Beiträge von Marcus Flavius Aristides

    SimOff: Das habe ich mir gedacht, weil es im Text ja richtig stand, war aber eben eine nette Vorlage.


    Der Bauleiter wurde von Marcus gemustert als Crassus auf ihn verwies und daß jener das Dokument verwahrt hatte. Ein Siegel des PU zu fälschen wäre in der Tat ein schwerwiegendes Verbrechen, schließlich konnte man den PU durchaus als die rechte Hand des Kaisers betrachten und mit einem solchen Siegel allerlei schlimme Dinge anstellen – die sich Marcus noch nicht mal im Entferntesten vorstellen wollte, nein! Marcus taxierte den Bauleiter prüfend, konnte auf den ersten Blick jedoch keine Anzeichen von Schuld in dem Gesicht des Mannes erkennen. So wandte er sich wieder dem Decimer zu.
    „Wahrscheinlich kann der Schreiber die Angelegenheit klären, schließlich wird das Siegel hier in der castra erstellt worden sein.“
    Ein Vorteil natürlich, daß der PU die CU kommandierte. Marcus zog seinen pugio aus der Dolchscheide und berührte mit der Spitze das Siegel, vorsichtig hob er den einen Rand vom papyrus ab, löste es jedoch nicht und bemühte sich, dabei keinen weiteren Schaden an dem Siegellack zu verursachen.
    „Decimus Crassus? Kommst Du aus dem hispanischen Teil der Decimer?“
    , fragte Marcus derweil, als sie auf den Schreiber warteten, der die ganze Geschichte bezeugen sollte.

    Abgebrüht waren viele Römer mittlerweile, aber Soldaten waren nun mal ein ganz besonderer Schlag, einerseits töteten sie, ohne mit der Wimper zu zucken – meistens jedenfalls – dann wiederum waren sie abergläubischer als jede Waschmagd vom Aventin. Und Marcus war in dieser Hinsicht nicht anders, denn er hatte seinen Weg wie jeder andere Soldat gemacht, über den campus und durch die Kasernen – wie es eben zu seiner Zeit sowohl für Patrizier und auch für Plebejer üblich gewesen ist und er damals keine Ausnahme gebildet hatte. Heutzutage – und es waren nur wenige Jahre seit seinem Eintritt vergangen – schien das ganz anders zu sein, Marcus war jedoch froh um all diese Erfahrungen. Nun, sie haben ihn jedenfalls geprägt, wenngleich nicht ganz so sehr, wie manch einen der Mitsoldaten.


    „Wenn ein Römer friedvoll verstirbt oder eines natürlichen Todes, dann ist es auch etwas anderes, als wenn eine ruchlose Tat ihn ins Elysium reißt. Dann sind die Geister sicherlich zorniger und schwerer zu besänftigen, hm? Ich bin auf jeden Fall froh, daß Du das Ritual vollführt hast.“
    Und sogar sehr gut, Marcus hatte sich danach wirklich sicher gefühlt und gemerkt, daß der Aurelier wußte, was er tat und ein tiefes Verständnis für die Mysterien besaß.
    „Ja, in der Tat, er wurde identifiziert. Es handelt sich leider um einen Mann aus gutem Haus, Octavius Cato, der bei den letzten Wahlen angetreten ist. Er schien wirklich vom Unglück verfolgt zu sein, denn am selben Tag als er seine Niederlage im Senat erfuhr, wurde er heimtückisch ermordet. Hoffentlich hat seine Seele in die elysischen Felder gefunden.“
    Marcus schwieg einen Moment als er daran dachte, daß er dem Vater die Nachricht überbringen mußte, er haßte diese Aufgaben und fand sie zunehmend belastender. So sah er sinnend auf den Fisch, der ihm bereits mundgerecht zerteilt wurde und nickte dem Sklaven, der das tat, nur zerstreut zu. Erst als der Honigwein, den er auch von einem Sklaven bekommen hatte, seine Lippen benäßten, holte dies ihn wieder in das Weltliche zurück und zu den wunderbar duftenden Speisen.


    „Eine tragische Angelegenheit!“
    , fügte Marcus an und ließ einen Happen von dem Fisch mit der Pastete in seinen Mund wandern. Hm, man konnte ja den Tiberiern viel nachsagen – oder auch nicht – aber auf jeden Fall nicht, daß sie keinen Geschmack hatten oder ihren Koch falsch gewählt. Marcus ließ die Speise auf seiner Zunge zergehen, ganz langsam und genußvoll – er hatte in den letzten Tagen auch bittere und harte Askese leben müssen, so jedenfalls nach seinem Empfinden – dann nahm er gleich noch einen zweiten Bißen und einen Dritten hernach.
    „Wundervoll und absolut vorzüglich die Vorspeise, werter Tiberius.“
    , erwiderte Marcus mit ehrlichem Ton. Ehe er sich wieder seinem Tischgenoßen zuwandte.
    „Darf ich fragen, warum Du den Weg in den cultus deorum gewählt hast, Aurelius?“

    Daß ihn der Decimer mit einem falschen Rang ansprach, nahm Marcus wortlos hin, decurio war ja schon fast ein centurio, wenn auch eher bei der Reiterei, Zivlisten lebten nun mal in einer anderen Welt als die Soldaten, das wußte Marcus durchaus. Und gegenüber Decimern war Marcus von Grund auf schon mal mildtätig gestimmt, denn sein früherer Legat war ein Decimer, sein optio ebenso, er hatte den Senator Decimus Meridius als einen ehrbaren Römer kennen gelernt und der wichtigste Trumpf, den die Decimer aufwiesen, war natürlich die großartige und unvergleichliche Decima Lucilla, die Marcus mit nur einer einzigen Begegnung dermaßen beeindruckt hatte, daß er ihr immer noch nach schwärmte, selbst wenn die damalige Verliebtheit schon wieder verflogen war.
    „Ah so!“
    , meinte Marcus und sah fragend zu Tius.
    „Wo ist das Dokument?“
    Der Soldat, der es auf dem Weg wieder an sich genommen hatte, reichte es an Marcus weiter; dieser betrachtete eingehend den Brief und runzelte die Stirn.
    „Hm? Wo soll das Gefälscht sein?“
    , murmelte Marcus ratlos, denn es sah für ihn ziemlich echt aus.
    „Hier, centurio!“
    Tius deutete auf den kleinen Riß im Siegel; Marcus sah weiter angestrengt darauf, bis sich sein Gesicht erhellte.
    „Ach daaa...hm...Du meinst, es ist wie bei den letzten Dokumenten?“
    Tius nickte. Marcus sah auf und zu dem Decimer.
    „Wir hatten eine Reihe von gefälschten Siegel in den letzten Wochen, aber noch niemals bei einem dermaßen bedeutendem Amtssiegel. Tius...“
    , meinte Marcus mit der Anrede natürlich an den Soldaten gewandt.
    „...lauf' zu den Schreibern der Präfekten und such' Dir den raus, der das hier gesiegelt hat.“
    Nicht alles wurde persönlich vom PU gelesen, das wußte Marcus, dafür war jener Mann auch einfach zu beschäftigt. Marcus reichte das Dokument an Tius, der damit dienstbefließen verschwand, dann lehnte sich Marcus zurück.
    „Hast Du das Dokument von jemanden überreicht bekommen oder wurde es Dir direkt vom curator ausgehändigt?“

    Respektvoll schweigend wartete Marcus bis die Nachricht den Octavier wirklich erreicht hatte und dann zudem anfing, es zu realisieren. Daß es sich womöglich um eine Verwechslung handelte, auf den Gedanken war Marcus nicht gekommen – die toga, der Siegelring, es schien alles offensichtlich zu sein. Doch dieser Gedanke kam ihm jetzt zum ersten Mal und dann – wegen dem Mitgefühl, den er für den Octavier verspürte – wünschte sich Marcus, es war einfach ein dummer und unglücklicher Zufall, vielleicht war der Sohn überfallen worden und der Dieb spazierte dreist mit den Sachen des Octaviers herum. Marcus drehte sich zu den Soldaten herum und winkte sie näher heran.
    „Laßt ihn etwas herunter!“
    , befahl Marcus als sie neben ihm standen. Vorsichtig zog er das Leinentuch von dem Gesicht des Toten, damit der Octavier sich selber vergewißern konnte, ob es sein Sohn war oder nicht.

    Es galten wirklich viele Aspekte abzuwägen ehe man als Zivilist – gerade als Senator von Rom – eine solche Reise einging. Marcus hätte wohl gar nicht an alle gedacht, wie Meridius es schon im Vorfeld vermochte, und wäre einfach los gesegelt, denn in mancher Hinsicht war Marcus mehr ein sorgloser Mensch und manchmal sogar richtig gehend naiv, was seine Mitmenschen anging. Während der Schmerz in seinem Rücken langsam abnahm, vermochte Marcus auch über die ganze Angelegenheit besser nachzudenken. In Zeugma sich umhören wäre sicherlich keine schlechte Idee – wenn der Legat von irgendwelchen Söldnern oder niederem Gesindel entführt worden war, wenn jedoch die Soldaten des Schah dahinter steckten, dann war er mit Sicherheit in die Hauptstadt gebracht worden, eine solche wichtige Geisel behielt man doch nicht am Rande des eigenen Reiches. Wenn es jedoch eher aus raffgierigen Gründen geschehen war, daß Livianus entführt wurde, wäre wohl längst eine Forderung in Rom eingetroffen – es sei denn, der Legat war tot, was Marcus sich nicht mal im Entferntesten ausmalen wollte.


    „Hmh!“
    , gab Marcus in der Zeit seines Gedankenganges von sich und entspannte sich zunehmends unter der Massage.
    „Palmyra hat mit Sicherheit auch den Vorteil, daß es dort besser ausgebaute Wege gibt in das Reich der Parther, wohingegen man öfters mit Überfällen zu rechnen hat von solchen, die es auf das Hab und Gut der Händler abgesehen hat.“
    Marcus spähte zu Meridius hinüber.
    „Wann gedenkst Du aufzubrechen? Sicherlich noch vor dem Winter, oder?“

    Kalt war der Regen in dem Gesicht von Marcus, die eisigen Tropfen, die die grauen Wolken über ihren Köpfen auf sie hinab fallen ließen und die vom Wind in sein Gesicht gepeitscht wurden. Der Schlamm würde es den jungen Männern nicht einfach machen, aber im Krieg oder auf den Straßen von Rom hatte man es nun mal nicht leicht und mußte dennoch mit allen Widrigkeiten – ob Mensch oder Wetter – kämpfen können. Schweigend und mit unbewegter Miene beobachtete Marcus, wie die Beiden Aufstellung nahmen, die Grundstellung einnahmen und schließlich aufeinander los gingen. Seine Augen verfolgten genau die Bewegungen der jungen Männer, die viel davon verrieten, wie gut oder schlecht sie ausgebildet waren, aber auch, ob sie die notwendigen Fertigkeiten für das Leben eines Soldaten besaß. Und das, was Marcus sah, sagte ihm durchaus zu. Doch davon ließ Marcus sich nichts anmerken, er wartete ruhig, griff nicht ein und gab auch keinen Kommentar von sich. Er ließ auch keine Regung in seinem Gesicht erscheinen als der Rediviver seinen Kontrahenten besiegte. Der Regen war jedoch mittlerweile versiegt, selbst wenn der Wind immer noch genug für die Kälte sorgte. Marcus schwieg einen Augenblick länger und dann deutete er ein zufriedenes Nicken an.
    „Gut, ihr könnt euch einreihen.“


    Die Beiden waren an jenem Tag nicht die Einzigen, die Marcus prüfte, auch den anderen probati wurde auf den Zahn gefühlt, mal mit dem hastakampf, dann pilawerfen und anderen soldatischen Fähigkeiten. Die Zeit zog sich dahin und jeder einzelne der probati wurde dabei gefordert. Schließlich schien die Tortur vorbei zu sein und Marcus ließ die Männer wieder in einer Linie antreten. Grau und grimmig hingen die Wolken am Himmel und verdunkelten mit ihrem Schatten den campus. Der Wind spielte zornig in den Zweigen eines nahe liegenden Baumes.
    Probati, seit vielen Wochen bereitet ihr euch auf den heutigen Tag vor. Ihr wurdet ausgebildet, um als Soldaten Roms zu dienen, dem Kaiser Ehre zu erweisen und die Bürger der Stadt zu schützen. Das sind Pflichten, die ihr niemals leichtfertig abtun solltet. Eine Ehre, für die ihr immer hart arbeiten müsst. Und eine Berufung, die eines Römers würdig ist. Doch aus dem Grund müßt ihr nicht nur gut und pflichtbewußt sein, ihr müßt weit mehr leisten können. Für manch einen von euch ist es heute schon so weit, während andere noch an sich arbeiten müßen.“
    Langsam ging Marcus vor der Reihe von Soldaten entlang und betrachtete ernst die Gesichter der jungen Männer. Dann blieb er stehen.
    „Minidius Calvena, vortreten.“
    Marcus wartete und sprach weiter:
    „Du wirst in den Rang eines miles erhoben werden. Zurück treten! Redivivus Tychicus, vortreten!“
    Auch diesem ließ Marcus die Zeit dazu.
    „Auch Du wirst zum miles befördert. Zurück treten.“
    Dann nannte Marcus noch einige Namen, aber es wurden bei weitem nicht alle ernannt, manch einer würde noch eine weitere Zeit den campus als probatus nutzen müßen.
    „Meinen Glückwunsch, Soldaten.“
    , sprach Marcus zu guter Letzt und wandte sich an Serapio.
    „Du hast wieder das Kommando, optio. Vale!“
    Marcus drehte sich um und stützte sich auf seinen centuriostab, als er den campus verließ durch all den Schlamm.

    Ovius Molo hielt an diesem Tag Wache am Tor, stumm starrte er einer Sklavin hinter her, die gerade von den Märkten kam und die Einkäufe des Tages zu ihrer Herrin trug, damit diese ein Mahl für ihren Gatten bereiten konnte, der wiederum einen anstrengenden Tag in der Färberei am Ende des Gaße hinter sich hatte, aber Molo interessierte sich nicht für solche Details, mehr für den Hintern der jungen Frau. So bemerkte er die ankommende Dame, samt Sklavenschaft erst, als diese ihn ansprach.
    Salve, kommt drauf an, dient er hier? Welche Einheit? Welcher Rang?“
    , sprach er an den Sklaven gerichtet.





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    Gelaßen und einen Daumen in den Gürtel gehakt blieb Tius stehen, er ließ immer den Zorn und Wut andere im Dienst an sich abperlen wie Wasser am Federkleid einer Ente, denn wenn sich Tius selber stets aufregen würde, dann wäre er wahrscheinlich schon längst über den styx gewandert bei all dem Jähzorn. Ganz sicher, ob das Dokument gefälscht war, dessen war sich Tius freilich nicht, er vermutete es nur und manchmal half schon die Drohung der castra, um die wirklich Schuldigen von den Unschuldigen zu trennen, aber eben nicht immer. Tius beäugte aber den Decimer genau, damit dieser das Beweismittel nicht doch schnell mal verschwinden ließ und danach alles leugnete. Tius hatte schon alles erlebt in der letzten Zeit in Rom, so daß er wirklich mit allen Wassern gewaschen war 8). Tius legte den Kopf zur Seite, hm, entweder war der Mann vor ihm ein ganz ausgewiefter Fuchs oder doch unschuldig, aber was konnte es schon schaden, auf Nummer Sicher zu gehen, denn wer wußte schon, was hier wirklich vor sich ging und so kurz vorm Ende seiner Dienstzeit wollte Tius keine unehrenhafte Entlaßung riskieren, nein, auf das Geld am Ende war er doch scharf und braucht es für seine ganze Rasselbande auch, die Mitgift seiner Töchter waren eben nicht ohne. Und wenn er nach der Dienstzeit seine Liebste heiraten konnte, würde er seine Söhne ganz schnell zu den Legionen schicken, eine Sorge weniger im Leben.
    „Gut, dann folge mir.“
    Natürlich war Tius nicht bereit, ein Risiko auch hierbei einzugehen, die beiden anderen Soldaten behielten den Decimer genau im Auge, während Tius sich umdrehte und in Richtung Wache marschierte, unterwegs trafen sie auch noch auf Cafo und den Rest der Patrouille, die sich, nach kurzer Erklärung, anschloßen und auch in Richtung der castra aufmachten.




    Direkt aus dem Treiben der Stadt kommend und einen Verdächtigen in ihrer Mitte, den unbescholtenen Decimus Crassus, marschierten die Soldaten der Patrouille unter dem Kommando von Cafo durch das Tor und in die castra hinein. Schweigend gingen die Männer durch die Lagerstraßen der castra und direkt zu dem Haus der zuständigen Wache für die Dienstschicht.
    „Hier hinein!“
    , deutete Tius, Ivinius Pallitius, auf die Tür und öffnete sie. Ein karger Raum lag dahinter, Tisch, Stühle, und sonst kein Zierrat, der den Zweck des Raues entfremden würde. Tius und Cafo traten vorweg hinein, während Cafo an der Ecke des Tisches Platz nahm und Crassus deutete sich auf einen der Stühle zu setzen. Cafo, der im Gesicht viele Narben seiner Legionszeit trug, manche auch aus Parthia, sah zu seinem Kameraden.
    „Lauf' und hole den centurio!“
    Was Tius auch tat und prompt verschwand. Die anderen Soldaten warteten auch draußen, so daß Crassus für den Moment alleine mit dem alten, hageren Soldatenveteran blieb, doch nicht lange, denn bereits kurze Zeit später trat deßen Vorgesetzter in den Raum, mit einem Hinken im rechten Bein und den centuriostab in der Hand, den er als Stütze beim Gehen verwandte. Marcus ging um den Tisch herum und ließ sich auf den Stühle auf der anderen Tischseite herunter sinken, Tius hatte ihn bereits auf dem Weg aufgeklärt. Der wiederum stellte sich direkt hinter Marcus, mit einem grimmig, soldatischen Ausdruck auf dem Gesicht.
    Salve, Decimus. Ich bin centurio Flavius Aristides. Der miles sagte mir, daß Du womöglich ein gefälschtes Dokument bei Dir trägst?“

    Guter Stimmung und mit Vorfreude auf ein zünftiges Mahl – der Tiberier würden sich doch bestimmt nicht lumpen laßen, da hegte Marcus keine Zweifel – folgte er seinem Vetter in die Räumlichkeit hinein. Natürlich ahnte Marcus, in welchen hohen Kreisen sein Vetter zu verkehren pflegte, aber die Menge an wichtigen Männern in dem Raum überraschte Marcus dann doch einen Moment.
    Salvete!“
    , grüßte auch Marcus höflich und freundlich, nachdem er von seinem Vetter vorgestellt worden war. Seine Augen streiften zuerst Macer, mit dem er der Akademie wegen einige Zusammentreffen hatte, zuletzt eben wegen des dritten Examens, er nickte dem ehemaligen Statthalter von Germanien freundlich und respektvoll zu. Der Mann auf der Kline daneben schien Marcus auch bekannt zu sein, er mußte auch nur einen Herzschlag lang nachdenken- aber natürlich! Das war doch der zivile Berater des vorigen und nun göttlichen Kaiser auf dem Feldzug gewesen; mit dem er auch einige Worte bei einem Gastmahl in der Fremde hatte wechseln können. Und Marcus hatte ihn als einen Freund seines Bruders – Felix – in Erinnerung. Ergo schloß Marcus irrend, daß er einen Freund der Familie vor sich hatte, dementsprechend herzlich und freundlich fiel auch das Nicken für Quarto aus. Den geselligen Durus kannte Marcus natürlich auch noch von jener Feier und auch deßen Rede auf dem forum, Corvinus war ihm ebensowenig unbekannt, zudem der junge Aurelier daneben auch nicht, selbst wenn die Umstände ihres Kennenlernens nicht die Angenehmsten waren. Der andere Tiberier und die junge Purgitia hinwieder waren ihm gänzlich fremd, doch auch sie wurden mit einem freundlichen Ausdruck begrüßt. Es schienen auch nur noch zwei Klinen frei zu sein, aber der Gastgeber hatte das Ganze offensichtlich schon bedacht. Da er den Aurelier bereits kannte, war er ganz froh, neben diesem beim Mahl liegen zu dürfen. Womöglich ergab sich noch das eine oder andere Gespräch. Marcus nickte zustimmend.
    „Aber natürlich darfst Du das, werter Tiberius, denn es ist mir ein Vergnügen, den Platz neben dem werten Aurelius Orestes in Anspruch zu nehmen.“
    Ab und an bekam Marcus diese steifen Redewendungen hin, die man von jemanden aus seinem Stand auch erwartete, aber sie ermüdeten ihn oft schnell und er fiel meistens dann aus seiner Rolle, noch war es nicht soweit, zumal er noch wenig an dem Tag getrunken hatte. Marcus folgte der Einladung und nahm auch dort Platz, wo es ihm angeboten wurde.
    Salve, Aurelius!“
    , grüßte er diesen.
    „Ich möchte mich noch mal bei Dir wegen der Angelegenheit mit dem Toten bedanken. Du hast meine Männer sehr beruhigt mit Deinem Tun.“
    Und Marcus auch, aber das wollte er freilich nicht eingestehen. Auf der Suche nach vielleicht schon aufgetragenen Speisen, streifte Marcus' Blick auch die junge Sklavin- Crista -, die in dem Raum ihre Arbeit verrichtete. Ein Lächeln stahl sich auf Marcus' Lippen als er die schöne Sklavin sah. Sicherlich, sie hatte ein paar Pfunde zu wenig auf den Rippen für Marcus' Geschmack, aber ihr Teint und ihr schönes Gesicht waren wieder ganz nach seinem Empfinden.

    Man sah es schon am atrium, daß die Octavier keine unbedeutende Familie war, aber stammte nicht auch der göttliche Augustus aus dieser gens? Marcus betrat das atrium, gefolgt von den sechs Männern, die den Toten auf ihren Schultern in Leinen gehüllt trugen. Sie blieben im Schatten der Säule stehen, während Marcus in die Mitte und das Licht des Tages strebte. Die Sonne schien im ins Gesicht und Marcus spähte zu der Dachöffnung. Einige Vögel kreisten am Himmel wie kleine Punkte als er die Stimme des Octaviers vernahm. Er nickte dem Mann höflich und ernst zu.
    Salve, Octavius. Danke.“
    , erwiderte Marcus ruhig. Dennoch blieb er erstmal stehen, denn er hatte das Gefühl, so die schlimme Botschaft leichter dem Octavier sagen zu können.
    „Mein Name ist Flavius Aristides. Ich bin Deines Sohnes wegen hier...“
    Da Marcus selber ein Sohn hatte, wußte er, wie es sein mußte, eine solche Nachricht hören zu müßen. Darum stockte Marcus für einen Herzschlag lang.
    „Dein Sohn wurde zu den Göttern gerufen und hat die Welt der Toten aufgesucht.“
    Marcus wollte nicht gleich anfangen mit: Dein Sohn wurde schändlich ermordet. Er wartete noch einen kurzen Moment.
    „Wir bringen Dir den toten Körper Deines Sohnes.“
    Die Soldaten traten etwas ins Licht und offenbarten das, was sie auf den Schultern trugen.

    [SIZE=7]SimOff: Kein Problem.[/SIZE]



    Marcus nickte als der Sklave ihn melden ging und wartete ruhig, er wußte immer noch nicht die richtigen Worte. Aber wie sollte man einem Vater erklären, daß er seinen Sohn zu Grabe tragen mußte? Es war einfach eine verkehrte Welt, wenn die Eltern die Kinder begruben. Ernst sah er dem Sklaven entgegen und nickte ein zweites Mal. Er winkte den Soldaten, ihm zu folgen und betrat das Anwesen der Octavier.

    Da wohl alle Fragen geklärt waren und die Männer bereits ihre Arbeit aufnahmen, sprach auch nichts für Marcus dagegen, sich nun auf den Weg zu machen. Er nickte den Männern zu, die ihn begleiten sollten, der Tote wurde in Leinen gehüllt – nachdem er jetzt auch rituell gereinigt worden war – und der Körper von den Männern in die Höhe gehoben. Marcus drehte sich um und verließ den Schauplatz des Mordes, um sich mit den Männern in die Straßen zu schlagen – Richtung casa Octavia.

    ~~~~~


    Die Schaulustigen waren kaum von dem Ort fern zu halten, ein Toter war zwar nichts ungewöhnliches in der Gegend, aber wenn die cohortes urbanae sich darum herum trieben, dann war für die Bewohner der Viertels doch einiges zu sehen. Fenster wurden aufgerißen und Köpfe aus den Häuserlöchern gesteckt, viele Augen starrten auf die herunter, die den Ort absuchten. Der jungen Frau – Lusca – war das Ganze ganz offensichtlich nicht geheuer, sie sah sich unbehaglich um und wäre am liebsten ganz schnell verschwunden, doch der junge optio wollte sie offensichtlich noch nicht gehen laßen.
    „Anders gelegen?“
    Lusca sah zu dem Toten, der gerade hoch gehoben wurde und zuckte mit der Schulter.
    „Das weiß ich nicht.“
    Auf solche Details hatte sie nicht geachtet.
    „Kann sein, womöglich auch nicht.“


    Und dann tat Lusca auch das, wozu sie von Serapio aufgefordert wurde: sie dachte nach, grübelnd und schweigend, die Frage zu dem Wir ließ sie erst mal unbeantwortet im Raum stehen, vielleicht fiel das dem Soldaten ja auch gar nicht auf. Sie versuchte sich vor Augen zu rufen, wie sie und ihre Freundin vom Waschbrunnen zurück kamen und gerade schwatzten. Natürlich waren da auch Menschen gewesen, aber es war ruhiger geworden, sobald sie in die Seitengaße gebogen waren. Und doch...da war sie doch angerempelt worden.
    „Da waren zwei Männer gewesen, ich habe sie aber nur kurz gesehen, weil sie gegen mich gestoßen sind...“
    Lusca hatte ihnen nur noch einige Schimpfworte zugerufen als diese sich verdrückten, aber sonderlich geachtet hatte sie auf die Männer nicht. Sie konnte noch nicht mal Gesichter vor ihrem inneren Auge sehen.
    „Keine Ahnung, wie die aussahen.“
    , nahm Lusca schon vorweg, sie kannte ja die Art der Culer.
    „Aber ich...“
    , krakeelte eine alte Frau von dem Fenster direkt über ihnen.
    „Ich habe alles gesehen, alles, jawohl!“
    „So ein Unsinn, Pulicia, Du lügst wie gedruckt, um Dich wichtig zu machen!“
    , rief ein dicker Mann von der anderen Straßenseite.
    „Glaubt ihr kein Wort, Kameraden, das ist eine alte Spinnerin. Behauptet, aus einem alten Konsulsgeschlecht zu kommen. Das ich nicht lache, pah!“
    „Gar nicht wahr, Du Hammel!“
    , geiferte die Alte zurück.
    „Ich habe sie genau gesehen. Zwei Männer waren es, haben den Mann nieder gestochen. Erst von hinten, dann von vorne. Haben ihn aber nicht ausgeraubt...aber dann sind sie noch auf dem Boden herum gekrochen, ganz als ob sie etwas suchen würden. Aber die schöne toga haben sie trotzdem nicht mitgenommen.“


    Neben dem Fisch in der Mauer, den Tychicus entdeckt hatte, lag jedoch noch etwas anderes, was womöglich mehr mit dem Mord zu tun hatte. Ein kleiner, lederner Beutel, das Lederband schien abgerissen zu sein, das den Beutel sonst an einem Gürtel befestigen konnte. Nur wenn man so wie Tychicus gesucht hatte, wäre einem der Beutel aufgefallen, von der Straße aus, war er nicht zu sehen.

    Kräuselnde Schlangen bildeten sich als der Rauch der Pfeife himmelwärts strebte, dabei noch das Aroma des Pfeifengemischs mit sich trug, Marcus verfolgte einen Augenblick lang den Rauch und spürte bereits das wohlige Gefühl, was sich immer nach dem ersten Zug bei ihm einstellte. Probleme rückten in die Ferne, die weltlichen Belange wurden von einem weichen Licht überdeckt und die Welt schien schon viel leichter zu sein. Es war vielleicht das ansteckende Lachen des Parthers, was den Zorn aus Marcus vertrieb. Gemischt mit dem Wein und dem opium kitzelte es das kollernde Lachen aus Marcus heraus, mit dem er sich dem von Cassim anschloß. Doch es war nicht das lange und ausgelassene Lachen, das ihm das Blut ins Gesicht und die Tränen in die Augen trieb, denn im Grunde war Marcus noch immer ein wenig irritiert. Für den Moment verschob er jedoch eine Antwort auf den dreisten Vorschlag der Flötenspielerin und auch seine Hand unterließ die Wanderung.


    „Meine Mutter? Nein, sie lebt in Baiae. Das ist eine Stadt im Süden von Italia, wo ich auch aufgewachsen bin.“
    Es war schon zu lange her gewesen, daß er seine Mutter gesehen hatte und just in dem Augenblick verspürte er auch eine tiefe Sehnsucht, sie wieder zu sehen. Schließlich war sie die Frau in seinem Leben, die er am meisten liebte und bewunderte. Keine andere Frau würde jemals an ihre Stellung in Marcus' Leben heran reichen. Und gerade wenn er seine Mutter vor Augen hatte, wußte er, daß die Römerinnen ganz anders waren als die Frauen, die Cassim wohl in seinem Leben erlebt hatte. Und anders wollte Marcus seine Mutter bestimmt nicht haben, sie hatte ihm in seinem Leben oft den Weg gewiesen und er immer auf sie gehört, schließlich war sie ungemein klug.
    „Hm, naja, jedem nach seinem Gusto oder wie das auch heißt...ich bin froh um unsere Römerinnen und hätte kein Verlange nach einem Harum. Haras? Wie hieß das gleich noch mal?“
    Marcus betrachtete den wohl geschwungenen Rücken von Rhea, der in weichen Rundungen an der Hüfte endete, sie war kein schmales Knochengestell, sondern hatte durchaus Fleisch auf den Hüften und wohlgestaltete, üppige Rundungen, ganz wie es Marcus gefiel.
    „Hm? Kommandieren? Nein, so kann man das nicht sagen, aber sie haben nun mal auch ihren Willen und manchmal ist das ganz gut so, sie halten uns schon von der einen oder anderen Dummheit ab.“
    , erwiderte Marcus grinsend und leerte in einem Zug den nächsten Becher. Er ließ sich zudem noch was von der Pfeife munden und von den Speisen, seine Laune hob sich immer mehr, die kurze Irritation Rhea wegen war schon längst verflogen und seine Züge offenbarten eine leichte Heiterkeit und Sorglosigkeit, etwas, was ihm doch näher lag als Sorge und Gram. Rhea verstaute ihre honiggoldene Flöte in einer Tasche an ihrem Gürtel, der aus bunden Bändern geflochten war.
    „Ihr redet zu viel, kommt lieber mit!“


    Geschmeidig erhob sich Rhea und griff dabei nach der Hand von Cassim und auch Marcus, um sie beide sanft, aber bestimmend in die Höhe zu dirigieren. Ein wenig mißtrauisch, aber auch neugierig richtete sich Marcus auf, aber oho, es drehte sich schon gehörig um Marcus als er auf die Beine kam, scheinbar hatte er dem Wein schon ordentlich zu gesprochen, zudem auch einiges an opium geraucht, so daß seine Gedanken kamen und gingen, sich zerfaserten wie der Nebel, der dem Spiel des Windes ausgesetzt war. Barfuß trat Rhea über den kalten Boden hinweg und führte die beiden Männer zwischen weichen Tüchern zu einer Treppe, die nach oben führte. Alte und verblaßte Fresken zierten die Wände, eine künstlerisch begabte Hand hatte sie wohl mal gemalt, doch all die Jahre hatten es nicht gut gemeint mit den Bildern. Niedrig gebaute Gänge folgten der Treppe und dann ein Raum, der mit Kissen und dicken Teppichen der gleichen abgenutzten Art gefüllt waren. Die einschlägigen Fresken, die mit zahlreichen Rissen durchzogen waren, verrieten den Zweck der Räumlichkeiten. Ein unauffälliger Sklave brachte bereits auch hier Wein und trug die noch glühende Pfeife hinter her, doch Marcus bemerkte den Jungen mit den krausen Haaren nicht, der sich auch schweigend wieder zurück zog. Da schon der Weg hinauf einer Fahrt auf einer Galeere geglichen hatte, ließ sich Marcus auf die weichen Kissen nieder sinken.
    „Hier ist es doch gleich viel gemütlicher...die Andere kommt sicherlich gleich, aber wir können es uns doch schon mal schön machen...“
    Die beiden Becher wurden gefüllt, die Pfeife weiter herum gereicht. Nach einem weiteren Zug von der Pfeife rollte sich Marcus auf den Rücken und betrachtete die Fresken an der Decke, die an vielen Stellen schon sich gelöst haben und die karge Mauer dahinter zeigten. Mit geschickten Handbewegungen öffnete Rhea die Fibeln an der Schulter und ließ die Tunika über ihren Rücken gleiten. Ihre Haare streiften Marcus Gesicht als sie sich zu ihm herunter beugte und zuerst ihn küßte. Doch ehe Marcus mit seinen Händen nach ihr greifen konnte, richtete sie sich bereits auf und beugte sich zu Cassim, um ihm ebenfalls einen Kuß zu schenken.

    Ein wenig unwohl fühlte sich Marcus bei dem Gedanken, in die villa Tiberia zu streben, aber der Name Tiberius Durus war ihm durchaus noch bekannt, die Erinnerung an einen geselligen und angenehmen Tischgenoßen bei irgendeiner Feier – Marcus wußte schon nicht mehr welche – beschwor der Name in seinem Gedächtnis, was auch der Grund war, warum Marcus nicht sehr lange überredet werden mußte. Auch das Warten auf seinen Vetter hatte ihm nicht viel ausgemacht, schließlich wußte er doch darum, daß Gracchus genauso lange wie eine Frau brauchte bis er mal ausgehbereit war. Marcus betrachtete das Dachsims der villa, das sich vor dem Himmel scharf abzeichnete, die Architektur war natürlich typisch...römisch und patrizisch. Marcus runzelte einen Herzschlag lang die Stirn, sie glättete sich schließlich wieder, denn gleichwohl er mit manch einem Tiberier seine Probleme hatte, so doch nicht mit der gens, die doch auch herausragende Zeitgenoßen hervor gebracht hatte. Während der Sklave ihr Ankommen ankündigte, beugte sich Marcus zu seinem Vetter.
    „Wenn ich es recht überlege, Manius, bin ich Dir sogar dankbar, endlich mal wieder zu einem ordentlichen Mahl zu kommen. Ich glaube...aber sag' das niemanden weiter...Epicharis hat die Sklaven angewiesen, mir weniger aufzutragen.“
    Marcus nickte ernsthaft, irgendwie war das Essen in letzter Zeit arg geschrumpft, so daß er immer wieder außerhalb des Hauses die Speisen zu sich nahm, wie auch heute Abend.
    „Warst Du schon mal hier? Ist der Tiberier ein guter Freund von Dir? Ein lustiger Geselle, hm?“

    Selbst der nächste Becher Wein, den Marcus mit wenigen Schlücken trank, half nicht den komischen Geschmack aus seinem Mund zu vertreiben, geschweige denn dieses Unwohlsein, was ihn überkam bei dem Gespräch mit dem jungen Decimer. Marcus lehnte sich zurück und ein tiefer Seufzer war von ihm zu hören; Himmel und alle guten Götter, der optio machte es ihm nicht leicht. Die Röte in dem Gesicht von Serapio bemerkte Marcus durchaus und es war tatsächlich ein Herzschlag lang Enttäuschung in dem Gesicht von Marcus zu sehen; Enttäuschung, weil sein Sklave ihn erneut hintergangen und ihre Abmachung gebrochen hatte, die sie vor Jahren getroffen hatten. Ein Quäntchen Hoffnung stieg in Marcus' Augen auf als er den Schreck bei Serapio sah, doch scheinbar war der junge Mann blind gegenüber jeglicher Vernunft, Marcus wollte sich jedoch nicht klarer ausdrücken, brachte es ihn doch selber in genügend Schwierigkeiten. Er schüttelte resigniert den Kopf bei dem Einwand.


    „Das ist etwas anderes, wir haben es schließlich nicht aus Eigensucht getan, auch nicht aus niederen Beweggründen, sondern weil uns der Kaiser in den Krieg geschickt hat. Unser Bestreben hatte das Wohlwollen der Götter, Hannibal hat jedoch gemordet.“
    , setzte Marcus nach, gleichwohl er schon erkannt hatte, daß wohl auch jener Einwand verlorene Liebesmühe war. Schon war Marcus bereit, den nächsten Becher nach zu schenken und tat es auch. Der Wein gluckerte mit einem Schwung in den Tonbecher und füllte ihn bis zum Rand. Ein wenig von dem roten Rebsaft tropfte auf die Tischplatte, wie drei kleine Blutstropfen. Als sich die Hand von Marcus um den Becher schloß, schüttelte Marcus erneut seinen Kopf.
    „Man kann mich nicht umstimmen, optio, er ist unverkäuflich, gut, ab einer gewißen Summe würde ich es mir überlegen, aber sie wäre zu hoch, viel zu hoch als daß ich es mir selber ausdenken könnte. Nein, Decimus, das ist keine verhandelbare Option.“


    Entschieden und entschloßen schüttelte Marcus den Kopf; wobei ein leises Wispern raunte, daß diese Möglichkeit doch keine Schlechte wäre, langsam wurde Hannibal mehr eine Last und die frühere Freundschaft zwischen ihm und Marcus war in den letzten Jahren bedeutend abgekühlt, sah Marcus doch seinen Sklaven sehr selten und hielt rein gar nichts von deßem Treiben in der subura und sonstigen Vierteln; schließlich fiel das stets auf Marcus zurück, wenn einer davon erfuhr. Vielleicht war auch deswegen ein kurzes Zaudern bei Marcus zu erkennen, ein nachdenkliches Runzeln seiner Stirn, als es dahinter arbeitete und er - so schnell er es konnte- das Für und Wider abwog. Hach, herrje nochmal, und solche Dinge kamen immer vor der cena, wo Marcus doch schon Hunger verspürte und dann selten einen klaren und vernünftigen Gedanken hatte, wenn es um solche schwerwiegenden Entscheidungen ging.
    „Meinen treuesten Sklaven frei laßen? Bei Mars, Decimus...!“
    Marcus stöhnte erneut und ein drittes Mal fand der Weinbecher zu seinem Mund, dieses Mal jedoch nur mit einem dezenten Schluck, denn er spürte schon die Wärme des Weines, es war nicht erst der dritte Becher an diesem Nachmittag und nun sogar auf nüchternen Magen.
    „Ja...“
    , grollte Marcus schließlich.
    „Natürlich würde ich das...ich habe es ihm früher versprochen, aber wann ich ihn frei laße, das habe ich noch nicht entschieden.“
    Etwas Wein schwappte über als Marcus den Becher entschloßen auf den Tisch zurück stellte und sich nach vorne beugte, um den Decimer mit den Augen zu fixieren und prüfend zu mustern.
    „Jetzt sag' mir, Decimus, was versprichst Du Dir davon, wenn er frei ist? Ist es nur eine selbstlose Tat von Dir oder was willst Du von Hannibal, hm?“

    Genau den etwas reservierten Blick, den manche als etwas arrogant bei Marcus deuteten, trug Marcus in dem Augenblick als der probatus sprach, doch es war mehr Konzentration die Marcus bewegte, schließlich wollte er genau wißen, wozu die jungen Männer in der Lage waren. Konnten sie schon den Dienst als miles aufnehmen oder waren sie noch nicht bereit dafür? Marcus' Nasenflügel blähten sich auf als er schließlich tief ein atmete und schwieg, nachdem Tychicus fertig war. Er dachte nach; was er gehört hatte, klang gut und es schien ihm ehrlich zu sein. Einem zu bescheidenen Speichellecker würde ihn anwiedern, einen Prahlehans genauso, aber Tychicus hatte seine Worte gut gewählt, befand Marcus und er nickte einen Herzschlag lang zufrieden.
    „Das klingt gut!“
    Marcus sah auch einen Herzschlag lang zu seinem optio und war zufrieden, doch, der junge Decimer schien sich auch bei solchen Aufgaben zu machen, das sah man schließlich an den probati, die selber gewachsen schienen, aber wie weit sie gut genug für den Dienst waren, würde Marcus heute sehen. Er sah wieder zu Tychicus.
    „Dann wollen wir die Fähigkeiten mal prüfen. Wir fangen mit Dir und...“
    Marcus sah zu einem probatus neben Tychicus - Minidius Calvena.
    „...und Dir an. Ich möchte euch in dem Kampf mit gladius und scutum sehen. Nehmt euch die Übungswaffen und zeigt, was ihr gelernt habt. Age!“
    Den Stab unter den Arm geklemmt, trat Marcus einen Schritt zurück, um den jungen Männern etwas Platz zu schaffen.

    Tius nahm das Papier entgegen und verengte die Augen, um die Schrift zu entziffern. Sie wanderten Zeile für Zeile ab und betrachteten schließlich die gewichtigen Siegel. Mit Argus Augen betrachtete Tius all die kleinen Details, auf die er zu achten gelernt hatte. Und da fiel ihm etwas auf: ein kleiner Riß in dem Siegel des Präfectus. Mißtrauisch zogen sich seine Augenbrauen zusammen. Gerade letzte Woche hatte er ein ähnliches Siegel gesehen, zwar nur von einem reichen Händler, aber auf eine ähnliche Weise war es gefälscht worden; einfach ein altes Siegel wieder zusammen geklebt. Mit einem Schlag trat der Argwohn auf Tius Gesicht als er auf sah.
    „Hm, ist das Siegel schon mal gebrochen worden?“
    , fragte Tius und sah aufmerksam in das Gesicht des Decimers.
    „Ich muss sagen, das Dokument sieht gefälscht aus. Vielleicht ist es das Beste, wenn Du uns auf die Wache begleitest.“
    Das waren die Order, wenn etwas dubios war, einfach mitnehmen, man konnte alles in der castra klären.