Ein einzelne grünes Blatt glitt von dem Zweig eines Baumes, federleicht wirbelte es durch die Luft, drehte sich immer wieder herum um sich langsam auf die Oberfläche des kleinen Teiches zu begeben, zart erzitterte das Wasser bei der Berührung, ein Fisch glitt nach oben und berührte das Blatt mit seinem Maul, in der Hoffnung eine Fliege zu erwischen. Gerunzelter Stirn verfolgte Marcus den Fall jenen Blattes und blinzelte verwirrt, ob jener Situation. Oh, weh!, dachte sich Marcus, warum mußten ihn die Götter nur derart strafen, hatte er nicht schon genug an Ärger und schlimmen Dingen in den letzten Jahren gehabt, daß es erst mal reichte? Eine erzürnte, nicht sehr gnadenvolle Nymphe kam ihm da gar nicht Recht. Das Wasser erzitterte erneut und etwas durchbrach den glatten Spiegel des Tageslichtes. Marcus' Augen verfolgten die Bewegung der blasshellen Hand der jungen Frau, die das Wasser mit den Fingerspitzen durchbrach und die glatte Oberfläche aufwühlte. Einem feinen Schleier glich das Wasser, daß durch die Hand der Nymphe geschöpft wurde und wieder von ihrer Hand entfleuchen wollte; Marcus konnte es dem Element gut nachfühlen, wenn er nicht zu sehr in Sorge seines zukünftigen Jagdglückes gewesen wäre, womöglich hätte er doch einen taktischen Rückzug eingeschlagen, um jenen eiskalten, blauen Augen zu entgehen.
Ein Starre zog über Marcus' Gesicht, jegliche Regung von Unbehagen und Verwirrung schwand mit einem Schlag und der Ausdruck wurde wächsern, wie bei einer Totenmaske. Seine Augen verloren einen Moment den sonst mehr leutseligen Glanz und an Lebhaftigkeit und sie versanken in der grünen Pracht des flavischen Gartens und in den Schatten der Bäume und Sträucher. Langsam verschob sich das Bild vor seinen Augen, eine Kline stand zwischen den schattigen Bäumen und eine junge Frau saß dort, ein liebliches Gesicht, zornig bis fröhlich blitzende dunkle Augen und der Trotz in ihrem Gesicht, der jedoch das Strahlen von ihr nicht überdecken konnte, seine kleine Cinilla. Es war das letzte Mal gewesen, daß er seine kleine Tochter dort gesehen hatte, bevor er aufbrach in den Krieg. Es tut mir sehr leid, daß Arrecina ins Elysium gegangen ist. Langsam schloß Marcus die Augen und lehnte sich gegen den Stamm. Immer noch weigerte er sich, diese Wahrheit an sich heran kommen zu laßen; es konnte nicht sein, nicht sein kleiner Goldschatz, Arrecina, die doch das blühende Leben war. Ein schmerzlicher Ausdruck huschte über sein Gesicht ehe er langsam die Augen wieder öffnete und ausdruckslos auf den Teich richtete und auf die Nymphe. Bestimmt trieb sie ihren Spott genau deswegen mit ihm, um ihn noch mehr zu quälen - als unsterbliches Wesen wußte sie mit Sicherheit alles von ihm.
„Meine Tochter!“
Tonlos war die Stimme in jenem Moment, ein marginaler Hauch von Verzweiflung schwang in jenen zwei Worten mit, gleichwohl Marcus' Miene fern von Regungen war. Seine Tochter war ihm tatsächlich immer von je her sein liebstes Kind gewesen, selbst wenn er seinen Sohn aufrichtig und ehrlich in seinem Herzen trug, so war Cinilla immer sein kleiner Sonnenschein gewesen, sein Ein und Alles, über die er hüten und wachen wollte...wobei er versagt hatte. Immer mehr troff das Gift der Erinnerung in sein Herz und krampfte es zusammen. Stumm starrte er die Nymphe an, fragte sich nicht einmal, was sie mit dem Wißen anstellen wollte und worauf die Frage abzielte.