Beiträge von Marcus Flavius Aristides

    „Hmmm...hmh...ahh...öhh...hmmm...“
    Tius – so genannt nach den letzten vier Buchstaben seines cognomen – starrte auf die Blätter und fing an, sie durchzugehen. Seltsame Zahlen und Kolonnen starrten ihm entgegen, dazwischen mal was Geschriebenes, dann wieder irgendwelche Aufstellungen. Irritiert zog Tius die Augenbrauen zusammen, da er nicht ganz durch die Papiere durch stieg. Das Germurmel um ihn herum förderte zudem seine Konzentration auch nicht sonderlich. Beiläufig meinte er in die Runde.
    „Keine Sorge, die Herrschaften, hier wird kein Sand oder Zement oder sonstiges zurück gelassen. Ganz bestimmt nicht, dafür haben jene Männer schon zu sorgen.“
    Wobei Tius langsam überlegt, ob er die Leute nicht einfach prophylaktisch mal verhaften sollte und dann weiter schauen.
    „Was ist denn jetzt hier bitte die Genehminung? Ich kann keine sehen..“
    Tius reichte das Bündel an Papiere zurück.




    Ivinius Pallitius – oder von seinen Freunden und Kameraden auch einfach Tius genannt – fühlte sich zwar in Gegenwart älterer Damen unwohl, aber gleichsam wuchs in ihm auch ein Beschützerinstinkt. Auch die ältere Dame, die – wie er fand! - einfach scheußlich laut sprach, weckte dennoch solche Empfindungen in dem Soldaten. Das hat es hier noch nie gegeben? Das war ein Argument, was schwer von der Hand zu weisen war und auch bei Tius immer zog. :D Er trat etwas unbehaglich von einem Fuß auf den Anderen und nickte verstehend, während seine Augen sich auf die Baustelle richteten.
    Salve, gute Frau!“
    , grüßte Tius, der durchaus ein gewißes Maß an Höflichkeit besaß – gegenüber alten Damen eben. Er gehörte sogar zu der Sorte Soldaten, der bei den Wagenüberwegen und den Tretsteinen einer alten Dame rüber helfen würde, selbst wenn er sonst mehr einer war, der gerne fluchte und sich mit Vorliebe in miesen Spelunken herum trieb.
    „Hm, eine Anmeldung? Mir ist auch wirklich nichts von so einer bekannt...“
    Was nichts hieß, aber Tius kam noch gar nicht zu dem Gedankengang, den augenblicklich vernahm er den Decimer, der dazu trat. Tius musterte ihn von oben bis unten und schaffte es, sich innerhalb von drei Herzschlägen ein Urteil über den Mann zu bilden.


    „Aha!“
    , äußerte Tius als Antwort und sah skeptisch von Crassus zu der Baustelle, so verdächtig sah das Ganze nicht aus, aber Tius war jetzt schon genug in Rom unterwegs, um zu wißen, wie dreist manche Verbrecher vorgingen, um ihre tatsächlichen Machenschaften zu tarnen. Wer wußte schon, ob nicht eine Bande währenddessen in die Häuser stieg, während all die Bewohner hier im Tohuwabohu des Straßenlärms abgelenkt waren?
    „Salve...“
    , knurrte Tius schließlich.
    „Na, dann möchte ich diese Genehmigung doch mal sehen, Decimus!“
    Wenn der Mann überhaupt ein Decimer war, man wußte doch wie sehr die Decimer sich vermehrten...wie die Ka...nun ja, sie schoßen eben überall aus dem Boden, wenn man sich schon unter anderem Namen ausgab, dann wohl am Besten als Decimer. Tius' Augen funkelten voll professionellen Mißtrauen.





    Marcus griff nach dem centuriostab und stellte ihn auf den matschigen Boden, um sich mit einer Hand darauf abzustützen; sein Bein tat an diesem Morgen wieder höllisch weh und brannte fast so sehr wie in den ersten Wochen nach seiner Verletzung. Seine Augen glitten über die Männer, die probati, die heute möglicherweise in die Reihen der Soldaten aufgenommen wurden. Seine Augen blieben an dem Rediviver haften, der vielleicht das Pech hatte, daß ihn Marcus schon namentlich kannte, wegen der Patrouillen und dem Mordfall.


    "Redivivus! Vortreten!"
    Marcus drehte den Stab in dem Matsch hin und her und spürte das glatte Zitronenholz in seiner Faust.
    "Berichte, probatus, was habt ihr, Du und Deine Gruppe, gelernt und was traust Du Dir zu, davon auch zu beherrschen?"

    Leise grollte es in Marcus' Magengegend, nicht weil er Hunger hatte, sondern mit einem Schlag kalte Füße bekam. Er hatte schon das Gefühl, jeder Gast würde das hören und schloß für einen Augenblick lang die Augen. Ein warmer Sommerwind wehte ihm um die Stirn und trocknete die Schweißtropfen auf seiner Stirn. Die Sonne wurde hier von dem großen Purpursegel abgehalten, aber Marcus kochte trotzdem unter der schweren toga, die er an jenem Tage tragen mußte. Er hörte das leise Murmeln um sich herum, von den Gästen, und wartete auf den Beginn der ganzen Zeremonie, während alles in ihm schrie: Lauf, Marcus, lauf, jetzt oder nie! Marcus atmete tief ein und aus, dabei langsam die Augen öffnend. Sein Blick fiel auf die roten Dächer von Rom und eine Statue, deren Haare in einem wirren Schlangenknäuel um ihr Haupt sich rankten.


    Ein Schaudern rann über Marcus' Rücken als er den haruspex ansah, etwas bedrohliches und dunkles ging von jenem Mann aus, und als das Lamm vor ihm tot zusammen brach, schien das nur sein unheilvolles Äußeres noch zu verstärken. Marcus hielt den Atem an und wußte nicht, was er sich in dem Moment wünschte: Sollten die Götter ein Zeichen schicken, daß die Verbindung geschloßen werden sollte oder nicht? Wohlwollen und Zustimmung? Keinerlei Ablehnung? Langsam entwich Marcus' Lippen der warme Atem, den er einige Herzschläge an sich gehalten hatte. Die Götter hatten so entschieden! Vielleicht war das auch ein eindeutiges Zeichen...aber bei seiner ersten Ehe waren die Götter genauso milde gestimmt, das Opfer lief auch glatt. Erneut zog ein kaltes Kribbeln über Marcus' Rücken.


    Es war vielleicht das sichere Auftreten von seinem Vetter, der Blick auf die Statuen der Götter und der vertraute Anblick von der Zeremonie, alles, was ein wenig von seinen Zweifeln nahm. Langsam wich diese auch der warmen Zuneigung, die er seinem Vetter Gracchus gegenüber verspürte, der Verwandte, der nach seinem Kindern und seiner Mutter, von den Flaviern ihm mittlerweile am Nächsten stand. Zuneigung, weil Gracchus trotz seiner Schwierigkeiten die Bürde seines Amtes übernahm, um dieses Opfer anzuleiten; Marcus' Lippen wölbten sich in dem Augenblick nach oben. Es fiel Marcus durchaus auf, daß Gracchus ins Stocken kam und zu Zögern schien, er richtete seine Augen fest auf das Gesicht seines Vetters und formulierte mit seinen Lippen lautlos: Age! Doch es schien auch ohne zu gehen, langsam entspannten sich die zusammen gezogenen Augenbrauen, die Falte zwischen diesen verschwand, den Blick von Epicharis hatte er in dem Augenblick nicht verspürt. Schweigend verfolgte er das weitere Geschehen und atmete hernach erneut auf, als das Opfer angenommen schien. Marcus lächelte als er die Stimme seines Vetters vernahm, es ging zügig bergauf mit ihm, die Götter schienen vielleicht doch nicht so grausam sein zu wollen.


    Und da war sie wieder, die Nervosität, oder mehr der kalte Bammel der ihn schlagartig erwischte, gerade als Antonia aktiv wurde und er sich vollends bewußt wurde, welchen Schritt er gerade zu gehen hatte. Zitterte seine Hand? Marcus sah zu der Hand, die die Zarte von Epicharis hielt. Es war ihre Hand, die zitterte; das merkte Marcus in dem Augenblick. Langsam, wie der Nebel am Morgen, löste sich jenes Panikgefühl in Marcus auf, der Wind offenbarte einen Herzschlag lang die Gesichtszüge seiner Braut. Marcus umschloß ihre Hand, die so kühl und zitternd nun in Seiner lag. Einige Herzschläge schwieg Marcus und strich mit dem Daumen über Epicharis' Handrücken; er straffte sich und versuchte, etwas mehr Ruhe auszustrahlen, um die Worte zu sprechen, die ihm als Pflicht auferlegt waren.


    "Mögen die Götter bezeugen, daß ich mit Dir, Claudia Epicharis, das Band des Ehe knüpfe. Mögen sie mich strafen, wenn ich mein Wort breche und Dich, Claudia Epicharis, jemals ins Unglück stürzen sollte. Ego matrimonio consentio!"

    Die Schritte hallten in dem Tempel, der Weihrauch stieg Marcus kitzelnd an die Nase, immer wenn er Weihrauch roch, fühlte er sich wieder gleich etwas jünger und unsicherer, denn hier war der Ort, der durchdrungen war von der mystischen Präsenz der Götter - und gerade Iuno hatte stets (Ehr-)Furcht in ihm geweckt, sagte man ihr doch allerhand nach. Die Hand von Epicharis fühlte sich auch recht kühl auf seinem Arm an als er mit ihr zu den Anderen trat. Seine Augen streiften all jene, die mit Antonia und Gracchus mitgekommen waren, die Knaben mit den Weihrauchbehältnissen und das prächtige Tier. Marcus nickte anerkennend, aber er hätte auch nie gedacht, daß Gracchus nur eine Sesterze an dem Opfertier für seinen Sohn und Erben sparen würde, wie es auch Marcus niemals tun würde.


    "Salvete!"
    , grüßte auch Marcus zu den anderen Verwandten, die sich an dem für Familie durchaus wichtigen Tag versammelt hatten. Marcus sah auch zu dem Bruder von Gracchus! Daß dieser nach Rom zurück gekehrt war, hatte Marcus erstaunt, noch mehr in dann ihn der Militärakademie zu sehen. Und gar nicht amüsiert war Marcus über das Verhalten seines Verwandten gegenüber seinem früheren Vorgesetzten gewesen. Marcus' Stirn runzelte sich einen Augenblick und er sah Lucullus düster an, doch an diesem Tag wollte er sich erst mal nicht dazu äußern, jetzt ging es nur um das Opfer für Gracchus' Sohn. Mit einem Lächeln bedachte er Celerina, die die villa der letzten Wochen mit ihrer Anwesenheit und ihrer lebendigen Art bereichert hatte, zu guter Letzt nickte er noch Aquilius zu. Irgendwie sah er seinen Vetter in letzter Zeit kaum noch, nicht signifikant öfter als er noch fern von Rom weilte, gleichwohl sie doch jetzt im selben Haus wohnten.

    Langsam liefen die Männer einer cohortes urbanae Patrouille durch die Straßen des Viertel, zwei unterhielten sich, aber Cafo – der alte signifer von der Prima, der jetzt der quasi signifer in der Vierten dieser cohortes war – marschierte schweigend voran. Er dachte nach, über seine Zukunft, die durch seine Vergangenheit aufgeworfen wurde, 27 Jahre Dienstzeit. Er hörte schon lange nicht mehr das Klacken der genagelten Stiefel auf den Pflastersteinen, vernahm genausowenig das Klirren von Rüstungen und Waffen, er war die Geräusche gewöhnt, erst wenn sie ausfielen, würde es ihm wohl bewußt werden. Immer mal wieder blinzelte er zum Himmel und beobachtete diesen, vielleicht erhoffte er sich auch ein Zeichen, was kommen sollte – aber weder ein Götterzeichen zeigte sich, noch andere, mehr unliebsamer Niederschlag der höchst römischen Art von den hohen Häusern.


    „Cafo!“
    , brummte einer der älteren Soldaten in seinem Rücken. Der "signifer" sah zurück.
    „Hm?“
    „Da hinten scheint wohl was los zu sein! Irgendjemand plärrt da laut, sollen wir mal schauen?“
    Cafo sah in die Richtung, wo sich auch immer mehr Leute zu versammeln schienen. Cafo hob die Augenbrauen in seinem von vielen Kriegen gezeichnetem, narbigen Gesicht.
    „Hm, na, dann nimm' Dir drei Mann und schau mal nach!“
    Der ältere Soldat, Tius oder auch Ivinius Pallitius war sein Name und ebenfalls ein Primaveteran, deutete mit seinem bärtigem Kinn ein Nicken an. Er sah einige Männer neben sich an und bedeutete ihnen, ihm zu folgen. Breitbeinig und mit gewichtigen Schritten näherte sich Tius dem kleinen Pulk dort. Er war nicht sonderlich groß, ging dafür aber gehörig in die Breite, sein rundes Gesicht war über und über mit einem dichten, langsam sich ergrauenden Bart bedeckt.
    „Heda, was ist hier los?“
    , dröhnte seine Baßstimme über die Menschen hinweg.



    Da ich umziehen werde, zudem Ende nächster Woche auf ein längeres Larp fahre, bin ich bis zum Montag nächster Woche mehr eingeschränkt tätig, wenn es also etwas dauert - oder sogar manchmal und bei manchen Threads ausbleibt - im Moment, liegt es daran.

    Von weiter in der Ferne war mal das Lachen von einigen Männern zu hören, in ihrer Nähe das Murmeln Anderer, die sich ebenso leise - oder auch nicht immer so leise - über ihre Angelegenheiten während der Massage unterhielten. Doch sie waren weit genug entfernt, um dennoch ein ungestörtes Gespräch zu führen. Glühend heiße Nadeln schoßen durch Marcus' Rücken als die kräftigen Hände der Frau sich in seine Muskeln bohrten. Ein leises schmerzhaftes Stöhnen war von Marcus zu hören. Noch tat es einfach nur weh, gerade eben an den Schultern, die in der letzten Zeit arg belastet wurden, den Krücken wegen. Die Augen hatte Marcus fest zusammen gekniffen, versuchte sich Marcus auf das Gesagt zu konzentrieren und nicht auf den Daumen, der gerade sich tief in eine verhärtete Stelle bohrte. Das, was Meridius sagte, waren sehr kluge Überlegungen - Marcus hatte sich gar nicht so genau Gedanken gemacht, sondern einfach von seinem ersten Impuls ausgegangen, wie er das immer tat! Wie würde er vorgehen? Marcus runzelte die Stirn und sein erster Impuls wäre wohl: Keine Ahnung. Doch das half natürlich nicht weiter, darum dachte Marcus nach und wälzte das durch den Kopf, was er eben von Parthia während des Krieges mitbekommen hatte.


    "Das ist schwierig, sicher, Du hast Recht. Unter offiziellem Namen öffnen sich ganz andere Tore und Wege als wenn man als Privatperson nach Parthia reist. Aber es birgt genauso viele Gefahren. Die Parther sind nur bedingt ehrenhaft in ihrem Verhalten, das sieht man schon daran, daß sie den Feldherrn einer Legion verschleppt haben, ohne einen Geiselaustausch zu vereinbaren."
    Dabei hatten die Römer damals sogar jemanden gehabt, den sie im Austausch hätten her geben können, diesen Reiterkommandanten von den Elitesoldaten der Parther.
    " Wir hatten einen von ihren Kommandanten in einer Schlacht zuvor gefangen genommen...naja...aber mal von den Parthern abgesehen, es standen viele Söldner unter dem Befehl der parthischen Feldherren, jetzt, wo der Krieg erst mal vorbei ist, werden sie wohl keinen Sold erhalten. Was natürlich heißt, daß sie sich mit Sicherheit gerne auf ein lohnendes Ziel stürzen würden. Einen wohlhabenden Senator und einflußreichen Mann in Rom, der ihnen einiges an Lösegeld bringen könnte. Und ähnlich denken auch noch einige andere der Leute dort, zudem..."
    Der letzte Rest ging in einem schmerzerfülltem Stöhnen unter als sich Finger wieder in eine empfindliche Stelle gruben. Als das fertig war, wußte Marcus nicht mehr, was er vorher sagen wollte. Langsam begann er seine Gedankenfäden wieder zu sammeln, um sie zu einem sinnvollen Satz zusammen zu faßen.
    "Außerdem ist es nicht zu verachten, wie sehr man in Parthia ausgenommen wird, Zollstationen, Beamte, die sich aufspielen als ob sie der wichtigste Berater des Shah wären. Und je mehr Geld sie hinter einem Mann vermuten, desto gieriger werden sie und desto eher machen sie Probleme - wie Du schon richtig erkannt hast."
    Erneut überlegte Marcus einen Herzschlag.
    "Hm, vielleicht würde ich das kombinieren. Die Reise erst mal nicht in offizieller Natur beginnen, um die größten Hindernisse unbeschadet zu umschiffen und dann, wenn es wichtig wird, den offiziellen Charakter Deiner Mission offenbaren, den Leuten gegenüber, die es auch wißen sollten."
    Wer auch immer das war, aber das würde man wohl erst vor Ort eruieren können.
    "Aber nun ja, wir waren als Soldaten dort, da gestaltet sich soetwas ganz anders."
    Marcus drehte ein wenig den Kopf auf seinen Armen, um etwas bequemer zu liegen.
    "Willst Du über Zeugma reisen wie die Legion oder dann doch eher über Palmyra?"

    Das Mann-Knabe Verhältnis und die Diskussion lege ich jetzt mal ad acta, man könnte sich noch lange darüber auslaßen. ;)


    Aber zu der Frau möchte ich noch einen Artikel zitieren, der es vielleicht klarer und deutlicher zum Ausdruck bringt:


    Ich meine nicht, daß Frauen, die zu Hause lebten, nur in einem goldenen Käfig lebten - der in den meisten Fällen auch gar nicht Golden war :D - aber daß sie eben vermehrt öffentlich anzutreffen waren. Die Zeit des alten Athens besteht in Alexandria eben nicht.


    @Penelope: Ich lese oft in den Artikeln "Mitgift", aber ich hab auch hin und wieder Brautgeschenke gelesen, womöglich sind damit aber auch die Brautgeschenke gemeint, die die Braut am zweiten Tag erhält. Aber das ist reine Spekulation, da ich bisher nichts erhellendes gefunden habe. Übrigens ist vielleicht auch der von mir oben zitierte Artikel für Dich ganz interessant und Deine Situation.

    Verdutzt sah Marcus den Sklaven an, ja, woher wußte der denn jetzt schon, daß er von den cohortes urbanae kam? Marcus hatte doch noch keinen Pieps von sich gegeben oder war der Mann ein Hellseher? Doch dann erkannte Marcus es, wahrscheinlich hatte dieser einen Blick für die Uniform und das Rüstzeug, was Marcus trug.


    "Salve, ich möchte gerne einen nahen Verwandten von Caius Octavius Cato sprechen. Wenn möglich, den Vater, ansonsten einen Bruder oder sonstigen Verwandten."

    Lang gezogen schritten die Schatten jener Männer voraus, die den Leichnam in Sackleinen gehüllt zwischen ihrer Mitte trugen. Schweigsam waren die Soldaten und vielen war es immer noch unbehaglich, gleichwohl schon ein Priester mit Gründlichkeit den Körper von bösen Geister und sonstigen Flüchen gereinigt hatte, dennoch war es den Männern nicht wohl, den Toten durch die Straßen von Rom tragen zu müssen. An der Seite der Männer lief auch Marcus entlang und schweig genauso. Zielstrebig ging es an einer Seitenabzweigung vorbei und näherten sich dem Anwesen der Octavier.
    „Wartet hier!“
    , meinte Marcus einige Schritte vor der porta und ging die letzten Schritte alleine. Er klemmte sich seinen Stab wieder unter den Arm und hob die Hand, um zu klopfen.

    So ein grobes Umreißen einer veralteten und auf ionischem Gebiet bezogene Wertevorstellung kann aber auch enorm das Spielverständnis verzerren, insbesondere wenn man es auf Ägypten anwendet, wo das alte sokratische Bild nicht mehr wirklich paßt. Schon später haben sogar die Athener Frauen das Bürgerrecht erhalten - was schon ein Zeichen ist, daß Frauen eben nicht als wertlos betrachtet wurden. Das Bürgerrecht war sicherlich nicht das Gleiche wie bei den Männern und man kann die Stellung des Mannes über der Frau nicht leugnen, ganz gewiß nicht. Aber ich bin eben ein Gegner der Pauschalisierungen. Fünf Jahrhunderte sind eben fünf Jahrhunderte und immer mit bedeutendem Wandel verbunden. Deswegen konnte ich das eben nicht so hingestellt laßen, da es eben das Spiel beeinflußen kann, wenn sich manche dann wieder ein etwas einfaches Bild von den Verhältnißen machen.


    Bezüglich der Männerbeziehungen muß ich Dir auch leider widersprechen. :D Die Männerbeziehungen waren kein "Ersatz", weil die Unverheirateten sonst nichts abbekamen. Mal davon abgesehen, daß es bei den Griechen Hetären und Prostituierte gab. Aber diese Beziehung wurde als ein Lehrer-Schüler Verhältnis idealisiert. Der ältere Mann unterrichtete den Jungen, war Vorbild, zeigte ihm den Weg im Leben in dieser Beziehung. Irgendwann hatte das zu enden, spätestens wenn der Junge erwachsen wurde und selber ein Familienoberhaupt und somit vollwertiger Mann wurde. Aber auch eben die Vorstellung davon war in den hellenischen Gebieten teilweise sehr, sehr unterschiedlich. Was man auch in Werken des Platon, wie dem Gastmahl, sehr gut beschrieben bekommt.

    Mit Erleichterung bemerkte Marcus, daß der Priester erschien, um dem gebeten worden war, zwecks einer rituellen Reinigung und dem Vertreiben etwaiger böser Geister um die Leiche. Marcus wandte seinen Kopf dem ankommenden Priester zu und musterte ihn mit einem schnellen Blick, ein Aurelier? Scheinbar gab es nur noch Patrizier im cultus deorum. Marcus nickte dem Mann freundlich und höflich zu, doch die Vorstellung das Reden übernahm ja schon sein fleißiger und eifriger optio. Derweil richtete Marcus seine Aufmerksamkeit wieder auf Lupus und lauschte deßen Worten, ein Mann also - womit wenigstens ein guter Teil der römischen Bevölkerung weg fiel, blieb ja nur noch ein paar hundert Tausend – und vielleicht hatte der Mann Komplizen oder auch nicht; dennoch hatte ihnen Lupus schon einige wichtige Hinweise gegeben, was jedoch kaum etwas daran änderte, daß die Spurenlage insgesamt recht dürftig zu sein schien.
    „Na, das ist doch schon mal etwas, optio Sergius, ich danke Dir! Gibt es sonst noch etwas, was Dir aufgefallen ist?“
    , fragte er noch, ehe er zu dem Artorier sah, der scheinbar ein Geistesblitz hatte. Ja, einem O sah das wirklich sehr ähnlich, Marcus wäre nicht darauf gekommen, aber der Artorier schien nicht auf den Kopf gefallen zu sein.
    „Octavier? Hmh, klingt einleuchtend, probatus!“


    Dann verstummte Marcus jedoch als er die Worte des Aureliers hörte, Marcus nickte ihm zu als Zeichen seiner Zustimmung und trat einen Schritt vom Leichnam zurück, um dem Aurelier den genügenden Raum zu schaffen, mit angemeßener Ehrfurcht – die er nicht vor heucheln mußte! - beobachtete er die Arbeit des Mannes, einige Wassertropfen spritzten auch auf ihn und benäßten sein Gesicht, Marcus blinzelte einen Herzschlag lang und war froh, von der Reinigung erfaßt zu werden, es plagten ihn schon genug Dinge, er brauchte nicht auch noch den Fluch eines Toten und der Geister der Unterwelt dazu. Einige Herzschläge lang schwieg Marcus und nickte dann dem Aurelier ein zweites Mal zu.
    „Ich danke Dir, Aurelius, für die Läuterung des Toten. Damit hast Du uns die Arbeit sehr erleichtert!“
    Ein guter Priester schien jener Mann zu sein, das würde Marcus mal seinem Vetter Gracchus gegenüber erwähnen. Noch ehe er weitere Worte an den Priester richten konnte, hörte er jedoch den Ruf des Redivivers. Marcus sah zu ihm rüber und wölbte überrascht eine Augenbraue hoch.


    „Caius Octavius Cato? Sehr gut, Redivivus, sehr gut.“
    Der Name ließ eine Glocke in Marcus schellen, aber er hatte dann nicht wirklich eine Ahnung, woher er diesen gehört hatte...oder? Ein Mann der Verwaltung...Militär? Politik? Marcus runzelte einen Augenblick seine Stirn, gab dann jedoch auf. Er ließ den Blick über den Schauplatz schweifen und meinte an Serapio gewandt.
    Optio? Du kümmerst Dich mit der Hälfte der Männer und auch den probati hier um die Sache. Untersucht den Tatort und befragt die Zeugen, vielleicht findet sich ja hier noch etwas! Die probati kannst Du ganz normal in die Ermittlungen einbeziehen, da lernen sie bestimmt einiges dabei. Vielleicht kann Dir optio Sergius auch noch behilflich sein.“
    Marcus besah sich die Männer und wählte einige aus, die er noch von Parthia gut kannte.
    „Ihr kommt mit mir mit zu dem Anwesen der Octavier, wir bringen den Toten dorthin. Fragen?“
    Marcus sah in die Runde von Anwesenden.

    Zitat

    Original von Caius Flavius Aquilius
    ....


    So ganz richtig ist das nicht, das Frauenbild wandelte sich mit der Zeit und erfuhr auch eine Stärkung. Frauen waren nicht mehr nur das "Heimchen" zu Hause. Außerdem ist das auch eine Frage der Region. Zum Beispiel ist das Auftreten der Frau in der griechischen Polis in Ägypten eine ganz andere als in Athen zur Zeit des Sokrates.

    Nach dem Epigamiegesetz vom Jahr 451 v. Chr.:
    Der Eheschließung ging ein Vertrag - Engyesis - voraus. Der Rechtsakt fand im Beisein vom Zeugen zwischen dem Bräutigam und dem Kyrios der Braut, also im Normalfall dem Vater, statt und übertrug die Rechte des Kyrios auf den Bräutigam, dabei wurde auch die Mitgift geregelt. Die Ehe wurde rechtsgültig erst durch die Ekdosis, die Übergabe der Braut an den Ehemann. Die Aufnahme der Neuvermählten in die Phratrie ihres Gatten erfolgte am Kuriotistag des Apaturienfestes (Athen, ob Alexandria, k.A.).


    Die mit der Hochzeit verbundenen religiösen und familiären Zeremonien beginnen mit Gebeten und Opfern an die Götter, besonders die Ehegötter Zeus und Hera, und einem anschließenden kultischen Bad für Braut und Bräutigam, wobei man das Wasser für die Braut aus der Kalirhoequelle in langhalsigen Amphoren (Lutrophoren) herbeibrachte. Daran schloß sich ein Festessen an, das der Brautvater in seinem Hause gab, worauf dann am Abend die Einholung der Braut erfolgte, die auf einem Wagen mit Teilen des Hausrates, begleitet von Mutter und Bräutigam in ihr neues Heim gebracht wurde. An der Schwelle desselben überreichte der Bräutigam ihr eine Quitte; im Haus wurden die Neuvermählten am Herde mit Katachysmata, Datteln, Feigen, Nüssen und kleinen Münzen, überschüttet. Sie zogen sich nun in das Brautgemach zurück, während Freunde draußen allerlei Scherze trieben. Am Tage darauf, den Epaulia, wurde die Neuvermählte beschenkt.



    Also recht ähnlich wie bei den Römern, wenn auch mit Eigenheiten. Ob das für Ägypten zählt? Ich weiß es nicht, aber es ist die griechische Hochzeitsart.

    Auf einem silbernen Tablett trug der Sklave eine lange und schlanke Pfeife heran, die aus dunklem Ebenholz und Silber hergestellt war. Ihre Spitze hatte die Form einer Antilope, deren schmales Maul sich zur Mundöffnung der Pfeife auftat. Es war eine Pfeife, wie sie auch in Ägypten zu finden war. Der Sklave trug sie auf und legte sie auf den Tisch, sich noch einmal verbeugend und dann davon eilend. Allzu oft hatte sich Marcus schon diesem kleinen Laster hingegeben, darum mußte er nicht rätseln, was es womit auf sich hatte. Er griff nach dem Beibesteck und fing an, die Pfeife mit dem Opium- und Katgemisch zu stopfen. Nachdenklich sah Marcus auf, ja, da würde seine Mutter wohl beipflichten, eine Ehe war immer eine gute Möglichkeit Bündniße zu schmieden, aber die Ehe mit Epicharis würde ihm wohl nicht viel bringen, außer die schöne Epicharis, was wohl in diesem Fall ein größerer Gewinn war als einen Drachen zu heiraten und dafür weiter zu kommen, zudem war eine schöne und kluge Ehefrau mitunter nützlicher als nur gute Verbindungen.
    „Da würde Dir meine Mutter mit Sicherheit Recht geben, Cassim. Und das ist auch für viele meiner Mitrömer ähnlich, darum werden die Ehen bei uns auch oftmals deswegen geschloßen!“
    Die braunschwarze, klebrige Masse hatte Marcus mittlerweile in den Pfeifenkopf gelegt, der die Form eines Tropfens hatte. Marcus beugte sich vor und hielt einen Zunderspan in eine Öllampe, eine kleine Flamme leckte hervor, die er an den Pfeifenkopf führte und ganz langsam an der Pfeife sog, behutsam, als ob ein zu fester Windhauch den Glimmspan zum Verlöschen bringen konnte. Ganz langsam entzündete sich die dunkle Maße in der Pfeife und fing an zu glühen. Währenddessen lauschte Marcus erneut mit wachsendem Staunen; die Frauen wurden eingesperrt? In einem gesonderten Bereich? Irritiert blinzelte Marcus den Parther über die Pfeife hinweg an. Eine feine Rauchsäule stieg aus Marcus' Nase hervor, als er den ersten Zug von der Pfeife in seine Lungen so und wieder entließ. Noch ein zweites Mal ließ er den Rauch auf seiner Zunge zergehen, ehe er die Pfeife vom Mund zog und etwas erstaunt den Kopf schüttelte. Nein, die Römerinnen würden sich so was unter Garantie nicht gefallen laßen, außerdem war das doch langweilig, schließlich waren auch die verheirateten Frauen – oder gerade die – sehr interessant. Die schöne Lucilla – z.b.- wegzuschließen wäre wirklich ein Verlust.
    „Und gehen sie nie einkaufen oder ins Theater, mal zu den Spielen? Ist das bei euch wie bei den Griechen etwa?“
    Marcus reichte die Pfeife an Casssim weiter, wobei er die Spitze voran hielt
    „Nein, für unsere Römerinnen wäre so was nichts. Unsere Frauen wißen, wo sie im Leben stehen und würden sich so etwas bestimmt nicht gefallen laßen.“
    Was er, in mancher Hinsicht, bedauerlich fand, aber andererseits eben auch nicht.
    „ Was nicht so schlimm ist! Ich meine, wenn ich ins lupanar will, dann möchte ich gewiss meine Frau nicht dabei haben, aber zu den anderen Gelegenheiten ist es nicht schlecht, von ihr begleitet zu werden.“
    Oder? Marcus dachte kurz nach und zuckte mit der Schulter.


    Das Flötenspiel wurde in dem Augenblick unterbrochen, der Sklave hatte sich zu der Flötenspielerin herunter gebeugt und flüsterte ihr leise etwas ins Ohr. Die junge Frau hob den Kopf an und sah in die Richtung von sowohl Cassim, als auch Aristides. Ihre mit bunten Tonperlen durch flochtenen, langen schwarzen Haare wogten sanft als sie sich erhob und mit wiegendem Schritt auf den Tisch zu trat. Ihre fast schwarzen Augen richteten sich erst auf Cassim, dann auf Aristides. In ihrer Haltung war etwas laszives, aber durchaus auch stolzes und widerwilliges.
    „Setz' Dich zu uns und spiel' etwas Schönes!“
    , meinte Marcus; während die junge Frau sich geschmeidig in den Schneidersitz begab und die Flöte an ihre Lippen ansetzte, wandte sich Marcus wieder an Cassim.
    „Du hast sicherlich Recht, ich kann froh um Epicharis sein...aber...ach...das mit dem Herr im Haus, was als Folge hat, daß sie mich anbeten wird?“
    Marcus ' Schultern zuckten belustigt und er schüttelte andeutungsweise den Kopf.
    „Nein, Cassim, so laufen die Angelegenheiten bei uns nicht, sicherlich, die Frauen verhalten sich zurückhaltend in der Öffentlichkeit, aber in den eigenen vier Wänden scheuen sie sich bestimmt nicht, auch das eine oder andere scharfe Wort uns gegenüber zu erheben, insbesondere wenn man sie reizt, römische Frauen sind nun mal wie Rosen, die Schönsten aller Blumen, aber mit scharfen Dornen.“


    Marcus sah zu der Flötenspielerin und ließ seine Hand an ihrem Rücken hoch wandern, seine Fingerspitzen suchten ihre Schultern ab und fuhren durch die dichte Haarmähne, während er die Erklärung bezüglich des Harems lauschte, Marcus kam an dem Abend nicht aus dem Staunen heraus, sicherlich, er war einige Zeit in Parthien gewesen, aber von all diesen Feinheiten hatte er nicht erfahren, es war doch eine ganz andere und sehr exotische, vielleicht auch etwas barbarische Welt für ihn, die sich mit der Erzählung von Cassim auftat.
    „Harem, ein Eunuch, der auf Deine Frauen aufpaßt? Das ist...wirklich sehr exotisch, muss ich sagen, aber gut, die Ägypter haben auch so ihre Eigenheiten.“
    Sanft erklang die Flöte, gespielt von den geschickten Händen jener Frau.
    „Wie ist Dein Name, Mädchen?“
    „Rhea!“
    Eine dunkle Altstimme besaß die junge Frau, die ihre Flöte absetzte und unter ihren dunklen, langen Wimpern die beiden Männer ansah.
    „Rhea...ah, wie die Titanin? Nun, Rhea, sag' hast Du vielleicht noch eine so schöne Freundin hier im Haus, die uns Gesellschaft leisten könnte?“
    Marcus hatte ein Auge auf die Flötenspielerin geworfen, was nicht hieß, daß er alleine zu feiern gedachte, warum sollte der Sklave nicht auch sein Vergnügen finden können. Ein laszives Lächeln erschien auf den Lippen von Rhea, die ihre Wimpern noch etwas anhob und das Kinn in einer eigenwilligen Gestik zu ihnen herüber drehte.
    „Warum eine Freundin holen? Wenn ich euch Beide doch glücklich machen kann und ihr mich?“
    Verblüfft blinzelte Marcus die Frau an und wußte nicht, ob er wütend werden sollte oder in schallendes Lachen ausbrechen.

    Es tat Marcus ja durchaus Leid, den jungen Mann zu enttäuschen, aber so war es nun mal bei den Flaviern üblich mit dieser Sklavenlinie und Marcus hatte nicht vor, mit den Traditionen seiner Familie zu brechen. Er lehnte sich im Stuhl zurück und verschränkte die Arme vor der Brust, dabei den Decimer nicht aus den Augen laßend. Irgendwie fand Marcus das ganze Ansinnen an sich etwas merkwürdig, Serapio brauchte den Sklaven nicht und die Freundschaft zwischen den Beiden kam ihm doch etwas merkwürdig vor. Aber was soll's, sein Sklave trieb sich nun mal viel herum, da wunderte ihn schon gar nichts mehr. Mit wachsendem Staunen lauschte er jedoch den Worten von Serapio. Großzügig? Wahrscheinlich mit seinem – also Marcus – Geld. Selbstlos? Hannibal? Nobel? Marcus' Mundwinkel begannen leicht zu zucken. Obwohl der kurze Heiterkeitsausbruch, der schon in ihm hoch kam, bei den nächsten Worten erstickt wurde. Er sollte kein Sklave sein? Mit einem Schlag verspürte Marcus Ärger darüber. Vielleicht auch, weil er ein wenig ein schlechtes Gewißen hegte, sein Versprechen gegenüber seinem Sklaven noch nicht wahr gemacht zu haben. Aber es war immer noch Marcus' Entscheidung, wann sein Sklave die Freiheit erhielt. Marcus taxierte Serapio durchdringend. Warum setzt er sich für Hannibal so ein? In dieser Art? , dachte Marcus und seine Augenbrauen zogen sich langsam zusammen, während er darüber nachdachte.


    „Du findest also wirklich, daß Hannibal kein Sklave sein sollte und möchtest ihn deswegen kaufen?“
    Marcus lachte leise auf, aber es klang in dem Moment sehr humorlos und nicht wie sonst sein kollerndes Lachen; es hatte etwas hartes und zynisches an sich, etwas, was Marcus nicht oft offenbarte.
    „Mir dünkt, Du kennst meinen Sklaven sehr, sehr schlecht, Decimus! Ich kenne ihn schon mein ganzes Leben lang, all die Tugenden, die Du ihm zusprechen möchtest, besitzt er nicht! Nein!“
    Marcus sah in die Augen von Serapio, irgendwie kam ihm das alles nicht ganz koscher vor. Der Tonfall, dieses Schwärmen, diese Inbrunst, mit der er die angeblichen Vorzüge von Hannibal pries...fast wie ein Werbender...Marcus blinzelte, verblüfft und mit sich weitenden Augen als ein Verdacht in ihm aufstieg, nein, Hannibal und Serapio? Marcus wußte durchaus gut von Hannibals Eskapaden, die ihn selber oftmals in Schwierigkeiten gebracht hatten, gerade in Baiae, aber auch auf Reisen. Er kannte seinen Sklaven sehr gut, wie auch umgekehrt. Irritiert schüttelte Marcus den Kopf, nein, das würde er dem Decimer nicht zutrauen, wobei...nun ja, er hatte schon etwas weichliches an sich. Mit einem Seufzen lehnte sich Marcus zurück und griff nach einem Becher Wein. Herrje, warum konnte sein Sklave nicht so wie Sciurus sein? Unkompliziert und dabei treu! Marcus wandte den Blick von Serapio ab und betrachtete die Büste von seinem Vorfahren, bzw. seinem verstorbenem Verwandten. Viele Herzschläge vergingen, ehe sich Marcus wieder anschickte, zu sprechen.


    „Decimus, ich glaube, ich ahne, warum Du das möchtest und ich kann Dir nur einen guten Rat geben!“
    Marcus sah wieder zu seinem optio.
    „Wenn Du glaubst, Hannibal ist ein nobler und selbstloser Mensch, so irrst Du Dich gewaltig. Im Gegenteil, wenn Du Dich weiterhin mit ihm einläßt, dann wirst Du mit Sicherheit in Schwierigkeiten kommen. Nicht von meiner Seite, aber Hannibal selber ist nicht ungefährlich. Er hat schon das eine oder andere Menschenleben auf seinem Gewißen, ich habe seine Taten immer hin genommen und sogar gedeckt, weil er mein treuester Sklave ist und auch...nun, mein Freund einst war. Ich sage Dir das, damit Du weißt, worauf Du Dich einläßt.“
    Ach, Marcus wich solchen Fragen und Verwicklungen gerne aus, seine Vettern hatten ja auch solche Vorlieben, weswegen Marcus jetzt nicht vor Scham oder Ekel zerging, aber sonderlich recht, über solche Dinge zu sprechen, war es ihm nicht. Insgeheim hoffte er immer noch, daß sein Verdacht einfach falsch war.
    „Im Übrigen sage ich Dir das im Vertrauen, sollte ich noch mal danach gefragt werden, so habe ich das eben natürlich nicht gesagt, Decimus! “