterstück fesselte Marcus immer mehr, es war genau richtig für ihn, nicht zu sehr abgehoben, mit seltsam singenden Chören und unverständlichen Floskeln, in denen sich solche Leute ergingen, die glaubten, damit klüger und geistreicher zu wirken, aber dennoch poetisch, wofür Marcus nicht unempfänglich war. Er hielt eine in Honig gebackene Walnuss in der Hand und aß sie nicht. Statt dessen streckte er eine Hand aus und strich Epicharis über den Arm, dabei immer noch auf die Bühne schauend. Erschrocken stockte er als die Verlobte sich wohl umgebracht hat und atmete erleichtert auf als sie dann doch auf der Bühne erschien.
    „Ach herrje!“
    , gab Marcus von sich, was für ein Unglück, einer glaubte den Verwandten tot, der jedoch nicht tot war, der kam zurück und erfuhr, daß die Verlobte sich getötet hatte, die aber auch nicht tot war, um sich daraufhin doch den Armen von Merkur entgegen zu werfen, damit dieser ihn in die elysischen Felder brachte, wo jedoch nicht die Verlobte wartete. Wie verzwickt. Marcus stopfte sich doch die gesüßte und aufgeweichte Nuss in den Mund und kaute mechanisch.
    „Los! Beeilt euch, sich ins Schwert stürzen geht schnell.“
    , entfuhr es Marcus impulsiv – so, wie er nun mal war bei solchen Veranstaltungen.

    Der Wind rauschte über die Dächer hinweg, rüttelte an manchen der losen Ziegelsteine, die leise klapperten als Wehklage über die einbrechende abendliche Kälte. Marcus hatte die Hand wieder sinken lassen und wartete darauf, daß die Tür geöffnet wurde, worauf er nicht lange harren mußte. Höflich, wenn auch reserviert nickte Marcus dem Mann an der Tür zu.
    „Salve, ich bin centu...Marcus Flavius Aristides und würde gerne Annaeus Modestus sprechen, sollte er anwesend sein und die Zeit haben!“

    Die Dunkelheit hatte sich schon langsam über die Stadt gelegt und Marcus trottete mit zwei seiner Sklaven die Straßen entlang, die seine letzten Sachen aus der Unterkunft hinter ihm her trugen. Immer wieder drehte Marcus die Auszeichnung in seiner Hand hin und her, die ihm der PU hatte geben laßen, als er ihn – wie Marcus fand – erleichtert aus der CU entlaßen hatte. Doch er steckte diese erstmal weg und orientierte sich neu in der Dämmerung, um den Weg zu der casa Annaea auch wirklich zu finden. Der Himmel war bedeckt und es tröpfelte leicht, während der Wind kalt durch die Straßen der Haupstadt strich und einige feuchte Blätter aufwirbelte, die von den Bäumen gefallen waren. Nach einem Nachfragen fand Marcus auch schließlich die Casa und trat zu der Tür, seinen Sklaven deutend, erst mal zu warten. Er hob die Hand und klopfte gegen das Holz, hoffentlich kam er nicht zu einer Stunde, die ungelegen war.

    Von Tag zu Tag ging die Sonne schneller unter und war bereits heute hinter den Horizont gekrochen, um nur noch ein schwaches Dämmerlicht als letztes Zeugnis des Tages zurück zu laßen; einige Öllampen flackerten bereits in der Unterkunft, die von Moment zu Moment immer leerer und damit ungemütlicher wurde, aber mit jedem Gegenstand, der in Körbe und Kisten gepackt wurde, lastete es noch schwerer auf Marcus' Herz, düster war es um sein Haupt umwölkt und er tief gedrückt. Ein alter Sklave packte still und leise die Rüstung ein, die leise schepperte als Metall auf Metall traf, doch Marcus hob den Kopf nicht an, denn er hatte noch eine letzte dienstliche Aufgabe zu erledigen, die er aus einem Freundschafts- und Loyalitätsdienst tat, den Bericht um den Toten in der curia verfaßte Marcus. Seine Rohrfeder kratzte über papyrus, langsam, aber beständig, vorsichtig, dabei keinen allzu dicken schwarzen Tropfen zu hinterlaßen, der in der nächsten Zeile durch seine Hand verschmiert worden wäre. Leise flüsterte er die Worte, die er auf das papyrus zu bannen gedachte, um auch weitere Probleme von der Familie der Annaeer fern zu halten; er würde noch bevor er den Weg nach Hause antrat, bei ihnen vorbei sehen, bei Modestus, wie er es vor einigen Tagen versprochen hatte.
    „...kooonte deer medicus einwandfrei sagen, daß...hm...“
    Marcus hob das Schreibgerät und kratzte sich am Kinn mit der oberen Seite.
    „...keine äußerliche Fremdeinwirkung zum Tode des Mannes geführt hat. Wahrscheinlich...ist er nur an einem schwächlichen Herz verstorben. Punkt!“
    So meinte Marcus sich zu erinnern, hatte sich der Arzt im valetudinarium ausgedrückt.
    „Der Leichnahm wurde heute bereits der Familie ausgehändigt. Weiter Ermittlungen sind nicht notwendig. Punkt!“
    Das Klopfen ertönte gerade, als Marcus den Bericht fertig hatte und noch siegelte, damit ihn der erste centurio erhielt, für die Akten und damit es alles seine Ordnung hatte, selbst wenn Marcus seit drei Stunden offiziell kein centurio mehr war und bald seinen Platz hier räumen würde. Marcus lehnte sich zurück und starrte auf den leeren Tisch vor sich, er hörte die Schritte und hob für den Moment nicht den Kopf an, auch nicht als er die Stimme des Decimers erkannte. Immer noch hielten sich die schwermütigen Schatten auf seinem Gesicht, ein tiefen Seufzer unterdrückend sah Marcus auf.
    „Decimus!“
    Marcus nickte grüßend.
    „Aber natürlich, ich habe jetzt alle Zeit der Welt."
    , erwiderte Marcus mit einem Anflug eines freudlosen Lächelns.
    „Ich wollte Dich sowieso noch rufen laßen, aber sprich, worum geht es?“
    Sicherlich hatte die Gerüchtestraße schon die centuria erreicht, oder vielleicht auch nicht? Marcus lehnte sich zurück und sah zu dem jungen Mann. Erst da fiel ihm auf, daß der Decimer ihn noch centurio genannt hatte, obwohl Marcus das schon nicht mehr war, erneut huschte Trübsinn über Marcus' Gesicht.

    Ein Zittern ging durch seine Leibesmitte, von der man nicht gerade sagen konnte, daß sie rank und schlank war, mehr füllig genau da, wo ein Finger hinein piekste. So wie Epicharis' Hals sich seiner Berührung entzogen hatte, wich auch der Bauch von Marcus dem Finger aus, denn Aristides war nun mal leider ziemlich kitzelig; ein glucksender und schnaufender Laut löste sich von seinen Lippen bei dem Ausweichen und er zog seinen Bauch einfach etwas ein, was schon ausreichte. Als er wieder nach der Ablenkung auf den Brief linsen wollte, war er schon seinen Augen entzogen, zudem war Marcus kein großer Leser und hätte länger gebraucht, um aus der elegant verschnörkelten Schrift seiner Ehefrau etwas heraus lesen zu können. Aber womöglich hätte er sehen können, ob sein Name da stand, was er nicht hoffte, aber nicht wirklich daran glaubte, das dem doch nicht so war. Einen Herzschlag lang verfolgte er noch den Brief, wie er seiner neugierigen - oder mehr besorgten – Nase entzogen wurde, doch lange darüber nachdenken mußte er nicht. Überraschung? Marcus' Mundwinkel wanderten nach oben, womit sie zuerst ihren üblichen Höhenstand erreichten und somit den trüben Ausdruck etwas vertrieben und dann so was wie gespannte Freude offenbarten; ob es wohl was gutes zu Essen war? Vielleicht eine fette, köstliche Ente, darauf hätte Marcus jetzt großen Appetit, gefüllt mit Gänseschmalz und in einer schön dicken, sämigen Sauce. Schon bei dem Gedanken daran lief Marcus das Wasser im Mund zusammen und erinnerte ihn daran, wie hungrig er war – was ja ein relativ normaler Zustand bei ihm war, außer nach einem Föllereiessen, wo selbst Marcus keinen Bissen mehr zu sich nehmen konnte.
    „Ich weiß auch nicht mehr, wie er heißt, aber er kann gut kochen, das muß man ihm laßen.“
    Zur Tür gespäht, nein, die Überraschung kam nicht auf Nennung, Marcus hob seine Hand und kratzte sich an der Wange.
    „Was für eine Überraschung denn?“
    , fragte er arglos.


    Als das Gespräch auf die Merkwürdigkeiten bezüglich des Entlaßungsgespräch kam, nickte Marcus zuerst auf der Nennung des Namens hin. Soterica? Er sollte schon wissen?
    „Ah ja...natürlich...“
    , erwiderte Marcus leise und etwas lahm. Keinen blaßen Schimmer, wen Epicharis meinte, hatte sie die Frau schon mal erwähnt? Marcus nahm eine bequemere Pose auf der Kline ein und hörte den Ausführungen zu, ja, sicherlich, man hörte ungute Gerüchte über den Kaiser und wenn man ihn mal sah, dann war er reichlich blaß, aber die Worte von Salinator waren dennoch reichlich merkwürdig; war der Kaiser etwa nur eine Marionette? Nein, auf keinen Fall, Marcus verwarf den komischen Gedanken sofort wieder.
    „Rennen? Meinst Du das vom cultus?“
    Da war Marcus noch mit den Soldaten gewesen; Marcus seufzte leise als er daran zurück dachte, sicherlich, er war ihr Kommandant gewesen und es war dadurch schon eine größere Distanz zu den Männern gewesen, aber irgendwie waren das Männer aus Schrot und Korn, und von der Mentalität einfach ihm näher als die Gesellschaft, die sonst seine Familie pflegte, eben die Oberschicht, die Reichen und manchmal auch Mächtigen, oder jene, die glaubten, mächtig zu sein. Marcus rätselte und melancholisierte gleichzeitig, wobei er sich ausgiebig mit der Hand über Kinn und rechte Wange rieb als ihn die Worte von Epicharis aus den Überlegungen schreckten. Wahlen? Nächste Wahlen? Er? Wie? Was? Verdattert starrte er Epicharis an.
    „Wahlen? Wieso sollte ich kandidieren? Wofür?“
    Marcus grübelte, nein, ein militärischer Posten stand da nicht zur Debatte, dann weiteten sich seine Augen, sie meinte doch nicht etwa für ein politisches Amt, mit langen Wahlreden, Debatten, Verwaltungskram, seltsamen Dingen, die man zu tun hatte und jedes Fettnäpfchen umschiffen sollte? Herrje.
    „Äh...“
    Was schon mal ein Zeugnis war für mangelnde Eloquenz, die ihn nicht gerade für ein Redneramt qualifizierte.


    Marcus dachte noch nach, wie er sich aus der Affäre ziehen konnte, war noch zu keinem Schluß gekommen als ihn der Kuß auf die Nase erreichte.
    „Stolz? Worauf?“
    Dann erst erblickte er die phalera und seufzte erneut melancholisch, es war wie der letzte Ziegelstein - der Abschlußstein - über dem Gewölbe, das den Ausgang aus seiner Militärzeit darstellte, und ähnlich wie bei der ersten phalera hatte Marcus nicht das Gefühl, sie verdient zu haben, höchstens wenn sie eine für seine ganze Militärzeit darstellte, aber er hatte nur seine Pflicht getan, so sah Marcus es. Dann stutzte Marcus: Kinder? Er beäugte Epicharis, aber verwarf den Gedanken gleich wieder, nach ein paar Tagen könnte das gar nicht sein. Was aber seine Gedanken auf seinen Sohn lenkte, Serenus: Wie es ihm wohl ging, ob ihm Achaia gefiel und ob er viel dort lernte? Der Junge war ja sehr klug und würde bestimmt das Wissen aufsaugen wie ein trockener Schwamm, und erneut hüpfte Marcus' Gedanken weiter, zu einem anderen Thema.
    „Ach, mea stella, ich wollte Dich noch zu etwas fragen, ich weiß einfach nicht mehr weiter, wegen Hannibal. Du weißt ja, mein Sklave, es ist einfach schwierig geworden, er tut ständig Dinge, die einfach...ähm...ja...ach, wie sage ich das jetzt...also, es ist so...nein...hm...also, er macht Dinge, die ich nicht vertreten kann, im Gegenteil, die mich in arge Schwierigkeiten bringen könnten, was soll ich nur mit ihm machen, hm?“
    Das er reichlich ominös sprach, war Marcus schon klar, aber er war auch schlicht ratlos, inwiefern er Epicharis damit belasten sollte oder nicht.

    Morpheus war an diesem Morgen wohl der Verbündete von Marcus gewesen, so dünkte es ihm, als er sah, wie der Parther aus dem Schlaf erwachte, der ihn fest in seinen Händen gehabt hatte; ein wenig erleichtert entwich der warme Atem aus Marcus' Hals und glitt über seine trockenen Lippen hinweg. Womöglich mußte er dann doch nicht immer im Boden versinken vor Verlegenheit, wenn er den Parther sah, beziehungsweise umgekehrt. Wer wußte schon, ob so etwas den Parthern nicht sogar gefiel, man sagte ihnen doch ähnliches wie den Hellenen nach. Marcus lehnte sich gegen den Fenstersims und starrte nach draußen, auf das Treiben der Menschen inmitten des Viertels. Bettler, die sich auf den Weg machten zu den großen Plätzen, teils mit sehr abenteuerlicher Verkleidung als Kranke oder Krüppel, um den Römern doch noch eine Münze abzuschwatzen. Aber auch die hart arbeitenden Menschen eilten vorbei, die keine Augen für all jene hatten, die sich solche Dekadenzen wie Marcus in der letzten Nacht leisten konnten. Marcus war immer noch speiübel und er hatte das Gefühl, es wurde mit jedem Atemzug schlimmer, genauso das stete Pochen in seinen Schläfen, was untermalt wurde von einem dumpfen Schmerz hinter seiner Stirn. Es ging ihm hundeelend und dementsprechend sah er auch aus, blass bis grünlich mit tiefen Augenringen. Die Sonne kroch immer weiter in die Höhe und zeigte schon ihre ersten Ausläufer, erhellte den Himmel jetzt in ein zartes Orange bis hin zu einem silbrigen Blau. Viel Zeit hatte Marcus nicht, er mußte sich ja noch in Schale werfen, einer toga, und etwas vor den Gästen dasein, dennoch konnte er sich in dem Moment nicht vom Anblick der schiefen insulaedächern lösen, der Färbung des Himmels und der dunklen Vogelschemen am Firmament. Doch das Knarren einer Tür und dann die Schritte von Rhea, die ihnen einen Krug und Becher brachte, lösten den Bann. Marcus drehte sich um und griff nach einem der bereits gefüllten Becher. Es war stark verdünnter Wein, den er sich mit einem Zug herunter kippte, um diesen ekelhaften Nachgeschmack von seiner Zunge zu vertreiben. Seine Augen streiften dabei einige Herzschläge lang sowohl Sklaven als auch Sklavin.


    Die Sklavin musterte er einige Herzschläge länger, etwas nachdenklich und mit geschürzten Lippen, doch dann schüttelte er den Kopf und griff nach dem ledernen Beutel, in denen er sein Geld aufbewahrte, dreist war das Mädchen, aber wohl keine Diebin, sie hätte ihn leicht in der Nacht von all seinem Geld erleichtern können. Doch so griff er nach einigen Münzen und legte diese auf den flachen Tisch, es war mehr als genug an Sersterzen für alles zusammen, sowohl das Essen, Getränke, Rauchpfeife und das Mädchen selber. Marcus verstaute den Beutel wieder und griff nach seinem Überwurf, den er auf seinen Unterarm legte.
    „Wir gehen.“
    , bestimmte Marcus mit etwas heiserer Stimme, der Sklavin schenkte Marcus keine weitere Aufmerksamkeit mehr, sondern ging auf die Tür zu, aber oh je, irgendwie tat ihm auch der ganze Körper weh, als ob er Stunden auf dem campus trainiert hatte; Marcus verzog kurz das Gesicht und öffnete dann die Tür, um hinaus zu treten. Im Angesicht der aufkommenden Dämmerung wirkten die Bilder und Fresken noch schäbiger als in der Nacht, wo noch Wein und Rausch die Makel überdeckt hatten. Marcus steuerte die Treppen hinunter und in den großen Tavernenraum, wo nur noch wenige Gestalten, Mondsüchtige, die letzten Stunden der Nacht genutzt hatten und wohl noch nicht ganz wahr haben wollten, daß es jetzt doch vorbei war und sie sich nach Hause trollen sollten. Marcus marschierte an diesen vorbei und hinaus auf die Straße.


    Das Lärmen auf der Straße, Bellen von Hunden, das Arbeiten der Menschen, all das tat empfindlich in Marcus' Kopf weh. Am liebsten würde er alle Menschen von den Straßen verbannen und seinen Kopf in weiche, dämpfende Stoffe hüllen. Er seufzte leise als er geschlaucht den Weg antreten wollte, doch dann blieb er stehen und wandte sich seinem Sklaven zu.
    „Cassim, das, was wir am Abend und in der Nacht getan haben, also der Besuch von diesem Haus, das wirst Du niemandem erzählen, verstanden?“

    Marcus versuchte eine Ähnlichkeit in der Sprachwahl des Vetters mit seinem eigenen Vetter zu suchen, gut, die Schauspieler sprachen geschwollen, schließlich war das Theater immer mit einer seltsamen Kunstsprache erfüllt, doch es fehlten die seltsamen Ausdrücke, die Marcus bei seinem realen Vetter nie verstand. Ein Zweig knackste hinter ihm und ein Blick über seine Schulter genügte, um einige Schatten im Garten zu sehen, scheinbar schauten auch einige Sklaven der villa dem Stück zu, es kam schließlich nicht oft vor, wenn sogar fast nie, daß in der villa ein Theaterstück aufgeführt wurde und das im Garten. Doch Marcus war es Recht, sollten sie ruhig zu sehen. Er widmete sofort wieder seine Aufmerksamkeit auf das Stück, kaute nervös auf einer anderen Dattel herum und hoffte weiter inständig, daß der Theaterschreiber gnädig mit ihnen gestimmt war, aber wahrscheinlich hatte Gracchus doch einen Blick darauf geworfen vorher, oder? Marcus lehnte sich in die Kissen zurück und ging einfach vom Besten aus, etwas trübsinnig ob der doch traurigen Szene griff Marcus nach seinem Becher Wein und ließ einen tiefen Schluck in seiner Kehle verschwinden.

    Kieferknochen mahlten aufeinander, als ob sie ganze Säcke voller Wut zerkauen mußten, Marcus hatte den Kopf etwas gesenkt und starrte finster auf den Boden, der Schatten der Säulen fiel auf seine Schultern, wie eine schwere Last. Er weiß es nicht? Bona Dea, was sollte Marcus davon nur halten; egal was er davon hielt, Marcus war mächtig sauer, wie schon lange nicht mehr. Und mit jedem Wort, das Hannibal an ihn richtete, wurde es nur umso schlimmer. Marcus richtete sich etwas auf und stapfte wütend im atrium hin und her, den leeren Becher stellte er auf dem Tisch ab, gedachte nicht, noch mehr zu sich zu nehmen, sonst würde er wohl auch noch die letzte Beherrschung verlieren, die noch die Wut mit einem brüchigen Damm fest hielt. Dennoch war es deutlich in Marcus' Gesicht zu sehen und auch in seiner Stimme zu hören.
    „Unsinn und Unfug! Erzähl mir nicht so einen Mumpitz, natürlich würdest Du so reagieren wie früher und gerade wenn er es sich eines Tages doch anders überlegt.“
    Marcus schnaubte aufgebracht und schüttelte den Kopf, für ihn war es alles glasklar und völlig durchschaubar, dafür musste er in keinen Eingeweiden lesen laßen, noch einen augur befragen, nein, und Marcus hatte keine Lust mehr auf das ganze Theater insbesondere, da er jetzt auch Familie zu schützen hatte, auf die er nicht den Schatten von Hannibals Untrieben fallen laßen wollte.
    „Und was das Versprechen angeht, Hannibal...Du hast das Deine gebrochen, Du hast mich belogen und hinter gangen, damit hat sich das mit Deiner Freiheit auch erledigt. Ausgleichende Gerechtigkeit sozusagen. Und ich will keine Diskussion darüber führen. Geh' mir am besten aus den Augen, ehe ich mich noch vergeße.“
    Da Marcus befürchtete, daß die Diskussion doch kam, wandte er sich selber ab und stapfte geharnischt von dannen, jetzt mußte er erst mal etwas essen, um den Groll und die Wogen in sich zu glätten.

    Verwirrt runzelte die alte Frau die Stirn, auf die Fakten konzentrieren? Was meinte der junge Soldat damit? Sie hatte doch alles so berichtet, wie sie es in ihrer Erinnerung hatte und da sie nun mal eine blühende Phantasie besaß, unterschied sie zwischen denen und dem Ersponnenen schon nicht mehr, doch sie nickte brav, sie wollte ja gerne noch ein wenig sich in der Aufmerksamkeit der Soldaten sonnen, so schien sie zumindest an diesem Tag wichtig zu sein, sonst interessierte sich ja niemand mehr für sie, selbst ihre zwei Söhne nicht, die schon seit Monaten nicht mehr aufgetaucht waren, diese Taugenichtse.
    „Aussch...was? Nein, ich halte mich nur an die reine Wahrheit, so schwöre ich bei Iuppiter.“
    Ohne Arg und Zaudern sprach die Frau den Schwur, sie war sich auch schon gar nicht mehr bewußt, wieviel sie dazu gedichtet hatte.
    „Wie sie aussahen, aber natürlich, das weiß ich noch ganz genau. Also, der eine hatte braune Haare...oder Moment, waren sie eher blond, ja, blond, doch. Und er war sooo groß!“
    Sie deutete auf einige Zoll über ihren Kopf und ließ die Hand gleich bis zu ihrem Kinn runter wandern.
    „Nein, ich glaube doch eher so groß. Der Andere war mächtig dick oder er trug einen Umhang, ja, doch einen Umhang.“
    Ähnlich waren auch die anderen Angaben, die außer Zweifel ließen, Pulicia hatte nicht mehr den blaßesten Schimmer, wie die Kerle eigentlich ausgesehen haben.
    „Aber sie sind wieder die Gasse zurück gelaufen, da hoch.“
    Sie deutete in die Richtung, die mehr zur Curiagegend führte. Fieberhaft überlegte die alte Frau, ob sie noch etwas anbringen konnte, womit sie die Soldaten da behalten konnte, um noch etwas mit ihnen zu plauschen und weiterhin Gesellschaft zu haben, doch Pulicia fiel nichts mehr ein, so verstummte sie schließlich und lächelte verlegen.
    „Ich hoffe, ich habe euch doch etwas helfen können und hoffentlich findet ihr das Mordgesindel, denn das geht ja nicht so weiter...hier im Viertel, man ist sich seines Lebens nicht mehr sicher, ja, ja...“





    Die villa lebte und war erfüllt mit vielem Leben, das mal mehr lebhaft, dann jedoch dezent und still ertönte; Schritte, die den Gang entlang gingen, irgendwo das Raunen von Stimmen, die sich zu einem Gespräch vermengten, das kaum mehr als ein Rauschen des Meeres ähnlich zu sein schien, in den Sklaventrakten ging es sicherlich lauter zu, insbesondere da die cenazeit sich näherte, etwas, dem Marcus auch entgegen sehnte, er hatte nämlich Hunger. Darum streiften seine Augen einen Herzschlag lang enttäuscht die noch leeren Tische, er hatte schon gehofft, es wäre schon die Zeit gekommen und er konnte seine Wehmut auch einfach mit einem guten Mahl in den Tiefen seines Inneren versenken und sich erst mal darüber hin weg trösten. Der Streifzug seiner Augen verlor sich wieder auf den schönen Gesichtszügen seine Frau, die er mit einem marginalen Schmunzeln betrachtete, das den Grundtenor der Schwermut tatsächlich etwas vertreiben konnte. Frauen! Wenn sie ein Kompliment erhaschten, dann schienen sie immer peinlich berührt zu sein, aber Marcus hatte mittlerweile den festen Glauben errungen, daß sie dann einfach nur mehr hören wollten, dann waren sie zufrieden.
    Amoenitas mea, und wenn ich es hundert Mal am Tag sagen muß, damit Du es glaubst, so werde ich es mit Freuden tun, denn wunderschön bist Du!“
    Er beugte sich vor und gab ihr auf eine Stelle knapp unter ihrem Ohr einen sanften Kuss...und stockte, seine Augen wanderten zu dem Stück papyrus! Decima Lucilla? Die Lucilla? Immer noch erzeugte schon alleine der Name ein Echo früherer Vernarrtheit in Marcus, die, da sie kaum Nährstoff erhalten hatte, zwar etwas abgekühlt war, aber immer noch in ihm flackerte, eben weil auch das letzte Holz der Flamme nicht zerfallen war.


    „Hmh!“
    , murmelte Marcus leise und starrte auf das papyrus. Ja, natürlich kannte er sie, so nickte er langsam und suchte danach zu sehen, was die Beiden sich wohl schrieben, was er aus Epicharis' Antwort hätte erkennen können, Epicharis schrieb doch nicht von ihm, oder? Ein etwas mulmiges Gefühl ob dieser Konstellation keimte in ihm auf; kleiner Gremanicus? Marcus brauchte einige Herzschläge um zu verstehen, was Epicharis meinte; dann schien die arme Lucilla wohl doch ihren alten Senator geheiratet zu haben – gut, so alt war er nicht, aber Marcus hatte noch so einen steifen, sehr seltsamen Kerl vor Augen, wenn er an diesen Mann auf der Rednerbühne dachte! Wieder ein:
    „Hmh!“
    , war die einzige Ernte an Redefluß, den man Marcus mit dieser Nachricht entlocken konnte, er verzog einen Moment das Gesicht und leckte sich über die trockene Unterlippe, dabei Ausschau haltend nach einem Sklaven. Er hatte Durst und würde gerne wenigstens einen guten Becher mit Wein vor der cena zu sich nehmen, bei all den Tropfen des Wehrmuts, der heute in ihn versickerte.


    Die Frage von Epicharis rauschte erst an Marcus vorbei, er hörte ihre Stimme, vernahm die Worte jedoch nicht, so daß er sein Gesicht mit einem etwas verwirrtem Ausdruck ihr zu wandte. Was hatte sie gesagt? Langsam hallte es in ihm nach, einem Echo gleichend, das auf hohe Felswände traf, an geborstenen und zerklüfteten Steinen wieder hallte und bis zu der anderen Seite seiner Gedankenschlucht fand, wo es endlich Aufnahme fand. Regen!
    „Ähm...ja, tut es!“
    Endlich schien sich auch mal ein Sklave in den Raum zu trollen, Marcus winkte ihn heran und trug ihm seinen Wunsch nach Wein auf, während der Sklave davon trabte, legte Marcus einen Arm über Epicharis hinweg und stützte sich auf der anderen Seite auf den weichen Kissen mit dem Handballen auf.
    „Ganz gut...wohl...aber es war merkwürdig! Ich war beim praefectus persönlich, da ich als centurio eigentlich vom Kaiser entlaßen werden muß...und der praefectus war einfach seltsam. Und er hat etwas gesagt, was ich im Nachhinein noch etwas merkwürdiger finde. So etwas wie: Wenn ich es sage, dann wird der Kaiser es machen oder es wird gemacht...na, egal. Er hat mich anstandslos aus dem Dienst entlaßen, ich hatte sogar fast das Gefühl, er wäre froh drum...“
    Verwirrt schüttelte Marcus den Kopf, denn je länger er über die wenigen Minuten beim PU nachdachte, desto ominöser wurde das für ihn.
    „Na, auf jeden Fall bin ich jetzt entlaßen und aus dem Militärdienst ausgeschieden, ich habe jetzt also viel, sehr viel und noch mehr Zeit!“
    , fügte Marcus mit einem schiefen Grinsen an.
    „Wie wäre es, wenn wir...vielleicht eine Reise unternehmen? Wir könnten nach Baiae uns begeben, Du könntest meine Mutter kennen lernen!“

    Asinus nahm die Testfragen entgegen und sah auf die Antworten, lange brauchte er ehe er den Kopf hob und meinte:
    "Warte erstmal hier!"
    Schon sank der Blick wieder hernunter, ein stylus kratzte über die Wachstafel, er macht Haken, strich Sachen durch, legte den Kopf zur Seite und begann wohl etwas auszurechenn.
    "Hm, na gut, hast bestanden."
    , grummelte er und legte die Wachstafel zur Seite, er würde das Ergebnis natürlich an den Kommandanten des Mannes schicken, sollte er auch den Gang durch das valetudinarium überstehen.
    "Gut, ab zu den medici! Wegtreten!"








    Etwas schmollend trollte sich Marcus hinter seiner Ehefrau her, er mochte es nicht immer, wenn ein Scherz zu seinen Kosten ging, insbesondere, wenn er auf seine manchmal doch zu offensichtlichen Schwächen hinwies, aber das schwand wie Butter in der Sonne, insbesondere als er einen kindlichen Laut von Minor vernahm; nur mit Mühe unterdrückte Marcus den Impuls, dem Kind auf die Nase zu stupsen und seltsame debile Laute von sich zu geben. Auch Marcus ließ sich einen Becher reichen, der Wein schillerte hellrot in dem Kelch und sah schon gespannt auf die Bühne, denn es hatte selten ein Theaterstück in Marcus' Leben gegeben, was ihm gefallen hatte – die zottigen Stücke der Straßendarsteller mal abgesehen – aber das von Gracchus' Aufführung während seines Aedilats war ganz genau nach Marcus' Geschmack gewesen.
    „Kresh? Wo?“
    Marcus sah sich suchend um, noch ein Kreshstück wäre natürlich sehr amüsant und würde Marcus sicherlich gefallen. Seine Augen streiften seine frisch Vermählte und er nickte als sie das Zeichen zum Beginn gab. Schon wanderte der Kelch zu seinen Lippen und die Augen zur Bühne, in der Hoffnung ein lustiges Stück zu sehen – vielleicht dieses Mal wieder mit so aufregenden Elementen wie dem Kampf beim letzten Mal. Ein Stück über die Ehe? Aha, schnell noch ein Schluck genommen, hoffentlich endete das Stück auch gut, man sollte schließlich kein Unheil beschwören. Ohne den Blick von der Bühne abzuwenden, griff Marcus nach den Köstlichkeiten in der Schüssel und ließ es sich munden. Verlobter, der in den Krieg zog? Die Verlobte, die wartete? Irgendwie kam Marcus das doch sehr bekannt vor. Während er kaute und lauschte, dachte er darüber nach, hob die Hand und kratzte sich einen Augenblick verwirrt am Nacken. Waren sie damit realiter gemeint? Also er und Epicharis? Ei der Daus, das könnte tatsächlich hinkommen, Marcus verschluckte sich in dem Moment der Erkenntnis, hustete leise und mit vor den Mund gepressten Hand und blinzelte einige Male. Hoffentlich endete das Stück gut...


    Ein Held? Na, dann konnte er doch nicht damit gemeint sein, schließlich war er kein Held und das einzige Mal, als sie so tituliert wurden, fühlte er sich mehr veralbert durch diesen etwas pathetischen Titel. Marcus stützte sich mit dem Ellbogen auf den Kissen ab und und sah grübelnd nach vorne; dann kam jedoch schon die ersehnte Rangelei auf der Bühne, Marcus wurde aus seinen Gedanken heraus gerissen und ihm entfuhr ein:
    „Los, mach ihn nieder...“
    Wen er damit gemeint hatte, wurde nicht ganz klar, denn der Rest des Satzes wurde von einer süßen Dattel verschluckt, die ihren Weg in seinen Mund fand. Ach herrje! Jetzt hatte das Ganze doch wieder Parallelen zu seinem eigenen Leben, er warf Epicharis einen schnellen Seitenblick zu. Sie schien ganz ergriffen von der Szene zu sein, Marcus sah grübelnd auf den treuen Sklaven, nein, so hatte sich das nicht zu getragen. Aber er kam gar nicht auf den Gedanken, daß der Autor des Stückes das natürlich nicht en détail wissen konnte.

    Die Schritte hallten nach in dem atrium der villa Flavia, schal war der Nachgeschmack von Serpios Worten, wenngleich Marcus mit Zufriedenheit den Umschwung bemerkt hatte, die verträumte Glorifizierung wich der Ernüchterung und kam somit weit näher an die Realität heran; Marcus sah dem jungen Mann nicht hinter her, er fixierte weiterhin seinen Sklaven, mit dem er nicht nur unzufrieden war, nein, er war sehr enttäuscht; immer wieder hatte er ihn gedeckt, geschützt, vertuscht, was Hannibal getan hatte, bis es ihm auch zu viel wurde; vor vielen Jahren hatte er darum ein Versprechen gefordert und der Sklave hatte sich daran nicht gehalten. Marcus fühlte sich hintergangen, zumal er mal wieder der Letzte war, der von der ganzen Angelegenheit erfahren hatte; und in dem Augenblick als er – den Sklaven anstarrend – über alles nachdachte, fiel es ihm wie Schuppen von den Augen; die Beiden hatten einen richtig gehenden Idioten aus ihm gemacht, haben vor seinen Augen noch rumgeturtelt, damals, in Ravenna, bei ihrer Rückkehr, wie lange ging das Ganze schon? Marcus holte tief Luft und wandte sich nun doch ab, von seinem Sklaven; er trat an den Tisch und goß in seinen leeren Becher den vierten Becher des Abends, er winkte einen Sklaven heran, damit dieser sich um das Abendessen kümmerte, Marcus wollte nicht schon betrunken zur cena torkeln, nur weil er all das jetzt herunter spülen mußte. Er trank einen tiefen Schluck und legte den Kopf in den Nacken, sah wütend zu den Säulen hoch.


    „Wann hattest Du es vor, mir zu sagen, Hannibal? Hm? Gar nicht vielleicht? Wenn Du wieder ausgerastet wärest und sein Blut an Deinen Händen geklebt hätte? Hm?“
    Marcus hatte selber Mühe sich unter Kontrolle zu behalten, seine Hand schloß sich fest um den Tonbecher.
    „Und was Du eben gesagt hast, stimmte das? Ist es wirklich so?“
    Ein Funken Hoffnung war da noch, wenn es wirklich die Wahrheit war, dann würde Marcus vielleicht nicht weitere Schritt ergreifen müßen und all das würde sich wieder auflösen, sobald der Decimer sich einer neuen Flamme zuwandte und den Sklaven wieder vergeßen hatte, er war ja noch jung, wahrscheinlich sehr impulsiv, so wie er immer wirkte. Marcus wandte seinen Kopf halb zu seinem Sklaven, ein drohender Ausdruck lag in seinen sonst friedfertigen braunen Augen.
    „Und lüge mich nicht an!“


    Schlecht gelaunt wie an vielen Tagen schritt der Sklave und Türöffner zum Eingang der villa Flavia, heute war ihm eine Laus über die Leber gelaufen, sein miesepetriges Gesicht war noch finsterer als sonst und eine wahre Abschreckung für jeden Besucher, der an dem heutrigen Tage an die Tür klopfte. Er öffnete selbige und streckte seinen Kopf heraus um finster auf den fremden Mann zu schaun. Ein salve und Was willst Du? sparte er sich, denn der Mann erklärte sich von selber. Aha, also nur ein Bote, kein Mann, der einen Senatorenring trug oder die Ritterschaft inne hatte, aber leider auch kein Bettler, den er einen ordentlich Fußtritt hätte verpaßen können, was ihm am heutigen Tage gewiß Erleichterung verschafft hätte.
    „Ja, genau richtig. Villa Flavia, da leben auch die Flavier. Welcher Zufall, nicht wahr? Persönlich abgeben oder kannst Du es mir geben?“
    Der Arme bekam die volle Wucht von Acanthus schlechter Laune zu spüren, selbst wenn er gar nichts dafür konnte. Eine Rute würde Acanthus an dem Tag wirklich gut zu Gesicht stehen.

    Ein Grieche also, der Soldat nickte, irgendwie schienen alle medici Griechen zu sein, lag es so fern der römischen Fähigkeiten oder interessierte sich keiner für die Kunst des Heilens? Einen Augenblick lang sann der Soldat über jene Frage und spähte zu der kultischen Decke hoch, die wunderschön verziert war, die Decke, ja, die war ihm auch noch nicht aufgefallen. Der Mord! Los!, hämmerte es in seinem Geist, er blinzelte einige Male und nickte zu dem Mann des CDs.
    „In Ordnung, dann werden wir uns um alles weitere kümmern. Menas, sammel' die Beweisstücke ein, Krug, Schriften, was Du finden kannst.“
    Sulla sah sich in dem Raum um, ob es noch was wichtiges gab, aber er konnte nichts entdecken, außer den Toten natürlich, am Besten, sie brachten ihn einfach in die castra zurück, einer ihrer Ärzte würde sicherlich einen Blick auf den Mann werfen können und vielleicht Hinweise auf die Art des Mordes oder eben Nicht-Mordes geben können, Sulla wußte, man durfte sich niemals auf das Offensichtliche verlaßen, es täuschte oft, weil man dann das sehen wollte, was man bereits glaubte und nicht das, wie es wirklich wahr. Einige Sklaven waren recht schnell organisiert, die den Soldaten helfen sollten, der Tote wurde in ein Leinentuch gehüllt und dann auf Schultern hoch gehoben, damit man ihn bis zu einem Wagen – der auch geholt werden mußte – tragen konnte; so wurde es dann auch getan, die Leiche verschwand aus den Räumlichkeiten und vielleicht erinnerte für den Momen nur das wilde Durcheinander und ein naßer Boden an die unglücklichen Umstände in den Räumen.





    [Blockierte Grafik: http://img146.imageshack.us/img146/8347/cumilesdt0.png]

    Wenn eine Überraschungsfeier geplant wurde, überhaupt etwas, womit man einen anderen freudig überrumpeln wollte, und das wurde dezent getan, dann bekam Marcus es auch nie mit, wurde es in der Manier vollführt, wie ein Elephant im Porzelanladen, so daß überall Hinweise gestreut lagen, die nur auf den Sinn und Zweck des ganzen Treibens hinwiesen, ja, so bekam Marcus das auch nicht mit; er hatte ein Talent solche Dinge einfach zu ignorieren, einfach aus seiner üblichen Gedankenlosigkeit und dem Fehlen jeglichen Argwohnes, außerdem bestand es auch mit seiner natürlichen Neugier nicht allzu gut. So hatte er nicht den blaßesten Schimmer, daß da etwas in der villa vor sich ging, auch nicht, als die wirklich hippelig erscheinende, aber wie immer bildschöne Epicharis ihn drängte, nach draußen zu gehen. Er mutmaßte lediglich den Wunsch, ein wenig im hortus spazieren zu gehen und ein wenig frische Luft konnte nicht schaden.


    Schon die ersten Schritte im Garten zeugten davon, daß es wirklich keine schlechte Idee gewesen war, die Sonne strahlte angenehm, die Luft war frisch und nicht stickig, sie klärte Marcus' Sinne und er atmete tief ein und aus, sein Daumen strich sanft über den Handrücken der zierlichen und nun auch flavischen Patrizierinnenhand, gerade schenkte er ihr noch ein gutmütig-freundliches Lächeln, das sich dann in eine verdutzten Ausdruck wandelte als er der Klinen gewahr wurde. Essen unter freiem Himmel? Das hatten sie doch gerade gestern gehabt. Marcus wurde förmlich von Epicharis hinter her gezogen als er verdutzt stehen bleiben wollte und zu den anderen Familienangehörigen, er lächelte erfreut in die Runde und war wirklich froh, endlich für lange Zeit in Rom und bei der Familie bleiben zu können, sie somit alle öfters hoffentlich zu sehen.
    Salvete!“
    , grüßte Marcus, die Sympathie und Zuneigung dabei in seiner Stimme mitschwingen laßend.
    „Spannend? Aber was denn?“
    , fragte Marcus etwas verwirrt.